Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. März 2001
Aktenzeichen: 24 W (pat) 95/00

(BPatG: Beschluss v. 27.03.2001, Az.: 24 W (pat) 95/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 2000 aufgehoben.

Gründe

I Die Marke ExtraBallist angemeldet worden für die folgenden Waren:

"Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, Waschrohstoffe, Wasserglas, ansatzverhindernde und ansatzlösende Mittel für Rohre und Apparaturen, Steinverhütungsmittel, Aufbereitungsmittel für Wasser, Bodenauflockerungsmittel, Bodenverbesserungsmittel; Seifen, Seifenmischungen, Wasch- und Bleichmittel, Spülmittel für Wäsche und Geschirr, Putz- und Poliermittel, Scheuermittel, chemische Mittel zum Reinigen von Metall, Maschinen, Holz, Stein, Porzellan, Glas, Kunststoff und Textilien; Desinfektionsmittel für Flächen und Wäschedesinfektionsmittel für Textilien aller Art."

Mit Beschluß vom 18. Mai 2000 hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts diese Anmeldung teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren:

"Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, ansatzverhindernde und ansatzlösende Mittel für Rohre und Apparaturen, Steinverhütungsmittel, Aufbereitungsmittel für Wasser; Bodenverbesserungsmittel; Seifen, Seifenmischungen, Wasch- und Bleichmittel, Spülmittel für Wäsche und Geschirr, Putz- und Poliermittel, Scheuermittel, chemische Mittel zum Reinigen von Metall, Maschinen, Holz, Stein, Porzellan, Glas, Kunststoff und Textilien; Desinfektionsmittel für Flächen und Wäschedesinfektionsmittel für Textilien aller Art."

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dem angemeldeten Markenwort fehle die erforderliche Unterscheidungskraft gem § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, weil es eine warenbeschreibende Angabe enthalte. Für Waschmittel und ansatzlösende Mittel gäbe es inzwischen Dosierbehälter in Kugelform. Die gefüllten Kugeln würden für den Waschvorgang in das Waschwasser gelegt oder in dem Wasser aufgehängt, in dem Ansätze verhindert werden sollten. Bodenverbesserungsmittel könnten in entsprechenden Kugeln in Gießkannen gehängt oder in dem Sprühkopf eines Regners untergebracht werden. Außerdem gebe es Waschbälle aus Naturkautschuk, die die Waschwirkung erhöhen sollten, und Magnetkugeln, die in Wasch- und Spülmaschinen das Wasser entkalkten. Daher könne die angemeldete Marke als eine Warenbeschreibung in dem Sinne verstanden werden, daß dem Kunden zusammen mit den angebotenen Erzeugnissen und Mitteln als Extraleistung auch solche Dosierbehälter bzw solche Waschbälle oder Magnetkugeln angeboten würden.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, das angemeldete Markenwort sei hinreichend unterscheidungskräftig. Es handele sich um eine Wortneuschöpfung, die keine Warenbeschreibung enthalte. Die von der Markenstelle in dem angegriffenen Beschluß erwähnten Dosierkugeln, Waschbälle und Magnetkugeln fielen nicht unter das Warenverzeichnis der angemeldeten Marke.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 2000 aufzuheben.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und begründet. Die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG stehen einer Eintragung der angemeldeten Marke nicht entgegen.

Das angemeldete Markenwort "ExtraBall" ist nicht freihaltungsbedürftig iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG; denn es enthält keine konkrete Beschaffenheitsangabe über die beschwerdegegenständlichen Waren. Dabei ist es nicht entscheidungserheblich, ob das angemeldete Markenwort als konkrete Warenbeschreibung in bezug auf die von der Markenstelle angesprochenen Waschbälle und Magnetkugeln in Betracht kommt. Insoweit handelt es sich um mechanische Geräte zur Erleichterung des Waschvorgangs und zur Verhinderung von Kalkbildung. Diese Geräte fallen nicht unter die chemischen Erzeugnisse und sonstigen Mittel der Klassen 1, 3 und 5, für welche die Anmeldung zurückgewiesen worden ist. Über den gegenwärtigen oder zukünftig zu erwartenden Einsatz von ballförmigen Dosierbehältern oder -vorrichtungen hat die Markenstelle keine näheren Feststellungen getroffen. Auch sonst ist nichts dafür ersichtlich, daß kugelförmige Dosiergeräte für die einschlägigen chemischen Erzeugnisse eingesetzt werden oder für einen solchen Einsatz auch nur geeignet sind.

Das angemeldete Markenwort ist auch nicht geeignet als Beschreibung für eine konkrete Darreichungsform der noch beschwerdegegenständlichen Waren. Zwar ist das Markenelement "Extra" als unmittelbarer Hinweis auf eine zusätzliche Wirkung der angebotenen Mittel geeignet. Das Markenelement "Ball" dagegen kommt - jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt - (noch) nicht als eindeutige und unmißverständliche Beschreibung für eine Darreichung der beanspruchten Waren in Kugelform in Betracht. Zwar werden Seifen seit langem in Kugelform angeboten, und insbesondere Waschmittel und Spülmittel für Wäsche und Geschirr sind inzwischen in Form von kleinen Perlen oder scheinbaren oder tatsächlichen kleinen Kugeln (zB unter der Wort-Bild-Marke "Powerball" von Calgonit) auf dem Markt. Trotzdem ist der Ausdruck "Ball" (noch) nicht als naheliegender Hinweis auf eine Darreichung in Kugelform geeignet. Denn nach dem deutschen Sprachverständnis hat ein Ball eine grundsätzlich andere physikalische Konstruktion als Perlen oder Kugeln. Diese sind massiv, Bälle sind gewöhnlich hohl. So lautet die erste Definition zum Stichwort "Ball" im DUDEN, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache (3. Aufl 1999, Band 1, Seite 448) "kugelförmiger, gewöhnlich mit Luft gefüllter [elastischer] Gegenstand, der als Spielzeug oder Sportgerät verwendet wird. ...". Bälle kommen an erster Stelle als Sport- und Spielgeräte vor und sind in dieser Eigenschaft idR elastisch. Sie können getreten und geprellt werden. Die Starrheit eines Golfballes bildet eine Ausnahme.

Schließlich folgt ein Freihaltungsbedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG auch nicht aus der Tatsache, daß die Marke "ExtraBall" auch als englische Wortkombination aufgefaßt werden kann, die begrifflich weiter geht als der deutsche Ausdruck und deswegen für die Beschreibung einer Darreichung der beanspruchten Mittel in Kugelform grundsätzlich geeignet wäre.

Die Markenelemente "Extra" und "Ball" gibt es beide auch als englische Begriffe. Dabei geht der englische Ausdruck "ball" begrifflich weiter als der deutsche, weil sich damit nicht nur Bälle bezeichnen lassen, sondern auch Kugeln (vgl Pons Collins, Großwörterbuch Deutsch/ Englisch, Englisch/Deutsch, Neubearbeitung 1999, S 501 und 1094). Abgesehen von der Zusammenschreibung entspricht die Wortkombination "ExtraBall" auch den englischen Sprachregeln.

Fremdsprachige Marken sind idR dann iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG freihaltungsbedürftig, wenn sie von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres in ihrem warenbeschreibenden Sinngehalt verstanden werden oder die Mitbewerber den fraglichen Begriff beim inländischen Warenvertrieb oder beim Ex- und Import einschlägiger Waren benötigen (Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl 2000, § 8 Rdn 131). Das ist hier nicht der Fall.

Soweit der englische Ausdruck "ExtraBall" dieselbe begriffliche Bedeutung hat wie der deutsche, scheidet ein Freihaltungsbedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG aus denselben Gründen aus, wie sie bereits in bezug auf den deutschen Begriff festgestellt wurden. Ein Freihaltungsbedürfnis besteht auch nicht insoweit, als der englische Ausdruck "ExtraBall" - anders als der deutsche - auch als Beschreibung einer Darreichung der beanspruchten Mittel in Kugelform geeignet wäre. Das ergibt sich aus der sprachlichen Besonderheit der angemeldeten Marke, die darin besteht, daß dasselbe Wort zunächst einmal sowohl im Deutschen als auch im Englischen dieselbe Bedeutung hat und die mögliche weitergehende Bedeutung des englischen Ausdrucks daneben nur als eine begriffliche Variante in Betracht kommt, nicht dagegen als etwas grundsätzlich anderes. Bei dieser Sachlage ist im deutschen Sprachraum eine Auffassung des angemeldeten Markenwortes im - engeren - deutschen Wortsinne am nächstliegenden und zwar unabhängig davon, ob der einzelne Verkehrsteilnehmer nur die alternative englische Lesart als solche erkennt oder darüber hinaus auch mit den begrifflichen Unterschieden zwischen dem deutschen "Ball" und dem englischen "ball" vertraut ist.

Die angemeldete Marke verfügt auch über die erforderliche Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Daß "ExtraBall" keine konkrete Sachangabe enthält, wurde bereits bei der Prüfung des Freihaltungsbedürfnisses festgestellt. Unter diesem Gesichtspunkt kann der Marke daher die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Es sind auch keine anderen Umstände erkennbar, die gegen die Herkunftsfunktion der angemeldeten Marke sprechen.

Aus diesen Gründen ist der Beschwerde stattzugeben und der angegriffene Beschluß ist aufzuheben.

Dr. Hacker Dr.Schmitt Werner Bb






BPatG:
Beschluss v. 27.03.2001
Az: 24 W (pat) 95/00


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