Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. März 2001
Aktenzeichen: 25 W (pat) 48/00

(BPatG: Beschluss v. 22.03.2001, Az.: 25 W (pat) 48/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 7. November 1994 angemeldete Bezeichnung GEWINORM ist nach Teillöschung noch für "Arzneimittel, ausgenommen solche zur Behandlung von Bein- und Gefäßerkrankungen Arzneimittel" im Markenregister eingetragen. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 10. Januar 1996. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Beschwerdeverfahren das Warenverzeichnis weitergehend auf "Arzneimittel, ausgenommen Lipidsenker und solche zur Behandlung von Bein- und Gefäßerkrankungen" beschränkt.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der am 10. Oktober 1961 für "Arzneimittel, chemische Produkte für medizinische und hygienische Zwecke, pharmazeutische Drogen und Präparate, Pflaster, Verbandstoffe, Tier- und Pflanzenvertilgungsmittel" eingetragenen Marke 753 684 GEVILON, deren Benutzung die Inhaberin der angegriffenen Marke bereits im Verfahren vor dem DPMA nach § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG bestritten hat. Soweit bekannt, sei unter Bezeichnung "GEVILON" ein Präparat als Lipidsenker auf dem Markt ("Rote Liste" 1996, Hauptgruppe 58, Nr 024), daß jedoch nicht von der Widersprechenden, sondern von einer Firma P... GmbH in B... angeboten werde. Eine Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke erfolgte trotz eines entsprechenden, an die Widersprechende gerichteten Bescheids der Markenstelle nicht. In diesem heißt es ua: "Sie werden gebeten, Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung (zB eidesstattliche Erklärung über Art, Umfang und Dauer der Benutzung der Widerspruchsmarke; Rechnungskopien, Kataloge, Prospekte, Abbildungen der mit der Marke versehenen Waren u dgl) binnen... einzureichen".

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat daraufhin in einem Beschluß den Widerspruch mangels Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung der Widerspruchsmarke zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem (sinngemäßen) Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Benutzung der Widerspruchsmarke zur Kennzeichnung eines Lipidsenkers sei zwischen den Beteiligten unstreitig und könne anhand der "Roten Liste" festgestellt werden. Ergänzend werde zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Erklärung des zuständigen Produktmanagers, eine Faltschachtel, eine Gebrauchsinformation sowie zehn verschiedene Rechnungen aus den Jahren 1989-1999 vorgelegt. Im übrigen sei bereits in einem Parallelverfahren vor dem DPMA die Verwechslungsgefahr zwischen der Widerspruchsmarke und einer weiteren "GE-WINORM" Marke der Inhaberin der jüngeren Marke festgestellt worden. Auch vorliegend bestehe wegen möglicher Warenidentität bei im übrigen engster Warenähnlichkeit wegen der in den ersten beiden Silben bestehenden völligen klanglichen Übereinstimmung der im übrigen silben- und betonungsgleichen Wörter eine Verwechslungsgefahr.

Nachdem der Senat darauf hingewiesen hatte, daß im Falle einer uneingeschränkten Nichtbenutzungseinrede die Widersprechende die Benutzung ihrer Marke auch für "Lipidsenker" in der üblichen Weise glaubhaft zu machen habe, hat diese ergänzend ausgeführt, daß die Inhaberin der angegriffenen Marke eine Benutzung der Widerspruchsmarke in dem genannten Parallelverfahren ausdrücklich anerkannt und in vorliegendem Verfahren vor dem DPMA angegeben habe, es sei bekannt, daß unter der Bezeichnung "GEVILON" ein Lipidsenker verkauft werde, der in der Roten Liste 96 unter der Kennziffer 58 024 zu finden sei. Die G... AG und die P... GmbH seien im übrigen Konzerngesellschaften der Warner- Lambert-Gruppe und gehörten seit der im Jahr 2000 vollzogenen Fusion der Warner-Lambert Company mit der Pfizer Inc. zu der Pfizer-Gruppe. Zur Glaubhaftmachung der Benutzung hat die Widersprechende ferner zusätzliche Unterlagen sowie eine weitere eidesstattliche Versicherung des Produktmanagers der P... GmbH vom 8. Januar 2001 vorgelegt. Danach wird die Widerspruchsmarke seit April 1984 mit Zustimmung der Widersprechenden von der Tochtergesellschaft P... GmbH zur Kennzeichnung eines Lipidsenkers benutzt, wobei im Zeitraum 1991 - 1992 ein Jahresumsatz von mehr als DM ... und im Jahr 1996 von mehr als DM ... erzielt worden ist.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Sie hat auf den Hinweis des Senats ihre nach § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG erhobene Nichtbenutzungseinrede ausdrücklich uneingeschränkt aufrechterhalten und zusätzlich die Einrede der Nichtbenutzung nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG geltend gemacht. Weder habe die Widersprechende eine Benutzung der Widerspruchsmarke für andere Waren noch für Lipidsenker glaubhaft gemacht, da das in der Roten Liste 1996 enthaltene Produkt "Gevilon" nicht der Widersprechenden zuzuordnen sei. Die für die Jahre 1989 bis 1994 vorgelegten, von der G... AG ausgestellten Rechnungen stellten die Richtigkeit der - im übrigen undatierten und bereits deshalb nicht aussagekräftigen - eidesstattlichen Versicherung in Zweifel, zumal es für die hier maßgeblichen Zeiträume an jeglicher Glaubhaftmachung von Umsatzangaben fehle und nur eine auf einen polnischen Empfänger ausgestellte Rechnung der P... GmbH aus dem Jahr 1995 vorgelegt wor- den sei. Mit dem ursprünglich eigenen Hinweis auf die Rote Liste 1996 sei nicht die Benutzung zugestanden worden, sondern es habe nur ein Indiz für die tatsächliche Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke aufgezeigt werden sollen. Im übrigen bestehe auch selbst bei unterstellter Benutzung der Widerspruchsmarke für einen Lipidsenker jedenfalls aufgrund der weiteren Beschränkung des Warenverzeichnisses der jüngeren Marke und der unterschiedlichen Einsatzgebiete der gegenüberstehenden Arzneimittel sowie der fehlenden Gemeinsamkeiten der Wörter keine Verwechslungsgefahr.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß sowie die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG). Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats der Widerspruch in dem angefochtenen Beschluß zu Recht zurückgewiesen worden, §§ 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG.

Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke die nach § 43 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG kumulativ mögliche Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke uneingeschränkt und zulässig erhoben hat (vgl hierzu BGH GRUR 1998, 938, 939 - DRAGON; Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdn 19, 25 ff), können bei der Entscheidung über den Widerspruch nur die Waren berücksichtigt werden, für die von der Widersprechenden eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht worden ist (§ 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG). Hieran fehlt es jedoch, so daß der Widerspruch bereits aus diesem Grund zurückzuweisen ist.

Soweit die Widersprechende sich unter Vorlage eines Schriftsatzes der Inhaberin der angegriffenen Marke vom 9. September 1998 darauf berufen hat, diese habe die Benutzung der Widerspruchsmarke bereits in einem Parallelverfahren vor dem DPMA nach Vorlage von Glaubhaftmachungsunterlagen ausdrücklich anerkannt, ist dieses Vorbringen schon deshalb unbeachtlich, weil eine derartige, auf die dortige, unterschiedliche Markenkonstellation gerichtete Prozeßerklärung in einem anderen Verfahren keine Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren auslösen kann. Unabhängig davon enthält dieser Schriftsatz nur eine Erklärung, wonach die Einrede für Lipidsenker nicht mehr aufrechterhalten bzw die Benutzung zugestanden wurde. Dieser Erklärung konnte deshalb nicht einmal im dortigen Verfahren eine Bindungswirkung im Sinne eines fortwirkenden Einredeverzichts zukommen. Denn in dem (eingeschränkten) "Fallenlassen" bzw in der Erklärung "eine Einrede nicht aufrechtzuerhalten", liegt mangels besonderer, entgegenstehender sonstiger Umstände kein Verzicht auf die Einrede (vgl BGH MarkenR 2000, 359, 361 Bayer/BeiChem; zur Möglichkeit eines einseitigen Verzichts auf Einreden allgemein sowie zum Einredeverzicht bei der Verjährungseinrede vgl Rieble in Staudinger BGB, 1999, § 397 Rdn 69 mit weiteren Hinweisen). Derartige Äußerungen können nur dahin verstanden werden kann, daß damit lediglich der prozessuale Zustand wieder hergestellt werden soll, der vor Erhebung der Einrede bestanden hat. Die Rechtslage ist deshalb ebenso wie in dem Fall einer von vorneherein fehlenden oder nur teilweisen Geltendmachung der Einrede zu beurteilen. Diese kann aber weder als ein Verzicht auf eine (zukünftige) Verteidigungsmöglichkeit gesehen werden (vgl hierzu ausführlich BGZE 22, 267, 269 zur Einrede der Verjährung) noch den Beteiligten hindern, die Geltendmachung der Einrede zurückzustellen, um sich erst später, gegebenenfalls auch erst in der Rechtsmittelinstanz hierauf zu berufen (vgl hierzu auch BGH GRUR 1998, 938, 939 - DRA-GON).

Die Inhaberin der angegriffenen Marke war deshalb auch vorliegend nicht gehindert, die schon im Verfahren vor dem DPMA kumulativ neben § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG mögliche Benutzungseinrede nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG erst im Beschwerdeverfahren zusätzlich und unbeschränkt zu erheben, selbst wenn man ihre zunächst abgegebene Äußerung "soweit bekannt, sei unter Bezeichnung "GEVILON" ein Präparat als Lipidsenker auf dem Markt ("Rote Liste" 1996 Hauptgruppe 58, Nr 024), das jedoch nicht von der Widersprechenden, sondern von einer Fa. P... GmbH, Berlin angeboten werde" als eine beschränkt er- hobene Nichtbenutzungseinrede verstehen wollte, von der Lipidsenker ausgenommen sein sollten.

Ebenso war die Inhaberin der angegriffenen Marke nicht gehindert, die von der Widersprechenden für eine rechtserhaltende Benutzung im Sinne von § 26 MarkenG glaubhaft zu machenden benutzungsrelevanten Tatsachen im Beschwerdeverfahren zu bestreiten. Dies gilt auch dann, wenn man ihr Vorbringen im Verfahren vor dem DPMA hinsichtlich der in der Roten Liste 1996 für die P... GmbH verzeichneten Präparatebezeichnung "Gevilon" (Lipidsenker) als Zugeständnis einer Verwendung der Widerspruchsmarke sehen wollte und diesem zudem die Bedeutung eines (wegen § 290 ZPO nur eingeschränkt widerrufbaren) gerichtlichen Geständnisses im Sinne von § 288 ZPO zukommen würde. Denn selbst wenn im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren vor dem DPMA die Vorschrift des § 288 ZPO anwendbar wäre (zweifelnd BGH MarkenR 2000, 359, 360 Bayer/BeiChem), hinderte dies die Inhaberin der angegriffenen Marke nicht, alle sonstigen benutzungsrelevanten Tatsachen zu bestreiten - also insbesondere die Verwendung der Widerspruchsmarke nach Art, Zeit, Ort und Umfang (vgl hierzu Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 43 Rdn 42).

Insoweit beurteilt sich die Frage einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke im Sinne der §§ 43 Abs 1 Satz 2, 26 MarkenG und 43 Abs 1 Satz 3 MarkenG ausschließlich nach dem tatsächlichen Vorbringen der Beteiligten und den von der Widersprechenden zur Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) vorgelegten präsenten Beweismitteln, da die Ausgestaltung des Benutzungszwanges im Widerspruchsverfahren dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz unterstellt ist (vgl hierzu BGH GRUR 1998, 938, 939 - RAGON; Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 43 Rdn 4). Soweit die Widersprechende in diesem Zusammenhang darauf abgestellt hat, daß die Benutzung der Widerspruchsmarke für einen Lipidsenker "unstreitig" sei, verkennt sie, daß selbst ein insoweit ausdrücklich zugestandener oder als zugestanden anzusehender (§ 138 Abs 2 ZPO) Tatsachenvortrag nur die Feststellung der diesbezüglichen tatsächlichen Voraussetzungen einer rechtserhaltenden Verwendung der Widerspruchsmarke betreffen und ihre Glaubhaftmachung entbehrlich machen kann, nicht aber die Beurteilung der anhand dieser Tatsachen zu beurteilenden Rechtsfrage einer rechtserhaltenden Benutzung im Sinne von § 26 MarkenG. Diese ist einem (nur auf Tatsachen gerichteten) Geständnis nicht zugänglich (vgl BGH MarkenR 2000, 359, 360 Bayer/BeiChem), entzieht sich deshalb der Disposition der Beteiligten und obliegt allein dem Gericht (vgl Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl, § 43 Rdn 28).

Es oblag demnach der Widersprechenden die insoweit maßgeblichen tatsächlichen Umstände darzulegen und - sofern diese nicht zugestanden sind - mittels präsenter Beweismittel wie der eidesstattlichen Versicherung als dem wichtigsten Glaubhaftmachungsmittel und/oder durch Vorlage weiterer geeigneter Unterlagen wie Verpackungsschachteln, Gebrauchsanweisungen, Preislisten, Prospekte und Nachweise von Werbeaufwendungen, Etiketten, Rechnungskopien, Stück- oder Umsatzlisten gekennzeichneter Präparate glaubhaft zu machen (vgl auch Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 43 Rdn 44). Hierbei sind mißverständliche, vage oder unvollständige Angaben zu vermeiden (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 43 Rdn 49). Sie können im Rahmen des frei zu würdigen gesamten Streitstoffs (vgl 78 Abs 1 MarkenG) letztlich der hinreichenden Überzeugungsbildung des Gerichts entgegenstehen. So ist es auch hier, da sich weder dem gemeinsamen Vorbringen noch dem Sachvortrag der Widersprechenden und den insoweit eingereichten Glaubhaftmachungsmitteln hinreichend vollständige und widerspruchsfreie Angaben über die nach der Person, Art und Gegenstand sowie Ort und Umfang benutzungsrelevanten Verwendungshandlungen in den hier maßgeblichen Benutzungszeiträumen von fünf Jahren vor Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke (10. Januar 1991 bis 10. Januar 1996) und zusätzlich von fünf Jahren rückgerechnet vom Entscheidungsdatum über den Widerspruch (22. März 1996 bis 22. März 2001) entnehmen lassen, auch wenn für die Beweisführung durch Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreicht und keine volle Überzeugungsbildung des Gerichts erforderlich ist.

Die Widersprechende hat nämlich zunächst nur eine - zudem nicht datierte - eidesstattliche Versicherung vorgelegt, aus der sich hinsichtlich des Benutzungsumfangs der Widerspruchsmarke lediglich eine Umsatzangabe für das hier nicht relevante Jahr 1990 ergab. Hierauf hat bereits die Inhaberin der angegriffenen Marke hingewiesen. Die Widersprechende hat sodann durch Vorlage einer zweiten eidesstattlichen Versicherung vom 8. Januar 2001 sowie durch Vorlage von Auszügen des Arzneiverordnungsreports 1991 bis 1998 Umsätze und Verordnungshäufigkeit des dort genannten Präparats "Gevilon" glaubhaft zu machen versucht. Allerdings sind in dieser zweiten eidesstattlichen Versicherung nur Umsätze "ab Werk" von jeweils mehr als DM ...- in den Jahren 1991 und 1992 sowie von mehr als DM ... für das Jahr 1996 angegeben. Diese äußerst niedrigen und zudem nicht einmal das gesamte erste Jahr des nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG relevanten Benutzungszeitraums abdeckenden Umsatzangaben stehen aber insbesondere in offensichtlichem Widerspruch zu den auf zweistellige Millionenbeträge lautenden Angaben der von der Widersprechenden vorgelegten Auszüge des jeweiligen Arzneiverordnungsreports, aus welchen sich wiederum weder die Person des Benutzers noch die Identität des gekennzeichneten Präparats verifizieren lassen.

Hinzu kommt, daß die Widersprechende auch keine weiteren Unterlagen vorgelegt hat, welche die aufgezeigten Unklarheiten auflösen könnten. Sie hat vielmehr trotz ausdrücklicher Rüge der Inhaberin der angegriffenen Marke nur Rechnungskopien vorgelegt, die entweder - soweit sie inländische Lieferungen betreffen - von der G... AG ausgestellt sind (Jahre 1989 - 1994) oder - soweit sie von der P...- GMBH ausgestellt sind - einen polnischen Empfänger ausweisen und die deshalb weitere klärungsbedürftige Fragen zur Person und Ort der Benutzungshandlungen aufwerfen. Es fehlt also auch hierzu trotz des Umstandes, daß die Inhaberin der jüngeren Marke diese Unklarheiten ausdrücklich aufgegriffen und ihr Bestreiten auch insoweit substanziiert hat, an weiteren, klärenden Ausführungen der Widersprechenden sowie an einer ergänzenden Glaubhaftmachung der hierzu wesentlichen Tatsachen. Die in der eidesstattlichen Versicherung vom 8. Januar 2001 abgegebene Erklärung der Widersprechenden, daß die P... GmbH seit April 1984 mit ihrer Zustimmung die Widerspruchsmarke benutze, schon damals ihre Tochtergesellschaft gewesen sei und im Jahre 2000 gemeinsam mit ihr Konzerngesellschaft der Pfizer Inc. geworden sei, vermag die hinsichtlich der Zuordnung und Relevanz der auf die G... AG ausgestellten Rechnun- gen aufgeworfenen Zweifelsfragen für die maßgeblichen Benutzungszeiträume nicht zu klären. Ebensowenig sind diese Ausführungen geeignet, die weiteren nach § 26 Abs 4 MarkenG zu fordernden Minimalerfordernisse einer rechtserhaltenden Verwendung der Widerspruchsmarke als Exportmarke zu begründen, zumal die Inhaberin der jüngeren Marke ausdrücklich die insoweit Zweifel begründenden Umstände hervorgehoben und ihr Bestreiten auch insoweit substanziiert hat.

Die insgesamt verbliebenen Zweifel und Unklarheiten hinsichtlich dieser für eine Beurteilung rechtserhaltender Markenverwendung unerläßlichen und zwingend festzustellen tatsächlichen Umstände (vgl zB BGH MarkenR 1999, 297, 298 - HONKA; Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 43 Rdn 50) stehen deshalb einer hinreichenden Überzeugungsbildung des Senats und der Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke im Sinne von § 26 MarkenG entgegen. Eine andere Bewertung ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, daß die Widersprechende eine Aufstellung der Fundstellen des Arzneimittelverzeichnisses "Rote Liste" für die Jahre 1985 bis 2000 vorgelegt hat. Denn durch die Aufnahme eines Arzneimittels in die "Rote Liste" wird weder eine Aussage hinsichtlich der Art der Verwendung der Kennzeichnung getroffen noch ein rechtserheblicher Benutzungsumfang indiziert, wobei sich auch aus den vorgelegten, undatierten und unbeschrifteten Mustern von Faltschachteln sowie aus den weiteren Unterlagen insoweit keine für die Gesamtschau wesentlichen, zusätzlichen Erkenntnisse zugunsten der Widersprechenden hinsichtlich der insoweit verbleibenden Fragen gewinnen lassen. Unabhängig davon entspricht auch die bloße Angabe von Fundsstellen nicht den Anforderungen, welche im Rahmen des für Benutzungsfragen maßgebenden Beibringungsgrundsatzes an eine ordnungsgemäße Beweisführung zu stellen sind, zumal nach § 294 Abs 2 ZPO nur präsente Beweismittel statthaft sind. Ein ordnungsgemäßer Beweisantritt durch Glaubhaftmachung muß deshalb die sofortige Beweisaufnahme ermöglichen und erfordert zB bei Augenscheinsobjekten bzw Urkunden die Vorlegung durch den Beweisführer.

Weitere gerichtliche Aufklärungshinweise nach § 82 Abs 1 Satz 1 iVm §§ 139, 278 ZPO waren nicht veranlaßt. Der Senat war nicht gehalten, die Widersprechende nochmals auf die erforderliche Konkretisierung und auf die Widersprüchlichkeit ihres Vortrags sowie auf die damit verbundene Erforderlichkeit einer klärenden, ergänzenden Glaubhaftmachung hinzuweisen, zumal die Inhaberin der angegriffenen Marke die benutzungsrelevanten Tatsachen substantiiert bestritten hat. Denn ein derartiger Hinweis hätte zu einer Verlagerung der ausschließlich der Widersprechenden obliegenden Verpflichtung zur Beibringung geeigneter Tatsachen und Beweismittel auf das Gericht zu Lasten der Verfahrensgegnerin geführt und damit insbesondere im Widerspruch zu dem für Benutzungsfragen geltenden Beibringungsgrundsatz sowie der Neutralitätspflicht des Gerichts gestanden (vgl hierzu ausführlich BPatG MarkenR 2000, 288, 230 - Neuro-Vibolex). Dies gilt um so mehr, als die hier angesprochenen Grundanforderungen an die Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung nicht nur in ständiger Rechtsprechung geklärt sind, sondern die konkreten Ausführungen im angefochtenen Beschluß, das Vorbringen der Inhaberin der angegriffenen Marke und der Hinweis Senats der Widersprechenden besonderen Anlaß hätte geben müssen, ihre Glaubhaftmachung in Bezug auf die konkret angesprochenen Mängel zu überdenken und zu ergänzen.

Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen, ohne daß es auf einer Beurteilung der weiteren für eine Verwechslungsgefahr maßgebenden sonstigen Umstände im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG ankam.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Kliems Knoll Engels Pü






BPatG:
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Az: 25 W (pat) 48/00


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