Landgericht Münster:
Urteil vom 8. Januar 2008
Aktenzeichen: 25 O 170/07

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist approbierter Arzt und Zahnarzt sowie Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Aufgrund einer entsprechenden Zusatzqualifikation ist er zur Durchführung plastischer Operationen berechtigt. In den Telefonbüchern "Das Örtliche" und "Gelbe Seiten" ist der Beklagte im Rahmen einer Ärzte-Übersicht in den Rubriken "Plastische Chirurgie" bzw. "Plastische und Ästhetische Chirurgie" eingetragen. Dabei hat er in dem Verzeichnis in "Das Örtliche" sein Praxisschild abgedruckt, das unter anderem die Angaben "Facharzt f. Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie" sowie "Plastische Operationen" enthält.

Der Kläger ist ein gerichtsbekannter eingetragener Verein zur Förderung des lauteren Geschäftsverkehrs.

Der Kläger vertritt die Ansicht, die Einträge des Beklagten in den Telefonbüchern "Das Örtliche" und "Gelbe Seiten" in den genannten Rubriken seien irreführend i. S. d. § 5 UWG. Gleichzeitig liege ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 27 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vor. Der Kläger behauptet, aufgrund der Inserate in diesen Rubriken erwarte der Verbraucher Fachärzte für plastische bzw. plastische und ästhetische Chirurgie. Sie würden in ihrer Erwartung enttäuscht, wenn sie erführen, dass der Beklagte nicht Facharzt für plastische Chirurgie sei.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall schuldhafter Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten, zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd in Telefonbüchern unter der Rubrik "Plastische Chirurgie" und/oder "Plastische und ästhetische Chirurgie" zu werben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, durch die Inserate in den Telefonbüchern sei keine Irreführung gem. § 5 UWG gegeben. Hierzu behauptet er, der Verbraucher gehe aufgrund der Platzierung der Anzeige in der Kategorie "Plastische Chirurgie" bzw. "Plastische und ästhetische Chirurgie" nicht davon aus, dass es sich bei dem Inserierenden um einen Facharzt auf den genannten Gebieten handele. Zudem vertritt er die Auffassung, angesichts der Berechtigung des Beklagten zur Durchführung plastischer Operationen stehe sein Verhalten im Einklang mit § 27 IV der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe und stelle daher keinen Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. dieser Vorschrift dar.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus § 8 III Nr. 2 UWG, da er als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen auftritt.

Ein Anspruch des Klägers auf Unterlassung der beanstandeten Eintragungen in den Telefonbüchern besteht jedoch nicht. Verstöße des Beklagten gegen § 5 UWG oder § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 27 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe können nicht festgestellt werden.

Das Verhalten des Beklagten stellt keine Irreführung i. S. v. § 5 UWG dar. Mit seinen Inseraten in den Rubriken "Plastische Chirurgie" bzw. "Plastische und ästhetische Operationen" in den Telefonbüchern "Das Örtliche" und "Gelbe Seiten" vermittelt der Beklagte dem Rechtsverkehr keinen unrichtigen Eindruck. Die angesprochenen Verbraucherkreise erwarten bei Anzeigen in diesen Bereichen nicht, dass in der Sparte ausschließlich Fachärzte eingetragen sind. Dies ergibt sich aus der Systematik der Branchenverzeichnisse. Es handelt sich lediglich um eine Kategorisierung der verschiedenen medizinischen Tätigkeitsfelder. Dies wird zu einem daraus deutlich, dass auch Bereiche aufgeführt werden, in denen es keine Facharztqualifikationen gibt wie bspw. "Hausärzte" oder "Reisemedizin". Darüber hinaus lässt der Umstand, dass in einigen Kategorien Inserierende ihre Facharztqualifikation angeben, andere hierzu jedoch schweigen, darauf schließen, dass die Rubriken sowohl Ärzte mit als auch ohne Facharzttitel erfassen sollen (so auch KG, Urteil vom 22.03.2002 - 5 U ......#/......= NJW-RR 2003, S. 64 (64 f.)).

Der Beklagte enttäuscht die Verkehrserwartung mit seinem Inserat unter "Plastische Chirurgie" bzw. "Plastische und ästhetische Chirurgie" nicht. Er ist aufgrund einer erworbenen Zusatzqualifikation zur Vornahme von plastischen Operationen berechtigt. Dieses Tätigkeitsfeld wird von den genannten Rubriken erfasst. Der Beklagte wird also auf diese Bereiche in den Branchenverzeichnissen verwiesen, wenn er einem Interessentenkreis sein Leistungsspektrum mitteilen und im Fall der Anzeige in "Das Örtliche" auf seine Zusatzqualifikation "Plastische Operationen" aufmerksam machen will.

Die Inserate des Beklagten verstoßen nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 27 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Die Vorschrift hat die Abgrenzung von erlaubter Information und berufswidriger Werbung der Ärzte und Ärztinnen zum Gegenstand. Sie bezweckt im Interesse der Markteilnehmer, dass der Patientenschutz durch sachgerechte und angemessene Information gewährleistet und eine dem ärztlichen Selbstverständnis zuwiderlaufende Kommerzialisierung vermieden wird (vgl. § 27 I der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe).

Der Beklagte verstößt nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 27 III 1, 2 Var. 2 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe, da er wie erörtert nicht irreführend wirbt.

Mit dem Abdruck seines Praxisschildes in der Rubrik "Plastische Chirurgie" in dem Telefonbuch "Das Örtliche" verstößt der Beklagte nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 27 IV 2 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Die Vorschrift regelt die Zulässigkeit des Führens einer nach der Weiterbildungsordnung erworbenen Bezeichnung.

Der Beklagte hat aufgrund des erfolgreichen Abschlusses einer Weiterbildung die Berechtigung erhalten, die Bezeichnung "Plastische Operationen" zu führen. Er gibt diese neben seiner Facharztqualifikation im Bereich "Mund-, Kiefer- Gesichtschirurgie" an.

Die durch den Beklagten nach Weiterbildungsordnung erlangte Anerkennung zum Führen der Bezeichnung "Plastische Operationen" stellt eine Zusatzbezeichnung i. S. v. § 2 I, IV Abschnitt A der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe dar. Gem. § 3 I, III Abschnitt A der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe darf die Zusatzbezeichnung zusammen mit einer Facharztbezeichnung geführt werden.

Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 27 IV 4 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe aufgrund von Verwechslungsgefahr kommt nicht in Betracht, da die Vorschrift die Ankündigung anderer Qualifikationen als die nach Nr. 1 regelt und somit nicht einschlägig ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.






LG Münster:
Urteil v. 08.01.2008
Az: 25 O 170/07


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