Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Januar 2003
Aktenzeichen: 34 W (pat) 57/02

(BPatG: Beschluss v. 24.01.2003, Az.: 34 W (pat) 57/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse B 65 D vom 10. Mai 2001 aufgehoben. Die Sache wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Anmelderin hat ihren Sitz in F.... Ihr ursprünglicher Inlandsvertreter hat im Laufe des Prüfungsverfahrens die Vertretung der Anmelderin niedergelegt. Daraufhin hat die Prüfungsstelle der Anmelderin aufgegeben, innerhalb einer Frist von vier Monaten einen neuen Inlandsvertreter zu bestellen. Da dies in dieser Frist nicht geschah, hat die Prüfungsstelle die Anmeldung durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.

Dieser Beschluss ist an die Anmelderin selbst gesandt worden, seine förmliche Zustellung lässt sich nicht nachweisen. Am 19. Oktober 2001 hat der Vertreter der Anmelderin die Übernahme der Vertretung angezeigt, nachdem ihm zuvor am 16. Oktober 2001 von der Anmelderin der Zurückweisungsbeschluss übersandt worden war.

Die Änderung des Vertreters wurde im Januar 2002 im Patentregister vermerkt. Nachdem die Anmelderin zunächst um Wiedereinsetzung in die Frist zur Bestellung eines Inlandsvertreters und zur Einlegung der Beschwerde nachsucht hat, hat sie am 21. Mai 2002 durch Schriftsatz vom gleichen Tage Beschwerde eingelegt und am 13. August 2002 die Beschwerdegebühr bezahlt.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt fortzusetzen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht verspätet eingelegt, denn die Beschwerdefrist des PatG § 73 Abs 2 ist mangels einer ordnungsgemäßen förmlichen Zustellung des Beschlusses nicht in Lauf gesetzt worden. Die Zustellung ist nicht, wie es richtig gewesen wäre, an den früheren Inlandsvertreter der Anmelderin, der zu diesem Zeitpunkt noch im Patentregister (Patentrolle) als Inlandsvertreter eingetragen war, gerichtet worden (BPatG - Juristischer Beschwerdesenat BlPMZ 1996, 357, 358). Der Beschluss ist vielmehr an die Anmelderin selbst ohne förmliche Zustellung nach F... geschickt worden. Dieser Zustellungsmangel ist auch nicht dadurch geheilt, daß ihrem Vertreter der Beschluss tatsächlich zugegangen ist, denn eine solche Heilung ist bei der Frist zur Einlegung der Beschwerde ausgeschlossen § 127 Abs 2 PatG a.F. iVm Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) § 9 Abs 1. Zwar hat sich die Rechtslage seit dem 1. Juli 2002 geändert und ist eine Heilung von Zustellungsmängeln nach § 127 Abs 2 PatG n.F. i.V.m. § 189 ZPO möglich. Die Heilung durch den tatsächlichen Zugang des Beschusses beim Inlandsvertreter am 16. Oktober 2001 ist jedoch ein in sich abgeschlossener prozessualer Tatbestand, der vor dem 1. Juli 2002 liegt. Auf ihn ist das zu diesem Zeitpunkt geltende Verfahrensrecht anzuwenden(Baumbach - Lauterbach - Hartmann, ZPO, 61. Aufl. Einl. III Rdn. 78; Sedemund - Treiber DRiZ 1977, 103, 104 "keine Rückwirkung des neuen Verfahrensrechts"). Damit scheidet eine Heilung aus. Neues Verfahrensrecht wäre nur anwendbar, wenn die Verfahrenshandlung bzw. das Verfahrensgeschehen noch nicht abgeschlossen wäre. Das ist jedoch bei der Heilung nicht der Fall, was schon daraus erhellt, dass im Zeitpunkt, an dem dem Empfänger das Schriftstück tatsächlich zugeht, eine Frist in Lauf gesetzt wird.

Das Recht zur Einlegung einer Beschwerde ist auch nicht etwa verwirkt. Soweit dies für den Fall vertreten wird, dass zwischen Beschluss und Beschwerde mehr als ein Jahr vergangen ist (van Hees, Verfahrensrecht in Patentsachen, 2. Auflage, Seite 204 in entsprechender Anwendung des PatG § 47 Abs 2 Satz 3 - vgl. auch BFH VII R 173/ 82 vom 5. Februar 1985; Tipke/ Kruse AO FGO § 9 VwZG Rdn. 3; a.A. Keukenschrijver in Busse, PatG 5. Aufl § 73 Rdn 92), so könnte eine solche Jahresfrist nach Auffassung des Senats allenfalls zu dem Zeitpunkt in Lauf gesetzt werden, an dem der Vertreter der Anmelderin den Zurückweisungsbechluss tatsächlich erhalten hat. Erst dann weiß die Anmelderin um die Möglichkeit, Beschwerde einzulegen, erst ab dann kann Untätigkeit zur Verwirkung führen.

Eine im vorliegenden Fall ab dem 16. Oktober 2001 laufende Jahresfrist hätte die Anmelderin aber sowohl bei der Einlegung der Beschwerde wie auch bei der Zahlung der Beschwerdegebühr gewahrt.

Sonstige Umstände, die zur Verwirkung des Beschwerderechts hätten führen können, sind nicht ersichtlich.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Anmelderin hat inzwischen (nach Erlass des angefochtenen Beschlusses) einen neuen Inlandsvertreter bestellt und damit das beanstandete Verfahrenshindernis beseitigt.

3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist ist gegenstandslos. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die vom Amt gesetzte Frist zur Bestellung eines neuen Inlandsvertreters ist durch die wirksame Bestellung des Vertreters der Anmelderin überholt.

4. Die Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt beruht auf PatG § 79 Abs 3 Nr 1.

5. Soweit die Anmelderin in ihrer Eingabe vom 6. März 2002 die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt hat, bezog sich das auf ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Deutsches Patent - und Markenamts vom 6. Februar 2002, den die Prüfungsstelle im Wege der Abhilfe durch Beschluss vom 8. Juli 2002 aufgehoben hat. In diesem Beschluss hat sie auch dem Rückzahlungsantrag stattgegeben.

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren besteht kein Anlass, die Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen zurückzuzahlen, denn bei Erlass des angefochtenen Beschlusses war noch kein neuer Inlandsvertreter bestellt.

Ulrich Hövelmann Dr. Barton Ihsenbr/Na






BPatG:
Beschluss v. 24.01.2003
Az: 34 W (pat) 57/02


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