Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Januar 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 187/99

(BPatG: Beschluss v. 29.01.2003, Az.: 32 W (pat) 187/99)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 15. November 1998 aufgehoben.

Gründe

I.

Nach erfolgter Zurückweisung der Anmeldung durch das Deutsche Patent- und Markenamt wegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke hat das Bundespatentgericht auf die Beschwerde die Beschlüsse der Markenstelle hinsichtlich der Dienstleistung "Verpflegung von Gästen" aufgehoben und im übrigen die Beschwerde zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat auf die Rechtsbeschwerde hin die Entscheidung des Bundespatentgerichts aufgehoben und entschieden, dass der Anmeldung der Marke hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen

"Papier, Pappe (Karton), Papierwaren und Pappwaren, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse, Zeitungen und Zeitschriften; Bücherstützen, Buchhüllen, Buchkassetten, Schreibwaren, Post- und Grußkarten, Tauschkarten, Briefpapier und Briefumschläge, Briefmarken, Namensschildchen und Etiketten aus Papier oder Pappe, Notizbücher, Tagebücher, Notizzettel, Notiztafeln, Adressenbücher, Briefmappen, Aktendeckel, -mappen und -hefter, Folien-Lochverstärker; Kalender, insbesondere Studentenplaner; Ringbücher, Hefte, Alben, Sammelbücher, Briefbeschwerer, Brieföffner, Schreibunterlagen, Tischordner (Behälter für Schreib- und Büroutensilien); Lineale, Radiergummis, Hefter, Heft- und Büroklammern, Bücher- und Lesezeichen; Schnittmuster und Zeichenschablonen; Abziehbilder und Applikationen (auch solche aus PVC und solche zum Aufbügeln und als vorübergehende Tätowierung), Rubbelbilder, Papier- und PVC-Aufkleber, Papiertüten, -taschen, -beutel; Geschenkpapier, Geschenkanhänger aus Papier oder Pappe; Partyartikel aus Papier und/oder Pappe, nämlich Luftschlangen, Fähnchen, Wimpel, Tischdekorationen, Servietten, Tischdecken, Platzdeckchen; Schreibtafeln, Kreide, Klebstoffe für Papierwaren und Haushaltszwecke, Schreibgeräte, Markierstifte, Etuis für Schreib-, Mal- und Zeichenutensilien, Schüleretuis gefüllt mit Markierstiften, Füllhaltern, Kugelnschreibern, Bleistiften, Linealen, Radiergummis und Notizzetteln; Bleistiftdosen und -behälter, Bleistifthalter, Bleistiftverlängerer und -aufstecker, Bleistiftspitzer, Zeichen-, Mal- und Modellierwaren und -geräte, Pinsel; Künstlerbedarfsartikel, nämlich Farbstifte, Kreide, Malbretter und Malleinwand; Hobby- und Bastelkästen, soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibmaschinen und Bürogeräte (ausgenommen Möbel), soweit in Klasse 16 enthalten; Abrollgeräte für Klebebänder, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), soweit in Klasse 16 enthalten; Spielkarten, Drucklettern, Druckstöcke; Stempel, Stempelfarben und -kissen, Tinten;

Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen.

Ton- und Bildübertragung durch Draht-, Kabel- und Satellitenfunk sowie durch ähnliche technische Einrichtungen; Vermittlung von Presseinformationen und Informationen mit nichtwerbendem Charakter;

Erziehung und Unterricht; Reproduktion, Vorführung und Vermietung von Filmen, Reproduktionen von Ton- und Bildaufnahmen auf anderen Bild- und/oder Tonträgern, Vorführung und Vermietung dieser Bild- und/oder Tonträger; Betrieb und Vermietung von Studios einschließlich von Einrichtungen, Apparaten und Geräten für die Produktion von Filmen, Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Vermietung von Rundfunk- und Fernsehgeräten; Organisation und Veranstaltung sportlicher und kultureller Aktivitäten und Wettbewerbe; Herausgabe und Veröffentlichung von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, Vermietung von Zeitschriften; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle, Unterrichts- oder Unterhaltungszwecke"

das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht entgegensteht und bezüglich der Waren und Dienstleistungen

"Bespielte Ton- und/oder Bildträger, insbesondere mit Musik bespielte Schallplatten, Tonbänder und Tonkassetten, Compact-Discs, auf audiovisuelle Platten aufgezeichnete Ton- und/oder Bildaufnahmen in Form von Analog- und Digitalkonfigurationen, auf Magnetband aufgezeichnete Ton- und/ oder Bildaufnahmen in Form von Analog- und Digitalkonfigurationen;

Bücher, Comic-Hefte und -Bücher, Sketchbücher, Bildromane, Spiel- und Aktivitätsbücher, Mal- und Hobbybücher, Bastelbücher, Posterbücher; Fotografien, Poster; Ausschneidefiguren und Dekorationen aus Pappe;

Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Sammeln und Liefern von Nachrichten und Informationen;

Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung, Produktion von Filmen, Produktionen von Ton- und Bildaufnahmen auf anderen Bild- und/oder Tonträgern, Produktion und Gestaltung von Rundfunk- und Fernsehsendungen, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltungssendungen; Betrieb von Freizeit- und Vergnügungsparks; Veranstaltung und Organisation von Volksbelustigungen, Zirkusdarbietungen, Theateraufführungen, Tanz und/oder Musikdarbietungen, Tierschaustellungen, Tourneen, Konzerten sowie von Unterhaltungsshows"

die Sache an das Bundespatentgericht zurückverwiesen, damit tatsächliche Feststellungen dahingehend getroffen werden können, ob die Wortfolge als reine Beschreibung des Inhalts oder Gegenstands dieser Waren und Dienstleistungen vom Verkehr aufgefasst wird.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, noch das einer Bezeichnung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH, BlPMZ 2002, 463 - Bar jeder Vernunft). Für die zuerst genannten Waren und Dienstleistungen ist dies nach der bindenden Vorgabe des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung nicht der Fall. Dasselbe gilt aber auch für die vorstehend im zweiten Teil genannten Waren und Dienstleistungen. Für Slogans der hier vorliegenden Art gelten die für Einwortmarken entwickelten Grundsätze zur Unterscheidungskraft entsprechend. Als Indizien für die Schutzfähigkeit können Kürze, gewisse Originalität und Prägnanz sowie die Mehrdeutigkeit mit der Folge einer Interpretationsbedürftigkeit herangezogen werden (vgl. BGH, BlPMZ 2000, 161 - Radio von hier). "Bar jeder Vernunft" fehlt auch für die noch zu prüfenden Waren und Dienstleistungen zumindest nicht jegliche Unterscheidungskraft. Das Wort "bar" als Synonym für "ohne" wird im allgemeinen Sprachgebrauch nur noch selten verwendet, wirkt deshalb in gewisser Weise altertümlich und verleiht dem Slogan ausreichende Originalität.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Verkehr die Wortfolge "Bar jeder Vernunft" - beispielsweise wegen einer Verwendung durch viele Anbieter - nicht mehr als Unterscheidungsmittel der betrieblichen Herkunft versteht. Bei der Eingabe der Wortfolge in die Suchmaschine "Google" des Internets am 27. Dezember 2002 ergaben sich nur kennzeichenmäßige Verwendungen, was die Annahme verbietet, dass die Marke nicht mehr als Unterscheidungsmittel verstanden wird, zumal entgegenstehende Tatsachen weder von der Markenstelle, noch vom Senat, aufgefunden werden konnten.

b) Die Marke ist auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. "Bar jeder Vernunft" kann keine eindeutige Angabe darüber entnommen werden, welches Merkmal der Waren oder Dienstleistungen durch diese Wortfolge konkret bezeichnet werden könnte.

Winkler Dr. Albrecht Sekretarukbr/Ko






BPatG:
Beschluss v. 29.01.2003
Az: 32 W (pat) 187/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2b59709717fc/BPatG_Beschluss_vom_29-Januar-2003_Az_32-W-pat-187-99




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share