Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. November 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 344/03

(BPatG: Beschluss v. 30.11.2004, Az.: 24 W (pat) 344/03)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Rubifitist am 15. Mai 2002 als Kennzeichnung der Waren und Dienstleistungen

"Mittel zur Körper- und Gesundheitspflege; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate zur Gesundheitspflege; Gesundheits- und Schönheitspflege; Beratung zur Gesundheitsverbesserung und zur Leistungssteigerung; medizinische Beratung zu Fitness, Wellness, Anti-Aging; Beratung in der Pharmazie, nämlich in der chinesischen Medizin, insbesondere der Akupunktur; Beherbergung von Gästen, insbesondere von Patienten"

unter der Nummer 301 43 923 im Markenregister eingetragen worden. Die Eintragung wurde am 14. Juni 2002 veröffentlicht.

Dagegen hat die Inhaberin der prioritätsälteren, für die Waren

"Arzneimittel, pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke"

am 12. Dezember 1996 eingetragenen Wortmarke 396 45 661 RubieVit - auf die Waren der Klassen 3 und 5 beschränkt - Widerspruch erhoben. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor der Markenstelle mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2002 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Regierungsangestellten im gehobenen Dienst, hat mit Beschluß vom 12. September 2003 den Widerspruch zurückgewiesen, weil auf die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG zulässigerweise erhobene Einrede der Nichtbenutzung die Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht worden sei. Der Umstand, daß die Produktreihe, für welche die Marke vorgesehen sei, noch entwickelt werde, liege innerhalb der unternehmerischen Sphäre der Widersprechenden und stelle deshalb keinen berechtigten Grund dar, der ausnahmsweise eine Nichtbenutzung rechtfertige.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die vorträgt, die Verzögerung der Aufnahme der Benutzung sei durch langwierige behördliche Zulassungsverfahren und ein verwaltungsgerichtliches Verfahren begründet. Hinsichtlich des Medikaments, für das die Marke vorgesehen sei, laufe ein Verfahren auf Nachzulassung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Unterlagen eines anderen Arzneimittels der Widersprechenden, die gleichzeitig eingereicht worden seien, seien von einem Hochwasserschaden betroffen gewesen und nochmals nachgefordert worden, was wahrscheinlich auch für die Unterlagen für das Medikament "RubieVit" gelte und zu einer erheblichen Verzögerung des Zulassungsverfahrens führe. Eine genaue Prognose des Abschlusses dieser Verfahren sei nicht absehbar.

Bereits im Verfahren vor der Markenstelle hat die Widersprechende vorgebracht, die Widerspruchsmarke sei für eine Produktreihe vorgesehen, die noch in der Entwicklung sei und Ende 2003 in den Handel kommen werde. Es hätten sich bei der Entwicklung der Arzneimittel immer wieder Schwierigkeiten mit der Zusammensetzung des Medikaments ergeben.

Der Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Mittel zur Körper- und Gesundheitspflege; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate zur Gesundheitspflege" anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Verfahren vor dem Bundespatentgericht weder Anträge gestellt noch sich zur Sache geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist gem. § 165 Abs. 4 MarkenG zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, weil weder die Benutzung der Widerspruchsmarke noch das Vorliegen berechtigter Gründe für die Nichtbenutzung (§ 26 Abs. 1 MarkenG) hinreichend glaubhaft gemacht worden ist.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2002 bestritten. Das Bestreiten der Benutzung der Widerspruchsmarke war gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 und 2 MarkenG zulässig, nachdem die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke, die mit deren Eintragung am 12. Dezember 1996 zu laufen begonnen hat, vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 14. Juni 2002 geendet hatte. Da die Inhaberin der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede ohne Beschränkung erhoben hat, oblag es der Widersprechenden glaubhaft zu machen, daß ihre Marke gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG innerhalb von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke sowie gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch im Beschwerdeverfahren gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist (vgl BGH GRUR 1998, 938, 939 f "DRAGON"; GRUR 1999, 54, 55 "Holtkamp"; GRUR 1999, 995 "HONKA"). Die Widersprechende hat vorgebracht, sie habe die Marke während dieser Zeiträume nicht benutzt. Die Einrede der Nichtbenutzung greift jedoch nicht durch, wenn berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen (§ 26 Abs. 1 MarkenG). Solche Gründe hat die Widersprechende aber nicht hinreichend deutlich vorgetragen und belegt.

Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, kommen als berechtigte Gründe im Sinne des § 26 Abs. 1 MarkenG nur Umstände in Betracht, die von der Markeninhaberin selbst nicht zu beeinflussen sind bzw. auch bei der gebotenen unternehmerischen Sorgfalt von ihr nicht zu verhindern gewesen wären, nicht zu ihrem normalen unternehmerischen Risiko gehören und eine Benutzung der Marke unmöglich machen oder zumindest so erschweren, daß sie unter Anlegung der üblichen Maßstäbe von der Markeninhaberin oder einem ermächtigten Dritten nicht verlangt werden kann (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 26 Rdnr. 7).

Damit scheiden die im Verfahren vor der Markenstelle geltend gemachten Verzögerungen bei der Entwicklung des Medikaments als berechtigte Gründe aus, denn derartige durch innerbetriebliche Probleme bedingte Umstände liegen - ebenso wie etwa der Ausfall von Produktionsanlagen, Personalausfälle, Fehler in der betrieblichen Kalkulation oder unzutreffende Einschätzung der Marktlage - allein im unternehmerischen Bereich der Widersprechenden. Im übrigen hat die Widersprechende die Ursachen für die Verzögerungen in der Produktentwicklung weder detailliert dargelegt noch in der nach § 294 ZPO erforderlichen Form glaubhaft gemacht.

Anhängige behördliche Zulassungsverfahren wie die Zulassung eines Arzneimittels durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte können allerdings grundsätzlich Fälle der gerechtfertigten Nichtbenutzung sein (vgl. Ströbele/Hacker, aaO, Rdnr. 109; BPatG 25 W (pat) 126/00 "Cefdigrün/Cefacardin"; 30 W (pat) 141/00 "CARDIOGEN-82/KARDIOKON"; Zusammenfassung jeweils veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM). Es ist aber fraglich, ob dies auch für das Nachzulassungsverfahren nach § 105 AMG gilt, in dem sich das Medikament, für das die Widerspruchsmarke vorgesehen ist, befinden soll. Denn ein im Nachanmeldeverfahren befindliches Arzneimittel gilt bis zu einer Versagung der Zulassung als fiktiv zugelassen und kann demnach vertrieben werden, so daß eine Benutzung der Kennzeichnung grundsätzlich möglich ist. Hiervon ging offenbar auch die Widersprechende aus, wenn sie in ihrem Schriftsatz vom 17. Februar 2002 ankündigte, daß das Produkt voraussichtlich bis zum Ende des Jahres 2003 handelsreif sei. Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben. Jedenfalls sind im vorliegenden Fall die Gründe für eine gerechtfertigte Nichtbenutzung nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht worden.

Nach dem Wortlaut der §§ 43 Abs. 1 und 26 Abs. 1 MarkenG gilt für die Frage der Benutzung der Beibringungsgrundsatz, dh. der Widersprechende hat die Benutzung oder das Vorliegen von Umständen, die die Nichtbenutzung rechtfertigen, darzulegen und die jeweiligen Tatsachen glaubhaft zu machen (vgl. Ströbele/Hacker, aaO., § 26 Rdnr. 97; BPatG 25 W (pat) 126/00 "Cefdigrün/Cefacardin" Zusammenfassung veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM). Der Widersprechende hat unverzüglich von sich aus alle erforderlichen Unterlagen vorzulegen (vgl. Ströbele/Hacker, aaO, § 43 Rn 64). Wenn sich der Widersprechende auf ein laufendes Zulassungsverfahren beruft, sind regelmäßig zumindest der Zulassungsantrag und die nachfolgenden Bescheide des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte einzureichen (vgl. BPatG 25 W (pat) 126/00 "Cefdigrün/Cefacardin"; Zusammenfassung veröffentlicht auf PROMA PAVIS CD-ROM).

Die Widersprechende hat jedoch im vorliegenden Fall hinsichtlich der Antragstellung auf Zulassung des Arzneimittels "RubieVit" und des Zeitpunktes der Antragstellung weder hinreichend detaillierte Angaben gemacht noch entsprechendes Glaubhaftmachungsmaterial in bezug auf dieses Präparat vorgelegt. Das Vorbringen und die eingereichten Unterlagen beziehen sich auf ein anderes Präparat. Die Widersprechende behauptet lediglich im Zusammenhang mit der Verzögerung der Nachzulassung für ein anderes Medikament wegen eines Hochwasserschadens bei der Zulassungsbehörde, die Nachzulassungsunterlagen für "RubiVit" seien zusammen mit denen für dieses andere Arzneimittel eingereicht worden. Jedoch fehlen ein konkreter Tatsachenvortrag und Glaubhaftmachungsmaterial, die ein Zulassungsverfahren für das Arzneimittel betreffen, das mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet werden soll, insbesondere die Kopie eines Zulassungsantrags und die Empfangsbescheinigung bzw. Bescheide des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.

In bezug auf ein von der Widersprechenden erwähntes verwaltungsgerichtliches Verfahren, das in Zusammenhang mit der Widerspruchsmarke stehen soll, ergeben sich aus dem vorgelegten Material keine Anhaltspunkte hinsichtlich des Verfahrensgegenstandes, so daß eine Beurteilung, ob insoweit ein berechtigter Grund der Nichtbenutzung vorliegt, nicht möglich ist.

Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.

Es besteht kein Anlaß, einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Ströbele Dr. Hacker Guth Bb






BPatG:
Beschluss v. 30.11.2004
Az: 24 W (pat) 344/03


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