Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. August 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 133/01

(BPatG: Beschluss v. 13.08.2002, Az.: 33 W (pat) 133/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Dezember 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und Markenamt") ist am 23. September 1998 die Wortmarke STARTLINE für die Waren

"Klasse 07: Haushalts- und Küchenmaschinen und -geräte (soweit in Klasse 07 enthalten), insbesondere elektrische Küchenmaschinen und -geräte einschließlich Zerkleinerungsgeräte, Rühr- und Knetgeräte, Preßgeräte, Entsafter, Saftzentrifugen, Mahlgeräte, Schneidegeräte, elektromotorische Werkzeuge, Dosenöffner, Messerschleifgeräte sowie Maschinen und Geräte zur Bereitung von Getränken und/oder Speisen;

elektrische Reinigungsgeräte für den Haushalt einschließlich Fensterputzgeräte und Schuhputzgeräte;

elektrische Müllentsorgungsgeräte einschließlich Müllzerkleinerer und Müllverdichter; Geschirrspülmaschinen; elektrische Maschinen und Geräte zur Behandlung von Wäsche- und Kleidungsstücken einschließlich Waschmaschinen, Wäscheschleudern, Bügelpressen, Bügelmaschinen;

Staubsauger;

Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 07 enthalten, insbesondere Schläuche, Rohre, Staubfilter und Staubfilterbeutel, alle für Staubsauger;

Klasse 09: elektrische Apparate und Instrumente soweit in Klasse 09 enthalten, insbesondere Bügeleisen, elektrische Folienschweißgeräte, elektrothermische Lockenwickler;

Küchenwaagen, Personenwaagen;

Fernbedienungs-, Signal-, Kontroll- und Steuergeräte; Schalt- und Steuergeräte für die Gebäude-Systemtechnik; Hausrufanlagen; elektrische und elektronische Alarmgeräte und -anlagen; Gefahrenmelde- und Schutzgeräte für Wasser- und Brandschäden;

Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Kommunikationsgeräte, bespielte und unbespielte maschinenlesbare Datenträger wie Magnetaufzeichnungsträger und Schallplatten; elektrische Ausgabegeräte für Getränke oder Speisen, Verkaufsautomaten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Datenverarbeitungsprogramme;

Teile aller vorgenannten Waren soweit in Klasse 09 enthalten;

Klasse 11: Heizungs-, Dampferzeugungs- und Kochgeräte, insbesondere Herde, Back-, Brat-, Grill-, Toast-, Auftau- und Warmhaltegeräte, Tauchsieder, eigenbeheizte Kochtöpfe, Mikrowellengeräte, Tee- und Kaffeemaschinen; Kühlgeräte, insbesondere auch Gefriergeräte, Geräte zur Eisbereitung sowie von Speiseeis; Trockengeräte, insbesondere auch Wäschetrockner, Wäschetrockenmaschinen, Händetrockner, Haartrokkengeräte;

Lüftungsgeräte, insbesondere Ventilatoren, Dunstfilter, Dunstabzugsgeräte und Dunstabzugshauben, Klimaapparate sowie Geräte zur Verbesserung der Luftgüte, Luftbefeuchter; Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen, insbesondere auch Armaturen für Dampf-, Luft- und Wasserleitungsanlagen, Warmwassergeräte, Speicherwassererhitzer und Durchlaufwassererhitzer;

Geschirrspülbecken; Wärmepumpen;

Speiseeismaschinen;

Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 11 enthalten"

zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 7 hat die Anmeldung durch den von einem Hilfsmitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 27. Dezember 2000 gemäß §§ 8 Abs 2 Nr 1 und 2, 37 Abs 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft sowie wegen eines Freihaltungsbedürfnisses an einer beschreibenden Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, bei der angemeldeten Marke handele es sich zwar um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortneubildung aus den beiden Begriffen "Start" und "Line". In ihrer sprachüblichen Kombination zu "STARTLINE" sähen die allgemeinen Verkehrskreise aber lediglich einen Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einer Produktserie für Einsteiger.

Mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung des Patentamts beantragt die Anmelderin, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 7 vom 27. Dezember 2000 aufzuheben.

Eine Begründung der Beschwerde ist nicht eingegangen.

II.

Die Beschwerde ist begründet.

Der Senat beurteilt die angemeldete Wortmarke "STARTLINE" - entgegen der Auffassung der Markenstelle des Patentamts - hinsichtlich sämtlicher beanspruchter Waren als unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend, so daß ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.

Soweit die Markenstelle bei ihrer Prüfung der angemeldeten Bezeichnung "STARTLINE" lediglich von einer Wortneubildung ausgegangen ist und dementsprechend annimmt, daß der Verkehr die Kombination der englischen Wörter "START" und "LINE" hinsichtlich der beanspruchten Waren nur in dem an sich möglichen und denkbaren beschreibenden Sinn "Produktlinie/-serie für Einsteiger" verstehen wird (vgl dazu zB BGH GRUR 1998, 394, 396 - Active Line; BGH GRUR 1996, 68, 69f - COTTON LINE; BPatG GRUR 1996, 883ff - BLUE LINE, Beschluß vom 5. November 1999 - 33 W (pat) 144/99 - GREENLINE, Beschluß vom 13. August 1997 - 32 W (pat) 89/96 - ComfortLine; Beschluß vom 5. Februar 1997 - 28 W (pat) 117/95 - BIOLINE; BPatG BlPMZ 1989, 397f - LadyLine; HABM GRUR Int 1999, 499, 451 - COMPANYLINE), hält der Senat diese ausschließlich synthetische Betrachtungsweise hier nicht für sachgerecht. Denn die Markenstelle hat dabei übersehen, daß der Verkehr das Wort "STARTLINE" zunächst als bekannten Gesamtbegriff mit spezieller Bedeutung auffassen wird.

Bei der Wortverbindung "STARTLINE" handelt es sich zwar nach den lexikalischen Ermittlungen des Senats - wider Erwarten - tatsächlich nicht um einen in der englischen Sprache üblichen Ausdruck, wie die Markenstelle bereits festgestellt hat. Der deutsche Begriff "Startlinie" wird im Englischen nämlich vielmehr mit "starting line" übersetzt (vgl Duden-Oxford, Großwörterbuch Englisch, 2. Auflage 1999, S 703, 1563; R.v. Eichborn, Die Sprache unserer Zeit, Englisch-Deutsch, Bd II, 1990, S 761; Langenscheidts Großwörterbuch Englisch, "Der Kleine Muret-Sanders", Teil II Deutsch-Englisch, 11. Auflage 2001, S 1009; Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache, Teil I Englisch-Deutsch, Bd 2, 6. Auflage 1981, S 1372).

Die mit den beanspruchten Waren angesprochenen deutschen Verkehrskreise - sowohl das allgemeine breite Publikum als auch Fachleute und fachkundige gewerbliche Abnehmer - werden die Bezeichnung "STARTLINE" jedoch ohne weiteres mit dem in der Schreibweise fast identischen deutschen Begriff "Startlinie" gleichsetzen und eine englische Sprachunüblichkeit in der Regel nicht bemerken.

Der aus dem Bereich einer Reihe verschiedener Sportarten allgemein geläufige Begriff "Startlinie" bezeichnet bekanntlich die markierte Linie, an der ein sportlicher Wettkampf - wie beispielsweise ein Wettlauf, Wettrennen, Wettschwimmen, Autorennen etc - beginnt (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Auflage 2001, S 1507). Er wird zwar - insbesondere technisch - auch für andere den Beginn eines Vorgangs gegenständlich anzeigende Linienmarkierungen (wie etwa im Flugwesen) oder im übertragenen Sinne - wie beispielsweise für wirtschaftliche oder politische Sachverhalte - verwendet werden können. Im vorliegenden Fall ist aber ein unmittelbar beschreibender Bezug der Bezeichnung "STARTLINE" in der vom deutschen Verkehr verstandenen Bedeutung "Startlinie" zu den beanspruchten Waren nicht erkennbar, weil nicht ersichtlich ist, wie sie in diesem sich unwüllkürlich aufdrängenden Sinne eine Eigenschaft, einen Nutzungszweck oder ein sonstiges Merkmal der Waren benennen soll.

Dies schließt jedoch nicht aus, daß den angesprochenen Verkehrskreisen in der Werbung und in Produktinformationen eine Uminterpretation der angemeldeten Bezeichnung "STARTLINE" im Sinne der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung "Produktlinie/-serie für Einsteiger/Anfänger" nahegebracht wird, wenn auf dem Markt tatsächlich eine für den Start geeignete Sonderserie angeboten werden soll, die - beispielsweise hinsichtlich der Preislage, der technischen Ausstattung oder des Designs - für Einsteiger oder Anfänger - wie etwa junge Haushalts- oder Existenzgründer, Schüler oder Studenten - eigens konzipiert worden ist.

Ein Begriff, der vom Verkehr mit einer allgemein üblichen, nicht beschreibenden Bedeutung verstanden wird, ist aber trotz einer neuen synthetischen Interpretationsmöglichkeit in einem beschreibenden Sinn jedenfalls dann als unternehmenskennzeichnend individualisierendes Unterscheidungsmittel geeignet, wenn die sprachüblich bekannte Grundbedeutung des Begriffs nicht in den Hintergrund tritt.

Dies wird bei der angemeldeten Marke "STARTLINE" nach der zu erwartenden Verkehrsanschauung der Fall sein. Denn falls die beschreibende neue Uminterpretation der Bezeichnung "STARTLINE" hinsichtlich der konkreten Benutzung für beanspruchte Waren überhaupt in Betracht kommt, wird der Verkehr die Wortwahl "STARTLINE" als eigenwillig mehrdeutig ansehen. Einerseits wird mit der gewöhnlichen aus dem Sport bekannten Bedeutung "Starlinie" der Antritt der Kunden zum Kauf der Waren oder der Beginn des Angebots neuartiger Waren im Wettbewerb des Marktes assoziiert. Andererseits läßt das Verständnis einer beschreibenden Uminterpretation mit dem Sinngehalt "Produktlinie für den Start" auch einen eigentümlichen Sprachwitz erkennen.

Im Ergebnis werden die angesprochenen Verkehrskreise die Anmeldemarke "STARTLINE" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nicht als eindeutige und sprachübliche, ausschließlich rein beschreibende Angabe auffassen, so daß ihr die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann, wenngleich die ursprüngliche Kennzeichnungskraft eher gering sein dürfte.

Winkler Richterin Dr. Hock ist erkrankt und daher an der Unterschrift verhindert.

Winklerv. Zglinitzki Hu






BPatG:
Beschluss v. 13.08.2002
Az: 33 W (pat) 133/01


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