Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 11. November 1991
Aktenzeichen: A 13 S 1436/91

(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 11.11.1991, Az.: A 13 S 1436/91)

1. Der Streitwert für ein Verbundverfahren eines Asylbewerbers, in welchem die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Anerkennung als Asylberechtigter und (hilfsweise) zur Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs 1 AuslG J: 1990 begehrt sowie eine Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung der Ausländerbehörde nach § 28 Abs 1 AsylVfG angefochten wird, beträgt 9.000,-- DM (6.000,-- DM für die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, 3.000,-- DM für den ausländerrechtlichen Teil; Fortführung der Senatsrechtsprechung, zB Beschluß vom 25.2.1991, VBlBW 1991, 373).

Gründe

Die zulässige (vgl. § 9 Abs. 2 BRAGO, § 25 Abs. 2 S. 1 GKG) Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert für das asylrechtliche Verbundverfahren des Klägers (vgl. § 30 AsylVfG) mit 7.500,-- DM zu niedrig festgesetzt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats ist in solchen Verbundverfahren der Streitwert für Einzelklagen auf 9.000,-- DM festzusetzen, wobei 6.000,-- DM auf die Asylklage und 3.000,-- DM auf die Anfechtungsklage gegen die auf Aufenthaltsbeendigung gerichtete Entscheidung der Ausländerbehörde entfallen (Beschl. v. 2.5.1988, VBlBW 1988, 346 u. v. 25.2.1991, VBlBW 1991, 373; vgl. ferner BVerwG, Beschl. v. 9.2.1987, NVwZ 1988, 263; Jakober, VBlBW 1989, 321 u. d. BVerwG-Entwurf eines Streitwertkatalogs, NVwZ 1989, 1042). Daran ist auch für Fälle wie den vorliegenden festzuhalten, in denen das Verwaltungsgericht nicht nur über die Klage auf Anerkennung als Asylberechtigter, sondern auch über eine beantragte Verpflichtung der beklagten Bundesrepublik Deutschland zur Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG i.F. des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 9. Juli 1990 (BGBl. I S. 1354) zu entscheiden hat, mithin die asylrechtliche Klage um einen weiteren Gegenstand vermehrt ist, der bisher (vgl. § 14 Abs. 1 des Ausländergesetzes vom 28.4.1965, BGBl. I S. 353, mit späteren Änderungen) Teil der ausländerbehördlichen Prüfung gewesen ist. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Nach § 13 Abs. 1 S. 1 GKG ist Ausgangspunkt für die Bemessung des Streitwertes die sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache. Bietet der bisherige Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte, ist der Streitwert auf 6.000,-- DM festzusetzen (§ 13 Abs. 1 S. 2 GKG). Nach einhelliger Ansicht aller Verwaltungsgerichte ist für Asylklagen dieser Auffangstreitwert anzusetzen. Dabei verbleibt es auch dann, wenn zusätzlich die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG begehrt wird, weil damit zwar weiterer Prüfungsstoff zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens, soweit es sich gegen die Bundesrepublik Deutschland richtet, gemacht wird (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.2.1991 -- A 12 S 1644/91 --; v. 28.5.1991 -- A 16 S 2357/90 -- u. v. 28.6.1991 -- A 14 S 1489/88 --), aber letztlich kein neues (weiteres) Verfahrensziel hinzugefügt wird. Das Interesse des Asylklägers ist nach wie vor darauf gerichtet, in der Bundesrepublik Deutschland Schutz vor politischer Verfolgung zu finden, sei es im Wege der Anerkennung als Asylberechtigter, sei es (nur) im Wege der Feststellung nach § 51 Abs. 1 u. 2 AuslG, daß ihm politische Verfolgung droht. Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, daß sein Status im zuletzt genannten Fall bei einem Erfolg seiner Klage nicht derselbe ist wie im Falle des Erfolgs einer Asylklage (vgl. einerseits die §§ 30 Abs. 5, 34 AuslG u. andererseits die §§ 29, 3 AsylVfG; dazu: Hailbronner/ Cordes, NVwZ 1990, 1139/1143). Denn es geht insoweit um die primäre Frage des Schutzfindens, nicht um die unterschiedlich günstigen Folgen nach der prinzipiellen Schutzgewährung.

Anders als das Verwaltungsgericht sieht der Senat auch keinen Anlaß, den Einzelstreitwert für die Anfechtungsklage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nach § 28 Abs. 1 AsylVfG nur noch mit der Hälfte des bisher (siehe oben) festgesetzten Wertes anzunehmen. Es trifft zwar zu, daß die Ausländerbehörde bei dieser Entscheidung unter Geltung der neuen Rechtslage bei der Anwendung des § 51 AuslG nicht mehr die materielle Frage zu prüfen hat, ob der Ausländer politisch Verfolgter ist, sondern allein die formelle Frage nach dem Status des Ausländers zu klären hat (vgl. die Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf für ein Gesetz zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 27.1.1990, BT-Drs. 11/6321, S. 74). Die Streitwertbemessung orientiert sich aber, wie sich aus § 13 Abs. 1 S. 1 GKG ergibt, an dem Klägerinteresse und nicht an dem Umfang oder der Schwierigkeit des zur Prüfung der Behörde gestellten Stoffes. Daß mit der Klage gegen eine Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nach § 28 Abs. 1 AsylVfG verfolgte Interesse ist aber darauf gerichtet, die Abschiebungsandrohung als Rechtstitel für die tatsächliche Abschiebung zu beseitigen. Ob es sich dabei um eine Androhung handelt, der eine auch die heute in § 51 Abs. 1 AuslG genannten Abschiebungshindernisse umfassende Prüfung der Ausländerbehörde vorausgegangen ist, oder ob sie nur die sonstigen Abschiebungshindernisse nach § 53 untersucht hat, ist letztlich für dieses Klägerinteresse unerheblich. Die verminderte Prüfungspflicht der Ausländerbehörde im Hinblick auf die alleinige Entscheidungskompetenz des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge für die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG gebietet deshalb keine Verminderung des Streitwerts desjenigen Teils der asylrechtlichen Verbundklage, der sich gegen die ausländerbehördliche Entscheidung richtet.






VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 11.11.1991
Az: A 13 S 1436/91


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