Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. März 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 63/02

(BPatG: Beschluss v. 30.03.2004, Az.: 33 W (pat) 63/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 21. August 2000 die Bezeichnung Investment Visionfür die Dienstleistungen Klasse 35:

Geschäftsführung; betriebswirtschaftliche Beratung, insbesondere im Bereich Venture-Capital-Fonds und bei Erwerbsvorgängen; Controlling, nämlich Unternehmensplanung in organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht.

Klasse 36:

Finanzielle Beratung, insbesondere die Beratung von Venture-Capital-Gesellschaften; Vermögensverwaltung; Vermittlung von Beteiligungs- und/oder Darlehenskapital; Investmentgeschäfte; das Halten von Beteiligungen an Kapital- und Personengesellschaften im In- und Ausland und die Übernahme der Funktion eines Lead-Investors bei Finanzierungs- und sonstigen Investmentvorhaben.

als Wortmarke zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 36 hat die Anmeldung mit Beschluß vom 17. Dezember 2001 nach §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen, weil ihr jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die angemeldete Marke bestehe aus den im Deutschen wie im Englischen mit annähernd gleichem Bedeutungsgehalt existierenden Wörtern "Investment" und "Vision". In ihrer Zusammenfügung, die die beiden Wörter sprachregelgerecht miteinander in Beziehung setze, komme ihnen die beschreibende Bedeutung von "Zukunftsvorstellung zu Investitionen" zu. In dieser Weise werde die Wortkombination in der entsprechenden Branche auch verwendet, was sich aus den Recherchebelegen ergebe, die die Markenstelle dem angefochtenen Beschluß beigefügt hat.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, daß die angemeldete Kombination keinen Sachbegriff wiedergebe, der von Mitbewerbern verwendet werden müßte. Dies werde besonders hinsichtlich des Wortes Vision deutlich, das nach der Definition des Duden "Erscheinung, Traumbild, Zukunftsentwurf" bedeute. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb Mitbewerber darauf angewiesen sein könnten, ihre Dienstleistungen als "Traumbild" zu kennzeichnen. Es bestehe kein Freihaltungsbedürfnis an der Kombination "Investment Vision". Zwar sei der Begriff "Investment" Bestandteil des Handelsverkehrs, der Bestandteil "Vision" gehöre aber nicht unbedingt hierzu. Auch stehe der Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses der Rechtsgedanke des § 23 Nr 2 MarkenG entgegen. Der angemeldeten Marke fehle ferner nicht jegliche Unterscheidungskraft, weil ihr - wie in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Logo" (WRP 2000, 741 f) - ein unmittelbar oder konkret beschreibender Produktbezug fehle und das Kennzeichen darüber hinaus mehrdeutig sei. Im übrigen weist die Anmelderin auf Marken mit dem Bestandteil "Vision" wie ua "Sales Vision", "Commerce Vision", "Money Vision" und "Techno Vision" sowie auf die Eintragung ihrer Marken "Capital Vision", "Venture Vision" und "Immo Vision" hin. Nur ausschließlich aus beschreibenden Zeichen und Angaben bestehende Marken seien vom Schutz ausgenommen, während eine aus beschreibenden und nicht beschreibenden Elementen zusammengesetzte Marke eintragungsfähig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist nicht begründet.

Die Markenstelle hat die Anmeldung zu Recht gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Die angemeldete Marke ist von der Eintragung in das Markenregister ausgeschlossen, weil ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

1. Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Kann demnach einer Wortmarke ein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 -marktfrisch; GRUR 2001, 1153, 1154 - anitKALK zuletzt GRUR 2003, 1050 - Cityservice).

Im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen, die auf die Geschäftsführung, die betriebswirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Beratung insbesondere bei Venture-Capital-Fonds und Venture-Capital-Gesellschaften sowie ua auf Investmentgeschäfte und die Übernahme der Funktion eines Lead-Investors bei Finanzierungs- und sonstigen Investmentvorhaben gerichtet sind, kommt der angemeldeten Wortmarke der im Vordergrund stehende beschreibende Begriffsgehalt der "Vorstellung künftiger Investmentvorhaben" zu. Die angemeldete Marke ist nicht nur sprachüblich aus den geläufigen Begriffen "Investment" im Sinne von Kapitalanlage und "Vision" in seiner Bedeutung als "auf die Zukunft bezogene Sichtweise, Zukunftsvorstellung, Zukunftsbild" zusammengesetzt. Vielmehr ergibt sich gerade in der Verbindung die für die beanspruchten Dienstleistungen sinnvolle und inhaltlich beschreibende Gesamtaussage, daß diese sich mit dem künftigen Anlageverhalten und Investitionsstrategien befassen, indem das "Zukunftsbild von Investments bzw Kapitalbeteiligungen" eines Dienstleisters vorgestellt wird.

Mag das Wort "VISION" in Alleinstellung und je nach Art der zu kennzeichnenden Waren oder Dienstleistungen nur vage Gefühle und keine warenbeschreibenden Vorstellungen hervorrufen (vgl hierzu etwa die Eintragung der Wortmarke "VISION" für kosmetische und schmückende Produkte - 30 W (pat) 95/99 sowie die Ausführungen zur Kennzeichnungskraft von "VISION" im Beschluß des 24. Senats des BPatG vom 18.04.2000, GRUR 2001, 166 mwN), so ist die Situation für das im Rahmen der Unterscheidungskraft maßgebliche Verständnis des unbefangenen Durchschnittsverbrauchers bei der vorliegenden Gesamtbezeichnung "Investment Vision" eine andere. Zum einen wird der Begriff "Vision" durch das vorangestellte Wort "Investment" konkretisiert und damit in einer Weise näher bestimmt, die die Bedeutung von Vision als "in jemandes Vorstellung besonders in Bezug auf Zukünftiges entworfenes Bild, Zukunftsentwurf, Zukunftsperspektive" (vgl Duden Das große Fremdwörterbuch, 3. Aufl 2003, S 1411; DUDEN Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl, 1999, Band 10, S 4333; Wahrig Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl 2002, S 1353) in den Vordergrund rückt, während die übrigen Bedeutungen von a) übernatürliche Erscheinung als religiöse Erfahrung, inneres Gesicht, Traumbild und b) optische Halluzination (Duden aaO, S 1411 und S 4333) für die angesprochenen Verkehrskreise in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen in den Hintergrund treten. Zum anderen hat sich der Begriff "Vision" insbesondere im englischsprachigen Bereich des Investment Plannings und des Investment Managements etabliert, was sowohl die von der Markenstelle genannten Beispiele "Our investment vision has its sights on longterm gains" der "Spectrum Investment Management Ltd" und der Presseerklärung der H & Q Asia Pacific zur Beteiligung an der Fa. ACCESS (ACCESS Co., Ltd, a Major Investment of H & Q Asia Pacific: "Our original investment vision for ACCESS was to establish ...") sowie die der Anmelderin übersandten Auszüge aus der Internetrecherche des Senats zeigen (vgl z.B. Jakob Nielsen's Alertbox v. 18. Februar 2003: Investor Relations Website Design-Summary: Individual investors are intimidated by overly complex IR sites and need simple summaries of financial data. Both individual and professional investors want the company's own story and investment vision; Bill Ragsdale"Investment Vision" ... Sir John Templeton's mantra is "Buy undervalued companies and hold for the long term. As an early innovator in international funds he searched the world over for undervalued stocks. His investment horizon often was decades. He applied a vision which looks reasonable now but must have required amazing insight and commitment built on his lifetime of market observation"; Press Coverage of The International Investment Summit: Arab Leadership Needs To Have Compelling Vision To Take On The New Global Challenges; AssetSight - Alternative Investment Vision des Commercial Markets Index (CMI)). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, daß "vision" im Englischen ua ein seriöser Ausdruck für "Vorstellung" und "Weitblick" im Sinne von "foresight, forethought" ist (Langenscheidts Großwörterbuch Englisch Muret-Sanders Teil I, 2001, S 1214; COLLINS German-English Dictionary, 4. Aufl, 2001, S 1976; PONS Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 2002, S 1017).

Auf dem vorliegenden Gebiet der Venture-Capital-Fonds und der Beratung bei Finanzierungs- und sonstigen Investmentvorhaben sind englische Ausdrücke den deutschen Begriffen gleichzusetzen, da sie diese zum Teil ersetzen bzw den inländischen Sprachgebrauch insoweit dominieren. Das Verzeichnis der von der Anmelderin beanspruchten Dienstleistungen liefert hierfür ein beredtes Anschauungsbeispiel. Hinzu kommt, daß die Wörter der Gesamtbezeichnung "Investment Vision" im Englischen und im Deutschen identisch sind und hier bezogen auf die Dienstleistungen der Anmeldung auch die gleiche Gesamtaussage machen. Der Senat geht daher davon aus, daß die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich in erster Linie um potentielle Investoren sowie um fachlich vorgebildete Interessenten von Kapitalbeteiligungen handelt, die angemeldete Bezeichnung als beschreibenden Sachhinweis auf Art und Inhalt der Beratungsdienstleistungen verstehen und auffassen und nicht als Mittel zur Unterscheidung entsprechender Dienstleistungsangebote von denen anderer Unternehmen. Der angemeldeten Marke fehlt somit jegliche Unterscheidungskraft.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist die angemeldete Marke nicht mehrdeutig, wie es der Bundesgerichtshof für die Bezeichnung "Logo" entschieden hat. Denn sie weist im Gegensatz zu letzterer einen in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen eindeutigen und unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt auf. Der Hinweis der Anmelderin auf die angegebenen Voreintragungen vermag einen Anspruch auf Eintragung nach ständiger Rechtsprechung weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu begründen, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstellt (vgl Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl 2003, § 8 Rdn 262 mwN, BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; EuG GRUR Int 2002, 858 = MarkenR 2002, 260, 266 - SAT.2).

2. Bei dieser Sachlage kam es nicht mehr darauf an, ob die angemeldete Marke darüber hinaus auch gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. Im Hinblick auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin wird jedoch darauf hingewiesen, daß das Freihaltebedürfnis beschreibender Angaben nicht auf unersetzliche Zeichen und Bezeichnungen beschränkt ist. Vielmehr muß den Mitbewerbern die freie Wahl zwischen allen unmittelbar beschreibenden Angaben und Zeichen erhalten bleiben, was auch für weniger geläufige beschreibende Bezeichnungen gilt (Ströbele/Hacker aaO § 8 Rdn 228). Ebenso wenig steht die Annahme eines Freihaltebedürfnisses unter dem Vorbehalt des § 23 Nr 2 Marken, der die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht einschränkt. Vielmehr stellt § 23 Nr 2 MarkenG insoweit eine zusätzliche Sicherung der Mitbewerber bei der Verwendung freihaltebedürftiger Angaben dar, soweit diesem Bedürfnis innerhalb des Markeneintragungsverfahren nicht hinreichend Rechnung getragen worden ist (vgl Ströbele aaO, Rdn 264 zu § 8 MarkenG).

Winkler Kätker Pagenberg LL.M.Harv.

Cl






BPatG:
Beschluss v. 30.03.2004
Az: 33 W (pat) 63/02


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