Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 10. Januar 2006
Aktenzeichen: 4 W 33/05

Der Streitwert eines Beschwerdeverfahrens über die Begründetheit der Ablehnung eines Richters entspricht dem vollen Wert des Streitgegenstandes in der Hauptsache.

Tenor

Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tenor wurde vom Gericht nicht mitgeteilt.

Gründe

Der Rechtsbehelf ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Der Senat hält in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.1.1968 (NJW 1968, 796) auch angesichts entgegengesetzter neuerer Entscheidungen einiger Oberlandesgerichte an seiner Auffassung fest, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes im Richterablehnungsverfahren, sofern sich die Ablehnung nicht allein auf einen bestimmten Teil des Klageanspruchs bezieht, dem Wert des Streitgegenstandes in der Hauptsache entspricht.

Der Gebührenwert des Verfahrens der Richterablehnung ist nach den Grundsätzen einer vermögensrechtlichen Streitigkeit zu bestimmen. Sein Gegenstand ist nicht eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne von § 48 Abs. 2 GKG = § 12 Abs. 2 GKG a.F. (vgl. BGH, Beschluss vom 15.12.2003, AGS 2004, 139 für Ablehnung eines Sachverständigen; a. A. E. Schneider MDR 1968, 888; ders. in: Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl.,1996, Rz.81-83). Zwar ist in dem Nebenverfahren der Richterablehnung darüber zu befinden, ob das Verfahrensgrundrecht der ablehnenden Partei auf einen gesetzlichen Richter verletzt ist. Diese Klärung steht jedoch insofern im Bezug zum Streit in der Hauptsache, als dieses Verfahrensgrundrecht einer sachgerechten Entscheidung in der Hauptsache dient. Ist deshalb eine Streitigkeit in der Hauptsache als vermögensrechtliche einzuordnen, so sind auch die mit ihr zusammenhängenden Nebenverfahren stets als vermögensrechtlich einzuordnen, da sie der vermögensrechtlichen Hauptsache dienen (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 3 Rz. 21). Andernfalls würde jedes Nebenverfahren, in dem die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens zu prüfen ist, mit dem Argument, es stehe ein Verfahrensgrundrecht auf dem Spiel, als nichtvermögensrechtliche Streitigkeit einzustufen sein. Ist dementsprechend Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Beschwerdewertes der Streitwert in der Hauptsache, so kann der Wert des Verfahrens über die Ablehnung eines Richters, sofern sich die Mitwirkung des abgelehnten Richters nicht ausnahmsweise auf einen bestimmten Teil des Klageanspruchs beschränkt, nur dem vollem Wert der Hauptsache entsprechen. Im Verfahren über die Begründetheit eines Ablehnungsgesuchs ist darüber zu befinden, ob der Richter am gesamten Verfahren und der Entscheidung über den prozessualen Anspruch mitwirken darf. Im Falle einer erfolgreichen Ablehnung ist er vom Richteramt für den gesamten Rechtsstreit ausgeschlossen. Das Interesse der ablehnenden Partei an ihrem Gesuch korrespondiert deshalb mit ihrem Interesse in der Hauptsache. Etwas anderes gilt etwa für die Ablehnung eines Sachverständigen, weil dieser dem Gericht lediglich als Entscheidungshilfe dient und damit für den Prozess eine gegenüber dem Gericht nur eingeschränkte Bedeutung hat (BGH, Beschluss vom 15.12.2003 € II ZB 32/03, AGS 2004, 159).

Entgegen einer von verschiedenen Oberlandesgerichten und in der Literatur vertretenen Meinung (Nachweise bei Stein/Jonas, a.a.O., § 3 Rz. 22 und Schneider/Herget, a.a.O., Rz. 77 f. m. zahlr. Nachw.) ist es nicht gerechtfertigt, den Wert des Beschwerdeverfahren über eine Richterablehnung nur mit einem Bruchteil des Streitwertes in der Hauptsache zu bemessen, weil es sich bei der Entscheidung über die Begründetheit einer Richterablehnung um eine €untergeordnete Nebenentscheidung€ handelt. Zutreffend ist zwar, dass im Ablehnungsverfahren nicht das gesamte Streitprogramm des Rechtsstreits zu beurteilen ist, sondern nur eine neben anderen notwendige Bedingung für eine verfahrensfehlerfreie und sachgerechte Entscheidung des Rechtsstreits, nämlich die Besetzung des Gerichts durch unbefangene Richter. Diesem Umstand aber, dass im Ablehnungsverfahren € wie auch in allen anderen Nebenverfahren des Erkenntnisverfahrens der ZPO - nur ein Teilaspekt des gesamten Streitprogramms zur Beurteilung steht, ist vom Gesetzgeber jedoch im Gebührenrecht für Beschwerdeverfahren, die solche Nebenverfahren betreffen, bereits hinreichend Rechnung getragen. Die Gerichtskosten richten sich nicht nach dem Beschwerdewert, sondern es fällt lediglich eine Festgebühr von 50,- Euro (KV Nr. 1811 zu § 3 Abs. 2 GKG) oder von 75,- Euro bei bestimmten anderen Beschwerden (KV Nr. 1810) an. Für die Tätigkeit der Anwälte der Parteien im Beschwerdeverfahren bestimmt VV Nr. 3500 zu § 2 Abs. 2 RVG (früher entsprechend § 61 I Nr. 1 BRAO), dass diesen lediglich eine 0,5-Gebühr als Verfahrensgebühr zusteht. Mit dieser gegenüber der in einem Berufungsverfahren entstehenden 1,6-Verfahrensgebühr deutlichen Reduzierung hat der Gesetzgeber der eingeschränkten Bedeutung des Nebenverfahrens über die Ablehnung eines Richters in jedenfalls verfassungsrechtlich vertretbarer Weise Rechnung getragen. Das Kostenrisiko einer Partei, deren Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt worden ist und die dagegen Beschwerde einlegen will, beschränkt sich auf je eine 0,5 Gebühr für den eigenen Anwalt und den Prozessbevollmächtigten der gegnerischen Partei, wenn dieser die Prüfung der Beschwerde für seine Partei vornimmt (vgl. BGH NJW 2005, 2233). Eine Reduzierung des Wertes des Beschwerdeverfahrens unter den Streitwert der Hauptsache ist damit nicht geboten und würde auch einen vom Gesetzgeber bereits berücksichtigten Gesichtspunkt doppelt verwerten.






OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 10.01.2006
Az: 4 W 33/05


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