Amtsgericht Köln:
Urteil vom 2. Mai 2007
Aktenzeichen: 143 C 160/07

(AG Köln: Urteil v. 02.05.2007, Az.: 143 C 160/07)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 156,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.11.2006 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung der unstreitig geleisteten Rechtsanwaltsgebühr gegen die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag zu.

Die Gebühr 5115 VV RVG ist zu Recht abgerechnet worden. Die zusätzliche Gebühr entsteht, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich wird. Das ist dann der Fall, wenn das Gericht nach § 72 Abs. 1 S. 1 OWiG durch Beschluss entscheidet. So liegt der Fall hier. Die Gebühr entsteht auch dann, wenn eine Hauptverhandlung zuvor stattgefunden hat, diese aber ausgesetzt wurde und neuer Hauptverhandlungstermin anberaumt wurde. Die Frage ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten (zustimmend OLG Bamberg, NStZ-RR 2007, 159; LG Bremen, JurBüro 1990, 873; LG Saarbrücken JurBüro 2001, 302; LG Bonn, JurBüro 2002, 24; LG Frankfurt/Oder, AGS 2003, 26; AG Dessau, AGS 2006, 240; Baumgärtel u.a., RVG, 9. Auflage VV 4141 Rn 3; Enders, JurBüro 2006, 449; Hartung/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2004, Teil 5 Rn 284; Schneider/Wolf, Anwaltskommentar RVG, 3. Auflage VV 4141 Rn 38; ablehnend LG Kaiserslautern, JurBüro 2003, S. 590; LG Kempten, AGS 2003, 504; AG Köln, JurBüro 2000, 364). Während die Literatur mehrheitlich für eine Erstattungsfähigkeit eintritt, ist die erstinstanzliche Rechtsprechung uneinheitlich. Das Gericht schließt sich der bejahenden Auffassung an. Dafür sprechen Wortlaut, Sinn und Zweck des Gesetzes und die Gesetzesgeschichte.

Der Wortlaut des Gesetzes enthält keinerlei Einschränkung dahingehend, dass eine Hauptverhandlung überhaupt nicht stattgefunden haben darf. Es heißt schlicht, dass eine Hauptverhandlung entbehrlich wird. Damit sind vom Wortlaut alle diejenigen Fälle erfasst, in denen eine neue Hauptverhandlung anberaumt wurde. Von vornherein ausgeschieden werden wegen des Grundsatzes der Einheit der Hauptverhandlung die Fälle, in denen es lediglich zu einem Fortsetzungstermin kommt, was vorliegend aber nicht im Streit steht.

Auch nach Sinn und Zweck ist eine einschränkende Auslegung nicht geboten. Nach der Gesetzesbegründung wurde in Nr. 4141 VV RVG der Grundgedanke des § 84 Abs. 2 BRAGO übernommen, der geschaffen worden war, um intensive und zeitaufwändige Tätigkeiten des Verteidigers, die zu einer Vermeidung der Hauptverhandlung und damit beim Verteidiger zum Verlust der Hauptverhandlungsgebühr führten, gebührenrechtlich zu honorieren. Es ist dabei nicht erforderlich, dass die Instanz gänzlich ohne Durchführung einer Hauptverhandlung erledigt werden muss. Auch bei der Vermeidung einer weiteren Hauptverhandlung werden Aufwand und Kosten gespart. Da der Rechtsanwalt für die neue Hauptverhandlung die Verhandlungsgebühr erhalten würde, steht ihm bei Vermeidung dieser Hauptverhandlung die zusätzliche Gebühr zu.

Schließlich spricht auch die Gesetzesgeschichte für diese Auslegung. Während der Gesetzgeber in der alten Fassung der BRAGO in § 84 Abs. 2 BRAGO noch davon sprach, dass der Rechtsanwalt in gerichtlich anhängigen Verfahren "nur" außerhalb der Hauptverhandlung tätig geworden ist, heißt es nunmehr lediglich, dass "die Hauptverhandlung entbehrlich" geworden ist.

Die zuerkannten Zinsen kann der Kläger gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB als Verzugsschaden beanspruchen..

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert. Da eine obergerichtliche Rechtsprechung zu der Frage vorhanden ist und soweit ersichtlich keine divergierenden Entscheidungen eines Obergerichts vorliegen, war eine grundsätzliche Bedeutung nicht gegeben.

Streitwert: 156,60 €






AG Köln:
Urteil v. 02.05.2007
Az: 143 C 160/07


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