Oberlandesgericht Celle:
Beschluss vom 11. November 2011
Aktenzeichen: 13 W 101/11

(OLG Celle: Beschluss v. 11.11.2011, Az.: 13 W 101/11)

Der Streitwert für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, der auf einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 5 PkwEnVKV gestützt wird, ist im Regelfall mit 5.000 € zu bemessen.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Streitwertfestsetzung der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Verden vom 21. September 2011 abgeändert.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Kläger hat mit der Klage einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch auf Unterlassung wegen eines angeblichen Verstoßes der Beklagten gegen die Vorschrift des § 5 Pkw-EnVKV sowie die Erstattung einer vorgerichtlichen Abmahnpauschale i. H. v. 214 € geltend gemacht. Nach Abschluss des Verfahrens in erster Instanz hat das Landgericht den Streitwert auf 30.214 € festgesetzt, wovon 30.000 € auf den Unterlassungsantrag entfallen. Dagegen richtet sich die Streitwertbeschwerde der Beklagten, mit der sie eine Festsetzung auf 30.000 € begehrt.

II.

Die gemäß § 68 Abs. 1 GKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beklagten hat dahingehend Erfolg, dass der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 5.000 € festzusetzen ist.

1. Der Streitwert für den Unterlassungsanspruch ist auf 5.000 € festzusetzen.

a) Der Senat ist gemäß § 63 Abs. 3 GKG berechtigt, den Streitwert auch unter den seitens der Beklagten mit der Beschwerde verfolgten Wert festzusetzen.

5b) Der Streitwert für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, der auf einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 5 Pkw-EnVKV gestützt wird, ist im Regelfall mit 5.000 € zu bemessen.

Der Streitwert ist gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO nach freiem Ermessen im Wege der Schätzung zu bestimmen. In Verfahren, in denen es - wie hier in Bezug auf den Klageantrag zu 1 - um die Unterlassung von Wettbewerbsverstößen geht, ist für diese Schätzung das Interesse maßgeblich, das der Kläger an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße hat. Kriterien zur Bestimmung dieses Interesses sind vor allem die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit für den Wettbewerber im Hinblick auf den ihm drohenden Schaden (z. B. Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden), die Unternehmensverhältnisse beim Verletzer und Verletzten (Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft, Marktstellung und deren voraussichtliche Entwicklung), die Intensität des Wettbewerbs zwischen beiden Parteien in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht, wobei auch die Auswirkungen zukünftiger Verletzungshandlungen (Ausmaß, Intensität und Häufigkeit, indiziert durch die bereits begangene Verletzungshandlung, die Intensität der Wiederholungsgefahr, Verschuldensgrad, späteres Verhalten) zu berücksichtigen sind (vgl. Senat, Beschluss vom 14.05.2010 - 13 W 38/10, Tz. 5, zitiert nach juris; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 5.6).

Zu berücksichtigen ist ferner im Rahmen von § 12 Abs. 4 UWG, ob die Sache nach Art und Umfang einfach gelagert ist. Eine Streitwertminderung kommt danach immer dann in Betracht, wenn die Sache nach Art und Umfang ohne größeren Arbeitsaufwand von den Parteien bzw. ihren Anwälten zu bearbeiten ist und sich damit als €tägliche Routinearbeit€ darstellt (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 12 Rdnr. 5.22). Einfach gelagerte Streitigkeiten sind beispielsweise in serienweise wiederkehrenden Wettbewerbsverletzungen und rechtlich eindeutigen Verstößen zu sehen (Senat, Beschluss vom 19. November 2007 - 13 W 112/07, zitiert nach juris, Tz. 3).

8Nach dieser Maßgabe erscheint dem Senat vorliegend in Bezug auf den Unterlassungsantrag eine Wertfestsetzung in Höhe von 5.000 € als angemessen. Hinsichtlich des Verstoßes gegen die Regelung in § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV i. V. m. Abschnitt I Nr. 2 der Anlage 4 zur Pkw-EnVKV ist zu berücksichtigen, dass derartige Verstöße leicht zu erkennen und nachzuweisen sind. Diesbezügliche Abmahnungen sind einfachen Charakters, da sie sich aus verschiedenen Textbausteinen zusammensetzen lassen. Die Abmahnungen in diesem Bereich wiederholen sich in einer Vielzahl von ähnlich gelagerten Fällen und müssen, wenn überhaupt, nur geringfügig angepasst werden. So ist es auch im vorliegenden Fall. Die rechtlichen Ausführungen in der Klageschrift umfassen ca. eine Seite. Der Klageanspruch ist seitens der Beklagten auch umgehend anerkannt worden.

Nach Abwägung aller vorliegenden Umstände erscheint dem Senat daher vorliegend eine Wertfestsetzung von 5.000 € als angemessen.

2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die mit dem Klageantrag zu Ziffer 2 geltend gemachten 214 € für vorgerichtliche Abmahnkosten nicht Streitwert erhöhend.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs nicht Streitwert erhöhend, wenn dieser Hauptanspruch noch Gegenstand des laufenden Verfahrens ist. Wird der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig und stellt deshalb eine Nebenforderung i. S. von § 4 Abs. 1 ZPO dar (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2007 - VI ZB 73/06, zitiert nach juris, Tz. 5; BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06, zitiert nach juris, Tz. 6; BGH, Beschluss vom 5. April 2011 - VI ZB 61/10, zitiert nach juris, Tz. 5; BGH, Beschluss vom 11. März 2008 - VI ZB 9/06, zitiert nach juris, Tz. 5). Dieser Grundsatz findet demgemäß auch Anwendung auf Erstattungsansprüche wegen der Kosten einer vorprozessualen - wettbewerbsrechtlichen - Abmahnung, da ein solcher, auf eine vorgerichtliche Abmahnung gestützter, Kostenerstattungsanspruch gleichermaßen von dem Bestehen des in der Hauptsache geltend gemachten (in der Regel: Unterlassungs-)Anspruchs abhängig ist (vgl. Ahrens/Berneke, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl., Kap. 40 Rdnr. 21; jurisPK-UWG/Hess, Stand 23. September 2011, § 12 Rdnr. 225).

Soweit sich das Landgericht für seine gegenteilige Auffassung auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 2005 (I ZB 21/05) sowie auf die Kommentierung bei Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 12 Rdn. 26 beruft, verkennt es, dass sich diese Fundstellen nicht mit der Frage befassen, ob vorgerichtliche Abmahnkosten Nebenforderungen i. S. von § 4 ZPO darstellen, sondern, ob diese zu den Kosten des Rechtsstreits i. S. des § 91 ZPO zählen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.






OLG Celle:
Beschluss v. 11.11.2011
Az: 13 W 101/11


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