Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Januar 2002
Aktenzeichen: 5 W (pat) 24/01

(BPatG: Beschluss v. 30.01.2002, Az.: 5 W (pat) 24/01)

Tenor

Die als "Feststellungsklage" bezeichnete Beschwerde des Anmelders wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen den Bescheid der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Juli 1998 richtet; sie gilt als nicht erhoben, soweit sie sich gegen deren Beschluß vom 18. August 1999 richtet.

Gründe

I Der Anmelder hat am 16. Juni 1998 eine Erfindung mit der Bezeichnung "Ermüdungsfreies Computergerät" beim Deutschen Patent- und Markenamt zur Eintragung als Gebrauchsmuster angemeldet. Zu dieser Anmeldung, die unter dem Aktenzeichen 298 10 781.3 bearbeitet wurde, ist der Prüfungsbescheid der Gebrauchsmusterstelle vom 29. Juli 1998 ergangen. Hierin werden die ersten beiden der fünf eingereichten Schutzansprüche beanstandet, weil sie Angaben enthielten, die nur in die Beschreibung gehören; dies wird kurz begründet und der Verzicht auf die beiden Schutzansprüche binnen Monatsfrist verlangt. Da der Anmelder hierauf nicht reagiert hat, ist die Anmeldung durch Beschluß der Gebrauchsmusterstelle vom 18. August 1999 zurückgewiesen worden. Wie bereits zuvor ein Erinnerungsbescheid vom 12. Oktober 1998, mit dem der Anmelder (vergeblich) zur Beantwortung des Prüfungsbescheids gemahnt worden ist, ist auch der Zurückweisungsbeschluß öffentlich zugestellt worden, weil der Anmelder seinen ursprünglichen Wohnsitz in N... aufgegeben hatte und sein Aufenthalt nicht zu ermitteln war.

Nachdem der Anmelder sich mit Eingabe vom 27. Oktober 1999 nach dem Sachstand erkundigt hatte, ist ihm mitgeteilt worden, daß das Anmeldungsverfahren durch den inzwischen rechtskräftig gewordenen Zurückweisungsbeschluß beendet sei, es ihm aber freistehe, eine Neuanmeldung vorzunehmen. Dieser Anregung ist der - inzwischen in H... wohnende - Anmelder nicht gefolgt, sondern hat mit der an das Landgericht Braunschweig gerichteten Schrift vom 10. Januar 2000 "Feststellungsklage" gegen die Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts erhoben. Darin beantragt er, festzustellen, daß der Bescheid vom 29. Juli 1998 und der Beschluß vom 18. August 1999 nichtig sind.

Er macht geltend, der Prüfungsbescheid wie auch der Zurückweisungsbeschluß beruhten auf einem "unvorstellbar primitiven Verstoß gegen die allgemein bekannte Tatsache, daß das Gebrauchsmuster ein ungeprüftes Schutzrecht ist". Da die erfolgte inhaltliche Prüfung der Anmeldung "nach Gesetz völlig ausgeschlossen" sei, habe er auf den Prüfungsbescheid nicht geantwortet. Vielmehr liege ein so offensichtlicher "Verstoß gegen den zentralen Punkt" des Gebrauchsmustergesetzes vor, daß die angegriffenen Maßnahmen ganz und gar nichtig seien.

Das Verfahren ist vom Landgericht Braunschweig an das Verwaltungsgericht München und - auf die sofortige Beschwerde der Bundesrepublik Deutschland als Verfahrensgegner - vom Oberlandesgericht Braunschweig unter Abänderung dieser Entscheidung am 21. Juni 2001 an das Bundespatentgericht verwiesen worden.

Der Anmelder ist mit gerichtlicher Verfügung unter Hinweis auf § 79 VwVfG darüber aufgeklärt worden, daß sein Rechtsmittel nur als Beschwerde nach § 18 Abs 1 GebrMG verstanden werden könne, die aber hinsichtlich des angegriffenen Bescheides vom 29. Juli 1998 als unzulässig und bezüglich des Beschlusses vom 18. August 1999 mangels Entrichtung der fristgebundenen Beschwerdegebühr als nicht erhoben anzusehen sei. Er hat hierauf erklärt, ihm sei jetzt bewußt, daß eine Feststellungsklage nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz garnicht und eine Beschwerde nicht mehr möglich sei. Sein ganzes Rechtsbegehren reduziere er jetzt auf die Beantwortung der beiden Fragen, ob die Ablehnung seines Eintragungsantrags tatsächlich korrekt oder nicht absolut unzulässig gewesen und ob eine solche Entscheidung in der Geschichte des Patentamts schon einmal vorgekommen sei.

II Die vom Anmelder mit Schrift vom 10. Januar 2000 unter der Bezeichnung "Feststellungsklage" erhobene Beschwerde ist unzulässig, soweit sie gegen den Bescheid vom 29. Juli 1998 gerichtet ist; soweit sie gegen den Beschluß vom 18. August 1999 gerichtet ist, unterliegt sie der gesetzlichen Fiktion, daß sie nicht erhoben ist (§ 18 Abs 1, Abs 3 Satz 1 GebrMG iVm § 73 Abs 3 PatG).

1. Mit der "Feststellungsklage" hat der Anmelder eine Beschwerde erhoben.

Er wendet sich gegen zwei Entscheidungen der Gebrauchsmusterstelle. Gegen deren Beschlüsse "findet die Beschwerde an das Patentgericht statt" (§ 18 Abs 1 GebrMG). Mit dieser Regelung ist zugleich eine anderweitige gerichtliche Anfechtung und damit auch ein Vorgehen im Wege einer verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage ausgeschlossen. Der Gesetzgeber hat für eine Überprüfung der Verwaltungsakte des Patentamts auf ihre Rechtswirksamkeit das patentgerichtliche Verfahren vorgesehen; gegenüber dieser spezialrechtlichen Regelung treten Rechtsbehelfe, die in den allgemeinrechtlicher Regeln des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehen sind, zurück (vgl § 79 VwVfG).

Da die "Feststellungsklage" vom 10. Januar 2000 auf eine Überprüfung der angegriffenen Entscheidungen der Gebrauchsmusterstelle im Hinblick auf ihre Rechtswirksamkeit gerichtet ist, ist dieser Rechtsbehelf - sucht man den vom Gesetz einzig eröffneten Weg zu einer solchen Überprüfung - als Beschwerde iSd § 18 Abs 1 GebrMG auszulegen.

2. Die Beschwerde ist durch die zuletzt abgegebenen Erklärungen des Anmelders über sein verbliebenes Rechtsschutzbegehren nicht zurückgenommen worden.

Zwar hat er auf die gerichtliche Aufklärungsverfügung eingeräumt, daß seinem Rechtsbehelf kein Erfolg beschieden sein dürfte. Er hat ihn damit aber nicht aufgegeben. Eine Zurücknahmeerklärung bedarf nämlich der Eindeutigkeit, an der es hier fehlt. Da er die von ihm mit dem Rechtsbehelf in der Sache vertretene Rechtsposition inhaltlich, wenngleich in Frageform gekleidet, weiter vertritt, kann sein Vorbringen nicht dahin ausgelegt werden, daß ihm an einer abschließenden Entscheidung hierüber, also durch Beschluß, nicht mehr liegt.

3. Die Unzulässigkeit der Beschwerde gegen den Bescheid vom 29. Juli 1998 folgt bereits daraus, daß die Beschwerde nach § 73 Abs 1 PatG nur gegen "Beschlüsse", nicht aber gegen Zwischenbescheide der Gebrauchsmusterstelle erhoben werden kann.

Der angegriffene Prüfungsbescheid ist weder formell noch materiell ein Beschluß. Er ist nur als "Bescheid" ergangen und enthält keine das Verfahren abschließende Entscheidung, sondern gibt nur eine vorläufige Auffassung der Gebrauchsmusterstelle ("mit den vorliegenden Unterlagen ist eine Eintragung ... noch nicht möglich") wieder.

Auf die weiteren in § 73 Abs 2 PatG aufgestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

4. Die Voraussetzung für den Eintritt der Fiktion des § 73 Abs 3 PatG, nämlich daß die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der Beschwerdefrist entrichtet worden ist, ist bezüglich der Beschwerde gegen den Beschluß vom 18. August 1999 erfüllt.

Der Zurückweisungsbeschluß ist gemäß § 15 VwZG wirksam öffentlich zugestellt worden. Die Zustellung gilt gemäß § 15 Abs 3 VwZG als an dem Tag bewirkt, an dem seit dem Tag, an welchem der Beschluß ausgehängt worden ist (nämlich am 18. Oktober 1999), zwei Wochen verstrichen sind. Für die mit der Schrift vom 10. Januar 2000 erhobene Beschwerde ist keine - erst recht keine fristgemäße - Beschwerdegebühr gezahlt worden.

5. Auf die Bitte des Anmelders um Bescheidung der von ihm noch in der Beschwerdeinstanz vertretenen Auffassung wird - als obiter dictum - darauf hingewiesen, daß § 8 Abs 1 Satz 1 GebrMG (in der für Anmeldungen des hier vorliegenden Alterranges geltenden Fassung) die sachliche Prüfung der Gebrauchsmusteranmeldung als Voraussetzung für die Eintragung in die Gebrauchsmusterrolle vorsieht: "Entspricht die Anmeldung den Anforderungen des § 4, so verfügt das Patentamt die Eintragung ...". Der damit aus § 4 GebrMG zu entnehmende Umfang der Prüfung erfaßt materielle und formelle Schutzvoraussetzungen, ua diejenige, daß eine "Erfindung" (§ 4 Abs 1 Satz 1 GebrMG) vorliegt. Eine Erfindung besteht - soweit es hier von Belang ist - aus der Lösung einer technischen Aufgabe. Beanstandet wird von der Gebrauchsmusterstelle, daß die Schutzansprüche 1 und 2 aber nur die Aufgabe ohne die Lösungsmerkmale wiedergeben ("die Merkmale anzugeben, die der Anmelder als neu beansprucht ..., nicht anzugeben, welche Vorteile die Neuerung bietet, wie sie angewandt werden oder was damit möglich ist ... die Ansprüche 1 und 2 enthalten nur solche Angaben ..."). Die bloße Angabe der Aufgabe, die es dem Fachmann überläßt, die Lösungsmerkmale selbst hinzuzuerfinden (ohne daß sie sich ihm ohne weiteres anbieten), ist allerdings keine Erfindung.

Daß das Gebrauchsmustersystem die Prüfung der Neuheit und Erfindungshöhe vor der Eintragung ausschließt (§ 8 Abs 1 Satz 2 GebrMG), ändert an der übrigen Prüfungskompetenz der Gebrauchsmusterstelle nichts. Bei derzeit über 20.000 Gebrauchsmusteranmeldungen im Jahr ergeht fortlaufend eine entsprechende Zahl von Prüfungsbescheiden. Wenn der Anmelder noch im Beschwerdeverfahren den Sachbearbeiter der Gebrauchsmusterstelle als "gehobenen Dilettanten" bezeichnet, so wendet sich sein Vorbringen gegen ihn selbst. Gegenüber seinem in der "Feststellungsklage" und der gleichzeitig beim Landgericht Braunschweig auch eingereichten Strafanzeige erhobenen Vorwurf eines "unvorstellbar primitiven Verstoßes" gegen allgemein bekannte, rechtlich gesicherte Tatsachen, den er noch in der Beschwerdeinstanz aufrechterhalten hat, empfiehlt sich ein Blick in die Gebrauchsmuster-Eintragungsrichtlinien, gemäß denen (Abschnitt II 2 Abs 2, 4) der Sachbearbeiter ua "prüft ..., ob die angemeldete Erfindung als Gebrauchsmuster eingetragen werden kann" und bei behebbaren Mängeln - wie im vorliegenden Fall - "diese unter Angabe der Gründe" rügt.

Goebel Werner Bertl Be






BPatG:
Beschluss v. 30.01.2002
Az: 5 W (pat) 24/01


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