Hamburgisches Oberverwaltungsgericht:
Beschluss vom 1. Dezember 2008
Aktenzeichen: 4 So 75/08

(Hamburgisches OVG: Beschluss v. 01.12.2008, Az.: 4 So 75/08)

Tenor

Die Beschwerden des Klägers sowie seines Prozessbevollmächtigten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 1. Juni 2008 werden zurückgewiesen.

Der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1. Die Beschwerden sind zulässig.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Beschluss bereits formell beschwert. Denn das Verwaltungsgericht ist mit seiner Entscheidung, den in Bremen niedergelassenen Prozessbevollmächtigten des Klägers nur €zu den Bedingungen eines hamburgischen Anwalts€ zur Vertretung beizuordnen, hinter dem - ohne eine solche Einschränkung gestellten - Antrag des Klägers zurückgeblieben.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist durch die nur beschränkte Beiordnung ebenfalls beschwert. Auf eine formelle Beschwer kann bei ihm nicht abgestellt werden, da er in erster Instanz keinen eigenen Antrag gestellt hat. Er ist durch die angefochtene Entscheidung jedoch materiell beschwert. Diese Beschwer besteht darin, dass durch die nur eingeschränkte Beiordnung sein eigener Vergütungsanspruch, den er durch die Beiordnung gemäß § 45 Abs. 1 RVG gegen die Staatskasse erlangt, entsprechend eingeschränkt ist. Denn nach diesem Ausspruch können ihm Reisekosten für Fahrten zu Gerichtsterminen in Hamburg nach Nr. 7003 ff. des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) nicht als Auslagen erstattet werden.

2. Die Beschwerden sind jedoch unbegründet.

Der Kläger kann nicht verlangen, dass ihm sein Prozessbevollmächtigter ohne die genannte Einschränkung beigeordnet wird. Dem steht § 121 Abs. 3 ZPO entgegen, der gemäß § 166 VwGO auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbar ist. Danach kann ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Das wäre hier aber der Fall. Durch die Beiordnung des in Bremen niedergelassenen Prozessbevollmächtigten würden die oben schon erwähnten Fahrtkosten entstehen, die gemäß Vorbemerkung 7 Absatz 2 und Nr. 7003 ff des Kostenverzeichnisses als Auslagen zu erstatten wären. Diesen Kosten stünden dadurch, dass der Prozessbevollmächtigte in Bremen niedergelassen ist, auch keine Kostenersparnisse gegenüber. Die Vertretung durch einen Bremer Rechtsanwalt erspart insbesondere keine Fahrtkosten aus Anlass von Mandantengesprächen. Denn der Kläger wohnt nicht in Bremen, sondern in Hamburg.

Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem ein nicht in Hamburg ansässiger Rechtsanwalt ohne die genannte Einschränkung beigeordnet werden kann. Das kommt nach der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts in Betracht, wenn der Verfahrensbeteiligte gute Gründe hat, den auswärtigen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen (OVG Hamburg, Beschl. v. 7.8.2008, 4 Bf 225/08.AZ; vgl. auch OVG Greifswald, Beschl. v. 10.1.1995, NVwZ-RR 1996, 238, 239). Dies ist u.a. dann der Fall, wenn zu dem auswärtigen Rechtsanwalt ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht (OVG Hamburg, Beschl. v.7..8.2008, a.a.O.; vgl. auch VGH Mannheim, Beschl. v. 26.10.2006, NVwZ-RR 2007, 211, 212; OVG Greifswald, Beschl. v. 7.11.1995, NVwZ-RR 1996, 621, 623; Beschl. v. 10.1.1995, NVwZ-RR 1996, 238, 239; Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 166 Rdn. 141). Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass zwischen dem Kläger und seinem Prozessbevollmächtigten ein derartiges besonderes Vertrauensverhältnis bestehen könnte. In dem vorangegangenen Asylverfahren wurde der Kläger nicht von seinem heutigen Prozessbevollmächtigten vertreten. In einem sich anschließenden ausländerrechtlichen Verfahren hatte sich der Kläger im Jahr 2006 von einem Rechtsanwalt aus Köln vertreten lassen. Weder der Kläger noch sein Prozessbevollmächtigter haben überdies Umstände vorgetragen, die auf ein derartiges besonderes Vertrauensverhältnis hindeuten könnten.

Aus den vorstehenden Gründen ist auch die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers unbegründet. Auch er kann nicht verlangen, ohne die Einschränkung €zu den Bedingungen eines hamburgischen Anwalts€ beigeordnet zu werden. Eine solche Beiordnung verstieße gegen § 121 Abs. 3 ZPO.

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist die (eingeschränkte) Beiordnung schließlich auch nicht aufzuheben. Allerdings macht der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (Beschl. v. 26.5.2006, 21 WF 92/06) geltend, dass es unzulässig sei, ihm ohne sein erklärtes Einverständnis die umstrittene Einschränkung aufzuzwingen und ihn nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beizuordnen. Dem folgt auch das Beschwerdegericht (ebenso: Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 127 Rn. 19). Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Rechtsanwalt, der sein Einverständnis zu der Einschränkung nicht erklärt hat, ohne diese Einschränkung beizuordnen wäre. Vielmehr scheidet in einem solchen Fall seine Beiordnung aus. Wird er gleichwohl mit dieser Einschränkung beigeordnet, so kann er sich mit der Beschwerde auch gegen seine Beiordnung wenden (Zöller/Philippi, a.a.O.). Denn die eingeschränkte Beiordnung €zu den Bedingungen eines hamburgischen Anwalts€ enthält für ihn eine weitere materielle Beschwer. Sie hat zur Folge, dass der Prozessbevollmächtigte seinen Mandanten vertreten muss, ohne gegen die Staatskasse einen Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten zu haben. Da fraglich sein kann, ob dies ein wichtiger Grund wäre, die Beiordnung gemäß § 48 Abs. 2 BRAO aufzuheben, kann es in seinem Interesse liegen, jedenfalls von einer solchen eingeschränkten Beiordnung, der er nicht zugestimmt hat, verschont zu werden. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat allerdings auf den entsprechenden Hinweis des Beschwerdegerichts klargestellt, dass er mit seiner Beschwerde allein erreichen will, ohne die umstrittene Einschränkung beigeordnet zu werden, nicht hingegen, die Beiordnung als solche zu beseitigen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO sowie § 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich die Gerichtsgebühren unmittelbar aus Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) ergeben.






Hamburgisches OVG:
Beschluss v. 01.12.2008
Az: 4 So 75/08


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