Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Mai 2004
Aktenzeichen: 10 W (pat) 27/02

(BPatG: Beschluss v. 07.05.2004, Az.: 10 W (pat) 27/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 03 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. April 2002 aufgehoben.

Gründe

I Die Anmelderin reichte am 18. November 1997 beim Patentamt die vorliegende Patentanmeldung (Stammverfahren) mit der Bezeichnung "Verfahren zur Trennung von Stoffgemischen unterschiedlicher spezifischer Gewichte der Komponenten mittels eines Trennmediums in flüssiger Phase" ein.

Im Laufe des Prüfungsverfahrens beanstandete das Patentamt eine Fassung von Patentanspruch 1, in der das Merkmal der senkrechten Beruhigungsbleche weggelassen war, wegen unzulässiger Erweiterung. Nachdem das Patentamt die Patentanmeldung ua aus diesem Grunde zurückgewiesen hatte, legte die Anmelderin Beschwerde ein und reichte am 14. März 2002 neue Unterlagen ein, in denen in Patentanspruch 1 das Merkmal bezüglich der senkrechten Beruhigungsbleche enthalten ist.

Am 15. März 2002 erklärte die Anmelderin die Teilung der Patentanmeldung. Es würden abgetrennt eine Anlage und ein Verfahren gemäß den Patentansprüchen in der Fassung vom 14. März 2002, bei denen jedoch im Unterschied zum Gegenstand dieser Patentansprüche zwischen den horizontalen Leitblechen keine senkrechten Beruhigungsbleche angeordnet seien. Zugleich wurden ein Erteilungsantrag, eine Einzugsermächtigung bezüglich der nachzuentrichtenden Gebühren (Anmeldegebühr, Prüfungsgebühr, 3. bis 5. Jahresgebühr), eine Erfinderbenennung, eine Beschreibung, Patentansprüche 1 bis 12, eine Zusammenfassung und Zeichnungen eingereicht.

Das Patentamt hob daraufhin im Wege der Abhilfe den Zurückweisungsbeschluss auf und beanstandete gleichzeitig die Wirksamkeit der Teilungserklärung.

Durch Beschluss vom 29. April 2002 hat die Prüfungsstelle für Klasse B 03 B des Deutschen Patent- und Markenamts die Unwirksamkeit der Teilungserklärung vom 15. März 2002 festgestellt. Zur Begründung ist ausgeführt, dem Gegenstand der Teilungserklärung fehle ein aus den ursprünglichen Unterlagen als erfindungswesentlich erkennbares Merkmal hinsichtlich der senkrechten Beruhigungsbleche, wodurch dieser unzulässig erweitert worden sei. Da sich die Teilungserklärung ausschließlich auf eine gemäß § 38 Satz 2 PatG unzulässige Erweiterung beziehe, sei sie somit unwirksam.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Zur Begründung ist zum Hauptantrag, in dem sie die Feststellung der Wirksamkeit der Teilungserklärung begehrt, ausgeführt, die Teilungserklärung sei wirksam, weil eine Anlage und ein Verfahren gemäß der Erfindung auch ohne senkrechte Beruhigungsbleche in den ursprünglichen Unterlagen offenbart sei. Sie verweist hierzu auf ihre entsprechende Stellungnahme im patentamtlichen Verfahren. Dort hat sie ausgeführt, es gehe bei der Erfindung um die Erzeugung einer laminaren Fließströmung. Insoweit entnehme der Fachmann der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen, dass die waagrechten Leitbleche für die Erzielung der laminaren Fließströmung verantwortlich seien, die senkrechten Bleche hingegen anderen (nicht näher angegebenen) Zwecken dienten und nur von untergeordneter Bedeutung seien. Zum Hilfsantrag, mit dem die Anmelderin die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache begehrt, ist zur Begründung ausgeführt, er werde nur vorsorglich für den Fall gestellt, dass der Senat die Prüfung der Zulässigkeit der Teilungserklärung im Verfahren der Stammanmeldung für einen so gravierenden Verfahrensfehler halte, dass er nicht zur Prüfung der Wirksamkeit der Teilungserklärung komme.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und festzustellen, dass die Teilungserklärung vom 15. März 2002 wirksam ist, hilfsweise, den angefochtenen Beschluss ohne Feststellung der Wirksamkeit der Teilungserklärung aufzuheben und die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.

II Die Beschwerde ist zulässig und begründet, denn die Patentanmeldung ist wirksam geteilt worden.

Die am 15. März 2002 abgegebene Teilungserklärung ist gemäß § 39 PatG formell und materiell wirksam.

Die Teilung ist gemäß § 39 Abs 1 Satz 2 PatG schriftlich erklärt worden. Gemäß der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die wirksame Teilung eines Patents nicht voraus, dass bereits durch die Teilungserklärung ein gegenständlich bestimmter Teil des Patents definiert wird, der von diesem abgetrennt wird (vgl BGH BlPMZ 2003, 66, 68 li Sp o - Sammelhefter). Diese Entscheidung ist zwar zur Teilung des Patents gemäß § 60 PatG ergangen, doch ergibt sich aus den Gründen, dass die Ausführungen hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an die Teilungserklärung gleichermaßen für die Teilung einer Anmeldung gelten (BGH aaO, Seite 68 li Sp letzter Absatz). Mit dieser Abkehr vom gegenständlichen Teilungsbegriff, jedenfalls soweit es die Anforderungen an die Teilungserklärung betrifft, kann die frühere Rechtsprechung zur Unzulässigkeit einer Teilungserklärung, die sich in einer unzulässigen Erweiterung erschöpft (vgl BGH Mitt 1998, 424 - Rutschkupplung; BlPMZ 1998, 199 - Texdatenwiedergabe), nur noch als überholt angesehen werden. Denn dieser Rechtsprechung liegt der gegenständliche Teilungsbegriff zugrunde, wonach es an der Aufspaltung des Gegenstands der Patentanmeldung in mindestens zwei Teile dann fehlt, "wenn das, was nach der Teilungserklärung 'abgetrennt' werden soll, sich in einer unzulässigen Erweiterung erschöpft. In diesem Fall wird nämlich durch die 'Teilungserklärung' vom Gegenstand der ursprünglichen Anmeldung in Wahrheit nichts abgespalten, so dass tatbestandlich eine Teilung im Sinne von § 39 PatG 1981 nicht vorliegt." (BGH Mitt 1998, 424, 426 re Sp - Rutschkupplung).

Wenn gleichwohl wie hier ein gegenständlich bestimmter Teil der Patentanmeldung (durch Einreichung von Patentansprüchen) definiert worden ist, ist dies für die Wirksamkeit der Teilungserklärung als solche nicht mehr zu prüfen, denn die Teilungserklärung ist schon wirksam ohne diese gegenständliche Bestimmung. Es ist somit unerheblich, dass hier die mit der Teilungserklärung eingereichten Patentansprüche möglicherweise auf eine unzulässige Erweiterung gerichtet sind. Formulierungen in der Beschreibung deuten zwar darauf hin, dass die Erfindung in der Tat nur so ursprungsoffenbart ist, dass waagrechte Leitbleche nur in Kombination mit senkechten Beruhigungsblechen Teil der Anlage bzw des Verfahrens sind (vgl Beschreibung Seite 4 Zeilen 14 bis 16: "Die zur Trennung erforderliche laminare Strömung wird durch ein oberes und ein unteres, paralleles Leitblech in Kombination mit mehreren Beruhigungsblechen (29) eingestellt.", vgl auch Beschreibung Seite 5, Zeilen 20, 21). Eine unzulässige Erweiterung kann aber - ebenso wie die unzulässige Doppelpatentierung - nicht durch inhaltliche Anforderungen an die Teilungserklärung vermieden werden, sondern allein durch entsprechende Anforderungen an die jeweils zu gewährenden oder aufrechtzuerhaltenden Ansprüche in der Trennanmeldung. Wenn es in der Trennanmeldung bei einer unzulässigen Erweiterung bleibt, wäre die Trennanmeldung zurückzuweisen (vgl hierzu auch BGH BlPMZ 2003, 66, 68 re Sp: "Versuchen, die Grenzen der Ursprungsoffenbarung zu überschreiten, kann und muss durch eine besonders aufmerksame Prüfung auf Änderungen, die den Gegenstand der Anmeldung erweitern, bei Trennanmeldungen entgegengetreten werden.").

Nachdem auch die weiteren in § 39 Abs 2 und 3 PatG vorgeschriebenen Erfordernisse (Anmeldungsunterlagen, Gebühren) fristgemäß erfüllt worden sind, liegt eine in jeder Hinsicht wirksame Teilung vor. Das Patentamt wird nunmehr auch das Stammverfahren zügig abzuschließen haben, zumal Gründe, mit der Entscheidung im Stammverfahren zu warten, bis die Wirksamkeit einer Teilung feststeht, erst recht mit der neueren Rechtsprechung nicht ersichtlich sind (vgl BGH BlPMZ 2003, 397 - Basisstation). Gründe für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr, die die Anmelderin im übrigen auch nur im Rahmen ihres Hilfsantrags beantragt hat, waren für den Senat nicht ersichtlich.

Schülke Püschel Richter Rauch hat Urlaub und ist deshalb gehindert, zu unterschreiben. Schülke Be






BPatG:
Beschluss v. 07.05.2004
Az: 10 W (pat) 27/02


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