Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. April 2009
Aktenzeichen: 24 W (pat) 30/08

(BPatG: Beschluss v. 21.04.2009, Az.: 24 W (pat) 30/08)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 29. März 2005 angemeldete Wortmarke HAARVANNA ist am 20. Oktober 2005 unter der Nr. 305 18 227 für die Waren und Dienstleistungen

"03: Haarwässer, -färbemittel, -spray, -waschmittel, Onduliermittel für Haare, Hautcreme (kosmetisch), Hautpflegemittel (kosmetisch), Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Zahnputzmittel, Abschminkmittel, Antitranspirantien (schweißhemmende Toilettemittel), Augenbrauenkosmetika, Augenbrauenstifte, Avivageseifen, Bartfärbemittel, Bartwichse, Bleichcreme für die Haut, Bleichmittel für kosmetische Zwecke, Neutralisierungsmittel für Dauerwellen, Deodorants für den persönlichen Gebrauch (Parfümerieartikel), desinfizierende und desodorisierende Seifen, Duftwasser, Enthaarungsmittel und -wachs, Färbemittel für Toilettezwecke, Farbstoffe für die Kosmetik, Fette für kosmetische Zwecke, Jasminöl, Klebestoffe für kosmetische Zwecke und für künstliche Wimpern, Kölnischwasser, Kosmetika, Kosmetiknecessaires (gefüllt), Kosmetikstifte, künstliche Nägel und Wimpern, Nagellack, Lackentfernungsmittel, Lavendelöl und -wasser, Lippenstifte, Lotionen für kosmetische Zwecke, Make up, Mandelmilch für kosmetische Zwecke, Mandelölund -seife, Schönheitsmasken, medizinische Seifen, Moschus (Parfümerieartikel), Mundpflegemittel, nicht für medizinische Zwecke; Nagellack und -pflegemittel;

03: Öle für Körperund Schönheitspflege, für kosmetische und Reinigungszwecke, Parfümerieöle und -waren, Parfüms, Pomaden für kosmetische Zwecke, Schminkpuder, Rasiermittel, -seife, -wasser, Reinigungsmilch für Körperund Schönheitspflege, kosmetische Schlankheitspräparate, Schminke, Schminkmittel und -puder, Schönheitsmasken, Shampoos, Sonnenschutzmittel (kosmetische Mittel zur Hautbräunung), Toilettemittel, -seifen, -wasser, Tücher, getränkt mit kosmetischen Lotionen, Vaseline (Erdölgelee) für kosmetische Zwecke, Wasserstoffsuperoxid für kosmetische Zwecke, Watte und Wattestäbchen für kosmetische Zwecke, Wimperntusche (Mascara), Schönheitspflaster;

43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Betrieb einer Bar, Catering, Verpflegung von Gästen in Cafes, Verpflegung von Gästen in Cafeterias;

44: Dienstleistungen eines Friseursalons, Haarimplantation, Maniküre, Durchführung von Massagen, Pediküre, Dienstleistungen eines Schönheitssaloons"

in das Markenregister eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 25. November 2005.

Widerspruch erhoben ist aus der am 8. Juli 1997 angemeldeten und seit dem 27. Oktober 1997 für die Waren

"05: Pharmazeutische Erzeugnisse und Präparate für die Gesundheitspflege, insbesondere zur Förderung des Haarund Nagelwuchses und der Behandlung von Haarund Nagelschäden"

eingetragenen Marke 397 31 829 HAARNA Monobiotin.

Der Widerspruch richtet sich gegen alle gleichen und ähnlichen Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke.

Seitens der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patentund Markenamts ist der Widerspruch durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 21. Januar 2008 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen worden.

Der in Anbetracht der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der vorhandenen Warenähnlichkeit erforderliche große Abstand der sich gegenüberstehenden Marken werde eingehalten. Das die Widerspruchsmarke allein prägende Wort "HAARNA" -die weitere Angabe "Monobiotin" weise lediglich beschreibend auf den Stoff "Biotin" in alleiniger Form hin -unterscheide sich in jeder Hinsicht ausreichend von der angemeldeten Marke "HAARVANNA". Im Schriftbild wirke sich die unterschiedliche Wortlänge und die nur in der jüngeren Marke vorhandene mittlere Silbe "VAN" gegen die Annahme von Zeichenähnlichkeit aus. Im Klang stimmten zwar die Anfangsund die Endsilben "HAAR-NA" überein, der gemeinsame Anfangsbestandteil "HAAR" sei aber für medizinische und kosmetische Haarprodukte wenig originell. Im Hinblick auf die sich aufdrängende Verfremdung des Namens der kubanischen Hauptstadt "Havanna" sei bei der angemeldeten Marke auch nicht damit zu rechnen, dass die Mittelsilbe verschluckt werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patentund Markenamts vom 21. Januar 2008 aufzuheben und die Marke 305 18 227 zu löschen.

Der angesichts der Identität bzw. hochgradigen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen erforderliche große Abstand der Marken werde nicht eingehalten. Im Schriftbild wie im Klang lägen weitgehende Gemeinsamkeiten zwischen dem prägenden Wortbestandteil "HAARNA" der Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke vor. Die Anlehnung der letzteren an "Havanna" schaffe keinen ausreichenden Abstand, da diese bei der Wahrnehmung der Marke nicht im Vordergrund stehe. Vielmehr werde die Aufmerksamkeit des Verkehrs durch die Verfremdung auf die Eingangssilbe "HAAR" gelenkt. Gerade aus der Betonung dieses gemeinsamen Markenbestandteils und dessen Bedeutung als Hinweis auf die unter den jeweiligen Marken vertriebenen Produkte ergebe sich die Verwechslungsgefahr. Auf die fehlende Originalität komme es nicht an.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Maßgeblich für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei der Gesamteindruck der jeweiligen Marken. Insoweit dürfe in der Widerspruchsmarke das Wort "Monobiotin" nicht gänzlich vernachlässigt werden. Eine etwaige Ähnlichkeit der Markenwörter "HAARVANNA" und "HAARNA" werde durch die Assoziation zu "Havanna", welche die angemeldete Marke auslöse, neutralisiert. Demgegenüber lehne sich der Wortbestandteil "HAARNA" ersichtlich an "Haar" und die Eingangssilbe des Wortes "Nagel" an und weise in eine völlig andere Richtung. Der jeweils übereinstimmende Wortbestandteil "HAAR" sei für die fraglichen Waren und Dienstleistungen beschreibend und könne daher nicht selbständig kennzeichnend oder schutzbegründend sein. Im Übrigen lägen keine identischen Waren vor.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die angegriffene jüngere Marke unterliegt nicht der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr mit der Widerspruchsmarke nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Frage, ob Verwechslungsgefahr im Sinne der genannten Vorschriften vorliegt, unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung der maßgeblichen Faktoren auszugehen, insbesondere der Identität oder Ähnlichkeit der jeweiligen Waren/Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. z. B. BGH GRUR 2006, 859, Nr. 16 -Malteserkreuz; BGHZ 171, 89, Nr. 33 -Pralinenform).

Was die Beurteilung der Identität bzw. Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren/Dienstleistungen anbetrifft, ist von der Registerlage auszugehen, da die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke (gem. § 43 Abs. 1 MarkenG) nicht erhoben worden ist. Warenidentität liegt nicht vor, da die jüngere Marke nicht wie die Widerspruchsmarke für pharmazeutische Erzeugnisse und Präparate für die Gesundheitspflege in Klasse 5, sondern für unterschiedliche Mittel zur Körperund Schönheitspflege in Klasse 3 registriert ist.

Eine engere Ähnlichkeit kann sich aber ergeben, soweit es sich bei den Waren der jüngeren Marke um pflegende Kosmetika handelt, weil hier die Grenzen zu den Präparaten für die Gesundheitspflege, teilweise auch zu entsprechenden pharmazeutischen Erzeugnissen, fließend sind. Einige Waren der angegriffenen Marke, insbesondere rein dekorative Kosmetika und Parfümeriewaren, sind mit den Waren der Widerspruchsmarke dagegen allenfalls entfernt ähnlich.

Hinsichtlich der Dienstleistungen in Klasse 44, für welche die angegriffene Marke Schutz genießt, liegt durchschnittliche bis engere Ähnlichkeit zu den Waren der Widerspruchsmarke vor, da die jeweiligen Dienstleistungsanbieter oftmals auch entsprechende Körperund Gesundheitspflegemittel vertreiben. Dagegen sind die Dienstleistungen in Klasse 43 nicht ähnlich mit den Waren der Widerspruchsmarke.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist im Hinblick auf den Bestandteil "HAARNA" für Erzeugnisse, welche der Haarpflege dienen, wegen des deutlich sprechenden Charakters geschwächt, im Übrigen durchschnittlich.

Was die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit anbetrifft, so ist die Widerspruchsmarke durch das zweite Wortelement "Monobiotin" hinreichend von der jüngeren Marke abgegrenzt. Allerdings ist dieser Bestandteil seiner beschreibenden Bedeutung wegen -"Biotin" ist ein bekannter Wirkstoff (Schönheitsvitamin), der vor allem das Wachstum der Nägel und der Haare fördert; das Präfix "Mono" weist auf ein Monopräparat hin -nicht geeignet, die Marke im Gesamteindruck mitzuprägen. Kennzeichnungskräftig ist innerhalb der Widerspruchsmarke nur der Phantasiebestandteil "HAARNA". Jedoch hält die jüngere Marke "HAARVANNA" auch zu diesem einen in jeder Hinsicht für den Ausschluss der Verwechslungsgefahr ausreichenden Abstand ein.

Die Übereinstimmung beider Vergleichswörter beschränkt sich im Wesentlichen auf den Eingangswortbestandteil "HAAR", der gerade für solche Waren, welche der Haarpflege und Haargesundheit dienen, eine glatt beschreibende Bestimmungsangabe darstellt. Auf die Übereinstimmung in diesem Markenbestandteil kann daher die Verwechslungsgefahr aus Rechtsgründen nicht gestützt werden. Zwar ist dieser jeweilige Eingangsbestandteil im Gesamteindruck mit zu berücksichtigen, jedoch liegt keine Annäherung der sonstigen Bestandteile beider Zeichen vor.

Die zweite Worthälfte "VANNA" der jüngeren Marke ist in Klang und Schriftbild deutlich von der Endung "NA" der Widerspruchsmarke unterschiedlich. Die Zusatzsilbe "VAN" sowie die Verdoppelung des "N" bewirken einen nachhaltig andersartigen Sprechund Betonungsrhythmus, bei dem -wie in dem Städtenamen "Havanna" -die dritte Silbe "VAN" verkürzt und zugleich betont gesprochen wird. Diese Unterschiede fallen auch dann auf, wenn begrifflich der Anklang an Havanna nicht sofort erkannt werden sollte.

Die Abweichungen in Klang und Bild der jeweils hinteren Wortbestandteile reichen zudem auch in Bezug auf die sonstigen im Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren und Dienstleistungen zum Ausschluss der Verwechslungsgefahr aus, welche nicht die Haarpflege betreffen und für die der gemeinsame Eingangswortbestandteil "HAAR" daher nicht (notwendig) als beschreibende Angabe erscheint.

Die Gefahr einer Verwechslung der sich gegenüberstehenden Marken infolge gedanklichen In-Verbindung-Bringens ist ebenfalls nicht gegeben. Dem steht bereits der beschreibende Charakter des gemeinsamen Bestandteils "HAAR" entgegen. Aber auch für solche Waren, für die dieser Begriff nicht beschreibend ist, liegt in Anbetracht der andersartigen Zeichenbildung die Vorstellung fern, bei der jüngeren Marke könne es sich um ein von der Widerspruchsmarke abgewandeltes Serienzeichen handeln.

Für eine Auferlegung von Verfahrenskosten (gem. § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.

Prof. Dr. Hacker Eisenrauch Viereck br/Bb






BPatG:
Beschluss v. 21.04.2009
Az: 24 W (pat) 30/08


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