Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 22. März 2010
Aktenzeichen: AnwZ (B) 29/09

(BGH: Beschluss v. 22.03.2010, Az.: AnwZ (B) 29/09)

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs vom 8. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist seit 1981 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 5. August 2008 die Zulassung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO a.F., § 215 Abs. 3 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist zu Recht widerrufen worden.

1. Soweit der Antragsteller zur Begründung seiner Beschwerde vorgetragen hat, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei in dem Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof verletzt worden, weil er krankheitsbedingt nicht an dem Termin habe teilnehmen können, kann dies dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen. Der Senat entscheidet als Beschwerdegericht in dem für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Verfahren (§ 42 Abs. 5 und 6 BRAO a.F., § 215 Abs. 3 BRAO). Er ermittelt als Tatsacheninstanz den Sachverhalt in eigener Verantwortung; auf etwaige Verfahrensfehler in der Vorinstanz kommt es damit grundsätzlich nicht an. Durch die Anhörung des Antragstellers im Beschwerdeverfahren wird eine etwaige Verletzung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof geheilt (BGH, Beschl. vom 2. Juli 2007 - AnwZ (B) 65/06; Beschl. vom 10. Dezember 2007 - AnwZ (B) 11/07).

2. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt und bestehen fort.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dies wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist.

Der gesetzliche Vermutungstatbestand ist erfüllt. Der Antragsteller ist seit dem 26. Oktober 2007 nach dem Erlass eines Haftbefehls im zentralen Schuldnerverzeichnis bei dem Amtsgericht F. eingetragen. Er hat am 14. November 2007 die eidesstattliche Versicherung über sein Vermögen abgegeben. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids vollstreckten die Gläubigerin R. und die F. Sparkasse gegen ihn wegen Forderungen in Höhe von insgesamt 103.130,98 €. Die dadurch begründete Vermutung für den Vermögensverfall des Antragstellers hat dieser nicht widerlegt. Die Antragsgegnerin und der Anwaltsgerichtshof sind deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller bei Erlass der Widerrufsverfügung in Vermögensverfall geraten war. Dagegen bringt der Antragsteller in der Sache nichts vor.

b) Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor. Eine nachträgliche Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Antragstellers ist nicht festzustellen. Der gesetzliche Vermutungstatbestand für den Vermögensverfall des Antragstellers besteht fort. Der Antragsteller hat am 11. März 2009 erneut die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Nach den Angaben im Vermögensverzeichnis hat er weder Einkommen noch Vermögen; er lebt von gelegentlichen Zuwendungen seines Sohnes. Demgegenüber sind weitere Verbindlichkeiten des Antragstellers bekannt geworden. So hat die Gerichtskasse F. wegen Gesamtforderungen in Höhe von 4.298,65 € Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse gegen ihn erlassen.

c) Wie der Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu entnehmen ist, führt der Vermögensverfall regelmäßig zu einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern. Für einen Ausnahmefall, in dem die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht gefährdet wären (vgl. Senat, Beschl. vom 18. Oktober 2004 - AnwZ (B) 43/03, NJW 2005, 511 unter II 2 c; Beschl. vom 5. Dezember 2005 - AnwZ (B) 13/05, NJW-RR 2006, 559 unter II 2; Beschl. vom 5. Dezember 2005 - AnwZ (B) 14/05, AnwBl. 2006, 281 f. unter II 3; Beschl. vom 25. Juni 2007 - AnwZ (B) 101/05, NJW 2007, 2924, 2925), liegen keine Anhaltspunkte vor.

3. Der Senat konnte in Abwesenheit des Antragstellers verhandeln und entscheiden, weil dieser sein Ausbleiben im Termin nicht hinreichend entschuldigt hat.

Ganter Roggenbuck Lohmann Kappelhoff Quaas Vorinstanz:

AGH Frankfurt, Entscheidung vom 08.12.2008 - 1 AGH 20/08 -






BGH:
Beschluss v. 22.03.2010
Az: AnwZ (B) 29/09


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