Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. März 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 243/00

(BPatG: Beschluss v. 14.03.2001, Az.: 26 W (pat) 243/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juli 2000 aufgehoben.

Gründe

I.

Mit dem vorgenannten Beschluß hat die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts die für die Dienstleistungen

"Bereitstellung und Betrieb eines elektronischen Marktplatzes auf Computernetzen, insbesondere auf dem Internet; Transportwesen; Planung, Organisation und Vermittlung von Warentransporten aller Art; Auslieferungen von Waren aller Art, Dienstleistungen eines Warenzustelldienstes; Kurierdienste für Waren aller Art; Verpackungen und Lagerung von Waren"

angemeldete Wortmarke Logistic-Factorygemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG wegen des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses und wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß die angemeldete Marke in sprachüblicher Weise aus den Bestandteilen "Logistic" und "Factory" zusammengesetzt sei. Im Zusammenhang mit den vorgesehenen Dienstleistungen stelle sie einen aus sich heraus verständlichen Hinweis auf die fachliche Ausrichtung eines Unternehmens für die vorgesehenen Dienstleistungen dar. Der auch im Inland gebräuchliche und allgemein bekannte englische Begriff "Factory" sei zwar ursprünglich nur für Produktionsstätten verwendet worden, er finde aber seit langem auch in zahlreichen anderen Wortbildungen wie beispielsweise in den Wörtern "Media-Factory", "Music-Factory" oder "Art-Factory" Verwendung. In solchen Wortkombinationen werde der Begriff "Factory" als Oberbegriff für einen Erbringungsort, vergleichbar etwa mit Wörtern wie "Center" oder "Land" verwendet. Dies werde vom Verkehr auch ohne weiteres so verstanden, da er an derartige Begriffe gewöhnt sei.

Der weitere Markenbestandteil "Logistic" bezeichne im vorliegenden Fall den thematischen Schwerpunkt, auf den die betreffenden Dienstleistungen ausgerichtet seien. Entgegen der Argumentation der Anmelderin könnten alle von ihr beanspruchten Dienstleistungen dem Logistikbereich zugeordnet werden. Gerade die unmittelbare Verständlichkeit und Griffigkeit des Begriffs "Logistic-Factory" spreche für seine Eignung, als Sachbegriff verwendet werden zu können. Die Mitbewerber der Anmelderin müßten deshalb diesen Begriff ungehindert verwenden können.

Da die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit nur einen glatt beschreibenden Sachhinweis darstelle, besitze sie auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Ansicht nach besteht an der angemeldeten Bezeichnung weder ein gegenwärtiges noch ein zukünftiges Freihaltebedürfnis. Weder sei eine gegenwärtige Verwendung der Bezeichnung "Logistic-Factory" als beschreibende Angabe für die beanspruchten Dienstleistungen nachgewiesen noch lägen hinreichend sichere Anhaltspunkte dafür vor, daß sie als solche in Zukunft ernsthaft in Betracht kommen könnte. Hiergegen spreche vielmehr, daß es sich bei der Anmeldung um eine eigengestalterische, ungewöhnliche Wortneubildung handle, die als solche weder in der englischen noch in der deutschen Sprache geläufig sei. Im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen könne insbesondere der Gesamtbezeichnung "Logistic-Factory" kein eindeutiger Sinngehalt entnommen werden. Diese Wortfolge sei vielmehr in ihrer Gesamtheit vieldeutig und deshalb zur Beschreibung der betreffenden Dienstleistungen nicht geeignet. Ebenso könne der Kennzeichnung "Logistic-Factory" nicht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, denn angesichts der Mehrdeutigkeit dieser Wortfolge fehlten jegliche Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr das Zeichen als Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis deuten könnte.

Demgemäß beantragt die Anmelderin sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind nur Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung der Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Dienstleistungen selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BGH BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Bezeichnung "Logistic-Factory" jedoch nicht.

Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als beschreibende Angabe hat die Markenstelle nicht belegt; auch der Senat hat keine entsprechenden Nachweise führen können. Von einem auf gegenwärtige Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebensowenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen wie z. B. das Planen, Organisieren und Vermitteln von Warentransporten aller Art und das Verpacken und Lagern von Waren in Zukunft eine Benutzung der Marke als Sachangabe erfolgen könnte. Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, daß den angesprochenen Verkehrskreisen die schutzsuchende, aus den englischen Begriffen "logistic" und "factory" gebildete Bezeichnung weitgehend dahingehend verstanden wird, daß die betreffenden Dienstleistungen von einem Unternehmen erbracht werden, das schwerpunktmäßig logistische Dienstleistungen erbringt, also mit der Beschaffung, der Lagerung und dem Transport von Materialien und Gütern befaßt ist, weil er an vergleichbare Bezeichnungen wie "Marketing-Factory" oder "Art-Factory" gewöhnt ist, sagt der angenommene Sinngehalt nichts Konkretes darüber aus, welche besonderen Merkmale die unter dieser Bezeichnung angebotenen Dienstleistungen auszeichnen. Diese Wertung von "Logistic-Factory" weist vielmehr ausschließlich auf einen Geschäftsbetrieb hin, der fremde Unternehmen bei der Planung, Lagerung und Transport von Materialien und Produkten unterstützt. Über bestimmte Merkmale der von diesem Geschäftsbetrieb erbrachten Dienstleistungen sagt die angemeldete Wortfolge jedoch nichts aus (vgl dazu BGH GRUR 1999, 988 - HOUSE OF BLUES). Von einem gegenwärtigen oder zukünftigen Freihaltebedürfnis der Mitbewerber der Anmelderin kann deshalb nicht ausgegangen werden.

2. Ebensowenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrunde liegenden Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH MarkenR 1999, 349 - YES).

Hiervon ausgehend kann der Wortfolge "Logistic-Factory" nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden: Eine warenbeschreibende Sachaussage, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Dienstleistungen selbst Bezug nimmt, stellt diese Bezeichnung nicht dar (s.o.). Ebensowenig handelt es sich hierbei um eine gebräuchliche Aussage der Alltagssprache, die der Verkehr infolge einer entsprechenden Verwendung in der Werbung nur als eine englischsprachige, schlagwortartige Angabe versteht. Selbst wenn "Logistic-Factory" als Hinweis darauf gewertet wird, daß die damit gekennzeichneten Dienstleistungen von einer auf diesem Dienstleistungssektor tätigen Firma erbracht werden, stellt diese Aussage zwar einen deutlichen Hinweis auf die Art der Firmenaktivitäten dar, dies rechtfertigt jedoch nicht, dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen.

Vorsitzender Richter Schülke befindet sich im Urlaub und ist deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert.

Kraft Eder Kraft Mü/Bb/prö






BPatG:
Beschluss v. 14.03.2001
Az: 26 W (pat) 243/00


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