Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. September 2000
Aktenzeichen: 10 W (pat) 58/00

(BPatG: Beschluss v. 18.09.2000, Az.: 10 W (pat) 58/00)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders werden der Bescheid des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Juni 2000 und die ihm zugrunde liegende Verfügung vom 31. Mai 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Am 18. November 1999 stellte der Anmelder Antrag auf Erteilung eines Patents betreffend eine Versickerungseinrichtung und ein Verfahren zur Versickerung von Niederschlags - und Abwasser. Die per Fax eingereichte Anmeldung umfaßte einen Antrag mit der Angabe des Anmelders, der Bezeichnung der Erfindung sowie Patentansprüche 1-25, von denen Patentanspruch 10 nur teilweise wiedergegeben ist, 4 Blatt Zeichnungen und eine Bezugszeichenliste. Die vollständigen Unterlagen mit Beschreibung, Zusammenfassung vollständigen Ansprüchen, Erfinderbenennung und Zeichnungen gingen am 19. Mai 2000 beim Patentamt ein.

Unter dem 31. Mai 2000 vermerkte das Patentamt in den Akten: "Der Anmeldetag ist der 19. 05. 2000 (Eingang der Beschreibung)". Mit Bescheid vom 30. Juni 2000 teilte das Patentamt dem Anmelder mit, daß der Anmeldetag auf den Tag des Eingangs der Beschreibung, also auf den 19. Mai 2000, festgesetzt und ein neues Aktenzeichen (100 29 208.9) vergeben worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er macht geltend, daß er mit den am 18. November 1999 eingereichten Unterlagen die Mindestanforderungen des § 35 Patentgesetz erfüllt habe.

Er beantragt sinngemäß, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

II.

1. Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, da eine beschwerdefähige Entscheidung vorliegt. Gem. § 73 Abs. 1 PatG findet die Beschwerde gegen Beschlüsse der Prüfungsstellen und Patentabteilungen statt. Dabei ist der Begriff "Beschlüsse" im materiellen Sinn zu verstehen; es kommt nicht auf die Bezeichnung oder äußere Form der Entscheidung an (BGH GRUR 1977, 535 "Geheimhaltungsanordnung", Busse, PatG, 5. Aufl., § 73 Rdnr. 14 mwN). Mit dem Bescheid vom 30. Juni 2000, der "im Auftrag der Prüfungsstelle 11.25" ergangen ist, teilte das Patentamt dem Anmelder seine Entscheidung über die Festsetzung des Anmeldetags mit, die für den Anmelder bspw. für die Inanspruchnahme einer Priorität von Bedeutung sein kann. Der Bescheid bzw. die ihm zugrunde liegende Verfügung, die durch die Prüfungsstelle unterzeichnet ist, enthält damit eine den Anmelder belastende materielle Regelung, gegen die er sich wenden können muß.

2. Das Deutsche Patentamt hat dem Anmelder zu Unrecht den Anmeldetag 18. November 1999 aberkannt und das entsprechende Aktenzeichen (199 55 735.7) gelöscht.

Nach §§ 35 Absatz 2, 34 Absatz 3 Patentgesetz ist für die Zuerkennung des Anmeldetages erforderlich, daß ein Anmeldungsgegenstand zu diesem Zeitpunkt offenbart ist und die Anmeldung erkennen läßt, für welchen Gegenstand der Anmelder Schutz begehrt. Die Einreichung einer formellen Beschreibung des Patentgegenstandes ist dazu nicht erforderlich (vgl BGH BlPMZ 79, 151 zum damaligen § 26 PatG; Busse, Patentgesetz, 5. Aufl § 35 Rdn 18).

Diese Voraussetzungen hat der Anmelder mit den am 18. November 1999 eingereichten Unterlagen erfüllt. Er hat den Gegenstand, für den er Schutz begehrt, eindeutig bezeichnet und ihn durch die Vorlage der Patentansprüche offenbart. Die unvollständige Übermittlung des Patentanspruchs 10 durch die Übertragung per Telefax am 18. November 1999 ändert daran nichts. Aus den zu diesem Datum eingereichten Unterlagen geht ein Gegenstand der Anmeldung hervor.

Die Prüfungsstelle wird dem Anmelder daher für den am 18. November 1999 offenbarten Anmeldungsgegenstand den entsprechenden Anmeldetag nicht ablehnen dürfen. Sie wird - sofern er dies beantragt - einen entsprechenden Prioritätsbeleg auszustellen haben.

Die Frage, ob die Prüfungsstelle überhaupt eine Zwischenentscheidung über den Anmeldetag treffen durfte (vgl Benkard, PatG, 9. Aufl, § 35 Rdn 141) bedarf daher keiner Entscheidung.

Bühring Dr. Schermer Schuster Wf






BPatG:
Beschluss v. 18.09.2000
Az: 10 W (pat) 58/00


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