Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 4. Februar 2010
Aktenzeichen: 37 O 194/09 [Kart]

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin vom 17. September 2009 auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung wird unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Mönchengladbach (8 O 67/09) vom 22. September 2009 zurück gewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Zwangsvollstreckung der Antragsgegner gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 110% des zugunsten der Antragsgegner aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegner zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leisten.

Tatbestand

Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin zu 1., deren Geschäftsführer der Antragsgegner zu 2. ist, sind Wettbewerber und betreiben in Filialen im ganzen Bundesgebiet Schilderprägegeschäfte, in denen regelmäßig als Nebensortiment auch Kfz - Versicherungen angeboten und vermittelt werden.

In H hatte die Antragstellerin das Hausgrundstück V-straße erworben, um darin ein Schilderprägegeschäft zu betreiben. Das Hausgrundstück liegt in der Nähe der Kfz - Zulassungsstelle. Nachdem sie zwischenzeitlich ihr Geschäft in anderen, näher zur Zulassungsstelle gelegenen, Räumen betrieben hatte, hat sie den Zuschlag für eine Mietfläche im Gebäude der Zulassungsstelle erhalten und betreibt ihr Geschäft derzeit in diesen Räumen. Operativ vor Ort betätigt sich die Antragstellerin durch eine 100%ige Tochtergesellschaft, die B Autoschilder GmbH.

Weil sie das Gebäude V-straße in H nicht mehr benötigte, verkaufte sie es im Jahr 2006 an die Eheleute C. Um die Vermietung des in dem Haus befindlichen Geschäftslokals an einen Wettbewerber verhindern zu können, ließ sie sich eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit einräumen, die ihr die Entscheidung überlässt, ob und wer auf dem Grundstück ein Schilderprägegeschäft, eine Kfz - Versicherungsvermittlung und / oder einen Zulassungsdienst betreibt.

Die Hauseigentümer haben das in ihrem Haus gelegene Gewerbemietobjekt gleichwohl an die Antragsgegnerin zu 1. vermietet, nachdem diese ihnen zugesagt hatte, alle Kosten zu übernehmen, falls sie Streit mit der Antragstellerin bekäme.

Die Antragstellerin hält das Vorgehen der Antragsgegner - in dem sie ein Verleiten der Hauseigentümer zum Vertragsbruch sieht - für wettbewerbs- und sittenwidrig.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Antragsgegnern unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, auf dem Grundbesitz Gemarkung H, Flur X, Flurstück X, postalische Adresse V-straße, xxxxx H, eine Kfz.-Schilderprägestelle und / oder eine Kfz. - Versicherungsvermittlung betreffend Haftpflicht-, Teilkasko-, Vollkasko-, Ausfuhr-, Zoll- und Kurzzeitversicherungen zu betreiben.

Diesem Antrag hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mönchengladbach mit Beschlussverfügung des Vorsitzenden vom 22. September 2009 entsprochen.

Dem widersprechen die Antragsgegner.

Die Antragstellerin beantragt,

die Einstweilige Verfügung des Landgerichts Mönchengladbach vom 22. September 2009 zu bestätigen.

Die Antragsgegner beantragen,

den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung unter Aufhebung der Einstweiligen Verfügung zurück zu weisen.

Die Antragsgegner halten ihr Verhalten für nicht beanstandenswert. Sie meinen, der Inhalt der zugunsten der Antragstellerin eingetragenen Dienstbarkeit und die Verpflichtung zu deren Bewilligung verstoße sowohl gegen §1 als auch gegen § 21 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).

Das Landgericht Mönchengladbach hat das Verfahren auf Antrag der Antragsgegner mit Beschluss vom 10. November 2009 wegen der teilweise auf Kartellrecht gestützten Rechtsverteidigung der Antragsgegner an das Landgericht Düsseldorf verwiesen.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung ist unbegründet. Die Beschlussverfügung des Landgerichts Mönchengladbach ist aufzuheben und der Verfügungsantrag ist zurück zu weisen.

I.

Ein sicherbarer Verfügungsanspruch (§§ 935, 940 ZPO) zugunsten der Antragstellerin kommt aus keinem Rechtsgrunde in Betracht. Insbesondere ergibt er sich nicht aus §§ 4 Nr. 10, 8 UWG (1). Aber auch aus §§ 138, 826 BGB ergibt sich ein solcher Anspruch nicht.

1.

Ein Verfügungsanspruch der Antragstellerin ergibt sich nicht aus §§ 3, 4 Nr. 10, 8 Abs. 1 und Abs. 2 UWG unter dem Gesichtspunkt des "Verleitens zum Vertragsbruch". Zwar geht auch die Kammer davon aus, dass die Antragsgegner die Eheleute C, die Hauseigentümer und Vermieter der Antragsgegnerin zu 1. im Haus V-straße in H, zum Vertragsbruch verleitet haben, indem sie diese durch das Versprechen der Übernahme der sich daraus ergebenden nachteiligen finanziellen Folgen dazu bewogen, sich bewusst über die zugunsten der Antragstellerin bestellte Grunddienstbarkeit hinweg zu setzen.

Bei dem Begriff des "Verleitens zum Vertragsbruch" handelt es sich indes nicht um ein subsumtionsfähiges gesetzliches Tatbestandsmerkmal des § 4 Nr. 10 UWG, sondern um die schlagwortartige Bezeichnung einer Gruppe von Fällen, die die gesetzlichen Voraussetzungen des § 4 Nr. 10 UWG regelmäßig erfüllen. Dies enthebt das Gericht aber nicht der Notwendigkeit, zu prüfen, ob die Umstände des Einzelfalls auch die Tatbestandsvoraussetzungen der gesetzlichen Norm erfüllen. Das ist im Entscheidungsfall nicht zu bejahen. Denn § 4 Nr. 10 UWG setzt voraus - worauf das Gericht die Parteien bereits mit Beschluss vom 19. November 2009 (vgl. GA 91ff.) hingewiesen hat, dass das beanstandete Verhalten bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie nicht auf Förderung der eigenen, sondern auf die Störung der fremden wettbewerblichen Entfaltung gerichtet ist (vgl. Köhler in: Hefermehl / Köhler / Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 4 RN 10.7 m. Nw.). Diese Voraussetzung vermag das Gericht nicht zu bejahen, denn die Antragsgegnerin zu 1. hat sich durch die Anmietung der in Rede stehende Geschäftsräume ersichtlich lediglich den Zugang zu dem Schilderprägemarkt in H verschaffen wollen. Dass und in welcher Weise damit eine gezielte Behinderung des Wettbewerbs der Antragstellerin verbunden oder beabsichtigt war, ist nicht ersichtlich und wird von der Antragstellerin auch nicht näher begründet, die sich überdies auf die zu ihren Gunsten eingetragene Grunddienstbarkeit nicht berufen kann (vgl. dazu unter 2.).

2.

Das Verhalten der Antragsgegner stellt sich im Ergebnis nicht als sittenwidrig (§ 138 BGB) dar, so dass die Antragstellerin von den Antragsgegnern auch unter diesem Gesichtspunkt die begehrte Unterlassung nicht beanspruchen kann.

Zwar begründet ein vorsätzliches Verleiten zum Vertragsbruch in der Regel den Vorwurf der Sittenwidrigkeit (vgl. BGH NJW 1981, 2185ff., Palandt - Heinrichs, BGB - Kommentar, 67. Aufl., § 134, RN 61 mit weiteren Nachweisen). Dieser Rechtsgedanke kommt im Entscheidungsfall indes nicht zum Tragen, weil sich die Antragstellerin auf die mit den Eheleuten C getroffene Vereinbarung und die zu ihren - der Antragstellerin - bestellte Dienstbarkeit nicht berufen kann (vgl. § 33 Abs. 1 GWB). Denn die mit dem Inhalt der Dienstbarkeit verbundene und bezwecke Beschränkung der Handlungsfreiheit der Eheleute C bei der Auswahl des Mieters für die in dem Haus gelegenen Gewerberäume ist mit § 1 GWB unvereinbar, worauf die Antragsgegnerin im Rahmen der Rechtsausführungen in ihrem Schriftsatz vom 28. Januar 2010 zutreffend hinweist. Danach sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen verboten, die eine Einschränkung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken.

Der Anwendung der Vorschrift steht nicht entgegen, dass es sich bei den Eheleuten C um privater Vermieter der fraglichen Geschäftsräume handelt. Denn der Begriff des Unternehmens im Sinn des GWB lässt sich nicht einheitlich festlegen. Er muss vielmehr im Einzelfall nach Maßgabe des in Frage stehenden wirtschaftlichen Vorgangs ermittelt werden, da das Gesetz nicht von einem institutionellen, sondern von einem funktionellen Unternehmensbegriff ausgeht. Dabei genügt grundsätzlich jedwede Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr. Bei Abschluss von Gewerbemietverträgen werden die Eheleute C unzweifelhaft im geschäftlichen Verkehr tätig. Der Eigentümer eines Hauses, in dem er als Vermieter oder Verpächter einem Gewerbetreibenden ein Geschäftslokal überlässt, verwertet sein Eigentum im geschäftlichen Bereich, so dass er in Bezug auf die Vermietung oder Verpachtung als Unternehmer im Sinne des § 1 GWB anzusehen ist. (vgl. BGH GRUR 1978, 489ff. - Gaststättenverpachtung; Bunte in: Langen / Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Deutsche Kartellrecht, Bd. 1 Deutsche Kartellrecht, § 1 GWB, RN 18).

Der Inhalt der von ihr beanspruchten und zu ihren Gunsten eingetragenen Dienstbarkeit, dient - wie die Antragstellerin zugesteht -, allein dem Zweck die Hauskäufer als Vermieter bei der Auswahl der Gewerbemieter für das im Haus gelegene Geschäftslokal einer Kontrolle der Antragstellerin zu unterwerfen. Mit dieser vertikalen Vereinbarung verfolgt sie das Ziel, den Marktzutritt potentieller Mitbewerber auf dem örtlichen Schilderprägemarkt für Kfz - Schilder in H zu beschränken. Durch diese Maßnahme sind potentielle Konkurrenten - wegen des beschränkten Angebots zum Betrieb des Gewerbes geeigneter Räumlichkeiten - im Sinne des § 33 Abs. 1 S. 3 GWB auch spürbar beeinträchtigt.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Streitwert: € 30.000






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