Bundesverfassungsgericht:
Beschluss vom 6. Oktober 2008
Aktenzeichen: 2 BvR 1173/08

(BVerfG: Beschluss v. 06.10.2008, Az.: 2 BvR 1173/08)

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

A.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Höhe der Pauschgebühr eines Pflichtverteidigers nach § 99 BRAGO.

I.

1. Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss vom 16. Januar 2004 zum Pflichtverteidiger eines der Angeklagten im sogenannten Pascal-Prozess wegen Mordes vor dem Landgericht Saarbrücken bestellt. Die Hauptverhandlung gegen 12 Angeklagte fand an 148 Tagen in der Zeit vom 20. September 2004 bis zum 7. September 2007 statt. Nach Abschluss des Verfahrens beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung einer Vergütung als Pflichtverteidiger in Höhe von 120.250 €, zusammengesetzt aus gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren von 47.790 € und einer zusätzlichen Pauschgebühr von 72.460 €. Für die Höhe der Pauschgebühr ging der Beschwerdeführer in seinem Antrag von der Wahlverteidigerhöchstgebühr nach der - auf diese Pflichtverteidigerbestellung noch anwendbaren - Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) multipliziert mit dem Faktor 1,25 aus.

2. Das Saarländische Oberlandesgericht bewilligte dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 15. April 2008 eine Pauschvergütung in Höhe von insgesamt 63.450 € netto und wies den weitergehenden Antrag zurück: Dem Beschwerdeführer stehe diese Pauschvergütung nach § 99 BRAGO anstelle der gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren in Höhe von nur 48.450 € zu. Als pauschaler Aufschlag seien 15.000 € zu gewähren. Auf diese Weise werde seine Inanspruchnahme als Pflichtverteidiger in einem Verfahren von besonderem Umfang und Schwierigkeit ausgeglichen. Der besondere Umfang der Sache zeige sich in den 82 Leitzordnern Verfahrensakten nebst beigezogenen Akten, Video- und Tonbändern sowie dem 309 Seiten umfassenden Urteil; zudem habe sich der Beschwerdeführer über einen Zeitraum von nahezu drei Jahren für die Hauptverhandlung bereithalten müssen, so dass seine Dispositionsfähigkeit bezüglich anderer Mandate eingeschränkt gewesen sei. Die Sache sei zudem wegen der Vielzahl von Angeklagten und Zeugen, der Komplexität der Beweislage und der Persönlichkeit des Mandanten des Beschwerdeführers in tatsächlicher Hinsicht besonders schwierig gewesen. Allerdings seien diese Umstände durch die geringe Terminsdichte und die - für eine Schwurgerichtssache - häufig unterdurchschnittliche Terminsdauer weitgehend kompensiert. Der jeweilige Zeitaufwand für die Verteidigung habe auch unter Berücksichtigung der mit den Terminsgebühren abgegoltenen Vor- und Nachbereitungszeiten nicht außerhalb des für eine Schwurgerichtssache üblichen Aufwands gelegen. Die Dauer der Hauptverhandlungstermine habe sich ab ihrem tatsächlichen Beginn - Pausen eingeschlossen - im Durchschnitt auf 4 Stunden und 8 Minuten belaufen; bei Abzug aller 30 Minuten übersteigenden Pausen wären es im Durchschnitt nur 3 Stunden und 4 Minuten gewesen. Der übliche Umfang bei einer Schwurgerichtssache liege dagegen bei 6 bis 8 Stunden Dauer pro Hauptverhandlungstermin. Die Terminsdichte von zwei Sitzungstagen pro Woche sei für eine Schwurgerichtssache allenfalls durchschnittlich. Der Beschwerdeführer behaupte selbst nicht, dass er bei dieser Terminslage mit seiner Arbeitskraft nahezu ausschließlich im hiesigen Verfahren gebunden gewesen und an der Wahrnehmung anderer Termine gehindert gewesen sei. Zudem sei der Mandant des Beschwerdeführers nur der Taten zum Nachteil des Tatopfers Z. und nicht des weiteren Kindes M. angeklagt gewesen. Seit Mitte des Jahres 2006 seien aber im Wesentlichen diese zuletzt genannten Taten, die den Mandanten des Beschwerdeführers nicht unmittelbar betrafen, Gegenstand der Hauptverhandlung gewesen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe für jeden der 147 Fortsetzungstermine jeweils ½ Tag Vor- und Nachbereitungszeit benötigt, sei vor diesem Hintergrund nicht nachzuvollziehen. Auch der Umstand, dass die drei Berufsrichter in diesem Verfahren zur Bewältigung des Verfahrensstoffes zeitweise freigestellt gewesen seien, gebiete keine abweichende Beurteilung. Daher habe sich der Senat bei der Bemessung der Pauschvergütung nicht an den Höchstgebühren eines Wahlverteidigers orientiert.

II.

Mit der fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG.

Das Oberlandesgericht habe sich bei seiner Festsetzung ausschließlich am Ziel der Gebührenreduzierung orientiert und dabei rechtsstaatliche Grundsätze außer Acht gelassen. Der zeitliche Aufwand des Beschwerdeführers sei größer gewesen als vom Gericht angenommen, da er sich für festgesetzte Termine habe bereithalten müssen, die dann wegen mehrfacher Erkrankungen des Vorsitzenden Richters ausgefallen seien. Die Terminsdauer könne nicht erst ab dem tatsächlichen Verhandlungsbeginn, sondern müsse schon ab der Ladungszeit berechnet werden, und auch Pausen von mehr als 30 Minuten könnten nicht abgezogen werden. Mit der Terminsgebühr sei die Vorbereitung von Folgeterminen nicht abgegolten. Das Oberlandesgericht habe die Bedeutung der Verteidigung verkannt, indem es davon ausgegangen sei, der Beschwerdeführer habe sich mit dem Tatkomplex M. nicht befassen müssen, bei der Verlesung von Aussagen in der Hauptverhandlung nicht auch eine wichtige Aufgabe wahrgenommen und sich für dieses Verfahren nicht so viel Mühe machen müssen wie die zeitweise freigestellten Richter. Die Kanzlei des Beschwerdeführers sei durch dieses Verfahren finanziell erheblich belastet worden. Er habe in den Jahren 2006/2007 erstmals seit Kanzleigründung im Jahr 1990 sein Kontokorrent voll ausschöpfen müssen. Außerdem habe er weitere 30.000 € Finanzierungsmittel aufnehmen und einen Mitarbeiter entlassen müssen. Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, da eine weitere Verteidigerin die Wahlverteidigerhöchstgebühren erhalten habe, obwohl ihr Mandant verhandlungsunfähig geworden und während des Hauptverfahrens verstorben sei. Außerdem seien die später beigeordneten Nebenklägervertreter bereits nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vergütet worden, das höhere Gebühren vorsehe. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz sei hier auf den Beschwerdeführer entsprechend anzuwenden, da die Gebühren der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte unzureichend seien, wovon auch der Gesetzgeber ausgegangen sei.

B.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>; 96, 245 <248 ff.>). Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

1. a) Die Bestellung zum Pflichtverteidiger ist eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken. Der vom Gerichtsvorsitzenden ausgewählte und beigeordnete Rechtsanwalt darf die Übernahme der Verteidigung nicht ohne wichtigen Grund ablehnen, sondern muss - gegebenenfalls unter Hintansetzung anderer beruflicher Interessen - die ihm übertragene Verteidigung führen. Ein Widerruf der Bestellung des Pflichtverteidigers ist ebenfalls nur aus wichtigem Grund zulässig (vgl. BVerfGE 39, 238 <244>). Zudem hat der Pflichtverteidiger im Gegensatz zum gewählten Verteidiger stets und ununterbrochen an der Verhandlung teilzunehmen. Im Übrigen weist die Strafprozessordnung dem Pflichtverteidiger die gleichen Aufgaben wie dem Wahlverteidiger zu (vgl. BVerfGE 68, 237 <253 f.>).

b) Verfassungsrechtlich ist geklärt, dass dieser Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung bei der Bestellung von Pflichtverteidigern und der sich daraus ableitenden kostenrechtlichen Folge ausreichenden Gründen des Gemeinwohls, nämlich der Sicherung der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens, dient (vgl. BVerfGE 39, 238 <241 f.>). Daher ist die in § 97 BRAGO enthaltene Begrenzung des Vergütungsanspruchs der Pflichtverteidiger durch einen vom Gesetzgeber im Sinne des Gemeinwohls vorgenommenen Interessenausgleich, der auch das Interesse an einer Einschränkung des Kostenrisikos berücksichtigt, gerechtfertigt, sofern die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. In Strafsachen besonderen Umfangs, die die Arbeitskraft des Pflichtverteidigers für längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch nehmen, ohne dass er sich dieser Belastung entziehen könnte, gewinnt die Höhe des Entgelts für ihn existenzielle Bedeutung. Eine Verteidigung zu den verkürzten Gebühren des § 97 BRAGO könnte dann dem Pflichtverteidiger ein unzumutbares Opfer abverlangen. Das Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) gebietet für solch besondere Fallgestaltungen eine Regelung, die es, wie § 99 BRAGO, ermöglicht, der aufgezeigten Inanspruchnahme des Pflichtverteidigers Rechnung zu tragen und ihn entsprechend zu vergüten (vgl. BVerfGE 47, 285 <321 f.>; 68, 237 <255>), um ein angemessenes Verhältnis zwischen Eingriffszweck und Eingriffsintensität sicherzustellen (vgl. BVerfGE 101, 331 <347>). Art. 12 GG verlangt deshalb auch, dass bei der im Interesse des Gemeinwohls an einer Einschränkung des Kostenrisikos vorgenommenen Begrenzung des Auslagenerstattungsanspruchs eines Pflichtverteidigers die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt wird.

2. Hieran gemessen ist die Bewilligung der Pauschgebühr durch das Oberlandesgericht mit dem Grundgesetz vereinbar, weil sie keine sachfremden Erwägungen erkennen lässt, den Bedeutungsgehalt des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit nicht verkannt hat und die Grenze der kostenrechtlichen Zumutbarkeit wahrt.

a) Grundsätzlich wurde die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers durch das besonders umfangreiche Strafverfahren bereits dadurch ausgeglichen, dass ihm eine Pauschgebühr nach § 99 BRAGO gewährt wurde. Die angegriffene Entscheidung entspricht jedoch auch zur Höhe der Pauschgebühr den von den Fachgerichten zur Auslegung des § 99 BRAGO entwickelten Grundsätzen. Der besondere Umfang der Sache wurde durch den Aufschlag von 15.000 € zu den Gebühren von 48.450 €, die sich nach dem Gebührenverzeichnis zur Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte ergeben hätten, berücksichtigt. Ob eine besonders umfangreiche Sache vorliegt, bemisst sich aufgrund objektiver Gesamtumstände nach dem zeitlichen Aufwand der Verteidigertätigkeit. Dabei sind die Dauer und die Anzahl der einzelnen Verhandlungstage, die Terminsfolge, die Gesamtdauer der Hauptverhandlung, der Umfang und die Komplexität des Verfahrensstoffes sowie das Ausmaß der vom Verteidiger wahrgenommenen weiteren Tätigkeiten wie etwa die Durchführung von Mandantenbesprechungen, die Teilnahme an Haftprüfungen, polizeilichen Vernehmungen und Anhörungen von Sachverständigen, das Führen einer umfangreichen Korrespondenz sowie die Wahrnehmung von sonstigen Gesprächsterminen von Bedeutung (vgl. Madert, in: Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 15. Aufl., 2002, § 99 Rn. 3). Für Schwurgerichtsverfahren ist eine Dauer der einzelnen Verhandlungstage von fünf Stunden noch nicht überdurchschnittlich (OLG Hamm, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 2 (s) Sbd. VII 210/03 -, NJW 2003, S. 3790 <3791>; OLG Brandenburg, Beschluss vom 1. Oktober 1997 - 2 Sbd (2) 21/97 -, StV 1998, S. 92; OLG Bamberg, Beschluss vom 9. Juni 1988 - 2 AR 32/88 -, JurBüro 1988, S. 1347 <1348>; Madert, a.a.O., § 99 Rn. 5). Die Anzahl der Hauptverhandlungstage kann mit deren durchschnittlicher Dauer in Beziehung gesetzt werden (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 29. Juli 1997 - 1 ARs 263/96 -, StV 1998, S. 619; OLG Brandenburg, a.a.O., S. 92; OLG Bamberg, Beschluss vom 26. Januar 1989 - 2 AR 89/88 -, JurBüro 1989, S. 965 <966>), zumal dem Pflichtverteidiger für jeden dieser Hauptverhandlungstage eine Terminsgebühr vergütet wird (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 9. Juni 1988 - 2 AR 32/88 -, JurBüro 1988, S. 1347 <1348>; Madert, a.a.O.).

b) Von diesen Grundsätzen der fachgerichtlichen Rechtsprechung zu § 99 BRAGO, die generell einen angemessenen Ausgleich zwischen dem anwaltlichen Erwerbsinteresse und dem mit dem Instrument der Pflichtverteidigung verfolgten Belangen des Gemeinwohls ermöglichen, ist das Oberlandesgericht nicht in einer die Grundrechte des Beschwerdeführers verletzenden Weise abgewichen. Es hat in der angegriffenen Entscheidung ersichtlich auf den vom Beschwerdeführer erbrachten Gesamtaufwand abgestellt, die Zahl der Verhandlungstage und ihre Dauer und den Verfahrensstoff berücksichtigt. Die Dauer der einzelnen Verhandlungstermine war für ein Schwurgerichtsverfahren nicht überdurchschnittlich; dies galt hier bereits unabhängig von der Frage, ob Pausen von mehr als 30 Minuten Dauer dabei zu berücksichtigen sind. Der Beschwerdeführer hat zwar eingewandt, die Terminsdauer müsse ab dem in der Ladung angegebenen Zeitpunkt und nicht ab dem tatsächlichen Beginn der Verhandlung berechnet werden. Ob dies hier aber einen erheblichen Unterschied machte, lässt sich dem Vortrag des Beschwerdeführers nicht entnehmen, der nur allgemein Verspätungen beim Beginn der Verhandlungstermine erwähnt. Auch die Behauptungen des Beschwerdeführers zu seinem Vorbereitungsaufwand bleiben unbestimmt. Er weist insoweit zwar auf die Gesamtlänge der Hauptverhandlung, den Aktenumfang und die schwierige Persönlichkeit seines Mandanten hin, ohne dass sich hieraus aber konkrete Angaben zu seinem Vorbereitungsaufwand für die einzelnen Verhandlungstage ergäben. Das Oberlandesgericht hat in seiner Entscheidung auch nicht die rechtsstaatliche Bedeutung einer sachgerechten Verteidigung außer Acht gelassen. Mit seinen Erwägungen, dass der Mandant des Beschwerdeführers bezüglich der Taten, die seit Mitte des Jahres 2006 im Wesentlichen verhandelt wurden, nicht mitangeklagt war und zudem in vielen Terminen Vernehmungsniederschriften verlesen wurden, statt Zeugen zu befragen, hat das Gericht vielmehr in nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt, in welchem Maße der Beschwerdeführer durch die einzelnen Hauptverhandlungstermine und die Vorbereitung darauf in Anspruch genommen wurde.

c) Ein unzumutbarer Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Beschwerdeführers kann nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, durch seine Tätigkeit in diesem Verfahren so belastet gewesen zu sein, dass dies erhebliche finanzielle Auswirkungen auf seinen Kanzleibetrieb gehabt habe. Er trägt jedoch keine ausreichenden Tatsachen vor, die diese Behauptung untermauerten. So erwähnt er in der Verfassungsbeschwerde zwar, dass er während dieses Strafverfahrens Kreditmittel aufnehmen und einen Mitarbeiter habe entlassen müssen. Er legt aber die finanzielle Situation seiner Kanzlei infolge dieses Pflichtverteidigermandats, etwa anhand einer Einnahmen-Ausgaben-Aufstellung, nicht im Einzelnen dar. Auch zu den Auswirkungen dieses Verfahrens auf seine Möglichkeit, andere Mandate zu übernehmen, macht er keine genauen Angaben. Es kann nicht festgestellt werden, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang er andere Aufträge deswegen nicht hätte übernehmen können und welche finanziellen Konsequenzen dies hatte. Es kann deswegen nicht verfassungsrechtlich überprüft werden, ob dieses Pflichtverteidigermandat und die Höhe der gewährten Pauschgebühr zu einer unzumutbaren Belastung und zu einem verfassungswidrigen Eingriff in seine Berufsfreiheit geführt haben könnte.

3. a) Art. 3 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, eine weitere Verteidigerin habe die Wahlverteidigerhöchstgebühren erhalten, reicht dies für die substantiierte Rüge einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung nicht aus. Die genauen Umstände jenes Mandats und der dortigen Gebührenfestsetzung hat der Beschwerdeführer nicht mitgeteilt, so dass ein Vergleich mit seinem Fall nicht gezogen werden kann.

b) Auch der Vergleich zwischen dem Beschwerdeführer und den später beigeordneten Nebenklägervertretern führt nicht zur Feststellung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung. Entscheidend für die Frage, ob der Pflichtverteidiger nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte oder dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vergütet wird, ist der Zeitpunkt seiner Beiordnung. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 RVG ist die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte weiter anzuwenden, wenn die Beiordnung vor dem 1. Juli 2004 erfolgte. Der Gesetzgeber war nicht gehindert, eine solche Stichtagsregelung einzuführen, auch wenn dies gerade bei langen Strafverfahren dazu führte, dass ein Pflichtverteidiger noch längere Zeit über den Stichtag hinaus nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vergütet wurde, während später beigeordnete Anwälte in demselben Verfahren bereits die höheren Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz erhielten. Stichtagsregelungen für belastende Regelungen oder die Schaffung von Ansprüchen sind trotz der damit verbundenen Härten grundsätzlich zulässig, wenn der Gesetzgeber seinen Spielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt und nicht als willkürlich erscheint (vgl. BVerfGE 80, 297 <311>; 95, 64 <89>). Dem wird die Regelung in § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG gerecht. Es handelt sich aus Sicht der Rechtsanwälte nicht um eine belastende Regelung, die gegebenenfalls mit einer Übergangsregelung einzuführen wäre, sondern um eine Erhöhung von Ansprüchen. Der Gesetzgeber musste einen Zeitpunkt festlegen, ab dem diese Anspruchserhöhung erstmals Anwendung findet. Der Gesetzgeber übernahm dabei die Dauerübergangsregelung des § 134 BRAGO, der bereits für frühere Gesetzesänderungen der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und damit jede Erhöhung der Gebührensätze auf den Zeitpunkt der Auftragserteilung oder Beiordnung abstellte (vgl. BTDrucks 15/1971, S. 203). Die Übergangsregelung entspricht also dem bisher in diesem Rechtsbereich angewendeten System. Der Zeitpunkt der Beiordnung ist dabei trotz unvermeidlicher Härten bei längeren Verfahren zur Anknüpfung geeignet; auch in anderen Zusammenhängen wird das Entgelt für Dienstleistungen grundsätzlich zum Zeitpunkt der Auftragserteilung bereits für die Zukunft festgelegt.

Von einer weiteren Begründung der Nichtannahmeentscheidung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.






BVerfG:
Beschluss v. 06.10.2008
Az: 2 BvR 1173/08


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