Sozialgericht Köln:
Urteil vom 23. Februar 2015
Aktenzeichen: S 37 R 215/14 WA

(SG Köln: Urteil v. 23.02.2015, Az.: S 37 R 215/14 WA)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger in seiner Beschäftigung als Syndikusanwalt bei der Beigeladenen zu 2) ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht. Der am geborene Kläger ist seit dem 06.02.2000 als Rechtsanwalt zugelassen und ab diesem Zeitpunkt Pflichtmitglied in der Rechtsanwaltskammer Köln und des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen (Beigeladene zu 1). In dem bei der Beklagten geführten Versicherungsverlauf des Klägers sind gegenwärtig 202 Monate Beitragszeiten und 93 Monate Anrechnungszeiten (insgesamt 295 Monate) gespeichert. Erstmals beantragte der Kläger mit Schreiben vom 16.02.2000 die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Gerling Versicherungsgruppe. Mit Bescheid vom 25.04.2000 wurde der Kläger mit Wirkung zum 10.02.2000 im Bezug auf eine Tätigkeit als "Rechtsanwalt" und in Anbetracht seiner Pflichtmitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 1) von der Rentenversicherungspflicht befreit. Der Bescheid vom 25.04.2000 enthält folgende Hinweise: "Die Befreiung wirkt erst ab Beginn der Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung und der Berufskammer. Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Die Wirkung der Befreiung ist grundsätzlich auf die jeweilige berufsständische Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt. Die Befreiung erstreckt sich, sofern die Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer weiterhin besteht, auch auf andere nicht berufsständische versicherungspflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sind und sie insoweit satzungsgemäß verpflichtet ist, einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungseinrichtung zu zahlen. ( ) Die Befreiung endet erst mit der förmlichen Aufhebung durch die BfA. ( ) Falls Sie inzwischen ihren Arbeitgeber gewechselt haben, bitten wir den früheren (vorherigen) Arbeitgeber von der Befreiung zu verständigen." Zum 01.04.2012 nahm der Kläger eine abhängige Beschäftigung als "Abteilungsleiter Kraftfahrtschaden" bei der Provinzial Rheinland Versicherung AG (Beigeladene zu 2) auf. Am 17.04.2012 beantragte er in Bezug auf seine am 01.04.2012 bei der Beigeladenen zu 2) aufgenommene Beschäftigung eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Die Beigeladene zu 2) bescheinigte ihm in einer an die Rechtsanwaltskammer Köln adressierten Aufgabenbeschreibung vom 11.04.2012, dass er als Abteilungsleiter Kraftfahrtschaden als Syndikus-Anwalt beschäftigt sei und im Rahmen der Aufgabenerfüllung dort rechtsberatend, rechtsgestaltend, rechtsentscheidend und rechtsvermittelnd tätig werde. Mit Bescheid vom 03.07.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Sozialversicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung ab, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht vorlägen. Der Kläger sei bei seinem jetzigen Arbeitgeber nicht anwaltlich beschäftigt. Von einer anwaltlichen Beschäftigung sei nur auszugehen, wenn durch den Kläger die Aufgabenfelder Rechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung kumulativ wahrgenommen würden. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger nicht vor. Aus der Aufgabenbeschreibung folge bereits, dass die Tätigkeit nicht zwingend eine Qualifikation als Volljurist voraussetze. Bereits hiernach könne es sich nicht um eine anwaltliche Tätigkeit handeln. Auch seien auf Grund der beschriebenen Aufgaben die Merkmale der Rechtsentscheidung und Rechtsgestaltung nicht in hinreichendem Maße gegeben. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 23.07.2012 Widerspruch ein. Er behauptete, sowohl rechtsgestaltend als auch rechtsentscheidend tätig zu werden. Überdies habe er bereits vor seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) eine seiner jetzigen Tätigkeit vergleichbare Aufgabe in der Versicherungswirtschaft ausgeübt, die die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gerechtfertigt hätte. Schon aus Gründen der Kontinuität der Altersversorgung sei eine Fortsetzung seiner seit über 12 Jahren bestehenden Befreiung von der Rentenversicherungspflicht geboten. Ein Wechsel zurück in das Regelwerk der gesetzlichen Rentenversicherung sei unzumutbar. Ergänzend fügte er mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11.11.2012 an, dass der Bescheid bereits formell rechtswidrig sei. Die mit Bescheid vom 25.04.2000 ausgesprochene Befreiung gelte fort. Eine Aufhebung im Sinne des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sei nicht erfolgt. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Vertiefung ihrer Ausführungen aus dem Bescheid vom 03.07.2012 als unbegründet zurück. Ergänzend führte die Beklagte aus, dass es einer Aufhebung des Befreiungsbescheides vom 25.04.2000 nicht bedürfe. Die vom Rentenversicherungsträger ausgesprochene Befreiung ende entweder mit der von der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers ausdrücklich erfassten Tätigkeit und müsse in diesem Fall für eine weitere Tätigkeit erneut beantragt und ausgesprochen werden oder mit der Aufhebung der Befreiungsentscheidung seitens des Rentenversicherungsträgers. Einer Aufhebung des ursprünglichen Bescheides nach § 48 SGB X auf Grund der neuen Ausübung einer Beschäftigung bedürfe es nicht, da dieser Sachverhalt keine wesentliche Änderung in den Verhältnissen beinhalte, wie dies § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X erfordere. Am 14.03.2013 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben. Er nimmt auf sein bisheriges Vorbringen Bezug und führt ergänzend aus, dass ein Arbeitskollege, der ebenfalls bei der Beigeladenen zu 2) beschäftigt sei, in gleicher Funktion mit der gleichen Tätigkeitsbeschreibung seitens der Beklagten befreit worden sei. Ihm sei Vertrauensschutz im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 03.04.2014 (Az.: B 5 RE 13/14 R) zu gewähren. Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 03.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2013 die Beklagte zu verpflichten, ihn ab dem 01.04.2012 von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie verweist darauf, dass es nach der Rechtsprechung des BSG vom 03.04.2014 (Az.: B 5 RE 13/14 R u.a.) auf die von der Rechtspraxis entwickelte Viel-Kriterien-Theorie nicht (mehr) ankomme. Die Beschäftigung als Abteilungsleiter Kraftfahrtschaden bei der Beigeladenen zu 2) führe nicht zu einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und in der berufsständischen Versorgungseinrichtung. Eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung sei damit ausgeschlossen. Eine Verwaltungspraxis der Beklagten in der Vergangenheit, nach der in weiterem Umfang Befreiungen von der Rentenversicherungspflicht erteilt worden sind, könne keinen Anspruch des Klägers auf eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht begründen. Eine Selbstbindung der Verwaltung durch und an eine ständige Verwaltungspraxis könne es mangels Entscheidungsspielraums nicht geben. Die ursprünglich mit Bescheid vom 25.04.2000 ausgesprochene Befreiung könne sich nicht auf das streitgegenständliche Beschäftigungsverhältnis erstrecken. Nach der Rechtsprechung des BSG vom 31.10.2012 (Az.: B 12 R 3/11 R) sei eine Befreiung stets auf die ganz konkret ausgeübte Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber beschränkt. Mit dem Wechsel des Arbeitgebers oder der Tätigkeit ende sie. Auch könne zu Gunsten des Klägers das von der Beklagten in Umsetzung der Rechtsprechung des BSG vom 03.04.2014 entwickelte Eckpunktepapier eine Beitragspflicht nicht verhindern. Mit Beschluss vom 28.06.2013 hat die Kammer das Verfahren in Anbetracht anhängiger Revisionsverfahren ruhend gestellt. Auf Betreiben der Klägerseite wurde das Verfahren zum 13.02.2014 wieder aufgenommen. Mit Beschluss vom 13.01.2015 erfolgten die Beiladungen der Beigeladenen zu 1) und 2). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 03.07.2012 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.02.2013, § 95 SGG) ist im Ergebnis rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die bei der Beigeladenen zu 2) ausgeübte Beschäftigung, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlichrechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat, b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist. Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen ist der Kläger für seine – sozialversicherungspflichtige (1.) - Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2) nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien (2.). Der Befreiungsbescheid vom 25.04.2000 wirkt sich auf die streitgegenständliche Versicherungspflicht nicht aus (3.). Nichts Anderes folgt aus dem Eckpunktepunktepapier der Beklagten ("Information zur Umsetzung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 03.04.2014") (4.). 1.) Der Kläger war abhängig beschäftigt, weil die konstituierenden Merkmale des entsprechenden sozialrechtlichen Anknüpfungssachverhalts (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) vorliegen. Hiernach erbrachte der Kläger bei der Beigeladenen zu 2) als Syndikus-Anwalt nichtselbständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis (§§ 611 ff. BGB). Aufgrund dieser entgeltlichen Beschäftigung war er (renten-)versicherungspflichtig (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 Alt. 1 SGB VI). Eine Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB IV) lag offensichtlich nicht vor. 2.) Der Befreiungstatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI liegt nicht vor. Der Kläger ist zwar verkammertes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung (a.). Zurückzuführen ist dies indes nicht auf die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) (b.). a. Der Kläger ist ab dem 06.02.2000 durch die Rechtsanwaltskammer Köln zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Gemäß § 12 Abs. 3 BRAO ist der Kläger damit kraft gesetzlicher Verpflichtung (eo ipso) obligatorisches Pflichtmitglied der zulassenden Rechtsanwaltskammer (§ 60 Abs. 1 Satz 2 BRAO). Fehler im Zulassungsverfahren oder etwaige Verstöße gegen berufsrechtliche Pflichten lassen diese Pflichtmitgliedschaft unberührt (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Der u.a. für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Handlungsform vorgeschriebene Verwaltungsakt bleibt nach den damit einschlägigen allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 35 ff. VwVfG) wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 43 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 BRAO). Seine rechtsgestaltenden Wirkungen sind damit auch von den mit der Durchführung der Sozialversicherung betrauten Behörden und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in der Weise zu beachten, dass die dort getroffenen Regelungen auch ihnen gegenüber als verbindlich anzusehen sind (sog. Tatbestandswirkung). Unter anderem ist deshalb unerheblich, ob der Kläger im Zulassungsverfahren Falschangaben gemacht hat, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Zulassung im Einzelnen vorgelegen haben und welche (Fehl-)Vorstellungen Amtswalter der RAK ggf. bei Erlass des Zulassungsverwaltungsaktes hatten. Die Sozialgerichtsbarkeit entscheidet rechtlich grundsätzlich - mit Ausnahme der Fälle der Nichtigkeit - nicht, wer seinem Status nach Rechtsanwalt ist (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Der Kläger ist zugleich "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlichrechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)" geworden. Die Beigeladene zu 1) ist als Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen eine berufsständische Versorgungseinrichtung. Mit der Zulassung durch die RAK wurde der Kläger auf der Grundlage der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen in § 2 Abs. 1 RAVG NW i.V.m. § 10 Nr. 2 der Satzung der Beigeladenen zu 1) ipso iure (ohne Erlass eines weiteren Verwaltungs- oder eines anderen konstitutiven Rechtsakts) zeitgleich obligatorisches Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der Rechtsanwaltskammer (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). b. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gibt indessen versicherungspflichtig Beschäftigten, die gleichzeitig verkammerte Mitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die "Beschäftigung, wegen der" sie auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlichrechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist weder im Blick auf eine "Beschäftigung" noch auf einen bestimmten Kreis anwaltlicher Betätigungen erfolgt, sondern mit der statusbegründenden Zulassung ist stets der volle Umfang anwaltlicher Berufsausübung eröffnet, der damit auch zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wird nämlich unter den tatbestandlichen Voraussetzungen insbesondere der §§ 4 ff. BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen erteilt, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO) verbunden sind. Im Blick hierauf könnten bei einem strikt Wortlaut getreuen Normverständnis die tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen bei Rechtsanwälten zumindest grundsätzlich nicht erfüllt werden. Die rentenrechtliche Funktion des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI erlaubt und fordert jedoch zwingend ein den Gegebenheiten des anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrechts angepasstes Verständnis des Tatbestandselements derselben Beschäftigung (" für die Beschäftigung, wegen der "), wenn und soweit es gerade in diesem Kontext Anwendung findet. Im vorliegenden Zusammenhang kann unter "derselben Beschäftigung" i.S. der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" verstanden werden (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI betrifft die Koexistenz von jeweils aufgrund öffentlichrechtlichen Zwangs angeordneten Versorgungen für die Fälle von verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod (sog. "doppelte Pflichtmitgliedschaft"). Er überlässt es dem hiernach gesetzlich Ermächtigten, es nach jeweils eigener Willensentscheidung entweder durch Untätigkeit bei der Parallelität als gesetzlich stillschweigend angelegtem Regelfall zu belassen oder unter den gesetzlich im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen durch einen hierauf gerichteten materiellrechtlichen Antrag (§ 6 Abs. 2 SGB VI) sein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter Verbleib in der berufsständischen Versorgungseinrichtung geltend zu machen. Mit einem Gebrauchmachen von der gesetzlich eröffneten positiven Gestaltungsmöglichkeit kann im Ergebnis eine Doppelbelastung mit Beiträgen und eine mehrfache Absicherung vergleichbarer Risiken vermieden werden. Das Verständnis von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI hat sich an dieser systemübergreifenden Koordinierungsfunktion zu orientieren und darf daher nicht bereits die Schnittmenge beider Bereiche allein nach Kriterien der gesetzlichen Rentenversicherung ("Beschäftigung") bestimmen, die für die Zugehörigkeit zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen grundsätzlich ohne Bedeutung sind (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Maßgeblich für die Einbeziehung in die berufsständische Versorgung ist grundsätzlich nämlich weder die inhaltliche Beschränkung auf einzelne Verrichtungen innerhalb eines Berufsbildes noch die Form von deren Erbringung in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, sondern der durch Zulassungsakt eröffnete Zugang zu einer Berufstätigkeit in ihrer Gesamtheit. Beide Sicherungsformen (gesetzliche Rentenversicherung und berufsständische Versorgung) stimmen jedoch - als Minus gegenüber der "Beschäftigung", die § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auf beide Sicherungssysteme anzuwenden scheint - jedenfalls darin überein, dass sie inhaltlich jeweils an die Ausübung einer Erwerbstätigkeit anknüpfen und Schutz gegen die wirtschaftlichen Folgen gerade hiermit verbundener Risiken gewährleisten. Kommt daher in Betracht, dass ein und dieselbe Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in beiden Sicherungssystemen führt, ist bereits damit der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI eröffnet und eine weitergehende Prüfung veranlasst (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der in dieser Weise modifiziert verstandenen Norm nicht. Seine Erwerbstätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) kann dem Berufsfeld des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden. Seine anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Umgekehrt bedarf es mangels Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber einem Arbeitgeber keiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 2 Abs. 1, § 3 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen - RDG). Die im Rahmen der Beschäftigung erbrachte Erwerbstätigkeit ist damit für seine Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 1) und die hierdurch parallel zur gesetzlichen Rentenversicherung begründete öffentlichrechtliche Sicherung ohne Bedeutung, sodass es bereits deshalb an der Grundvoraussetzung von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI fehlt und sich eine weitergehende inhaltliche Prüfung erübrigt. Die erkennende Kammer kann dies ungeachtet der Tatbestandswirkung der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft selbst abschließend beurteilen. Entsprechende Status begründende Verwaltungsakte umfassen ihrem Regelungsgehalt nach nicht die Zuordnung einzelner Tätigkeiten und sind insofern im konkreten Zusammenhang notwendig der eigenständigen Auslegung und Anwendung bedürftig (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Die Kammer legt ihrer Beurteilung der sozialrechtlichen (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit dem Bereich anwaltlicher Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, obwohl sie im Rahmen einer Beschäftigung einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber geschuldet ist, die ständige übereinstimmende Rechtsprechung des für das Berufsrecht der Rechtsanwälte zuständigen BGH, des BVerfG und des EuGH zugrunde (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Hiernach ist unter einem "Syndikus" derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber steht. Der "Syndikusanwalt" ist gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 25.02.1999, Az.: IX ZR 384/97). Inhaltlich entnimmt der BGH dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts in gefestigter Rechtsprechung und unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien, dass der Syndikus in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig ist. Bereits in der Entscheidung vom 07.11.1960 (AnwZ (B) 4/60) heißt es insofern: "Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne: Er ist einerseits Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts daran, daß das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die Bundesrechtsanwaltsordnung vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen und schreibt auch für nach ihrem Erlaß abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die Bundesrechtsanwaltsordnung getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muß man auch dem gerecht werden, daß der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Die Amtliche Begründung (zu § 59 S. 77) sagt ganz mit Recht: Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, lässt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben." Hieran wird – worauf das BSG in seinen Urteilen vom 03.04.2014 (Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) hinweist - im Rahmen einer kontinuierlichen Verweisungskette bis heute festgehalten (vgl. exemplarisch BGH Beschluss vom 25.4.1988 - AnwZ (B) 2/88 - BRAK-Mitt 1988, 271 f; Urteil vom 25.2.1999 - IX ZR 384/97 - BGHZ 141, 69, 71; Beschluss vom 13.3.2000 - AnwZ (B) 25/99 - NJW 2000, 1645; Beschluss vom 18.6.2001 - AnwZ (B) 41/00 - NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009 - AnwZ (B) 16/09 - NJW 2010, 377, 379 RdNr 17, insofern in BGHZ 183, 73 ff nicht abgedruckt; Beschluss vom 7.2.2011 - AnwZ (B) 20/10 - NJW 2011, 1517, 1518 RdNr 6; ebenso BAG Beschluss vom 19.3.1996 - 2 AZB 36/95 - BAGE 82, 239, 241). Im genannten Beschluss vom 07.02.2011 formuliert der BGH - unter ausdrücklicher Erweiterung dieser Rechtsprechung auf das Berufsbild des europäischen Rechtsanwalts (§ 2 Abs. 1 EuRAG) - aktuell wie folgt: "Nach gefestigter Rechtsprechung zu dem Tätigkeitsbild des Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung wird derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht (Syndikus), in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig (BVerfGE 87, 287; BGH, Beschluss vom 18. Juni 2001 - AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4. November 2009 - AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377 Rn. 17). Die mit dem Dienst- oder Anstellungsverhältnis verbundenen Bindungen und Abhängigkeiten stehen nicht im Einklang mit dem in §§ 1 bis 3 BRAO normierten Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem und unabhängigem Berater und Vertreter aller Rechtsuchenden. " (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) u.a. auch unter Hinweis auf die diesbezügliche Rechtsprechung des BVerfG, Beschluss vom 04.11.1992, Az.: 1 BvR 79/85 u.a. und des EuGH, Urteil vom 14.09.2010, Az.: C-550/07 P). Damit ist insbesondere geklärt, dass ungeachtet im Einzelfall arbeitsrechtlich eröffneter Möglichkeiten, auch gegenüber dem Arbeitgeber sachlich selbständig und eigenverantwortlich zu handeln, allein die Eingliederung in die von diesem vorgegebene Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist. Das für die Zulassung unverzichtbare Berufsbild des Rechtsanwalts kann sich damit nur daraus ergeben, dass der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben (!) seiner Tätigkeit im Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Der Syndikusanwalt ist Rechtsanwalt, nicht weil er Syndikus ist, sondern weil er sich aufgrund einer nur deshalb zu erteilenden Zulassung unabhängig hiervon und daneben gesondert als Rechtsanwalt betätigt. Beide Tätigkeiten sind grundsätzlich getrennt zu betrachten (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Ausdrücklich hat das BSG in seinen Entscheidungen vom 03.04.2014 (Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) zudem klargestellt, dass eine abhängige Beschäftigung und eine daneben ausgeübte selbständige Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht im Sinne einer einheitlichen Betrachtung "zusammenzuziehen" sind. Rechtlich ist auch unerheblich, ob die in Frage stehende Beschäftigung inhaltlich "Elemente" der anwaltlichen Berufstätigkeit aufweist. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI fordert nach Normwortlaut und Funktion stets zusätzlich, dass die Tätigkeit, die zur Versicherungspflicht bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung führt, gleichzeitig in der Form der Beschäftigung ausgeübt wird und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Ist dies - wie vorliegend für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei einem nicht dem Standesrecht unterworfenen Arbeitgeber - von vornherein ausgeschlossen, sind mögliche Sachbezüge der ausgeübten Erwerbstätigkeit zum Berufsbild des Rechtsanwalts ohne rechtliche Bedeutung (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI können auch nicht dadurch umgangen werden, dass die sog. "Vier-Kriterien-Theorie" an Stelle des gesetzlichen Tatbestands gesetzt wird. Unterschiedliche Absicherungen in unterschiedlichen Systemen sind Konsequenz des Umstandes, dass synchron und diachron eine Vielzahl von Erwerbstätigkeiten betrieben werden kann, und deren hieran anknüpfende Absicherung nicht ihrerseits im Sinne eines einheitlichen Gesamtkonzepts durch zwingendes Recht koordiniert ist. Es gibt deshalb auch keinen Rechtssatz des Inhalts, dass stets nur die Zugehörigkeit zu einem einzigen Sicherungssystem in Betracht kommen könnte oder es ungeachtet einer Änderung der hierfür rechtlich maßgeblichen Umstände stets bei der einmal begründeten Zuständigkeit eines Systems zu verbleiben habe (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Die gesetzlich geforderte positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung begründet hat, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann erst recht nicht durch diejenige ersetzt werden, dass die in der Form der Beschäftigung ausgeübte Erwerbstätigkeit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht ursprünglich oder nachträglich entgegensteht (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist zudem als abschließende Ausnahmeregelung einer weiten, erweiternden oder analogen Anwendung weder bedürftig noch fähig. Der Kläger gehört als abhängig Beschäftigter i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zum Kernbereich der typisiert Schutzbedürftigen und deshalb grundsätzlich in allen Zweigen der Sozialversicherung (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV) und insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 SGB VI) Zwangsversicherten. Diese einfachgesetzliche Leitentscheidung wird für den Personenkreis, dem der Kläger zugehört, auch nicht unmittelbar spezialgesetzlich modifiziert oder revoziert. Umstände, die - ihrerseits typisierend - trotz Ausübung einer Beschäftigung der Annahme der Schutzbedürftigkeit entgegenstehen und daher Anlass zu einer Tatbestandsreduktion geben könnten, sind gesetzlich nicht umschrieben. Die gesetzlichen Voraussetzungen einer Tatbestandsreduktion, die Anlass gegeben hätten, von vornherein von der Anordnung der Rechtsfolge Versicherungspflicht abzusehen (z.B. § 1 Satz 3 SGB VI) oder trotz Eröffnung des Anwendungsbereichs der Beschäftigtenversicherung ausnahmsweise unmittelbar kraft Gesetzes Versicherungsfreiheit anzuordnen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – Nr. 3 SGB VI), sind erkennbar nicht erfüllt. Die vorliegend allein in Frage stehende Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gehört zu einem Kreis von Bestimmungen, die den betroffenen Pflichtversicherten unter den im Gesetz jeweils im Einzelnen umschriebenen Voraussetzungen nach eigenem "Entschließungsermessen" einen Anspruch auf eine konstitutive Befreiung von der Rentenversicherungspflicht durch einen gebundenen Verwaltungsakt des Rentenversicherungsträgers mit grundsätzlich auf die in Frage stehende Beschäftigung begrenzter Wirkung (§ 6 Abs. 5 SGB VI) gewähren, um nachfolgend allein im berufsständischen Versorgungswerk mit günstigeren Bedingungen zu verbleiben. Eine vollständige Entlassung aus der öffentlichen Sozialversicherung ist dagegen nicht möglich (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 05.05.2008, Az.: 1 BvR 1060/05 u.a.). Ebenfalls ist § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI weder bevorzugt dazu bestimmt, den Interessen von Freiberuflern zu dienen, noch bezweckt er in besonderer Weise den Bestandsschutz berufsständischer Versorgungswerke. Im Rahmen seines positiven Anwendungsbereichs bestimmt § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI aus der Binnenperspektive der gesetzlichen Rentenversicherung einseitig, ob es bei der normativen Anordnung von Versicherungspflicht aus § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI verbleibt oder ob hiervon ausnahmsweise wegen einer aus ihrer Sicht ausreichenden anderweitigen Absicherung abgesehen werden kann. Er kann schon deshalb keine "magna charta" der berufsständischen Versorgungseinrichtungen repräsentieren, die allenfalls im Sinne eines Rechtsreflexes betroffen sind (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Das gefundene Ergebnis verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Die einschlägigen Fragen sind durch die Rechtsprechung des BVerfG geklärt (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Die gesetzliche Rentenversicherung kennt unter Berücksichtigung dieser Vorgaben weder ein allgemeines Befreiungsrecht noch im Blick auf die gleichzeitige Absicherung in anderen Systemen einen allgemeinen Grundsatz der Vermeidung von "Doppelversicherungen". Auch gibt es von Verfassung wegen kein Wahlrecht zugunsten der jeweils günstigsten Versorgungsmöglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2014, Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.11.2014, Az.: L 14 R 694/13 u.a.; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.11.2014, Az.: L 16 R 406/11). Auf eine vom Gesetz abweichende rechtswidrige Verwaltungspraxis der Beklagten kann sich der Kläger nicht berufen. Auch besteht keine Selbstbindung an eine rechtswidrige Verwaltungspraxis. Eine "Gleichheit im Unrecht" gibt es nicht. 3.) Die mit Bescheid vom 25.04.2000 mit Wirkung zum 10.02.2000 aufgrund seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt und seiner Pflichtmitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 1) erteilte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht umfasst weder das Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen zu 2) (a.), noch ist die frühere Befreiung hierauf zu erstrecken (b.). Ein Vertrauen darauf, dass der Bescheid vom 25.04.2000 auch das Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2) umfasst, ist rechtlich unerheblich (c.). a.) Nach der Rechtsprechung des BSG vom 31.10.2012 (Az.: B 12 R 3/11 R) erfolgt mit einer Befreiungsentscheidung keine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen, selbst wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen. Der Gesetzeswortlaut in § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI definiert die Reichweite einer Befreiung von der Versicherungspflicht nicht über die konkreten inhaltlichen Merkmale der ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflichen Status. Vielmehr werden in § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ausschließlich die Rechtsbegriffe der Beschäftigung und der selbstständigen Tätigkeit verwendet. "Beschäftigung" wiederum wird in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV als "nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" definiert und in Abs. 1 Satz 2 der Regelung gekennzeichnet als Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines (konkreten) Weisungsgebers (vgl. m.w.N. BSG, Urteil vom 31.10.2012, Az.: B 12 R 3/11 R). Bei der Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) handelt es sich vor diesem Hintergrund schon deshalb offensichtlich nicht um diejenige Beschäftigung i.S. von § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI, die der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht durch den Bescheid vom 25.04.2000 zugrunde lag, weil in Bezug auf die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2) ein anderes Arbeitsverhältnis und eine andere Beschäftigung im Raum steht (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2012, Az.: B 12 R 3/11 R). b.) Eine Verpflichtung der Beklagten, die frühere Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI auf die im streitigen Zeitraum ausgeübte Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) zu erstrecken, besteht nicht. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht in den Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2012, Az.: B 12 R 3/11 R). Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend schon deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der Beschäftigung der Klägers bei der Beigeladenen zu 2) nicht um eine von vornherein zeitlich begrenzte Beschäftigung handelt. c.) Der Kläger kann auch nicht darauf vertrauen, dass der Bescheid vom 25.04.2000 auch das Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2) umfasst. Unabhängig davon, ob der Vertrauensschutz über den Grundsatz von Treu und Glauben oder, was im öffentlichen Recht nahe liegt, über das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte begründet wird: Seine Inanspruchnahme setzt neben dem Vorhandensein und der Kenntnis einer Vertrauensgrundlage insbesondere die Schutzwürdigkeit dessen, der sich darauf beruft, voraus (vgl. Becker, ZFA 2014, 87, 122 m.w.N.). Hier mangelt es bereits am Vorhandensein einer Vertrauensgrundlage. Der Kläger selbst ist nicht davon ausgegangen, dass die Befreiung im Bescheid vom 25.04.2000 auch das Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2) umfasst. Dafür spricht, dass der Kläger bei Aufnahme der streitgegenständlichen Beschäftigung einen Antrag auf Befreiung stellte. Hiermit brachte er zum Ausdruck, dass auch er davon ausging, eine erneute Befreiung beantragen zu müssen. So weist auch Becker (a.a.O., 124) darauf hin, dass Personen, die - nachdem sie selbst von dem Ende einer früheren Befreiung gewusst haben – für eine andere, zwischenzeitlich begonnene Beschäftigung einen Befreiungsantrag stellen, nicht schutzwürdig sind. Soweit das BSG in seinen Entscheidungen vom 03.04.2014 (Az.: B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 13/14 R) ausführte, dass Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung - bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde - ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidungen haben, folgt hieraus nur, dass die Beklagte nicht rückwirkend in erteilte Befreiungen nach § 48 SGB X eingreifen darf, was vorliegend nicht streitgegenständlich ist. 4.) Das von der Beklagten in Anbetracht der Rechtsprechung des BSG vom 03.04.2014 entwickelte Eckpunktepapier ("Information zur Umsetzung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 03.04.2014", Bl. 73 GA) kann zu Gunsten des Klägers keine abweichende Entscheidung rechtfertigen. Es ist bereits keine gesetzliche Grundlage dafür ersichtlich, die es der Beklagten ermöglichen könnte, – über die Rechtsprechung des BSG vom 03.04.2014 hinaus – großzügig weitere Sachverhalte anzuerkennen, in denen Befreiungsentscheidungen ausgesprochen werden dürfen. Aus einer mithin rechtswidrigen Verwaltungspraxis kann – wie vorstehend dargelegt – kein subjektives Recht des Versicherten abgeleitet werden. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.






SG Köln:
Urteil v. 23.02.2015
Az: S 37 R 215/14 WA


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2c94959a1426/SG-Koeln_Urteil_vom_23-Februar-2015_Az_S-37-R-215-14-WA




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