Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 12. Juni 2003
Aktenzeichen: 13 B 2407/02

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 12.06.2003, Az.: 13 B 2407/02)

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage 1 K 7212/02 VG Köln gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2002 - BK 2g 02-008 - wird angeordnet.

Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Antragsgegnerin.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 25.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Dem Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage 1 K 7212/02 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2002 - BK 2g 02-008 - ist zu entsprechen und demgemäß die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern, weil die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten des Interesses der Antragstellerin an einer Vollziehungsverschonung bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren gegenüber dem von der Antragsgegnerin wahrgenommenen öffentlichen Interesse an alsbaldigem Einsetzen der Rechtsfolgen des angefochtenen Bescheids ausfällt. Bei der in der vorliegenden Verfahrensart nur möglichen eingeschränkten Prüfungsdichte bestehen erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids, dessen Schwergewicht in der Aufforderung zur Anpassung des Entgelts "Payphone Access Charge" (PAC) auf einen Betrag von 0,09 EUR/min liegt. Dabei kann offen bleiben, ob die von der Antragstellerin erhobene PAC überhaupt mit § 24 Abs. 2 TKG, wovon hier nur Nr. 1 in Betracht käme, unvereinbar ist und welcher genaue Betrag maßstabsgerecht wäre. Jedenfalls erscheint bei überschlägiger Betrachtung die von der Antragsgegnerin festgesetzte PAC von 0,09 EUR/min als um einen für die Interessenabwägung nicht unbedeutenden Betrag zu niedrig. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Anpassungsaufforderung in vollem Umfang aufgehoben werden. Eine Teilaufhebung des angefochtenen Bescheids, soweit er eine PAC in bestimmter Höhe über 0,09 EUR/min nicht zuerkennt, kommt nicht in Betracht, weil eine Ablehnung einer solchen PAC nicht erfolgt ist und das Gericht die Wertungen enthaltene Entscheidung über das maßstabsgerechte Entgelt nicht zu treffen hat. In dieser Situation ist es der Antragstellerin nicht zumutbar, der Anpassungsaufforderung zunächst nachzukommen und sich auf evtl. Entgeltnachforderungen nach einer möglichen Aufhebung des angefochtenen Bescheids im Hauptsacheverfahren verweisen zu lassen.

Allerdings ist der angefochtene Bescheid entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht schon deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil das umstrittene Entgelt keine "andere Telekommunikationsdienstleistung" im Sinne des § 25 Abs. 2 TKG betrifft und die Regelungen der ex post-Entgeltregulierung deshalb keine Anwendung fänden. Die PAC ist für eine andere "Telekommunikationsdienstleistung" als die in Abs. 1 des § 25 TKG bestimmt. Gemäß § 3 Nr. 18 TKG ist eine Telekommunikationsdienstleistung das gewerbliche Angebot von Telekommunikation einschließlich des Angebots von Übertragungswegen für Dritte. Zwar soll das fragliche Entgelt aus Sicht der Antragstellerin lediglich die Kosten für Betrieb, Wartung und Instandhaltung von öffentlichen Telefonstellen (ÖTel) erfassen. Aus der maßgeblichen Sicht des Leistungsbeziehers - Diensteleister und Netzbetreiber wie Freephone-Dienste, DeTeCard-Service und Zusammenschaltungspartner - als eines objektiven Betrachters ist die abverlangte PAC jedoch die Gegenleistung für die Benutzung einer ÖTel für Freephone-Gespräche. Eine solche Benutzung umfasst nicht nur die Inanspruchnahme der Telefonkabine oder -säule einschließlich des Endgeräts, sondern notwendigerweise auch der das Endgerät mit dem Telekommunikationsnetz der Antragstellerin verbindenden Anschlussleitung. Bei dieser handelt es sich um einen mit der Bereitstellung der ÖTel angebotenen Übertragungsweg, der den Vorgang der Telekommunikation erst ermöglicht. Eine atomisierende Betrachtung der als ein einheitlicher geschlossener Nutzungsvorgang angebotenen Leistung erscheint lebensfremd und vom Gesetzeszweck nicht geboten. Schon deshalb bezieht sich das Entgelt unabhängig von den Vorstellungen der Antragstellerin auf eine Telekommunikationsdienstleistung, die auch hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses nicht identisch mit der von ihr erbrachten, gesondert berechneten und die Nutzung von Endgerät nebst Anschluss nicht umfassenden Verbindungsleistung ist. Auf die Regelungen der Telekommunikations- Universaldienstleistungsverordnung, die allerdings als untergesetzliche Norm die gesetzlichen Begriffsmerkmale nicht abweichend definieren könnte, kommt es nicht entscheidend an; sie bestätigt jedoch das oben gefundene Ergebnis. Die Telekommunikationsdienstleistung unterfällt nicht dem § 25 Abs. 1 TKG, weil die Ermöglichung der schlichten Nutzung des Endgeräts mit Anschluss noch kein Angebot von Übertragungswegen und von Sprachtelefondienst ist; letzteren bieten nur die angeschlossenen Netzbetreiber und/oder Diensteanbieter an.

Auch ergibt sich eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids nicht aus einem Verstoß gegen die Fristenregelung des § 30 Abs. 3 TKG. Nach dieser Vorschrift "entscheidet" die Regulierungsbehörde innerhalb von zwei Monaten nach Einleitung der Überprüfung. Der Senat kann die Rechtsfolgen einer Nichteinhaltung dieser Frist, deren bestimmte Formulierung, Nichtverlängerbarkeit und aus den Gesetzesmaterialien ersichtliche Funktion für ein Rechtmäßigkeitserfordernis und gegen eine bloße Ordnungsvorschrift sprechen könnten, offen lassen. Denn die Regulierungsbehörde hat vorliegend innerhalb der Zwei-Monats-Frist entschieden. Die Vorschrift verlangt nicht die förmliche Zustellung der Entscheidung an den Verfahrensbevollmächtigten des betroffenen Unternehmens. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift reicht es aus, dass die Regulierungsbehörde, wie hier, ihre Entscheidung mit Rechtsfolgebewusstsein dem betroffenen Unternehmen fristgerecht bekannt gibt, so dass sich dieses auf die Anpassungsaufforderung einstellen kann. Soweit § 79 Abs. 1 Satz 2 TKG u.a. die Zustellung der Entscheidungen der Beschlusskammer verlangt, hat das lediglich Bedeutung für die Rechtsmittelfrist, nicht aber für die Rechtmäßigkeit der Regulierungsmaßnahme. Hinsichtlich der Klagefrist ist der der Antragsgegnerin unterlaufene Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Satz 2 VwZG unerheblich, weil die Frist mit Eingang der Klage am 22. August 2002 gewahrt ist.

Der von der Antragsgegnerin ermittelte Entgeltbetrag von 0,09 EUR/min ist bei überschlägiger Betrachtung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, und zwar in nicht nur unbedeutendem Umfang zu niedrig. Allerdings hat das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt, dass entscheidender Maßstab auch für ein der ex post- Regulierung unterliegendes Entgelt derjenige des § 24 Abs. 1 Alt. 1 TKG, nämlich die Orientierung an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung, ist. Aus § 30 Abs. 4 TKG, der nur von den Maßstäben des § 24 Abs. 2 TKG spricht, folgt nichts anderes. Der Senat interpretiert nämlich das Verhältnis zwischen § 24 Abs. 1 und Abs. 2 TKG dahin, dass Abs. 1 Alt. 1 den entscheidenden, vorrangigen Maßstab formuliert - Alt. 2 enthält keinen eigenständigen Maßstab sondern nur eine Verweisung - und Abs. 2 lediglich eine Konkretisierung verbotener von den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung abweichender Entgeltelemente in der Form unzulässiger Aufschläge oder Abschläge oder diskriminierender sonstiger Vorteile ... beinhaltet, so dass die Feststellung dieser unzulässigen Elemente zwangsläufig dazu führt, dass von einer effizienten Leistungsbereitstellung keine Rede mehr sein kann. Ist danach eine Abweichung von den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung in Form eines auf Grund der Marktposition durchsetzbaren Aufschlags festgestellt, führt das an sich zur Nichtgenehmigung des beantragten bzw. zur Beanstandung des erhobenen Entgelts; es sei denn, es läge die Ausnahme eines nachgewiesenen, sachlich gerechtfertigten Grundes für den Aufschlag, Abschlag oder sonstigen Vorteil vor. So gesehen bestehen die von der Antragstellerin behaupteten unlösbaren systematischen Widersprüche nicht. Soweit § 30 Abs. 4 TKG auf eine Unvereinbarkeit des Entgelts nur mit den Maßstäben des § 24 Abs. 2 TKG abhebt, führt das folglich auch und zuerst zu einer Prüfung des Entgelts am Maßstab des § 24 Abs. 1 Alt. 1 TKG. Das wird bestätigt durch die eindeutige Regelung des über § 6 Abs. 1 Satz 2 TEntgV entsprechend anzuwendenden § 3 Abs. 1 TEntgV und den dort ausdrücklich angeführten Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung, eben denjenigen aus § 24 Abs. 1 Alt. 1 TKG.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch dargelegt, dass die Regulierungsbehörde auch bei der ex post- Entgeltregulierung die Vorlage der Kostennachweise nach § 2 Abs. 1 TEntgV durch Bescheid verlangen kann. Aus dem Verweis des § 6 Abs. 1 Satz 1 TEntgV auf § 2 Abs. 1 u. 2 TEntgV sowie § 3 TEntgV auch für die ex post-Entgeltregulierung folgt, dass die Regulierungsbehörde bei der Überprüfung der Orientierung des betreffenden Entgelts an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (§ 24 Abs. 1 Alt. 1 TKG) und seiner etwaigen Überhöhung durch einen verbotenen Aufschlag im Sinne des § 24 Abs. 2 Nr. 1 TKG methodisch zunächst wie bei der ex ante-Entgeltregulierung vorgehen kann. D.h. sie darf von dem betroffenen Unternehmen Kostennachweise fordern, diese zur Ausgangsgrundlage ihrer Maßstabsvereinbarkeitsprüfung machen (§ 3 Abs. 1 TEntgV) und soll kontrollehalber oder ergänzend eine Vergleichsmarktbetrachtung vornehmen (§ 3 Abs. 3 TEntgV). Allerdings hat sie bei der ex post-Überprüfung mit Rücksicht auf das Ziel der Einführung eines künftig nur noch erlaubten maßstabsgerechten Entgelts von einer aktuellen oder möglichst zeitnahen Kostengrundlage auszugehen und dementsprechende Nachweise zu fordern sowie ggf. zeitnahe Vergleichsmarktwerte heranzuziehen. Aus der vom Gesetz verlangten Anpassung des vom betroffenen Unternehmen erhobenen Entgelts an das maßstabsgerechte Entgelt, die nach dem Wortsinn nur eine Änderung des erhobenen Entgelts für die Zeit nach der Beanstandung bedeuten kann, folgt die Notwendigkeit eines sog. forward looking-Ansatzes der preisbildenden Faktoren bei der ex post-Preiskontrolle, der ein Rückgriff auf nicht mehr repräsentative Werte der Vergangenheit nicht genügt. Legt das betroffene Unternehmen Nachweise für die aktuelle oder zeitnahe Kostenlage nicht vor oder lassen die vorgelegten Kostenunterlagen einen solchen forward looking-Ansatz nicht oder nicht hinreichend zuverlässig zu, kann die Regulierungsbehörde unter Setzung einer angemessenen Frist die Vorlage aktueller Kostennachweise oder geeigneter Angaben zur Fortschreibung älterer Kostennachweise auf einen hinreichend zeitnahen Stand verlangen oder ergänzend eine Vergleichsmarktbetrachtung heranziehen oder - so die Rechtsprechung des Senats - das gerechtfertigte Entgelt vollends im Wege einer Vergleichsmarktbetrachtung ermitteln. Sollte durch dem regulierten Unternehmen aufgegebene Aktualisierungsmaßnahmen, die ihren Anlass regelmäßig in dessen Sphäre finden, die Frist des § 30 Abs. 3 TKG überschritten werden, wird sich das Unternehmen auf eine unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs eingetretene Fristüberschreitung redlicherweise nicht berufen können. Die gegenüber § 28 Abs. 2 TKG längere Entscheidungsfrist des § 30 Abs. 3 TKG und die nach § 30 Abs. 4 TKG unumgängliche Feststellung der maßstabsgerechten Entgelthöhe, ferner die nur "entsprechende", d. h. dem Ziel der ex post- Entgeltregulierung, nämlich der Preisausrichtung an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung, gerecht werdende Anwendung des § 3 Abs. 1 TEntgV und die Nichtanwendbarkeit des § 2 Abs. 3 TEntgV weisen darauf hin, dass sich die Regulierungsbehörde bei der ex post-Entgeltüberprüfung in Zweifelsfällen nicht allein auf die vorgelegten Nachweise zurückziehen kann, sondern eine gesteigerte Mitwirkungs- und Hinwirkungspflicht für eine der Verfahrensart entsprechende Entscheidungsgrundlage trägt.

Diesen Maßstäben wird das Ergebnis der streitbefangenen ex post-Überprüfung bei überschlägiger Betrachtung nicht gerecht. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin zwar mehrfach zur Erläuterung und Ergänzung ihrer Unterlagen aufgefordert. Sie hat aber die Überprüfung allein auf der Grundlage der Kosten und des Gesprächsaufkommens des Jahres 2000 vorgenommen, die den preisbildenden Gegebenheiten im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung nicht mehr entsprach. Die von der Antragstellerin in das Verwaltungsverfahren eingebrachten Gesprächsaufkommen für das Jahr 2001 und für Januar bis Mai 2002, deren Richtigkeit anzuzweifeln kein Anlass besteht und die den Einwand der Antragsgegnerin, die Antragstellerin habe das Nutzerverhalten für das Jahr 2002 nicht dargelegt, widerlegen, drängen jedoch eine bei der angewandten Entgeltberechnungsmethode relevante deutliche Rückläufigkeit des Gesprächsaufkommens gegenüber dem des Jahres 2000 auf. Sie konnte angesichts der verstärkten Zunahme des Mobilfunks und anderer Telekommunikationsmöglichkeiten bereits im Überprüfungszeitpunkt nicht als eine nur vorübergehende Erscheinung angesehen werden, was im Übrigen durch das inzwischen feststehende Gesamtgesprächsaufkommen des Jahres 2002 bestätigt wird. Soweit die Antragsgegnerin meint, die Verbreitung von Mobilfunk erkläre nicht einen Rückgang von 50 % des hier relevanten Gesprächsaufkommens über ÖTel, ist das unerheblich, weil allein die Tatsache des Rückgangs des Gesprächsaufkommens entscheidend ist. Vor dem Hintergrund hätte die Überprüfung zumindest auf der Grundlage der maßgeblichen Werte, d. h. der Kosten und des Gesprächsvolumens des Jahres 2001, wenn nicht sogar auf der Grundlage einer Hochrechnung für das Jahr 2002 erfolgen müssen. Soweit die Antragsgegnerin meint, die - Delkos entnommenen - Kosten des Jahres 2000 nicht auf das Gesprächsvolumen des Folgejahres umlegen zu können, hätte sie nach den obigen Ausführungen Kostennachweise oder ergänzende Kostenangaben oder die Delkos-Werte für das Jahr 2001 von der Antragstellerin verlangen können und müssen. In dem Zusammenhang spricht viel dafür, dass die von der Antragstellerin für das Jahr 2000 geltend gemachten Kosten im Wesentlichen vom Rückgang des Gesprächsaufkommens im Jahr 2001 nicht oder nur unwesentlich berührte fixe Kosten waren, dass diese Entwicklung nicht zu einem kurzfristigen anteiligen Rückbau von ÖTel im Jahre 2001 geführt haben und ein solcher Rückbau aus vertretbaren Erwägungen - z.B. hoher Rückbaukosten oder einer sinnvollen Weiternutzung einer Investition trotz Gewinnrückgang (der Rückgang der Fahrgastzahl verlangt z.B. nicht die Halbierung des Busses) - auch unter dem Gesichtspunkt der effizienten Leistungsbereitstellung nicht verlangt werden konnte und deshalb eingeholte ergänzende Angaben der Antragstellerin zur Kostenentwicklung des Jahres 2001 ggf. auch eine Fortschreibung der Kosten des Jahres 2000 in das nächste Jahr ermöglicht hätten. Dabei dürfte eine eventuelle Kostenersparnis durch Telefonhäuschen ersetzende Telefonsäulen berechenbar und absetzbar gewesen sein. Welche weiteren kostenentlastenden Effekte bei rückläufigem Gesprächsaufkommen im Jahre 2001 ernsthaft in Betracht kommen konnten, hat die Antragsgegnerin weder angegeben noch dargelegt.

Ein weiteres nicht unbedeutendes Defizit der Entgeltermittlung der Antragsgegnerin folgt bei überschlägiger Betrachtung aus der Nichtberücksichtigung erkennbar tatsächlich anfallender Kosten, die durch Nachweis- oder Erläuterungsaufforderung - bei Unschädlichkeit für die Entscheidungsfrist - hätten abgeklärt werden können und auf der Kostenseite zumindest in einem vertretbaren anteiligen Umfang hätten eingestellt werden müssen.

Die Antragsgegnerin hat die Kostenseite berechnet aus den in Delkos ausgewiesenen Kapitalkosten, Mietkosten, - von ihr bereinigten - Betriebskosten zuzüglich eines Gemeinkostenzuschlags und der Anschlusskosten (S: 13 eee. des Bescheids). In diesem Ansatz findet der von der Antragstellerin in ihrer "Übersicht über die Gesamtkosten je Produkt" angesetzte Kostenblock "jährliche Prozesskosten" (106/107 BAIV) keine Berücksichtigung. Auch der Senat kann an Hand der von der Antragstellerin im Verwaltungsverfahren gegebenen Erläuterungen zu diesem Kostenblock Inhalt und Umfang der erbrachten oder bezogenen Leistungen nicht erkennen und sie auf Überschneidungen mit anderen Positionen, d. h. Doppelansätze nicht mit der notwendigen Sicherheit überprüfen, so dass ihm der Ausgangspunkt der Antragsgegnerin, zunächst von den Delkos-Werten auszugehen, im Grundsatz vertretbar erscheint. Die Antragstellerin hat jedoch im vorliegenden Verfahren glaubhaft und von der Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen, dass der unberücksichtigte Kostenblock "Prozesskosten" sonstige Aufwendungen für bezogene Leistungen im Fernmeldewesen, und zwar u.a. Personal-, Vertriebs-, Fakturierungs-, Servicekosten, einmalige Kosten für Aufbau, Auswechslung oder Demontage von ÖTel umfasst. Die völlige Nichtberücksichtigung dessen bedeutete, die erfahrungsgemäß hohe Kostenposition der unzweifelhaft anfallenden Personalkosten, mag diese sich auch möglicherweise zu einem gewissen Teil mit andere Positionen überschneiden, außer Ansatz zu lassen. Es konnte nicht davon ausgegangen werden, dass alle Personalkosten von dem Kostenblock "Betriebskosten" nach Delkos abgedeckt seien. Nach Folie 6 vom 1. Juli 2002 "Ermittlung anlagespezifischer Kosten am Beispiel MünzTel mit TelHaus" betrifft dieser Block nur Sachkosten, was in der per Schriftsatz vom 11. Juli 2002 (S. 350 BA IV) übermittelten Stellungnahme der Antragstellerin nochmals betont wird. Ob der Verdacht des Doppelansatzes begründet und welcher Betragsanteil des Kostenblocks Prozesskosten für Personalkosten, ggf. angemessen geschätzt, anzusetzen war, hätte durch Nachweis- und/oder Erläuterungsaufforderung zu dieser anderen Position abgeklärt werden können und aus Gründen der Verhältnismäßigkeitsgebots auch abgeklärt werden müssen.

Des Weiteren erscheint die "Bereinigung" der Betriebskosten um die gesamte Unterposition "sonstige Aufwendungen bezogene Leistungen im Fernmeldewesen" nicht gerechtfertigt. Die 24,4% dieses Kostenblocks ausmachenden "sonstigen Aufwendungen ..." umfassen nach dem glaubhaften und unwidersprochenen Vorbringen der Antragstellerin neben den Kosten für Hintergrundsysteme auch Transport- und Lagerleistungen der DP/DANZAS. Diese Unterposition zu streichen, allein weil für Freephone- Telekommunikationsdienstleistungen Kosten im Zusammenhang mit Geldkassetten - zutreffend - nicht anfallen, hieße alle sonstigen - im Verwaltungsverfahren mit Schriftsatz vom 11. Juli 2002 beschriebenen (S. 348/352 BA IV) - mit großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich anfallenden und Kosten bewirkenden Leistungen der vorgenannten Firma im Zusammenhang mit Hintergrundsystemen - etwa betreffend Betriebs- und Störungsmeldungen, Software-Updating, Transport- und Lagerleistungen - unbeachtet zu lassen. Auch hier hätte eine Nachweis- und/oder Erläuterungsaufforderung an die Antragstellerin eine angemessene Kürzung der Unterposition und deren anschließende Berücksichtigung ermöglichen können. Soweit die Antragsgegnerin dem entgegenhält, sie schätze keine Kosten, das regulierte Unternehmen habe diese nachzuweisen, verkennt sie, dass sie den maßstabsgerechten Preis zunächst festzustellen hat, um die Orientierung des erhobenen Entgelts hieran prüfen zu können, hier nur eine Bereinigung nachgewiesener Kosten in Rede steht und auch das Gemeinschaftsrecht dem regulierten Unternehmen im Rahmen des vorgenannten Maßstabs eine Kostendeckung einräumt.

Eine diesen Anforderungen genügende - der Antragsgegnerin in einem neuen ex post-Überprüfungsverfahren der PAC zumutbare - Erfassung der leistungsbezoge- nen tatsächlichen Kosten des Betroffenen, hätte nach gegenwärtiger Einschätzung des Senats eine an den wahren Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientierte, wesentlich höhere PAC ergeben. Das gilt umso mehr, als die angefoch- tene PAC den Durchschnitt der in anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft erhobenen PAC's deutlich unterschreitet.

Spricht demnach Überwiegendes dafür, dass die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 23. Juli 2002, die von der Antragstellerin erhobene, den Maßstäben des § 24 Abs. 2 TKG nicht entsprechende PAC sei an den Betrag von 0,09 EUR/min anzupassen, rechtswidrig ist, überwiegt das Interesse der Antragstellerin an einer Vollziehungsaussetzung. Die Antragstellerin braucht unter diesen Voraussetzungen das Risiko der Beitreibbarkeit des Differenzbetrages zwischen dem ihr rechtmäßig zustehenden und dem von der Antragsgegnerin errechneten Entgelt durch die Nutzer (Netzbetreiber und Diensteanbieter) nicht zu tragen. Dieses Risiko ist für die Antragstellerin ungleich höher als ein dem gegenüber stehendes Risiko der Nutzer auf Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Entgelte durch die Antragstellerin. Die tatsächliche Entwicklung im Telekommunikationsbereich lässt Insolvenzen von Unternehmen, die Leistungen der Antragstellerin in Anspruch nehmen, nicht unwahrscheinlich erscheinen, während eine Insolvenz der Antragstellerin fern liegen dürfte und das kumulative Ausfallrisiko für sie eine weitaus höhere und durchschlagendere Dimension aufweist als für die Nutzer. Richtig ist allerdings, dass die Antragstellerin bei Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids und deshalb nicht erfolgender oder nicht vollziehbarer Entscheidung nach § 30 Abs. 5 TKG eine möglicherweise überhöhte PAC vorübergehend weiter erheben wird. Die Antragsgegnerin kann aber die Zeit solcher materiell- rechtlich evtl. ungerechtfertigter Einnahmen verkürzen, indem sie die Antragstellerin zum Bericht über die laufende Entwicklung der Kosten- und Einnahmesituation einschließlich des Gesprächsvolumens sowie ggfls. zu näheren Erläuterungen und Abgrenzungen der Kostenpositionen aufgefordert und auf dieser Basis kurzfristig eine erneute Entscheidung über das PAC-Entgelt trifft. Im Übrigen lässt ein Vergleich der von der Antragstellerin ermittelten PAC mit den - soweit ersichtlich unbeanstandeten - entsprechenden PAC's in anderen Mitgliedstaaten der EU die Befürchtung einer deutlichen Überhöhung der beanstandeten PAC und immenser Mehreinnahmen sowie einer spürbaren Wettbewerbsverzerrung nicht zu. Bei der Gegenüberstellung der widerstreitenden Interessen kann aus Sicht des Senats zudem die Differenz zwischen dem in der Regulierung ermittelten und dem zu erwartenden maßstabsgerechten Entgelt nicht unberücksichtigt bleiben. Ist sie voraussichtlich marginal, dürfte dem betroffenen Unternehmen eine alsbaldige Befolgung der Regulierungsmaßnahme zumutbar sein; ist hingegen eine nicht unbeträchtliche Entgeltdifferenz und in der Summe eine nicht unbeträchtliche Einnahmeeinbuße des betroffenen Unternehmens zu befürchten, kann dies nicht unbeachtet bleiben. Das ist hier der Fall, weil entgeltrelevante Kostenpositionen von nicht unbedeutender Höhe bei der Überprüfung unberücksichtigt geblieben sind und das künftig zu erhebende Entgelt unbefristet für die Zukunft gilt mit der Folge, dass die Antragstellerin auf eine künftige Anhebung des ihr zugebilligten Entgelts, falls die Antragsgegnerin keinen Anlass für eine Überprüfung und/oder Entgelterhöhung sieht, nur in einem einer ex ante-Entgeltüberprüfung nahe kommenden Verfahren "hinwirken" könnte.






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Beschluss v. 12.06.2003
Az: 13 B 2407/02


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