Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Mai 2007
Aktenzeichen: 32 W (pat) 67/05

(BPatG: Beschluss v. 02.05.2007, Az.: 32 W (pat) 67/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Mai 2005 aufgehoben. Der Widerspruch aus der Marke 300 34 316 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke SYNEXION ist am 6. September 2001 unter der Nummer 300 71 360 für Waren der Klassen 9, 16 und 28 sowie für Dienstleistungen der Klassen 35, 38, 41 und 42 in das Register eingetragen und am 11. Oktober 2001 veröffentlicht worden.

Dagegen hat die Inhaberin der am 18. Mai 2000 eingetragenen Marke 300 34 316 Synaviondie nach einer Teillöschung noch für Waren der Klasse 9 sowie für Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 38, 39, 41 und 42 eingetragen ist, Widerspruch eingelegt. Das Widerspruchsverfahren hinsichtlich der Widerspruchsmarke 300 34 316 ist am 5. Dezember 2000 abgeschlossen worden.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 3. Mai 2005 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, da insoweit die Gefahr von Verwechslungen wegen schriftbildlicher Ähnlichkeit der Vergleichsmarken bestehe. Im Übrigen hat sie den Widerspruch aus der Marke 300 34 316 zurückgewiesen.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Nach ihrer Auffassung besteht keine Verwechslungsgefahr, da die Vergleichsmarken aufgrund der ihre Kennzeichnungskraft ausmachenden Bestandteile "EX" und "AV" klanglich und schriftbildlich einen unterschiedlichen Charakter aufwiesen.

Die Markeninhaberin hat in der mündlichen Verhandlung erstmals die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke 300 34 316 erhoben und beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle vom 3. Mai 2005 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 300 34 316 in vollem Umfang zurückzuweisen.

Die Widersprechende hat mit Schriftsatz vom 22. März 2007 mitgeteilt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde und beantragt, nach Lage der Akten zu entscheiden und die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig und in der Sache begründet. Die von der Markenstelle aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 300 34 316 angeordnete teilweise Löschung der angegriffenen Marke war aufzuheben, da der Widerspruch mangels Glaubhaftmachung der zulässig bestrittenen Benutzung der Widerspruchsmarke in vollem Umfang erfolglos bleiben musste.

Nach § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 138 Abs. 3 ZPO ist die von der Markeninhaberin behauptete Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke als zugestanden anzusehen mit der Folge, dass auf Seiten der Widerspruchsmarke bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr keine der für sie eingetragenen Waren und Dienstleistungen berücksichtigt werden kann. Die Markeninhaberin hat die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke in der mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2007 gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG wirksam erhoben. Die Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke begann mit Abschluss des sie betreffenden Widerspruchsverfahrens gemäß § 26 Abs. 5 MarkenG am 5. Dezember 2000 und endete am 5. Dezember 2005 und damit nach der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke. Die Widersprechende hätte daher nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG glaubhaft machen müssen, dass sie ihre Marke im Zeitraum zwischen dem 2. Mai 2002 und dem 2. Mai 2007 benutzt hat. In Bezug auf den Benutzungszwang wird der ansonsten maßgebliche Untersuchungsgrundsatz durchbrochen und auf den Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz abgestellt. Dies bedeutet u. a., dass die Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung ausschließlich nach dem Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zu beurteilen ist, ohne dass für gerichtliche Ermittlungen Raum wäre (Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 43 Rdn. 2). Die Widersprechende hat sich durch ihre Entscheidung, an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen, der Möglichkeit begeben, eine Erklärung im Sinne des § 138 Abs. 2 MarkenG in Bezug auf die von der Markeninhaberin behauptete Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke abzugeben (Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., 8. Aufl., § 43 Rdn. 28).

Der Umstand, dass die Markeninhaberin die Einrede der Nichtbenutzung erst im Verhandlungstermin erhoben hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Insbesondere scheidet hier eine Zurückweisung der Nichtbenutzungseinrede nach den Grundsätzen über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens aus (§ 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. §§ 282 Abs. 2, 296 Abs. 2 ZPO). Denn eine derartige Zurückweisung setzt nicht nur eine auf grober Nachlässigkeit des Inhabers der angegriffenen Marke beruhende Verspätung des Vorbringens voraus, sondern auch eine hierdurch bedingte tatsächliche Verzögerung des Verfahrens. Eine Verfahrensverzögerung ist im Fall einer erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht erhobenen Nichtbenutzungseinrede zu bejahen, wenn die Benutzungslage der Widerspruchsmarke streitig ist und für den Widersprechenden bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eine Glaubhaftmachung der von ihm geltend gemachten Benutzung nach objektiven Kriterien nicht möglich ist (Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., 8. Aufl., § 43 Rdn. 25). Eine solche Fallgestaltung wäre beispielsweise gegeben, wenn die Widersprechende die bestrittene Benutzung in der mündlichen Verhandlung in Form einer Erklärung gemäß § 138 Abs. 2 ZPO geltend gemacht hätte, eine sofortige Glaubhaftmachung der Benutzung im Termin aber - etwa wegen momentan nicht zur Verfügung stehender Unterlagen - nicht möglich gewesen wäre. Die vorliegende Konstellation ist jedoch anders zu beurteilen. Da die Widersprechende nach ordnungsgemäßer Ladung von sich aus darauf verzichtet hat, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, gilt die von der Markeninhaberin behauptete Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke nach § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Über die Beschwerde konnte daher trotz der erst in der mündlichen Verhandlung erhobenen Nichtbenutzungseinrede ohne Verzögerung bereits am Tag der mündlichen Verhandlung entschieden werden (vgl. BPatG GRUR 1997, 534, 535 f. - ETOP/Itrop; BPatG, Beschl. v. 17. Juni 2004, PAVIS PROMA 25 W (pat) 170/03 - Silvamed/SILCA med).

Es bestand auch keine Veranlassung, der Widersprechenden durch Vertagung (§ 227 ZPO) nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und weiteres rechtliches Gehör zu gewähren. Die Möglichkeit der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung stellt eine besonders intensive Form und regelmäßig das Verfahren abschließende Form der Gewährung rechtlichen Gehörs dar. Auch unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) war es nicht geboten, die Widersprechende auf mögliche Rechtsnachteile aufmerksam zu machen, wenn sie der mündlichen Verhandlung fernbleibt. In der Ladung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beim Ausbleiben eines Verfahrensbeteiligten ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 75 Abs. 2 MarkenG). Ferner war in der Ladung angegeben, dass die mündliche Verhandlung gemäß § 69 Nr. 3 MarkenG aus Gründen der Sachdienlichkeit anberaumt wurde, weil es sich nach Auffassung des Senats um einen Grenzfall der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr handle. Schon hieraus hätte die Widersprechende ersehen können, dass das Verfahren möglicherweise eine andere Wendung als vor der Markenstelle nimmt. Im Übrigen findet die Hinweis- und Aufklärungspflicht des Gerichts ihre Grenze im Gebot der Unparteilichkeit (Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., 8. Aufl., § 43 Rdn. 39). Aufgrund des im Zusammenhang mit Fragen der rechtserhaltenden Benutzung geltenden Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatzes ist es dem Gericht verwehrt, auf Angriffs- und Verteidigungsmittel, hier insbesondere die Möglichkeit einer Nichtbenutzungseinrede, hinzuweisen. Dementsprechend gilt auch umgekehrt, dass das Gericht einen Widersprechenden nicht auf den Ablauf der Benutzungsschonfrist seiner Marke und damit auf die mögliche Erhebung der Nichtbenutzungseinrede durch den Inhaber der angegriffenen Marke hinweisen darf (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., 8. Aufl., § 43 Rdn. 2).

Es bestand kein Anlass, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).






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Az: 32 W (pat) 67/05


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