Landgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 14. Dezember 2010
Aktenzeichen: 3-5 O 65/10, 3-05 O 65/10, 3-5 O 65/10, 3-05 O 65/10

(LG Frankfurt am Main: Urteil v. 14.12.2010, Az.: 3-5 O 65/10, 3-05 O 65/10, 3-5 O 65/10, 3-05 O 65/10)

Wird in einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit einem Kreditinstitut keine Regelung für gemäß § 10 Abs. 5 KWG als Eigenkapital geltende Genussscheine getroffen, kommt eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend nicht in Betracht, dass für die Bedienung der Genussscheine künftig auf die prognostizierten Ertrags- und Gewinnentwicklung in dem für den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag erstellten und vom gerichtlich bestellten sachverständigen Prüfer geprüften Vertragsbericht abzustellen ist.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist im Jahre 2002 aus der Verschmelzung der Aktiengesellschaft E und der R (im Folgenden R) auf die D Hypothekenbank hervorgegangen.

Die auf die Beklagte verschmolzene R hatte am 29.12.2000 den - streitgegenständlichen - noch ausstehenden bzw. nicht zurückgezahlten Genussschein im Gesamtnennbetrag von EUR 200 Mio. in einer Stückelung zu je EUR 1.000,- (im Folgenden R-Genussschein) begeben. Der R-Genussschein, der zum organisierten Markt zugelassen ist, läuft zum 31.12.2012 aus und ist zum 1.7.2013 zur Rückzahlung fällig.

Die Emissionsbedingungen (Anlage K 2, Bl. 44 ff d. A.) dieses R-Genussscheins enthalten folgende Regelungen

€Genußscheinbedingungen - §1

(1) R, begibt aufgrund der Ermächtigung durch die Hauptversammlung vom 7. Mai 1999 Genußscheine im Gesamtnennbetrag von Euro 200 Mio.

(2) Die Genußscheine lauten auf den Inhaber und sind eingeteilt in untereinander gleichberechtigte Stücke 200.000 über je Euro 1.000,00 Nennbetrag.

(3) Jedem Genußschein sind zwölf Ausschüttungsanteilscheine (Nr. 1-12) und zwölf Berechtigungsscheine (A- L) beigefügt. Die R wird die Verwendung der Berechtigungsscheine gegebenenfalls gemäß § 12 bekanntmachen.

(4) Die Genußscheine, die Ausschüttungsanteilscheine und die Berechtigungsscheine sind jeweils in einer Inhaberglobalurkunde verbrieft, die bei der Clearstream Banking AG hinterlegt werden; die Ausstellung von Einzelurkunden kann während der gesamten Laufzeit der Genußscheine nicht verlangt werden.

§2

(1) Die Genußscheininhaber erhalten eine dem Gewinnanteil der Aktionäre der R vorgehende jährliche Ausschüttung aus dem Bilanzgewinn.

(2) Die Berechnung der Ausschüttung erfolgt für jede Zinsperiode auf Basis eines Referenzzinssatzes (EURIBOR Zwölf-Monats-Einlagen) zuzüglich 150 Basispunkte bezogen auf den Nennbetrag der Genußscheine nach § 1 Abs. 2.

Die Ermittlung des Referenzzinssatzes erfolgt durch R (Zinsermittlungsstelle) jeweils am Festlegungstag für eine Zinsperiode. Festlegungstag ist jeweils der zweite Bankarbeitstag vor Beginn einer Zinsperiode, an dem das Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System Zahlungen abwickelt. Eine Zinsperiode umfaßt den Zeitraum vom 01. Januar (einschließlich) bis zum 31. Dezember (einschließlich) eines jeden Jahres. Die erste Zinsperiode umfaßt den Zeitraum vom 29. Dezember 2000 bis zum 31. Dezember 2001.

Der zu ermittelnde Referenzzinssatz entspricht dem von der Associated Press/Dow Jones Telerate Service (Telerate) am Tag der Zinsermittlung um 11.00 Uhr (Brüsseler Zeit) auf Telerate Seite 248 oder einer diese Seite ersetzenden Seite bei Telerate oder einer anderen festgelegten Publikationsstelle als Nachfolger mitgeteilten Jahreszinssatz, zu dem Zwölf-Monats-Einlagen in Euro im Euro-Währungsraum (EURIBOR) angeboten werden. Euro-Währungsraum bezeichnet das Gebiet derjenigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die gemäß dem Vertrag über die Errichtung der Europäischen Gemeinschaft, geändert durch den Vertrag über die Europäische Union, die einheitliche Währung einführen.

Falls die Zinsermittlungsstelle den Referenzzinssatz nicht wie im vorherigen Absatz beschrieben ermitteln kann, weil weder Telerate noch eine andere Publikationsstelle den fraglichen Zinssatz veröffentlicht, oder die Zinsermittlungsstelle den Zinssatz aus anderen Quellen nicht feststellen kann, so gilt als Referenzzinssatz für die folgende Zinsperiode das von der Zinsermittlungsstelle ermittelte (gegebenenfalls auf das nächste 1/100000 % gerundet, wobei ab 0,000005 aufgerundet wird) arithmetische Mittel der Zinssätze, die von vier Referenzbanken aus dem Euro-Währungsraum, die die Zinsermittlungsstelle auswählt, am Tag der Zinsermittlung erstklassigen Banken aus dem Euro-Währungsraum für Einlagen in Euro für die betreffende Zinsperiode angeboten werden. Geben zwei oder mehrere der Referenzbanken einen Zinssatz an, so wird das arithmetische Mittel wie beschrieben auf der Basis der beiden oder mehreren zur Verfügung gestellten Angaben errechnet. Gibt nur eine Referenzbank einen Zinssatz an, so gilt dieser Zinssatz.

Sollte am Tag der Zinsermittlung der Referenzzinssatz nicht gemäß vorstehendem Absatz bestimmt werden können, so ist der Referenzzinssatz für die folgende Zinsperiode der Ersatz-Zinssatz. Der Ersatz-Zinssatz wird als Jahreszinssatz ausgedrückt und entspricht dem von der Zinsermittlungsstelle ermittelten (gegebenenfalls auf das nächste 1/100000 % gerundete, wobei ab 0,000005 aufgerundet wird) arithmetischen Mittel der Zinssätze für Euro-Ausleihungen, die Banken aus dem Euro-Währungsraum, welche die Zinsermittlungsstelle auswählt, erstklassigen Banken aus dem Euro-Währungsraum am betreffenden Tag der Zinsermittlung für die nächste Zinsperiode nennen. Sollte die Zinsermittlungsstelle feststellen, daß es nicht möglich ist, einen Ersatz-Zinssatz für eine Zinsperiode zu ermitteln, für die eine solche Ermittlung erforderlich ist, so ist der Zinssatz für diese Zinsperiode der am Tag der Zinsermittlung geltende Zinssatz für die laufende Zinsperiode.

(3) Reicht der Bilanzgewinn zur Zahlung der Ausschüttung nicht aus, so vermindert sich diese. Die verminderte Ausschüttung auf diese und früher begebene Genußscheine erfolgt dann im Verhältnis der jeweiligen Ausschüttungsansprüche zueinander. Dies gilt auch im Verhältnis zu künftig zu begebenden Genußscheinen, sofern deren Bedingungen eine entsprechende Regelung vorsehen. Die Ausschüttung ist dadurch begrenzt, daß durch Sie kein Bilanzverlust entstehen darf.

Im Falle einer Verminderung der Ausschüttung ist der fehlende Betrag in den folgenden Geschäftsjahren vorbehaltlich Absatz (3) Satz 1 nachzuzahlen. Die Nachzahlungen für diese und früher begebene Genußscheine werden anteilig im Verhältnis der jeweiligen Ausschüttungsansprüche zueinander vorgenommen. Dies gilt entsprechend auch für künftig zu begebende Genußscheine, sofern deren Bedingungen einen entsprechenden Nachzahlungsanspruch vorsehen. Bei der Nachzahlung sind zunächst die Rückstände, sodann die letztfälligen Ausschüttungsansprüche zu bedienen. Ein Nachzahlungsanspruch besteht nur während der Laufzeit der Genußscheine.

(4) Die Genußscheine sind vom 29. Dezember 2000 an ausschüttungsberechtigt, d.h. für das Geschäftsjahr 2000 zu einem 3/360-Anteil.

(5) Die Ausschüttung auf die Genußscheine für das laufende Geschäftsjahr ist jeweils nachträglich am 30. Juni des folgenden Jahres fällig. Die Ausschüttung für das Geschäftsjahr 2000 ist zusammen mit der Ausschüttung für das Geschäftsjahr 2001 am 30. Juni 2002 fällig. Falls der Fälligkeitstag kein Bankarbeitstag in Frankfurt am Main ist, wird die Fälligkeit auf den nächstfolgenden Bankarbeitstag in Frankfurt am Main verschoben. Sofern zu diesem Termin die ordentliche Hauptversammlung noch nicht über die Gewinnverwendung für das vorausgegangene Geschäftsjahr beschlossen hat, wird die Zahlung am ersten Bankarbeitstag (maßgeblich ist Frankfurt am Main) nach dem Tag der ordentlichen Hauptversammlung fällig.

§3

Die Genußscheine verbriefen Gläubigerrechte, die keine Gesellschafterrechte, insbesondere keine Teilnahme-, Mitwirkungs- und Stimmrechte in den Hauptversammlungen der R beinhalten.

§4

(1) R behält sich vor, weitere Genußscheine zu gleichen oder anderen Bedingungen auszugeben.

(2) Ein Bezugsrecht der Genußscheininhaber auf weitere Genußscheine ist nur gegeben, wenn die Hauptversammlung dem zustimmt.

(3) Die Genußscheininhaber haben keinen Anspruch darauf, daß ihre Ausschüttungsansprüche im Rang den Ausschüttungsansprüchen vorgehen oder gleichstehen, die auf weitere Genußscheine entfallen. § 2 Abs. 3 bleibt unberührt.

§5

Der Bestand der Genußscheine wird vorbehaltlich § 7 weder durch Verschmelzung oder Umwandlung der R noch durch eine Veränderung ihres Grundkapitals berührt.

§6

(1) Die Laufzeit der Genußscheine ist mit dem Ende des Geschäftsjahres 2012 befristet (31.12.2012). Vorbehaltlich der Bestimmungen gemäß § 7 werden die Genußscheine zum Nennbetrag zurückgezahlt. Der zurückzuzahlende Betrag ist am 01. Juli 2013 fällig. § 2 Abs. 5 Satz 3 gilt entsprechend. Der zurückzuzahlende Betrag wird vom Ende der Laufzeit der Genußscheine an bis zur Fälligkeit auf der Basis des Referenzzinssatzes EURIBOR Sechs-Monats-Einlagen (Telerate Seite 248) zuzüglich 150 Basispunkte verzinst. Für die Ermittlung dieses Referenzzinssatzes gilt § 2 Abs. 2 sinngemäß. Der Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 30. Juni 2013 einschließlich (181 Zinstage) gilt als letzte Zinsperiode.

(2) Die Genußscheininhaber können ihre Genußscheine nicht kündigen.

§7

(1) Die Genußscheininhaber nehmen am laufenden Verlust (Jahresfehlbetrag) in voller Höhe teil. Wird ein Bilanzverlust ausgewiesen oder das Grundkapital der R zur Deckung von Verlusten herabgesetzt, vermindert sich der Rückzahlungsanspruch jedes Genußscheininhabers. Bei einem Bilanzverlust vermindert sich der Rückzahlungsanspruch um den Anteil am Bilanzverlust, der sich aus dem Verhältnis des Rückzahlungsanspruches zum Eigenkapital (einschließlich Genußscheinkapital, jedoch ohne andere nachrangige Verbindlichkeiten) errechnet. Bei einer Kapitalherabsetzung vermindert sich der Rückzahlungsanspruch jedes Genußscheininhabers in dem selben Verhältnis, wie das Grundkapital herabgesetzt wird. Verlustvorträge aus den Vorjahren bleiben hierbei außer Betracht.

(2) Werden nach einer Teilnahme der Genußscheininhaber am Verlust in den folgenden Geschäftsjahren Jahresüberschüsse erzielt, so sind aus diesen - nach der gesetzlich vorgeschriebenen Wiederauffüllung der gesetzlichen Rücklage - die Rückzahlungsansprüche bis zum Nennbetrag der Genußscheine zu erhöhen, bevor eine anderweitige Verwendung der Jahresüberschüsse vorgenommen wird. Diese Verpflichtung besteht nur während der Laufzeit der Genußscheine.

Reicht ein Jahresüberschuß zur Wiederauffüllung dieser und bereits begebener Genußscheine nicht aus, so wird die Wiederauffüllung des Kapitals dieser Genußscheine anteilig im Verhältnis ihres Gesamtnennbetrages zum Gesamtnennbetrag früher begebener Genußscheine vorgenommen. Dies gilt entsprechend auch für künftig zu begebende Genußscheine, sofern deren Bedingungen einen entsprechenden Wiederauffüllungsanspruch vorsehen.

§8

Die Forderungen aus den Genußscheinen gehen den Forderungen aller anderen Gläubiger der R, die nicht ebenfalls nachrangig sind, im Range nach. Im Falle der Insolvenz oder der Liquidation der R werden die Genußscheine gleichrangig mit vorher begebenen Genußscheinen nach allen anderen, nicht nachrangigen Gläubigern und vorrangig vor den Aktionären bedient. Dies gilt entsprechend auch im Verhältnis zu künftig zu begebenden Genußscheinen, wenn deren Bedingungen ebenfalls eine Gleichrangigkeit mit früher begebenen Genußscheinen vorsehen. Die Genußscheine gewähren keinen Anteil am Liquidationserlös.

§9

(1) Nachträglich können die Teilnahme am Verlust (§ 7 dieser Bedingungen) zum Nachteil der R nicht geändert, der Nachrang der Genußscheine (§ 8 dieser Bedingungen) nicht beschränkt sowie die Laufzeit und die Kündigungsfrist nicht verkürzt werden. Ein vorzeitiger Rückerwerb oder eine anderweitige Rückzahlung ist außer in den Fällen des § 10 Abs. 5 Satz 6 KWG der R ohne Rücksicht auf entsprechende Vereinbarungen zurückzugewähren, sofern nicht das Kapital durch die Einzahlung anderen, zumindest gleichwertigen haftenden Eigenkapitals ersetzt worden ist oder das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen der vorzeitigen Rückzahlung zustimmt.

(2) Die Aufrechnung des Rückzahlungsanspruches gegen Forderungen der R ist ebenso ausgeschlossen wie eine Besicherung dieses Anspruchs durch die R oder Dritte. Anderslautende Sicherheitenzweckerklärungen sind unbeachtlich. Für die letzten beiden Jahre der Laufzeit gilt als vereinbart, daß auf die Verbindlichkeiten weder Tilgungs- noch Zinszahlungen geleistet werden müssen, wenn dies zur Folge hätte, daß die Eigenmittel des Instituts die gesetzlichen Anforderungen nicht mehr erfüllen, und daß vorzeitige Tilgungs- und Zinszahlungen dem Institut unbeschadet entgegenstehender Vereinbarungen zurückzuerstatten sind.

§10

Zahlstelle ist die R.R ist berechtigt, durch Bekanntmachung gemäß § 12 weitere Banken als Zahlstellen zu benennen und die Nennung einzelner Zahlstellen zu widerrufen.

§11

(1) Die Genußscheinbedingungen sowie alle sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten bestimmen sich ausschließlich nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland. Erfüllungsort ist Frankfurt am Main.

(2) Ausschließlicher Gerichtsstand für alle Streitigkeiten, die sich aus den in diesen Genußscheinbedingungen geregelten Rechtsverhältnissen ergeben, ist für Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechtes oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen Frankfurt am Main, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften etwas anderes bestimmen.

§12

(1) Bekanntmachungen der R, die die Genußscheine betreffen, erfolgen im Bundesanzeiger und in einem Pflichtblatt derjenigen deutschen Börse, an der die Genußscheine zum Börsenhandel im Geregelten Markt zugelassen sind.

(2) Zur rechtlichen Wirksamkeit genügt die ordnungs- und fristgemäße Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Einer besonderen Benachrichtigung der einzelnen Genußscheininhaber bedarf es nicht.

§13

Sollte eine der Bestimmungen der Genußscheinbedingungen ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, so bleibt die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen unberührt. Für eine etwa hierdurch entstehende Lücke soll eine dem Sinn und Zweck dieser Bedingungen entsprechende Regelung gelten.€

Die Klägerin, eine private Beteiligungsgesellschaft, ist Eigentümer von 22 streitgegenständlichen Genussscheinen der Beklagten zu einem Nennwert von jeweils EUR 1.000,--.

Zwischen der C AG und der C I GmbH besteht ein Gewinnabführungsvertrag, der am 26. Mai 2004 im Handelsregister eingetragen wurde. Die C AG ist nach § 302 AktG zur Verlustübernahme verpflichtet.

Am 26.6.2007 schloss die Beklagte mit der C I GmbH einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab, in dem für die außenstehenden Aktionäre ein Ausgleich brutto EUR 1,24 (netto nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses EUR 1,01 für das Geschäftsjahr 2007 und EUR 1,10 für das Geschäftsjahr ab 2008, jeweils für ein volles Geschäftsjahr, und eine Abfindung von EUR 24,32 je Stückaktie vereinbart wurde, dem die Hauptversammlung der Beklagten am 29.8.2007 zustimmte. Eine Regelung über die Genussscheine der Beklagten ist in diesem Unternehmensvertrag nicht enthalten. Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Anlage K 3, Bl 49 ff d. A.) verwiesen. Für die Zahlungsverpflichtungen der C I GmbH gab die C AG eine Patronatserklärung ab.

Die Eintragung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag in das Handelsregister erfolgte am 4.9.2007. Mit Beschluss vom 14.9.2009 € 3-05 O 203/07 € (BeckRS 2009, 26437) hat die Kammer in einem von Minderheitsaktionären angestrengten Spruchverfahren den Antrag eine höhere Abfindung als EUR 24,32 festzusetzen, zurückgewiesen, jedoch den angemessenen Ausgleich für das Geschäftsjahr 2007 auf netto EUR 1,51 und ab dem Geschäftsjahr 2008 auf netto EUR 1,65 je Stückaktie zzgl. Körperschaftsteuerbelastung und Solidaritätszuschlag (insges. brutto EUR 1,85) festgesetzt. Über die hiergegen von Antragstellern und der Antragsgegnerin eingelegten sofortigen Beschwerden steht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 5 W 80/09 - noch aus.

Ebenfalls in der Hauptversammlung vom 29.8.2007 wurde der Ausschluss der Minderheitsaktionäre zu einer Abfindung von EUR 24,32 beschlossen.

Nach Durchführung eines Freigabeverfahrens vor dem Landgericht Frankfurt am Main zum Az. 3-05 O 275/07 - in dem die Kammer mit Beschluss vom 29.1.2008 (ZIP 2008, 1183) die Freigabe erklärt und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 14.7.2008 - 23 W 14/08 € (AG 2008, 827 = ZIP 2008, 1968) die Beschwerden zurückgewiesen hatte, wurde der Ausschluss der Minderheitsaktionäre gem. § 327a AktG am 25.7.2008 in das Handelsregister eingetragen.

Im Verfahren 3-05 O 283/08 vor dem Landgericht Frankfurt am Main haben mehrere ausgeschlossene Aktionäre beantragt eine höhere Abfindung als EUR 24,32 beim Ausschluss der Minderheitsaktionäre festzusetzen. Eine Entscheidung in dem dortigen Verfahren ist noch nicht ergangen.

Die Beklagte ist nunmehr eine 100%ige Tochtergesellschaft der C I GmbH, Frankfurt am Main, einer 100%igen Tochtergesellschaft der C AG, und wird von letztgenannter konsolidiert. Die C I GmbH hält 94,87791% der Aktien der Beklagten unmittelbar und weitere 5,12209% über ihre Tochtergesellschaft A GmbH & Co. KG.

Am 8.8.2008 erwarb die Beklagte - auf Veranlassung der Konzernobergesellschaft C AG - alle Aktien der C-Tochter, Eh. Mit Wirkung vom 18.8.2008 wurde die Eh auf die Beklagte verschmolzen.

Im Geschäftsjahr 2007 führte die Beklagte nach ihrem Geschäftsbericht infolge des bestehenden BGAV einen (fiktiven) Gewinn in Höhe von EUR 103 Mio. ab.

Die Beklagte leistete für das Geschäftsjahr 2007 eine Ausschüttung auf Genusscheine entsprechend dem im Geschäftsbericht ermittelten Gewinn vor Abführung.

Ohne Verlustübernahme durch die herrschende Gesellschaft wäre bei der Beklagten im Geschäftsjahr 2008 ein Fehlbetrag entstanden Die Beklagte erbrachte für dieses Geschäftsjahr Zahlungen auf die Genussscheine.

Am 7.5.2009 gab die Beklagte per Ad-hoc-Mitteilung bekannt, dass auch Tochterunternehmen der C AG Zinsen oder Gewinnbeteiligungen auf gewinnabhängige Eigenmittelinstrumente nur leisten dürften, sofern sie dazu auch ohne Auflösung von Rücklagen oder Sonderposten nach § 340g HGB rechtlich verpflichtet seien. Die Beklagte wies darauf hin, dass diese Beschränkung auch für das Eigenmittelinstrument € den streitgegenständlichen Genussschein - gelte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in Ablichtung zur Akte gereichte Meldung (Anlage B1, Bl. 112 d. A.) verwiesen.

Am 2.11.2009 wies die Beklagte in einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung (Anlage K4 Bl. 56 d. A.) darauf hin, dass bei einem Jahresfehlbetrag der Beklagten die Auflösung von Rücklagen oder des Sonderpostens nach § 340g HGB zur Bedienung von gewinnabhängigen Eigenkapitalinstrumenten nicht zulässig sei und dass in diesem Fall gewinnabhängige Eigenkapitalinstrumente nicht bedient werden dürften. Da für das Geschäftsjahr 2009 im Konzern und bei der Beklagten ein negatives Jahresergebnis (Jahresfehlbetrag) erwartet würde, bedeute dies, dass für die Genussscheine der Beklagten keine Kuponzahlungen für das Jahr 2009 zu erwarten seien, wobei der streitgegenständliche Genussschein ausdrücklich genannt wird.

Die Herabsetzung der Rückzahlungsansprüche der Genussscheine kündigte die Beklagte mit einer Ad-hoc-Mitteilung vom 3.2.2010 an. Danach werden aufgrund eines für das Geschäftsjahr 2009 zu erwartenden Jahresfehlbetrages der Beklagten die Rückzahlungswerte sämtlicher von der Beklagten ausgegebener Genussscheine um einen niedrigen, einstelligen Prozentsatz herabgesetzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die in Ablichtung zur Akte gereichte Meldung (Anlage K 5, Bl. 57 d. A.) Bezug genommen.

Die Herabsetzung der Rückzahlungsansprüche um 2,66377733 % und die Aussetzung der Ausschüttungen für das Geschäftsjahr 2009 wurden durch Mitteilung nach § 30b Abs. 2 Nr. 2 WpHG vom 30.3.2010 bekanntgegeben. Wegen der Einzelheiten dieser Mitteilung wird auf die zu der Akte gereichte Kopie (Anlage B 2, Bl. 114 d. A.) verwiesen.

Nach dem festgestellten und geprüften Einzeljahresabschluss der Beklagten für das Geschäftsjahr 2009 entstand im Geschäftsjahr 2009 ein Jahresfehlbetrag in Höhe von EUR 169,7 Mio., der allerdings bilanziell durch Erträge aus Verlustübernahmen in Höhe von EUR 150,6 Mio. durch die C Holding GmbH aufgrund des BGAV und aus der Herabsetzung der Rückzahlungsansprüche der Genussscheine in Höhe von EUR 19,1 Mio. ausgeglichen wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den in Ablichtung zur Akte gereichten Auszug des Geschäftsberichts (Anlage B3, Bl. 115 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages die Genussscheininhaber nicht beeinträchtigen dürfe.

Eine ausdrückliche Regelung für den Fall der Bildung eines Vertragskonzerns durch Abschluss eines Unternehmensvertrages der Emittentin sei hier € unstreitig - nicht getroffen worden. Der gesetzliche Schutz der Aktionäre finde im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag über den Ausgleich nach § 304 AktG und der Abfindung nach § 305 AktG statt. Der Schutz für die Genussscheininhaber dürfe nicht dahinter zurückbleiben. Es sei daher eine ergänzende Vertragsauslegung bzw. Anpassung der Emissionsbedingungen dahingehend vorzunehmen, dass wegen des späteren Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages der Beklagten, mit dem sie sich zu einer abhängige Gesellschaft gemacht habe, die Frage des künftigen Bilanzgewinns/Bilanzverlusts, welcher maßgeblich für die Bedienung der Genussscheine sei, sich nach der im Zeitpunkt der Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vorliegen Prognose für die künftige Ertragsentwicklung richte. Diese sei hier € insoweit auch unstreitig € für künftige Geschäftsjahre positiv gewesen. Wegen der Verlustübernahme der herrschenden Gesellschaft im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag komme auch eine Beteiligung der Genusscheininhaber an den Verlusten und damit eine Herabsetzung des Rückzahlungsbetrags nicht in Betracht.

Nachdem die Kuponzahlung für 2009 am 1.7.2010 fällig geworden sei, stehe der Klägerin ein Ausschüttungsanspruch je Genussschein von EUR 45,85 (x 22) zu, was darauf beruhe, dass die Beklagte € unstreitig - den Zinssatz für die Zinsperiode vom 1..1.2009 bis 31.12.2009 mit 4,585 % angegeben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 7.6.2010 (Bl. 22 d. A.) und die ergänzenden Schriftsätze vom 6.9.2010 (BL. 124 ff d. A.)) und 25.10.2010 (Bl. 174 ff d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.008,70 nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit 1.7.2010 zu bezahlen.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, während der Dauer der Wirksamkeit des zwischen ihr und der C Holding GmbH bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 26. Juni 2007 die Genussscheine der Klägerin zur WKN € unabhängig von ihrer tatsächlichen Ertragslage jährlich gemäß § 2 zu bedienen und diese im Zeitpunkt der Fälligkeit gemäß § 6 zu ihrem vollen Nennbetrag zurückzuzahlen.

Hilfsweise:

Die Beklagte zu verurteilen, einer Ergänzung der Genussscheinbedingungen der Genussscheine der Klägerin zur WKN € dahingehend zuzustimmen, dass im Falle des Abschlusses eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit der Beklagten als beherrschtem Unternehmen, Bilanzgewinn und Bilanzverlust gemäß der nach § 293 b AktG geprüften Ertragsprognose entsprechend § 304 Abs. 2 Satz 1 AktG i. V. m. § 305 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 2 AktG zu bestimmen sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei hinsichtlich des Hauptantrags unzulässig, da das erforderliche Feststellungsinteresse fehle. Es läge aktuell keine Unsicherheit in Bezug auf ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien vor, die Klägerin verlange nichts anderes als ein Rechtsgutachten des Gerichts zur Unzeit.

In der Sache stelle die Beklagte zu Recht auf den (fiktiven) Bilanzgewinn/Bilanzverlust ab, der ohne den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag sich ergäbe. Dies rechtfertige sich durch die gegebene Anpassung der Genussscheinbedingungen nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage und sei für alle Beteiligten interessengerecht. Genussscheininhaber stehe kein Ausgleich- oder Abfindungsanspruch entsprechend §§ 304, 305 AktG zu, die Lösung müsse mit den Mitteln des Vertragsrechts gefunden werden.

Eine ergänzende Auslegung der Genussscheinbedingungen, dass § 5 auch bei Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages heranzuziehen sei, scheide aus, da dies im Vertrag selbst keine Stütze finde. Zudem sei sie ausgeschlossen, wenn verschiedene Möglichkeiten der Vertragsanpassung in Betracht kämen und aus dem Vertrag nicht ersichtlich sei, für welche Lösung sich die Parteien entschieden hätten wir, wenn sie die regelungsbedürftigen Punkte bedacht und geregelt hätten.

Da es im Geschäftsjahr 2009 unabhängig von Bestehen des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zu keinem (fiktiven) Bilanzgewinn gekommen sei, sondern zu einem (fiktiven) Bilanzverlust, seien die Genussscheininhaber an diesem (fiktiven) Bilanzverlust zu beteiligen. Die Beklagte müsse daher die Genussscheine während der Laufzeit des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht unabhängig von ihrer tatsächlichen Ertragslage jährlich gemäß § 2 bedienen und sie nicht im Fälligkeitszeitpunkt zum vollen Betrag zurückzahlen.

Nachteilige Weisungen aufgrund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages - auch nicht bezüglich der E - habe es nicht gegeben. Zudem sei bei einer Bank wie der Beklagten gemäß § 25 Abs. 1 KWG das Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens weitgehend eingeschränkt, da das Letztentscheidungsrecht aufsichtsrechtlich immer beim abhängigen Institut verbleiben müsse. Dies sei auch in dem streitgegenständlichen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag in § 1 Abs. 3 berücksichtigt worden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Genussschein um Eigenmittel im Sinne des KWG handle, die keine Schadensersatzansprüche gegen die Emittentin begründen, selbst wenn die Verluste aufgrund von Geschäftsführungsmaßnahmen entstanden seien, die eigentliche Schadensersatzansprüche der Genussscheininhaber begründen würden, da Bankengenussscheine gemäß § 10 Abs. 5 KWG in voller Höhe am Verlust teilzunehmen hätten. Diese gesetzlich vorausgesetzte Verlustteilnahme sei bei der von der Klägerin begehrten Lösung nicht mehr gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 16.8.2010 (Bl. 82 ff. d.A.) Bezug genommen.

Eine Ausschüttung habe daher wegen des Fehlbetrags im Jahr 2008 auf die Genussscheine nicht erfolgen müssen. Dass es dennoch zu einer Ausschüttung kam, lasse sich mit der durch die weltweite Finanzkrise ausgelösten Sondersituation erklären. Motivation für die freiwillige Bedienung der Genussscheine für das Geschäftsjahr 2008 seien die damaligen, außergewöhnlichen Umstände am Kapital- und Bankenmarkt gewesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungshauptantrags zulässig.

Es handelt es sich bei der Frage, ob die Beklagte Zinszahlungen auf die Genussscheine der Klägerin zu erbringen hat und inwieweit eine Teilnahme am Verlust stattzufinden hat, um ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs.1 ZPO.

Ein Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder zu Gegenständen. Dagegen darf ein Feststellungsurteil weder die Beurteilung einer nur gedachten Rechtsfrage aussprechen noch eine bestimmte rechtserhebliche Tatsache feststellen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 15.10.1956 - III ZR 226/55, BGHZ 22, 43 ff, 47). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Feststellung einer reinen Rechtsfrage unzulässig. Um eine solche handelt es sich hier aber nicht, denn der Klägerin geht es sehr wohl um die konkreten Rechte und Pflichten der Parteien.

Nach Ansicht der Kammer ist dieses Feststellungsinteresse der Klägerin aber gegeben hinsichtlich des Umfangs der Verpflichtung der Beklagten zur (künftigen) jährlichen Bedienung des streitgegenständlichen Genusscheins, sowie zum Umfang der Zurückzahlungsverpflichtung nachdem die Beklagten als beherrschtem Unternehmen ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen hat, mithin in einen Konzern integriert wurde. Das Feststellungsinteresse ergibt sich schon aus der Handelbarkeit der streitgegenständlichen Genussscheine, da der (Verkaufs-) und ggf. Beleihungswert davon beeinflusst wird, inwieweit und in welchem Umfang die Beklagte nach Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages verpflichtet ist, Zinszahlungen auf den Genussschein zu erbringen und, ob eine Herabsetzung beim Rückzahlungsbetrag in Betracht kommt.

Der Statthaftigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass nicht nur die Klägerin sondern eine Vielzahl weiterer Inhaber des streitgegenständlichen Genussscheins von der Handhabung der Beklagten nach Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages betroffen sind. Die Inhaber derartiger Genusscheine müssen ggf. jeder im Wege des Individualrechtsschutzes durch Klageerhebung eine Klärung der Rechtslage und ihrer Ansprüche gegen die Beklagte verfolgen. Ein Spruchverfahren, dessen Entscheidung gem. § 13 SpruchG für und gegen alle Inhaber des streitgegenständlichen Genussscheins wirken würde, kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 1 Nr. 1 SpruchG nicht erfüllt sind (a. A. Hasselbach/Hirte GroßKomm AktG, 4.Aufl. § 304 Rz. 147). Danach ist das Spruchverfahrensgesetz anzuwenden auf das gerichtliche Verfahren für die Bestimmung des Ausgleichs für außenstehende Aktionäre und der Abfindung solcher Aktionäre bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen (§§ 304, 305 AktG).

Eine direkte Anwendung dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht, weil es sich bei den Inhabern der streitgegenständlichen Genussscheine nicht um Aktionäre der Beklagten handelt. Jedoch kommt auch eine analoge Anwendung von § 1 Nr. 1 SpruchG nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen für eine Analogie nicht erfüllt sind. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes als Voraussetzung für eine €gesetzesimmanente Rechtsfortbildung€ (vgl. dazu etwa BGH NJW 1981, 1726, 1727; NJW 1988, 2109, 2110; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., S. 373) liegt nämlich nicht vor. Ob eine derartige Lücke vorhanden ist, die etwa im Wege der Analogie ausgefüllt werden kann, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zu Grunde liegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (vgl. BHZ 149, 165, 174).

Das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren vor den Landgerichten dient der Bestimmung angemessener Ausgleichszahlungen bzw. Abfindungen bei verschiedenen Strukturmaßnahmen von Unternehmen. Das Spruchverfahren wird vom Gesetz zur Verfügung gestellt, damit solche Maßnahmen nicht durch Anfechtungsklagen von Minderheitsaktionären blockiert werden, für diese aber die gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit der ihnen angebotenen Kompensation und damit effektiver Rechtsschutz garantiert wird. Es geht mithin darum, den Ausgleich der Gesellschaftermehrheit und der Gesellschafterminderheit herzustellen (vgl. BT-Drucks. 15/371 S. 11; Simon in: in: Simon, SpruchG, a.a.O., Einführung Rdn. 16). Ausgehend von diesem Normzweck lässt sich eine planwidrige Regelungslücke nicht annehmen, auch wenn der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages € wie noch darzulegen sein wird € zu Beeinträchtigungen des Rechtsverhältnisses der Genussscheininhaber der vor Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag emittierten Genussscheine führt. Ein Genussrecht stellt aber kein gesellschaftsrechtlich geprägtes Mitgliedschaftsrecht dar, sondern ein Recht, das sich in einem bestimmten geldwerten Anspruch erschöpft (BGH v. 5.10.1992 € II ZR 172/91- AG 1993, 125).

In dieser Situation gibt das geltende Recht aber durch den möglichen Individualrechtsschutz hinreichende Schutzmechanismen vor, um Genussscheininhaber zu schützen.

In der Sache sind aber sowohl der Hauptantrag auf Feststellung der Bedienung der Genussscheine und auf Rückzahlung zum Nennbetrag bei Fälligkeit unabhängig von der tatsächlichen Ertragslage als auch auf Leistung für das Jahr 2009 und auch der Hilfsantrag auf Zustimmung zur Ergänzung der Genussscheinbedingungen unbegründet.

Dabei ist allerdings zutreffend, dass durch den Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages durch die Beklagte als beherrschtes nach Emission der streitgegenständlichen Genusscheine für die Klägerin als Genusscheininhaber eine Situation entstanden ist, die es gebietet, gem. § 311 BGB den Vertrag zwischen den Parteien über die Bedingungen der Genussscheine anzupassen.

Für den Inhaber eines vor Vertragskonzernierung begebenen Genussscheins von einem dann beherrschten Unternehmen besteht eine Schutzlücke, wenn bei Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages keine Regelung für die vom beherrschten Unternehmen zuvor begebenen Genussscheine getroffen wird. Dabei ist der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages grundsätzlich nicht zu beanstanden, da dies zur unternehmerischen Entscheidungsfreiheit des Emittenten gehört. Der Anleger hat insoweit keinen Anspruch auf Konzernfreiheit.

Die Kammer stimmt mit beiden Prozessparteien überein, dass in einer derartigen Situation dieser Schutz über eine vertragliche Lösung d.h. über die Auslegung der Genussscheinbedingungen bzw. über die Anpassung des Vertrages nach den Grundsätzen der Änderung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB zu gewährleisten ist (so auch Prosser, Anlegerschutz bei Genussscheinen, Gewinnschuldverschreibungen, Options- und Wandelanleihen, 2000, S. 154ff.; Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche im Konzern, 2003, S. 57 ff.; Stephan, in: Schmidt/Lutter, Kommentar zum Aktiengesetz, 2008, § 304 Rn. 68; Bilda, in: Münchener Kommentar zum Aktienrecht, 2. Aufl. (2000), § 304 Rn. 27; Paulsen, in: Münchener Kommentar zum Aktienrecht, 3. Aufl. (2010), § 304 Rn. 32; Koppensteiner, in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. (2004), § 304 Rn. 18; Veil, in: Spindler/Stilz, Kommentar zum Aktiengesetz, 2007, § 304 Rn. 14; Krieger, in: Münchener Handbuch für Gesellschaftsrecht - Aktiengesellschaft, 3. Aufl. (2007), § 63 Rn. 72; Kallrath, Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genußscheinen, 1994, S. 180 f.; Frantzen, Genußscheine, 1992, S. 284 f.; Sethe, AG 1993, S. 351, 366 f.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl. (2009), § 304 Rn. 14a, der dies als einen Lösungsansatz von mehreren sieht; Hüffer, AktG, 9. Aufl. (2010), § 221 Rn. 68a, der diese Rechte als €Minimum" ansieht; wohl auch Schenk, in: Heidelberger Kommentar zum Aktienrecht, 2007, § 304 Rn. 14, der das Schutzbedürfnis erkennt und lediglich eine analoge Anwendung der §§ 304 f. AktG ablehnt; Thielemann, Das Genußrecht als Mittel der Kapitalbeschaffung und der Anlegerschutz; 1988, S. 175 ff, der eine Vertragsanpassung und sekundär Schadensersatzansprüche befürwortet).

Soweit teilweise in der Literatur (Hasselbach/Hirte, in: GroßKomm Aktiengesetz, 4. Aufl. (2005), § 304 Rn. 147; Lutter, in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl. (1993), § 221 Rn. 405; Habersack, in: Münchener Kommentar zum Aktienrecht, 2. Aufl. (2005), § 221 Rn. 320; Luttermann, Unternehmen, Kapital und Genußrechte, 1998, S. 538; van Look, in: Bundschuh u.a., Recht und Praxis der Genußscheine, 1987, S. 35, 41; Vollmer, ZGR 1983, S. 445, 467; Hüffer, AktG, 9. Aufl. (2010), § 221 Rn. 68a, der dies für €erwägenswert und wohl richtig" bezeichnet; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl. (2009), § 304 Rn. 14a, zumindest in geeigneten Fällen; Veil, in: Spindler/Stilz, Kommentar zum Aktiengesetz, 2007, § 304 Rn. 14, wenn Schutz mittels vertraglicher Vereinbarungen oder Schadensersatz nicht ausreichend ist) vertreten wird, die Genussscheininhaber seien (alternativ oder kumulativ) auf Ausgleichsansprüche analog § 304 AktG gegen das herrschende Unternehmen zu verweisen, kann dem nicht gefolgt werden.

Eine Gesetzeslücke, die eine analoge Anwendung rechtfertigen würde, ist jedenfalls nach der gesetzlichen Normierung der Anpassung bei Störung der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB (seit 2002) nicht mehr gegeben nicht gegeben (vgl. U. H. Schneider, Genußrechte an Konzernunternehmen, Festschr. f. Goerdeler, S. 526; Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche im Konzern, S. 66).

Auch allein der Verweis auf vertragliche Schadensersatzansprüche wird der Interessenlage nicht gerecht. Zwar könnte die vertragliche Pflichtverletzung ggf. noch darin gesehen werden, dass bei dem späteren Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages die Interessen der Inhaber von zuvor dem nicht vertragskonzernierten Unternehmen emittierten Genussscheinen nicht berücksichtigt worden seien, doch ist dann der für einen Schadensersatzanspruch erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen Schaden und Pflichtverletzung problematisch, jedenfalls für den Genusscheininhaber kaum darlegbar, geschweige den im Prozess nachweisbar. Gem. §§ 280, 249 BGB bemisst sich der Schaden zunächst nach dem Zustand, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Diese ex-ante Betrachtung führt jedoch beim Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ohne Berücksichtigung der vorher emittierten Genussscheine nicht weiter. In Betracht käme lediglich, dass durch die Weisungen des dann herrschenden Unternehmens i.S.d. § 308 AktG an das beherrschte Unternehmen zu Lasten der Genussscheininhaber auf die Ertragslage und damit auf die Anknüpfung zur Bedienung der Genussscheine eingegriffen wurde, die es ohne den Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht gegeben hätte. Die Darlegung, geschweige denn der Nachweis derartiger Umstände erscheint aber kaum machbar, da es keine Verpflichtung der am Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag beteiligten Unternehmen gibt, derartige Vorgänge zu kommunizieren.

Der Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages führt daher hier dazu, die Genussscheinbedingungen anzupassen, was auch die Beklagte letztlich einräumt, wenn sie darauf abstellt, dass € insoweit zutreffend - wegen der Abführungsverpflichtung kein Bilanzgewinn bzw. wegen der Ausgleichsverpflichtung kein Bilanzverlust mehr entstehen könne und daher diese Anpassung der Genussscheinbedingungen derart zu erfolgen habe, dass für die Bedienung bzw. Herabsetzung des Zahlbetrags für die Genussscheine der Beklagten auf den aufgrund einer vorläufigen Bilanz vor Abführung oder Ausgleichung ermittelten Bilanzgewinn bzw. auf einen dann ggf. bestehenden Bilanzverlust abzustellen sei. Diese zunächst verlockend einfache Lösung (vgl. Meilicke BB 1987, 1610) kann jedoch nur bei Abschluss eines reinen Gewinnabführungsvertrages als ausreichend angesehen werden (vgl. Prosser, a. a. O., S. 172). Wird dagegen wie vorliegend neben dem Gewinnabführungsvertrag auch ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen, genügt diese Anpassung des Berechnungsschlüssels für die Ausschüttung durch Bezugnahme auf das Ergebnis vor Gewinnabführung- oder Ausgleichung nicht.

Dafür spricht zunächst, dass die damit begründete Konzernlage nachhaltigen Einfluss auf die Stellung des Anlegers hat. Das herrschende Unternehmen kann aufgrund der gesetzlichen Bestimmung gem. § 308 Abs. 1 AktG auf das abhängige Unternehmen Einfluss nehmen. Es droht die Gefahr, dass das haftende Vermögen des Emittenten zugunsten des herrschenden Unternehmens geschmälert und damit die Substanz der abhängigen Gesellschaft ausgehöhlt wird. Das Ergebnis der beherrschten Gesellschaft kann geringer ausfallen als dies bei einer unabhängigen Gesellschaft der Fall wäre. Die Konzernlage gefährdet nicht nur den Ausschüttungsanspruch des Inhabers eines Genussscheins, sondern auch den Anspruch auf Rückzahlung des eingesetzten Kapitals.

Soweit die Beklagte darauf verweist, dass wegen der Bestimmungen des KWG und der aufsichtsrechtlichen Überwachungen hier entsprechende Schutzinstrumente gegen nachteilige Weisungen die abstrakte Gefahr nachteiliger Weisungen sich kaum realisieren werde, zumal auch das herrschende Unternehmen ein Interesse habe, dass ein möglichst hoher Gewinn abgeführt werde und die Genusscheininhaber ggf. auch von Synergien des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages infolge von Kosteneinsparungen profitieren würden, so führt dies nicht dazu, die durch das Recht zu Weisungen nach § 308 AktG immer gegebene latente Gefahr zu ignorieren.

Zum Beispiel können Geschäftschancen oder vielversprechende Entwicklungen des abhängigen Unternehmens auf das herrschende Unternehmen oder auf Schwesterunternehmen des abhängigen Unternehmens umgeleitet bzw. beim abhängigen Unternehmen nicht mehr weiter verfolgt werden. Ferner kann die Bilanzierungspolitik des abhängigen Unternehmens (ggf. auch zu Lasten der Genussrechtsinhaber) geändert werden. Mittels zentral vorgeschriebener Konzernverrechnungspreise kann das abhängige Unternehmen gezwungen werden, Produkte oder Dienstleistungen unter Marktwert an andre Konzernunternehmen zu leisten. Die Einführung eines konzernweiten Cash-Managements aufgrund eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags bedeutet bereits während der Laufzeit einen weitreichenden Verlust an Selbständigkeit und Leitungsmacht des abhängigen Unternehmens, insbesondere im kurzfristigen finanziellen Bereich. Anlegerrechte können durch konzernpolitische Umstrukturierungsmaßnahmen, Rücklagenbildung in Tochtergesellschaften, Kapitalerhöhung oder die Ausgabe neuer Genussscheine verwässert werden. Die Konzernlage hat nicht nur Einfluss auf die Zahlungsfähigkeit, sondern auch auf Ergebnislage insgesamt. Unabhängig von der Finanzaufsicht über die Beklagte belegt dies, dass die grundsätzliche Möglichkeit des herrschenden Unternehmens, nachteilig auf das abhängige Unternehmen einzuwirken, bereits zur Annahme führen muss, im Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages eine Störung der Geschäftsgrundlage zu sehen. Das herrschende Unternehmen ist bei Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zu Weisungen berechtigt. Daher können Verluste entstehen, zumindest aber die Gewinne gemindert werden.

Der Genussrechtsinhaber hat sich € gerade bei Genusscheinen die gem. § 10 Abs. 5 KWG am Verlust teilnehmen - im Vertrauen auf eine erfolgsabhängige Vergütung für die Überlassung von Genussrechtskapital eingelassen, dass der Emittent alles unterlassen wird, was seinen Anspruch auf eine erfolgsabhängige Vergütung vernichten oder vereiteln kann. Durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrags hat der Emittent nunmehr jedoch einem Dritten, nämlich dem herrschenden Unternehmen, die Möglichkeit eröffnet, genau diesen erfolgsabhängigen Anspruch des Genussberechtigten zu beeinträchtigen und u. U. sogar gänzlich zu vereiteln.

Die Ansprüche der Anleger sind in ihrem Umfang somit ständig durch ggf. nachteilige Maßnahme der beherrschenden Konzerngesellschaft gefährdet und können deshalb nicht allein nach der aktuellen Ertragslage der abhängigen Konzerngesellschaft bemessen werden. Infolge des Konzernsachverhalts kann der Genussschein daher keine hinreichende Teilhabe am Ertrag vermitteln.

Auch den Aktionären der abhängigen Gesellschaft droht durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag die Gefahr, dass das haftende Vermögen der Gesellschaft zugunsten des herrschenden Unternehmens geschmälert und damit die Substanz der abhängigen Gesellschaft ausgehöhlt wird. Das Risiko des Gläubigers eines gewinnabhängigen Anspruchs wie zum Beispiel eines Genussscheins ähnelt hier der Stellung eines Aktionärs der beherrschten Gesellschaft. Zum Schutz dieser Aktionäre hat der Gesetzgeber die Vertragsparteien des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags verpflichtet, eine von der herrschenden Gesellschaft zu zahlende Abfindung (§ 305 AktG) zu vereinbaren, zu der der Minderheitsaktionär aus der Gesellschaft ausscheiden kann, bzw. wenn er sich zum Verbleib entschließt, diesem einen Ausgleich anstelle der jährlichen Dividende zu zahlen ( 304 AktG).

Auch der Gesetzgeber differenziert hier nicht, ob es sich bei dem beherrschen Unternehmen um ein Kreditinstitut handelt, für das die Regelungen des KWG gelten und das der staatlichen Finanzaufsicht untersteht.

Für einen Schutz der Genussrechteinhaber spricht weiter auch die Existenz eines gesetzlichen Anlegerschutzes bei bestimmten Grundlagenentscheidungen. So sind Verträge zwischen der Gesellschaft und den Anlegern, deren Inhalt von der Gewinnausschüttung der Gesellschaft, dem Nennbetrag oder dem Wert der Aktien oder des Grundkapitals oder sonst von den bisherigen Kapital- oder Gewinnverhältnissen abhängen, wirtschaftlich anzupassen, §§ 216 Abs. 3 AktG. Auch in den Umwandlungsfällen des § 1 Abs. 1 UmwG sind den Anlegern gleichwertige Rechte zu gewähren, §§ 23, 133 Abs. 2 UmwG. Hier werden Genussrechtsinhaber insbesondere im Fall der Konzernbildung durch Verschmelzung oder Spaltung vor einer wirtschaftlichen Verwässerung ihrer Rechte geschützt.

Durch eine Vertragsanpassung der Genussscheinbedingungen gem. § 313 BGB wegen Änderung der Geschäftsgrundlage ist daher der Genussrechtsinhaber vor den Gefahren durch den späteren Abschluss eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages zu schützen. Dabei hat eine Abwägung dahingehend stattzufinden, welche Änderungen nach dem Vertrag, insbesondere nach der gewählten und gesetzlichen Risikoverteilung und der Vorhersehbarkeit zumutbar sind.

Die Zeichnung eines Genussrechts mit einer gewinnabhängigen Vergütung und Verlustbeteiligung nach § 10 Abs. 5 KWG bedeutet zunächst einmal, dass der Zeichner dieses Genussrechts bewusst das Risiko wirtschaftlicher Veränderungen auf sich nimmt. Diese bewusste Risikoübernahme macht ihn weniger schutzwürdig als einen Fremdkapitalgeber, der von vornherein eine Festzinsvereinbarung für das überlassene Kapital vereinbart Genussrechte weisen daher einen spekulativen Charakter auf.

Andererseits möchten Genussrechtsinhaber durch die Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütung für die Überlassung von Kapital in der Regel nur solche Risiken übernehmen, die sich aus der allgemeinen wirtschaftlichen Betätigung des Emittenten ergeben. Dem Genussrechtsinhaber ist zudem bewusst, dass sein Vergütungsanspruch von den unternehmerischen Entscheidungen und dem vom Genussrechtsemittenten nicht beeinflussbaren Marktumfeld abhängt (vgl. Lindemann a.a.O., S. 62 f). Für die emittierende Bank ist demgegenüber von Bedeutung, dass auch durch die Vertragsanpassung, der Charakter des bankaufsichtlich anerkannten Genusskapitals i.S.d. § 10 Abs. 5 KWG bestehen bleibt. Diese Notwendigkeit für die Anerkennung als Ergänzungskapital und damit bankaufsichtlich haftendes Eigenkapital bedingt daher, dass auch im Rahmen der Vertragsanpassung die (Möglichkeit der) Verlustteilnahme in gewisser Weise bestehen bleiben muss.

Die gebotene Vertragsanpassung muss daher dazu führen, dass abweichend von den Genusscheinbedingungen bei Ausgabe vor dem Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages für die Frage des ob und der Höhe der jährlichen Ausschüttung auf die Genussscheine sowie der Höhe der Rückzahlung bei Fälligkeit ein anderer Anknüpfungspunkt als der jährliche Bilanzgewinn gefunden werden muss, der wegen der Abführung nicht mehr existiert und auch der fiktive Bilanzgewinn bzw. Verlust hierzu nicht geeignet ist, da dieser € wie dargelegt € aufgrund der Vertragskonzernierung nicht unbeeinflusst ist. Den Inhaber der Genusscheine kann daher zwar ein unverändertes Festhalten an den ursprünglichen Bedingungen für Ausschüttung und Rückzahlung nicht zugemutet werden, anderseits ist jedoch auch das mit der Genussscheinzeichnung übernommene Risiko allgemeiner wirtschaftlicher Veränderungen und deren Auswirkung auf den Emittenten beizubehalten.

Diese Anpassung hinsichtlich der Anknüpfung für die jährliche Ausschüttung auf den streitgegenständlichen Genussschein sowie die Höhe des Rückzahlungsbetrags bei Fälligkeit, d. h. ob Herbsetzungen stattfinden, kann daher nicht in der Weise erfolgen, wie sie die Klägerin begehrt. Für das ob und die Höhe der jährlichen Ausschüttung sowie die begehrte Feststellung der Rückzahlung zum Nennbetrag kann anstelle des Bilanzgewinns nicht auf die zum Zeitpunkt der Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vorliegende Prognose für die künftige Ertragsentwicklung abgestellt werden. Dies würde nämlich dazu führen, dass die wirtschaftliche Entwicklung und die tatsächliche Entwicklung der Ertragssituation seit diesem Stichtag ausgeblendet würde, sondern ein fiktiver Ertrag zugrunde gelegt werden, wie er sich aus der - jedenfalls für die die Laufzeit des Genussscheins € prognostizierten Ertrags- und Gewinnentwicklung der Beklagten in dem für den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag erstellten und vom gerichtlich bestellten sachverständigen Prüfer geprüften Vertragsbericht ergäbe.

Diese Prognose ist gerichtskundig € aufgrund der Vorbefassung der Kammer mit den Anfechtungsverfahren über den Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (3-05 O 211/07) und dem Spruchverfahren über die Angemessenheit von Abfindung und Ausgleich des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages (3-05 O 203/07) € positiv gewesen da sie für das Jahr 2009 ein Ergebnis nach Steuern von Mio. EUR 639,1 und ab 2010 ein Ergebnis nach Steuern von Mio. EUR 660,5 ansetzt, wobei die Kammer aber bereits in ihrem Beschluss vom 14.9.2009 - 3-05 O 203/07 € Zweifel geäußert hat, ob diese Prognose auch aus der Sicht des Stichtags der Hauptversammlung 29.8.2007 heraus nicht schon zu positiv ausgefallen ist.

Ob diese Prognose aus der Sicht des Tags der Hauptversammlung zutreffend war, kann hier jedoch dahin gestellt bleiben. Entscheidend ist hier allein, dass für die Bedienung der Genussscheine nicht auf im Jahr 2007 prognostizierte Bilanzgewinne unter Ausblendung seitdem tatsächlich eingetretener wirtschaftlicher Realitäten abgestellt werden kann. Gerade im vorliegenden Fall wird dies besonderes deutlich, da dann die Bedienung der Genussscheine in einer Art und Weise erfolgen würde, die die zwischenzeitlich stattgefundene Banken- und Finanzkrise und die Ertragseinbrüche und Verluste in diesem Sektor völlig ignorieren würde.

Dabei ist entscheidend, dass es sich um einen sog. Bankgenussschein handelt, für den die Bestimmung des § 10 Abs. 5 KWG gilt und danach zu einer Zurechnung des Genusskapitals zum Ergänzungskapital der Beklagten führt. Dies bedingt aber, dass das Genusskapital €bis zur vollen Höhe am Verlust teilnimmt und das Institut berechtigt ist, im Falle eines Verlustes Zinszahlungen auszuschießen€. Gem. § 7 der Bedingungen hat daher der Genussschein in voller Höhe am Verlust teilzunehmen. Gem. § 9 der Bedingungen kann diese Teilnahme am Verlust auch nicht mehr nachträglich geändert werden. Die von der Klägerin begehrte und auch in den Anträgen zu Sprache kommende Vertragsanpassung, dass wegen des später abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages der Beklagten als nun abhängiges Unternehmen es nicht mehr auf die tatsächliche Ertragslage ankomme, sondern die Bemessungsgrundlage für die Bedienung des Genussscheins sich nach der (positiven) Ertragsprognose der Beklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages richtet (so auch Lindemann, a.a.O. S. 77 ff; Kallrath, Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genußscheinen, 1994, S. 180 f.), würde gegen die hier gesetzlich und in den Bedingungen vorgeschriebene nicht abänderbare Verlustbeteiligung führen. Es würden die Genusscheininhaber künftig kein unternehmerisches Risiko mehr tragen müssen, obwohl dies ursprünglich Grundlage der Emission des Genussscheins i .S. v. § 10 Abs. 5 KWG war und nach den Bedingungen nicht abgeändert werden kann. Im Ergebnis würde das Genussrecht einem einfachen Darlehen gleichgestellt.

Auch die Gewährung des im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag für die Minderheitsaktionären vereinbarten, aufgrund der Prognose festgelegten festen Ausgleichs nach § 304 AktG spricht nicht dafür, auch für die Bedienung der Genussscheine auf diese Prognose abzustellen. Zunächst ist der Ausschluss der Minderheitsaktionäre hier kurz nach dem Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages erfolgt, so dass nunmehr allein die herrschende Gesellschaft hier Eigenkapitalgeber ist. Selbst wenn man dies ausblendet, wären die verbliebenen Minderheitsaktionäre zwar rechtlich weiterhin Eigenkapitalgeber gewesen, doch hätte sich deren Risiko durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag und die sich daraus ergebenen rechtlichen Folgen geändert. Wirtschaftlich wird ihnen durch den festen Ausgleich i.S.d. § 304 AktG (Garantiedividende) eine feste Verzinsung ihres Kapitals für die Dauer des Vertrages garantiert. Infolge der Ausgleichsverpflichtung des herrschenden Unternehmens nach § 302 AktG tragen sie während der Vertragslaufzeit auch nicht mehr das Risiko der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens sondern ihr Risiko entspricht im Wesentlichen dem Risiko eines Inhaber einer Unternehmensanleihe der C AG als der letztlich herrschenden Konzernmutter, wobei hier dahingestellt bleiben kann, ob die Verzinsung dieser faktischen Anleihe allein aus den Kreditderivatsraten zum Handeln von Ausfallrisiken von Krediten und Anleihen der C AG ermittelt werden kann (ablehnend Kammerbeschluss vom 14.9.2009 € 3-05 O 203/07 a.a.O.).

Als Anknüpfungspunkt für die Ausschüttung und die Bedienung der Genussscheine zum Fälligkeitszeitpunkt könnte letztlich vielmehr eine Vertragsanpassung geboten sein € ohne dass es hier im Ergebnis darauf ankommt, die im Hinblick auf die Kette der Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge mit der letztlich herrschenden und aus den Unternehmensverträgen gewinnbezugsberechtigten Konzernmutter C AG, die auch die Beklagte unstreitig voll konsolidiert, auf die Ertragslage und deren Bilanzgewinn der C abstellte. D. h. die Ausschüttung der Genussscheine könnte davon abhängig zu machen sein, ob die Konzernmutter einen entsprechenden Bilanzgewinn zur Bedienung der Ausschüttung auf die Genussscheine der vertragskonzernierten Tochtergesellschaft erwirtschaftet, bzw. einen Bilanzverlust erleidet, der entsprechend dem Verhältnis von Rückzahlungsanspruch und Kapital zu einer Herabsetzung des Rückzahlungsanspruchs des Genussscheins führte. Faktisch würde dies bedeuten, dass der streitgegenständliche Genussschein wie ein Genussschein der Konzernmutter behandelt würde. Einer derartigen Anpassung stünden auch etwaige Vorgaben des SoFFin und der EU-Kommission zur Finanzierung der C AG nicht entgegen. Ausweislich der Meldung vom 7. Mai 2009 der Beklagten dürfen Tochterunternehmen der C AG Zinsen oder Gewinnbeteiligungen auf gewinnabhängige Eigenmittelinstrumente nur leisten, sofern sie dazu auch ohne Auflösung von Rücklagen oder Sonderposten nach § 340g HGB rechtlich verpflichtet sind. Eine rechtliche Verpflichtung besteht jedoch dann aufgrund der angepassten Genussscheinbedingungen.

Auch die nicht mögliche Auflösung der Rücklagen, sofern sie aus der Zeit vor dem mit der herrschenden Gesellschaft im Jahr 2007 geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag stammen (vgl. Reiner, in: Münchener Kommentar, HGB, 2. Aufl. (2008), § 272 Rn. 74 m. w. Nachw.) steht dem nicht entgegen. Selbst wenn die Beklagte Verluste hätte und die Konzernmutter einen Gewinn ausweisen würde, könnten und müsste die Genussscheine von der Beklagten bedient werden, da hier dann die Ausgleichspflicht der herrschenden (Zwischen)gesellschaft und letztlich die gegenüber der Zwischengesellschaft Ausgleichspflicht der Muttergesellschaft eingreifen würde.

Eine derartige Art Vertragsanpassung ist aber nicht Gegenstand des Feststellungshauptantrags bzw. des Hilfsantrags, so dass die Klage insoweit erfolglos bleiben muss und es einer abschließenden Entscheidung, ob die Vertragsanpassung in dieser Weise durchzuführen ist, es hier nicht bedarf.

Auch der Zahlungsantrag für das Jahr 2009 ist unbegründet. Stellt man zugunsten der Klägerin darauf ab, dass das Begehren des Genussscheininhabers nicht auf die Zustimmung zu einer bestimmten Anpassung, sondern auf die nach dem geänderten Vertragsinhalt geschuldete Leistung zu richten ist (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 69. Aufl. § 313 Rz. 41 m.w.Nachw.), so dass es hier letztlich nicht auf die Vorstellungen der Klägerin über den Inhalt der Vertragsanpassung ankäme, sondern der Anspruch gegeben wäre, wenn die gebotene Vertraganpassung das Leistungsbegehren rechtfertigen würde, ist der Zahlungsanspruch auf Ausschüttung die 22 Genussscheine für das Jahr 2009 nicht gegeben. Weder die Beklagte noch die Konzernmutter C AG wies allgemeinkundig aufgrund es veröffentlichten Jahresabschlusses für das Jahr 2009 € wie auch im Jahr zuvor € in ihrem Jahresbericht und im Konzernabschluss keinen Gewinn sondern einen Fehlbetrag aus und hat selbst von ihr begebene Genussscheine nicht bedient (vgl. Bl. 85 des im Internet allgemein zugänglichen Jahresabschlusses und Lageberichts der C AG 2009).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.






LG Frankfurt am Main:
Urteil v. 14.12.2010
Az: 3-5 O 65/10, 3-05 O 65/10, 3-5 O 65/10, 3-05 O 65/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/31b6df28cd13/LG-Frankfurt-am-Main_Urteil_vom_14-Dezember-2010_Az_3-5-O-65-10-3-05-O-65-10-3-5-O-65-10-3-05-O-65-10




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