Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 26. Oktober 2010
Aktenzeichen: I-20 U 209/08

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 26.10.2010, Az.: I-20 U 209/08)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. September 2008 verkündete Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf, berichtigt durch Beschluss des Landgerichts vom 10. November 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass

- hinsichtlich der Formel zu I. 1. a) die Zustimmung, nicht die Genehmigung der Klägerin maßgeblich ist und

- die Verurteilung zur Auskunftserteilung unter I. 2. der Formel entfällt, soweit es nicht um die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Gegenstände gemäß dem Antrag zu 1. a) geht und

- in der Formel zu I. 1. a) in der vierten Zeile hinter den Worten "... Wortzeichen ‚X.‘ und /" das Wort "oder" eingefügt wird.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,-- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Voll­streckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Gründe

A.

Die Klägerin, Herstellerin von Sportschuhen, ist Inhaberin mehrerer Marken, wie sie im Einzelnen im Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgeführt sind. Die Beklagte betreibt einen Großhandel mit Schuhen. Im zweiten Halbjahr 2007 belieferte die Beklagte auch die M.C.D. GmbH (M.) mit X.-Schuhen des Modells "S.", und zwar jedenfalls für eine Verkaufsaktion im Zeitraum vom 4. bis zum 10. Oktober 2007. Gegenstand der Klage sind Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Vernichtung, die die Klägerin damit begründet, die Beklagte habe der M. gefälschte, also solche Schuhe geliefert, die ohne Zustimmung der Klägerin mit ihren Zeichen versehen und in den Verkehr gebracht worden seien. Die Klägerin hat hierzu behauptet, dies ergebe sich aus zwei Testkäufen eines von ihr Beauftragten in einem M.-Markt am 4. Oktober 2007 und am 8. November 2007. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 325 ff. GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat - gestützt auf den Testkauf vom 8. November 2007 - der Klage nach Beweisaufnahme in vollem Umfang stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und meint weiterhin, die Klage sei unzulässig, weil der auf Unterlassung gerichtete Klageantrag zu I. 1. a) die gebotene Orientierung an der konkreten Verletzungsform vermissen lasse. Er sei zudem unbestimmt, weil die konkreten Marken, auf die sich der Antrag beziehen solle, in ihm nicht aufgelistet seien. Die Beklagte ist weiter der Auffassung, das Landgericht habe es zu Unrecht als bewiesen angesehen, dass sie die Schuhe aus dem Testkauf vom 8. November 2007 vertrieben habe. Für diesen Umstand trage die Klägerin die Beweislast. Es fehle zudem an einer Wiederholungsgefahr, weil sie - die Beklagte - eine Unterwerfungserklärung (LSG 13) abgegeben und diese durch die Erklärung ergänzt habe, dass sie sich auch auf solche X.-Schuhe erstrecken solle, die kein Sicherheitsetikett trügen. Hinsichtlich des Testkaufs am 4. Oktober 2007 behauptet sie weiter, auch die dabei erworbenen Schuhe stellten keine Fälschungen dar und seien auch nicht von ihr - der Beklagten - an die M. geliefert worden. Auch insoweit trage die Klägerin die volle Beweislast dafür, dass sie - die Beklagte - gefälschte X.-Schuhe vertreibe. Im Übrigen sei auch bezogen auf diesen angeblichen Verletzungsfall als Folge der Unterlassungserklärung jedenfalls die Wiederholungsgefahr entfallen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien übereinstimmend den Auskunftsantrag gemäß I. 2. der Formel des angefochtenen Urteils für erledigt erklärt, soweit es nicht um die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Gegenstände gemäß dem Antrag zu 1. a) geht.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass auf die "Zustimmung" und nicht auf die "Genehmigung" der Partei abzustellen sei.

Sie wiederholt und vertieft ebenfalls ihren erstinstanzlichen Vortrag und meint, die Klage sei zulässig. Das Landgericht habe zudem die erhobenen Beweise richtig gewürdigt und sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte die bei dem Testkauf am 8. November 2007 erworbenen Schuhe an die M. geliefert habe. Zudem sei auch noch der Testkauf vom 4. Oktober 2007, zu dem sie bereits erstinstanzlich vorgetragen habe, zu berücksichtigen. Die Wiederholungsgefahr sei aufgrund der Unterwerfungserklärung der Beklagten nicht entfallen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht in vollem Umfang stattgegeben. Die Maßgaben, die der Senat in die Urteilsformel aufgenommen hat, betreffen lediglich eine Änderung in der Formulierung des Klageantrags, die Anpassung an die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat und die Berichtigung einer versehentlichen Auslassung in der Urteilsformel.

1. Die Klage ist zulässig, wie das Landgericht bereits zu Recht näher ausgeführt hat. Insbesondere müssen die verletzten Zeichen der Klägerin nicht vollständig in der Urteilsformel genannt werden. Sie sind dort jedenfalls so bezeichnet, dass sie in Verbindung mit den näheren Angaben im Tatbestand, insbesondere der dortigen vollständigen Wiedergabe der Zeichen, eindeutig identifiziert werden können. Die Fassung des Klageantrags und - ihr folgend - der Urteilsformel lässt auch nicht die "gebotene Orientierung an der konkreten Verletzungsform" deshalb vermissen, weil dort die Genehmigung der Klägerin auf eine "Verwendung" der Zeichen bezogen ist. Der Ausspruch geht dahin, dass die Beklagte es unterlasse, Schuhe anzubieten oder zu vertreiben, wenn diese ohne Genehmigung der Klägerin mit deren Marken versehen sind. Auf diese Weise werden die Marken "verwendet", nicht notwendig von der Beklagten auf den Schuhen angebracht. Die Beklagte soll es unterlassen, derartige Waren zu vertreiben. Diese Antragsfassung ist nicht zu beanstanden. Lediglich das Wort "Genehmigung" ist durch "Zustimmung" zu ersetzen, weil hier nicht die Genehmigung als nachträgliche Zustimmung (vgl. § 184 Abs. 1 BGB) gemeint ist, sondern die "Zustimmung" im Sinne der § 14 Abs. 2 und § 24 Abs. 1 MarkenG.

2. Die Klage ist auch begründet.

a) Die Klägerin hat gegen die Beklagte den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5 MarkenG, weil die Beklagte der M. Schuhe lieferte, die ohne Zustimmung der Klägerin mit deren Zeichen versehen und in den Verkehr gebracht worden waren.

Der Senat hat allerdings nach wie vor Zweifel, ob dies auf das Ergebnis des Testkaufs vom 8. November 2007 gestützt werden kann, wie vom Landgericht nach Beweisaufnahme angenommen. Die Beklagte bestreitet, dass die dabei vom Testkäufer erworbenen Schuhe (ASt 17) zuvor von ihr an die M. geliefert worden seien. Ob die Beweisaufnahme diese Lieferung durch die Beklagte ergeben hat, erscheint zweifelhaft. Das Landgericht hat dies allein aus dem Umstand gefolgert, dass an den Schuhen ein Etikett mit einer Nummer angebracht ist, die der Beklagten zuzuordnen ist. Es dürfte aber nicht völlig auszuschließen sein, dass dieses Etikett von dritter Seite an den Schuhen angebracht wurde, wie von der Beklagten vermutet. Ein Hinweis darauf dürfte der Umstand sein, dass auf dem Etikett ein ansonsten an sich nicht notwendiges weiteres Etikett aufgeklebt ist, was dafür sprechen kann, dass es sich jedenfalls nicht mehr um die Lieferung der etikettierten Schuhe im "Originalzustand", also in dem von der Beklagten stammenden Zustand handelt. Es kommt das Ergebnis der erstinstanzlichen Zeugenvernehmung hinzu, auf das bereits das Landgericht hingewiesen hat. Außerdem stammen die Schuhe aus einem Kauf Anfang November 2007 und damit außerhalb des Zeitraums, für den die Beklagte Schuhe der fraglichen Art an die M. geliefert hatte. Das kann Anlass zu der Vermutung geben, dass es sich bei dem beanstandeten Schuh beispielsweise um einen "Rückläufer" gehandelt haben könnte, was die Möglichkeit für Veränderungen an der Etikettierung erhöht.

Näheres hierzu kann indes dahin stehen, weil die Verurteilung der Beklagten jedenfalls aufgrund des Testkaufs vom 4. Oktober 2007 gerechtfertigt ist. Dabei erwarb ein Testkäufer im Auftrag der Klägerin die Schuhe, von denen dem Senat ein Exemplar als Anlage OG 3 in dem beigezogenen Beschwerdeverfahren I-20 W 91/09 (38 O 169/04, Landgericht Düsseldorf) vorliegt. Dieser Verletzungsfall ist von der Klägerin bereits erstinstanzlich als weitere Klagegrundlage neben dem Testkauf vom 8. November 2007 eingeführt worden. Die Beklagte scheint nicht bestreiten zu wollen, dass dieser Testkauf überhaupt stattfand und dass der Schuh in Anlage OG 3 bei diesem Kauf erworben wurde. Selbst wenn man ihrem nicht ganz klaren Vortrag Gegenteiliges entnehmen wollte, so wäre das dann allenfalls anzunehmende einfache Bestreiten nicht hinreichend substantiiert. Dass der fragliche Schuh am 4. Oktober 2007 bei der M. in N. erworben wurde, belegt nämlich die von der Klägerin vorgelegte Rechnung von diesem Tag in Anlage K 16. Danach wurden an diesem Tag unter anderem zwei Paar Schuhe verkauft, die hinsichtlich sämtlicher in der Rechnung aufgeführter Merkmale (EAN, Artikelnummer, Artikelbezeichnung und Preis) mit den Angaben auf dem Etikett des Schuhs in Anlage OG 3 übereinstimmen. Warum die Rechnung trotz dieser Angaben nicht geeignet sein sollte, einen (Test-)Kauf am 4. Oktober 2007 bezogen auf den Schuh OG 3 zu belegen, ist dem Vortrag der Beklagten nicht zu entnehmen.

Der Senat ist auch davon überzeugt, dass diese bei der M. erworbenen Schuhe aus einer Lieferung der Beklagten stammen. Der Schuh OG 3 ist mit einem Etikett versehen, das eine die Beklagte als Lieferantin ausweisende Nummer (EAN) wiedergibt. Ein derartiges Etikett wird von der Beklagten bzw. in deren Auftrag von einem Dritten vor der Auslieferung der Schuhe an ihnen angebracht. Es ist im Regelfall, so auch hier, mit einem Plastikband mit dem Schnürsenkel des Schuhs fest verbunden Dieser Umstand stellt ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass die Beklagte diesem Anschein entsprechend die tatsächliche Lieferantin der so gekennzeichneten Schuhe war. Bezogen auf diesen Testkauf vom 4. Oktober 2007 fehlen - im Unterschied zu dem vorstehend behandelten vom 8. November 2007 - jegliche Hinweise darauf, dass die Schuhe entgegen dem mit dem Etikett erweckten Anschein nicht von der Beklagten stammen könnten. Die Beklagte trägt vor, dass sie die M. nur einmal mit entsprechenden Schuhen beliefert habe, nämlich für eine Verkaufsaktion vom 4. bis 10. Oktober 2007. Der Testkauf fällt mithin genau in diesen Zeitraum, in dem bei der M. die von der Beklagten gelieferten X.-Schuhe verkauft wurden. Er fand auch am ersten Tag der Verkaufsaktion statt, ausweislich der Rechnung um 8:36 Uhr, was es unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass es sich zu diesem frühen Zeitpunkt bereits um zurückgegebene oder umgetauschte Ware gehandelt haben könnte, bei der mit nachträglichen Änderungen bezogen auf das Etikett gerechnet werden könnte. Eine Veränderung des Etiketts durch Überkleben ist bei diesem Schuh nicht zu erkennen. Auch die Aussagen der vernommenen Zeugen widersprechen einer Zuordnung des Schuhs zur Beklagten nicht. Im Gegenteil haben die Zeuginnen R., D., T. und K. übereinstimmend ausgesagt, seinerzeit im Auftrag der Beklagten nur X.-Schuhe bearbeitet, das heißt verpackt und mit dem Etikett versehen zu haben, die innen schwarz waren. Das trifft auch auf den Schuh OG 3 zu. Die Zeugin D. hat den Zeitraum der Arbeiten auf Anfang September 2007 bestimmt, also unmittelbar vor dem Testkauf Anfang Oktober, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sich die Zeugenaussagen auf die hier maßgebliche Lieferung beziehen.

Der Senat hat auch davon auszugehen, dass der Schuh in Anlage OG 3 eine Fälschung darstellt. Die Klägerin hat hierzu anhand von Auffälligkeiten der Sohle, der Ausgestaltung der Innenseite und der Linienführung auf der Außenseite unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Herrn N. vom 6. November 2007 (Anlage K 17) vorgetragen. Die Beklagte hat diesen Vortrag lediglich bestritten, trotz eines Hinweises des Senats im Beschluss vom 1. März 2010 (Bl. 466 ff. GA) hierfür indes keinen Beweis angetreten. Das geht zu ihren Lasten. Der Senat hält an seiner bereits mitgeteilten Auffassung fest, dass die Beklagte die Beweislast dafür trägt, dass der fragliche Schuh "echt", also mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht worden ist im Sinne des § 24 Abs. 1 MarkenG.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen die auch hier maßgeblichen Voraussetzungen der Erschöpfung des Markenrechts, bei der es sich um eine Einwendung handelt, grundsätzlich vom Beklagten dargelegt und bewiesen werden (BGH GRUR 2000, 879 - stüssy; GRUR 2004, 156 - stüssy II). Denn - so der Bundesgerichtshof - die Vorschrift des § 24 Abs. 1 MarkenG, die wie die Regelungen der Verjährung (§ 20 MarkenG), der Verwirkung (§ 21 MarkenG), der Erlaubnis zur Benutzung des Namens und beschreibender Angaben (§ 23 MarkenG) oder des Benutzungszwangs (§§ 25, 26 MarkenG) in dem Abschnitt über Schranken des Markenschutzes enthalten ist, muss als eine von mehreren Ausnahmevorschriften verstanden werden, deren Voraussetzungen nach den allgemeinen Regeln grundsätzlich der als Verletzer Angegriffene darzulegen und zu beweisen hat. Zwar liegen den genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs Fälle von "Grauimporten" zugrunde, nämlich von Ware, die vom Zeicheninhaber außerhalb Deutschlands, der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsaums in den Verkehr gebracht, hierhin vom Verletzer aber gleichwohl ohne Zustimmung des Zeicheninhabers importiert wurde. Um derartige Ware geht es im vorliegenden Fall nicht, in dem die Klägerin geltend macht, die fraglichen Schuhe seien Fälschungen und daher überhaupt nirgendwo mit ihrer Zustimmung in den Verkehr gebracht worden. In einem derartigen Fall müssen die Grundsätze des Bundesgerichtshofs zur Beweislastverteilung indes erst recht maßgeblich sein, wie bereits das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden hat (Beschluss vom 11. Februar 2009 - 6 U 241/08, veröffentlicht in juris). Jedenfalls sind auch bei Fälschungen dieselben Voraussetzungen der Einwendung der Erschöpfung maßgeblich wie bei Grauimporten; in beiden Fällen kommt es darauf an, ob eine Zustimmung des Zeicheninhabers dazu vorliegt, dass die gekennzeichnete Ware in den Verkehr gebracht wurde. Ob die Zustimmung deshalb fehlt, weil sie nur räumlich beschränkt erteilt wurde, oder ob dies deshalb der Fall ist, weil sie überhaupt niemals, auch nicht beschränkt erteilt wurde, kann für die Frage der Verteilung der Beweislast keine Rolle spielen.

Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Bundesgerichtshofs die Erfordernisse des namentlich in den Art. 28 und 30 EG verankerten Schutzes des freien Warenverkehrs eine Modifizierung der oben dargestellten Beweisregel gebieten, wenn diese es einem Markeninhaber ermöglichen könnte, die nationalen Märkte abzuschotten und damit die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen (EuGH GRUR 2003, 512 - Van Doren + Q.; BGH GRUR 2004, 156 - stüssy II). Danach obliegt dem Markeninhaber insbesondere dann, wenn er seine Waren im Europäischen Wirtschaftsraum über ein ausschließliches Vertriebssystem in den Verkehr bringt, der Nachweis, dass die Waren ursprünglich von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht wurden, wenn der Dritte nachweisen kann, dass eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte besteht, falls er den genannten Beweis zu erbringen hat (BGH a.a.O.).

Die Voraussetzungen dieser Ausnahme liegen im vorliegenden Fall nicht vor. Die Beklagte hat schon nicht ansatzweise zu einem Vertriebssystem der Klägerin vorgetragen, das den vom Europäischen Gerichtshof und vom Bundesgerichtshof aufgestellten Anforderungen entsprechen könnte. Es kommt hinzu, dass die Klägerin vorliegend Fälschungen, keine Grauimporte behauptet. In einem derartigen Fall stellt sich aber die Frage nicht, wann einen Markeninhaber ausnahmsweise die Beweislast dafür trifft, dass in einem geschlossenen Vertriebssystem vertriebene Originalware nicht mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden ist (OLG Frankfurt a.a.O.). Müsste die Beklagte, um ihrer Darlegungs- und Beweislast nachzukommen, ihre Bezugsquellen offen legen, so eröffnete dies der Klägerin die Möglichkeit von Marktabschottungen schon deshalb nicht, weil es im vorliegenden Fall um den Bezug gefälschter Ware und damit nicht um die Steuerung von Vertriebswegen echter Ware geht.

Aufgrund dieses Verletzungsfalls besteht auch Wiederholungsgefahr. Sie ist insbesondere entgegen der Auffassung der Beklagten nicht durch die Unterlassungserklärung vom 6. Dezember 2007 (Anlage LSG 6, 13) entfallen, wie bereits das Landgericht zutreffend entschieden hat. Sie betrifft nämlich einen ganz anderen Sachverhalt, nämlich den Vertrieb echter Schuhe, die aber für einen anderen Wirtschaftsraum bestimmt sind. Sie nimmt insoweit ausdrücklich auf die Farbcodierung im Sicherheitsetikett, die dies erkennbar macht, Bezug. In Bezug genommen ist in der Erklärung der Fall eines von der Beklagten gelieferten Schuhs, der eine Codierung für Kanada ausgewiesen haben soll. Auch wenn die Beklagte die Unterlassungsverpflichtung auf Schuhe erstreckt hat, die kein Sicherheitsetikett tragen (Bl. 374 GA), so ändert dies nichts an dem anderen Gehalt einer derartigen Unterwerfung. Im vorliegenden Fall geht es um Totalfälschungen, nicht um Grauimporte.

b) Der Auskunftsanspruch im Umfang der verbliebenen Tenorierung besteht zur Berechnung des Schadensersatzanspruchs. Soweit die Klägerin zunächst auch Auskunft zum Vertriebsweg verlangt hatte (§ 19 MarkenG), haben die Parteien den Rechtsstreit nach erteilter Auskunft übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Schadensersatzanspruch selbst, dessen Feststellung die Klägerin zudem begehrt, folgt aus § 14 Abs. 6 MarkenG. Ein zumindest fahrlässiges Verhalten der Beklagten folgt daraus, dass davon auszugehen ist, dass die Beklagte Schuhe mit äußerlich erkennbaren Fälschungsmerkmalen ausgeliefert hat.

Der Vernichtungsanspruch folgt aus § 18 MarkenG. Soweit die Beklagte hiergegen einwendet, keine Schuhe mehr im Besitz zu haben, ist dies unbeachtlich, weil es der Klägerin ermöglicht werden muss, den Besitz an weiteren Schuhen im Vollstreckungsverfahren zu überprüfen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 18 Rn. 31).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 91a Abs. 1 ZPO. Die Maßgaben, mit denen die Zurückweisung der Berufung verbunden ist, stellen - wie bereits angedeutet - Klarstellungen bzw. Anpassungen an die Erledi­gungs­erklärungen der Parteien und keinen Teilerfolg der Berufung dar. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 400.000,-- €, folgend der Festsetzung des Landgerichts.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 26.10.2010
Az: I-20 U 209/08


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