Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juli 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 69/00

(BPatG: Beschluss v. 12.07.2000, Az.: 26 W (pat) 69/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren "Wein, Spirituosen, Sekt" unter der Nr 397 03 667 eingetragene Wortmarke LAVI ist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Wort-Bildmarke 2 903 611 siehe Abb. 1 am Endedie für "Weine" geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zurückgewiesen. Zwar seien wegen der teilweisen Warenidentität und eines normalen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke an den Markenabstand erhöhte Anforderungen zu stellen, dennoch unterschieden sich die Vergleichsmarken in jeder Hinsicht noch ausreichend. In ihrer Gesamtheit hebe sich die Widerspruchsmarke durch das Wortelement "Line" von dem angegriffenen Zeichen klanglich und schriftbildlich deutlich ab. Selbst wenn der Bestandteil "Lava" selbständig kollisionsbegründend sei, machten sich die markanten figürlichen und klanglichen Abweichungen in den Endbuchstaben "a" gegenüber "i" im angegriffenen Zeichen noch hinreichend deutlich bemerkbar, zumal das Klangbild von "Lava" durch die Wiederholung des Vokals "a" geprägt sei und es sich bei "Lava" um einen geläufigen Begriff handle.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Ihrer Ansicht nach hat die Markenstelle nicht hinreichend berücksichtigt, daß sich im vorliegenden Fall teilweise identische Waren gegenüberstehen. Gerade bei Warenidentität und normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke seien an den Zeichenabstand besonders strenge Anforderungen zu stellen. Im übrigen sei im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß die Zeichenbestandteile "Lava" und "Line" in der Widerspruchsmarke nicht nur optisch abgesetzt seien, sondern der Bestandteil "Line" als beschreibende Angabe einer "Produktlinie" derart verbraucht sei, daß der Verkehr ihm keine herkunftshinweisende Bedeutung beimesse. Der Zeichenbestandteil "Lava" sei mithin allein kennzeichnungskräftig und selbständig kollisionsbegründend. Die sich gegenüberstehenden Zeichen bzw Zeichenbestandteile "LAVI" und "Lava" unterschieden sich nur in den Endvokalen "a" und "I", die die Unterscheidbarkeit nicht gewährleisten könnten, wobei der Sinngehalt von "Lava" keine Rolle spiele, da er durch die hochgradige Ähnlichkeit der beiderseitigen Zeichen überkompensiert werde.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie erhebt die Einrede der Nichtbenutzung gemäß § 43 Abs 1 Abs 2 MarkenG, worauf die Widersprechende Benutzungsunterlagen eingereicht hat.

Nach Ansicht der Inhaberin der angegriffenen Marke belegen die eingereichten Unterlagen nicht eine Benutzung der Widerspruchsmarke in der eingetragenen Form. Selbst wenn "Lava" allein und "LAVI" gegenübergestellt werden sollten, sei eine Verwechslung durch den bekannten Begriffsinhalt von "Lava" ausgeschlossen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, in der Sache erweist sie sich jedoch als unbegründet, denn zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die zueinander in einer Wechselbeziehung stehen, umfassend zu beurteilen. Zu den maßgeblichen Umständen gehören insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1995, 216, 219 - Oxygenol II).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß beide Marken zur Kennzeichnung identischer oder zumindest sehr ähnlicher alkoholischer Getränke eingesetzt werden können. Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für "Weine" in Zweifel zieht, greifen ihre zu den eingereichten Benutzungsunterlagen erhobenen Bedenken nicht durch, denn die mit der eidesstattlichen Versicherung vom 27. Juni 2000 eingereichten Etiketten weisen im Vergleich zur geschützten Widerspruchsmarke keine Abweichungen auf, die den kennzeichnenden Charakter der Marke verändern (§ 26 Abs 3 Satz 1 MarkenG). Da eine Verwechslungsgefahr ohnehin zu verneinen ist, verweist der Senat zur weiteren Begründung auf die Entscheidung BGH GRUR 1999, 167 - Karolus-Magnus.

Bei jedenfalls durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind an den Abstand der sich gegenüberstehenden Marken erhebliche Anforderungen zu stellen, den die angegriffene Kennzeichnung jedoch wahrt.

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (vgl EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH GRUR 1996, 774 - Sali Toft). Insoweit weicht die ältere Marke in ihrem klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck durch das zusätzliche Wortelement "Line" so deutlich von der angegriffenen Marke ab, daß Verwechslungen hinreichend ausgeschlossen sind.

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Übereinstimmung prägender Markenbestandteile besteht ebenfalls nicht. Zwar kann ausnahmsweise einem Markenbestandteil eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft zugemessen werden und dann eine Verwechslungsgefahr auf die Ähnlichkeit dieses Bestandteils mit einer anderen Bezeichnung gestützt werden. Eine solche prägende Wirkung eines Zeichenteils (hier des Wortbestandteils "Lava") setzt jedoch regelmäßig voraus, daß er die anderen Bestandteile der Gesamtmarke an Kennzeichnungskraft überragt und der Verkehr dem weiteren Markenteil (hier: "Line") keinen besonderen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren entnimmt (vgl BGH WRP 2000 173 - RAUSCH/ELFI RAUCH).

Entgegen der von der Widersprechenden vertretenen Auffassung kann nicht davon ausgegangen werden, daß dem Bestandteil "Lava" in der Widerspruchsmarke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt. Zwar wird der weitere Bestandteil "Line" der älteren Marke in den letzten Jahren auf dem Modesektor verstärkt als Bezeichnung für eine Produktlinie verwendet (BGH GRUR 1996, 68 - COTTON LINE; 1998, 394 - Active Line). Eine derartige beschreibende Verwendung von "Line" auf dem hier in Rede stehenden Warengebiet ist aber nicht feststellbar. Gegen eine derartige Verwendung spricht außerdem, daß es sich bei "Line" um einen im Zusammenhang mit Weinen ungewöhnlichen englischen Begriff handelt.

Selbst wenn es dennoch zu einer verkürzten Wiedergabe der Widerspruchsmarke mit "Lava" kommen sollte, reichen die klanglichen und schriftbildlichen Abweichungen in den Endbuchstaben "a" gegenüber "I" aus, die Unterscheidbarkeit zu gewährleisten, denn die Vergleichswörter bestehen nur aus jeweils zwei kurzen Silben. Darüber hinaus wirkt der Sinngehalt von "Lava", der auf die für die Weinqualität wichtige Bodenbeschaffenheit hinweist, einer klanglichen Verwechslungsgefahr zusätzlich entgegen.

Zu einer Auferlegung von Kosten gemäß § 71 MarkenG bestand keine Veranlassung.

Schülke Richter Reker ist infolge Urlaubs gehindert, zu unterschreiben Schülke Kraft Mr/prö

Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/26W(pat)69-00.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 12.07.2000
Az: 26 W (pat) 69/00


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