Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Mai 2003
Aktenzeichen: 21 W (pat) 26/01

(BPatG: Beschluss v. 15.05.2003, Az.: 21 W (pat) 26/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die am 30. März 1994 unter Inanspruchnahme der Priorität JP 5-73910 vom 31. März 1993 in Japan beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent unter der Bezeichnung "Passagier-Rückhaltegurtsystem zur Verwendung mit einem in einem Fahrzeug angebrachten Sitz" erteilt worden; die Veröffentlichung der Erteilung ist am 4. Juni 1998 erfolgt.

Gegen das Patent ist ein Einspruch erhoben worden.

Zur Begründung ihres Einspruchs verweist die Einsprechende auf folgende Druckschriften:

(1) DE-OS 22 27 121

(2) DE 22 49 759 C2

(3) DE-OS 21 03 194 (= US 3 684 309)

(4) DE 41 12 579 A1

(5) DE 29 22 273 A1.

Im Verfahren vor der Erteilung sind die Druckschriften (1), sowie die GB 2 243 533 A, die der Druckschrift (4) entspricht und die US 3 918 545, die der Druckschrift (2) entspricht, genannt worden.

Die Patentabteilung 22 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß vom 7. Februar 2001 das Patent in vollem Umfang aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.

Die Patentinhaberin verfolgt ihr Patentbegehren in der erteilten Fassung weiter. Der erteilte Patentanspruch 1, nach Merkmalen gegliedert, lautet:

"a) Passagier-Rückhaltegurtsystem zur Verwendung mit einem in einem Fahrzeug angebrachten Sitz, mit:

b) einem Sitzgurt (2) zum Sichern eines Passagiers auf dem Sitz (7) in einer Sitzposition;

c) einem Gurtstrammer (1), der auf ein Steuersignal reagiert, um so den Passagier auf dem Sitz (4) festzuhalten, d) einer Einrichtung (12) zum Messen der Entfernung und der Geschwindigkeit des Fahrzeugs in bezug auf ein Objekt sowie einer Einrichtung zur Berechnung einer Zeit, nach der ein Fahrzeug-Zusammenstoß mit dem Objekt erwartet wird, unde) einer Steuereinheit (G10) zur Erzeugung eines Steuersignals, e1) das rechtzeitig die des Gurtstrammers (1) erhöht, wenn ein Zusammenstoß erwartet wird, unde2) eines zweiten Steuersignals das, die Kraft des Gurtstrammers (1) reduziert, wenn kein Fahrzeug-Zusammenstoß erwartet wird;

dadurch gekennzeichnet, dassf) der steuerbare Gurtstrammer (1) als Vorstrammer (PT1) ausgebildet ist, derf1) vor dem Fahrzeug-Zusammenstoß

f2) nur bis zu einer vorgegebenen Vorspannkraft (F1) wirksam ist, und dassg) ein weiterer Gurtstrammer (PT2) vorgesehen ist, der ausgelöst wird, wenn ein Fahrzeug-Zusammenstoß festgestellt wird."

Die auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 10 betreffen Ausgestaltungen des Passagier-Rückhaltegurtsystems nach dem Patentanspruch 1.

Dem Gegenstand des Patents liegt die Aufgabe zugrunde, ein Rückhaltegurtsystem der im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 genannten Art so auszubilden, daß die Strammkraft, mit der ein Sitzgurt insbesondere den Fahrer des Fahrzeugs auf dem Sitz sichert, vor dem Auftreten eines Fahrzeug-Zusammenstoßes so eingestellt werden kann, daß der Fahrer in seiner Reaktionsfähigkeit nicht behindert wird (Patentschrift S. 2, Zeile 12ff).

Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Einsprechende aus, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 durch den Stand der Technik nach (1) und (2) dem Fachmann nahegelegt sei. Aus der Druckschrift (2) seien sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 bis auf das Merkmal d) bekannt. Vor allem sei zu beachten, daß das mehrstufige Spannelement 1 in der dargelegten Betriebsweise den beim Gegenstand des Anspruchs 1 vorgesehenen zwei Strammern (Vorstrammer PT1 und Gurtstrammer PT2) entspreche. Über die Pumpe 8 werde, gesteuert von einem Verzögerungssensor 6, durch das Spannelement 1 eine Vorstrammung durchgeführt; über den Verzögerungssensor 6 und eine Steuereinheit 11 werde im Crashfalle durch einen Druckspeicher 17 und ein Steuerelement 16 die vollständige Strammung ausgeführt. Im Unterschiedsmerkmal d) könne nichts Erfinderisches gesehen werden, weil dem Fachmann aus der Druckschrift (1) bekannt sei, mittels einer Einrichtung zum Messen der Entfernung und der Geschwindigkeit des Fahrzeugs in bezug auf ein Objekt, sowie einer Einrichtung zur Berechnung einer Zeit, nach der ein Fahrzeug-Zusammenstoß mit dem Objekt erwartet werde, eine Gurtbandrückstrammung vorzunehmen, so daß er diese ohne weiteres beim Gegenstand von (2) einsetzen könne.

Aber auch durch eine Verbindung der Lehre der Druckschriften (2) und (5) sei dem Fachmann der Gegenstand des Anspruchs 1 nahegelegt, weil es aus (5) bekannt sei, einen Luftsack (Airbag) zunächst nur teilweise und erst nach einer eingetretenen Kollision vollständig aufzublasen und dort ausdrücklich ausgeführt werde, dieses Vorgehen auf das Straffen von Sicherheitsgurten anzuwenden.

Die Einsprechende stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung erklärt die Patentinhaberin die Teilung des Patents mit dem Gegenstand des ursprünglichen Anspruchs 1.

Die Patentinhaberin führt aus, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 neu sei und daß keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften dem Fachmann eine Anregung geben konnte, die Maßnahmen nach dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 zu ergreifen. Das gelte insbesondere, weil in keiner der genannten Druckschriften zwei Rückstrammvorrichtungen beschrieben seien, von denen die erste schon bei einem zu erwartenden Zusammenstoß aktiviert und, falls dieser nicht stattfinde, wieder deaktiviert werde. Erst wenn ein Zusammenstoß stattfinde, werde der zweite Rückstrammer aktiviert.

II.

Der zulässige Beschwerde der Einsprechenden ist nicht begründet, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist patentfähig.

1.) Die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Teilungserklärung ist formgerecht und rechtzeitig vor der Rechtskraft des Beschlusses über den Einspruch erklärt worden (BIfPMZ 2000, 245 II 2c - Graustufenbild). Mit der Teilungserklärung ist für die Behandlung der entstehenden Teilanmeldung die Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts zuständig (BGH GRUR 1999, 150 III.1.d - Informationsträger).

Die Entscheidung über das Stammpatent kann erfolgen, denn es besteht kein "Schwebezustand" dahin gehend, daß im Einspruchsverfahren eine Entscheidung nicht möglich ist, solange nicht feststeht, ob für den abgetrennten Teil innerhalb von drei Monaten die nach den §§ 34 bis 36 PatG erforderlichen Anmeldeunterlagen eingereicht und die gemäß § 39 Abs. 2 PatG nachzuzahlenden Gebühren entrichtet sind oder die Teilung rückwirkend beseitigt wird, falls die Anmeldeunterlagen und Gebühren nicht fristgerecht eingehen (Mitt 2003, 69, III - Unterbrechungsbetrieb). Denn die wirksame Teilung eines Patents setzt nicht voraus, daß durch die Teilungserklärung ein gegenständlich bestimmter Teil des Patents definiert wird, der von diesem abgetrennt wird (vgl BGH in BIfPMZ 2003, 66 - Sammelhefter). Demnach gibt es auch keinen mit der Teilungserklärung abgetrennten Teil, der wieder in das Stammpatent zurückfallen könnte, wenn die Teilungserklärung als nicht abgegeben gilt oder vorzeitig zurückgenommen wird.

2.) Die Patentansprüche 1 bis 10 sind zulässig, wie auch die Patentabteilung im Aufrechterhaltungsbeschluß zutreffend festgestellt hat.

3.) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik, denn ein Passagier-Rückhaltegurtsystem mit sämtlichen in diesem Anspruch angegebenen Merkmalen ist in keiner der zum Stand der Technik vorgelegten Entgegenhaltungen beschrieben, wie im einzelnen aus den nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit folgt.

4.) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Druckschrift (1), von deren Gegenstand im Oberbegriff des Anspruchs 1 ausgegangen wird, betrifft ein Passagier-Rückhaltegurtsystem zur Verwendung mit einem in einem Fahrzeug angebrachten Sitz (Merkmal a); in (1) vgl. Sitz und Haltesystem 13 in der Figur). Dieses System weist auf, einen Sitzgurt zum Sichern eines Passagiers auf dem Sitz in einer Sitzposition (Merkmal b); Sitzdarstellung und Gurt 13 in der Figur von (1)), einen Gurtstrammer, der auf ein Steuersignal reagiert, um so den Passagier auf dem Sitz zurückzuhalten (Merkmal c); Betätigungseinrichtung 8 und Beschreibung Seite 4, 1. Absatz in (1)), eine Einrichtung zum Messen der Entfernung und der Geschwindigkeit des Fahrzeugs in bezug auf ein Objekt sowie eine Einrichtung zur Berechnung einer Zeit, nach der ein Fahrzeug-Zusammenstoß mit dem Objekt erwartet wird (Merkmal d)). In (1) ist die dafür vorgesehene Einrichtung, die nach dem Radarprinzip arbeitende Meßeinrichtung, bestehend aus Sendeteil 2, Empfangsteil 3, Koppler 4 und Verstärker 5, die bei einem zu erwartenden Aufprall einen Impuls liefert (Seite 2, 1. Absatz). Diese Impulserzeugung im Falle eines zu erwartenden Aufpralls bedeutet nichts anderes, als daß hier ebenfalls, auch wenn das nicht expressis verbis angesprochen ist, die genannte Einrichtung die Entfernung und die Geschwindigkeit mißt und die Zeit berechnet nach der ein Zusammenstoß erwartet wird, da ansonsten kein zu "erwartender Aufprall" festgestellt werden könnte.

Des weiteren ist beim System nach (1) eine Steuereinheit zur Erzeugung eines Steuersignals (Merkmal e); Impulsgeber 6 bei (1)) vorgesehen, das rechtzeitig die Kraft des Gurtstrammer erhöht, wenn ein Fahrzeug-Zusammenstoß erwartet wird (Merkmal e1). Dies erfolgt durch eine Betätigungseinrichtung, die im Sinne der Erzeugung einer Vorspannung in Gang gesetzt wird (Seite 2, 1. Absatz von (1)). Wenn kein Fahrzeug-Zusammenstoß erwartet wird, wird auch beim Gegenstand von (1) die Kraft des Gurtstrammers reduziert und zwar durch die Wirkung einer dann einsetzenden Pumpe 9, die die bereits aufgebaute Vorspannung reduziert (Merkmal e2); Seite 4, 1. Absatz, letzte beiden Sätze in (1)). Daß dieser Vorgang beim Gegenstand von (1) mittels eines Steuersignals (zweites Steuersignal nach Merkmal e2)) eingeleitet wird, folgt implizit aus der von Seite 4 zitierten Stelle, da ansonsten die dort genannte Wirkung nicht erzielbar wäre. Die weiteren Merkmale des Anspruchs 1, insbesondere das Merkmal g) sind der Druckschrift (1) nicht entnehmbar, das heißt, es ist kein weiterer Gurtstrammer vorgesehen, der erst im Falle eines Fahrzeug-Zusammenstoßes ausgelöst wird, so daß auch der vorstehend genannte, beim Gegenstand von (1) vorgesehene Gurtstrammer nicht als Vorstrammer ausgebildet ist, der nur bis zu einer vorgegebenen Vorspannkraft wirksam ist.

Es sind für den Fachmann, das ist hier der mit der Entwicklung und der Herstellung von Sicherheitsgurtsystemen befaßte Maschinenbauingenieur, auch keine Anregungen ersichtlich, die ihn hätten veranlassen können einen zweiten Gurtstrammer vorzusehen.

Eine solche Anregung ging auch nicht von dem Haltesystem für die Insassen eines Kraftfahrzeugs nach (2) aus. Dieses System umfaßt ein mehrstufiges Spannelement 1, das von einem Verzögerungssensor 6 über eine Pumpe 8 angesteuert wird, die ein Druckmittel einem Kolben 2 im Spannelement 1 zuführt, so daß der Kolben aus einem Zylinder ausgefahren wird und dabei einen Sicherheitsgurt 4 mit einer gewissen Vorspannung beaufschlagt. Die Ansteuerung der Pumpe durch den Sensor erfolgt durch einen Schaltimpuls (Spalte 3, Zeile 5ff), wenn vom Fahrzeug ein Verzögerungswert überschritten wird, bei dem der Sensor 6, der eine definierte Beschleunigungsschwelle aufweist, anspricht. Durch diesen Schaltimpuls wird gleichzeitig eine Steuereinheit 11 eines Steuersystems über die Leitung 12 angesprochen und zunächst in Bereitschaft versetzt. Überschreitet die Fahrzeugverzögerung nun den Grenzwert, bei dem der Sensor 6 zunächst nur anspricht und einerseits eine gewisse Vorspannung des Gurtes 4 bewirkt und andererseits die Steuereinheit 11 einschaltet, so wird entsprechend der Größe der Verzögerung von der Steuereinheit 11 zunächst eine weitere Erhöhung der Gurtvorspannung eingeleitet. Diese Erhöhung der Gurtspannungen erfolgt dadurch, daß von der Steuereinheit 11 über die Leitung 15 ein Steuerelement 16 angesprochen wird, das zum Beispiel durch ein Ventil gebildet sein kann und durch das die Verbindung von einem Druckspeicher 17 zum Spannelement 1 freigegeben wird. Über das Steuerelement 16 wird entsprechend den Kommandobefehlen der Steuereinheit 11 die Kraft des Kolbens 2 und damit die Größe der Vorspannung eingestellt (Spalte 4, Zeile 8ff).

Dieses vorbekannte Haltesystem bewirkt ausschließlich, daß die Größe der Vorspannkraft ein- oder mehrstufig oder auch stufenlos regelbar ist (Patentansprüche 2, 3). Es erzeugt außerdem, entgegen der Auffassung der Einsprechenden, die Vorspannkraft vor dem Auftreten eines Fahrzeug-Zusammenstoßes. An keiner Stelle der Druckschrift (2) ist ausgeführt, daß die Auslösung des mehrstufigen Spannelements in unmittelbarer Beziehung zu einer Fahrzeugkollision steht. In Spalte 1 Zeilen 60 bis 63 heißt es vielmehr, daß das dortige Haltesystem so ausgebildet sein soll, daß eine optimale Anpassung der Gurtspannung an die zu erwartende Kollision erfolgt. Das bedeutet nichts anderes, als daß alle in (2) vorgesehenen Maßnahmen zum Zeitpunkt der Kollision bereits abgeschlossen sein müssen. Damit ergeben sich aus dem Gegenstand der Druckschrift (2) für den Fachmann keine Anregungen, das mehrstufige Spannelement 1 durch zwei Gurtstrammer, einen Vorstrammer und einen weiteren Strammer zu ersetzen und den weiteren Strammer erst auszulösen, wenn ein Fahrzeug-Zusammenstoß festgestellt wird.

Die Druckschrift (5) schließlich betrifft ein Luftsack-Rettungsgerät (Airbag), das so ausgebildet ist, daß bei einem zu erwartenden Fahrzeug-Zusammenstoß der Airbag nur teilweise und nach eingetretenem Zusammenstoß vollständig aufgeblasen wird (Seite 12. 2. Abs). Im letzten Satz der Beschreibung heißt es dann: "Die vorliegende Erfindung erlaubt auch anstelle des Aufblasens eines Luftsacks das Straffen von dafür geeigneten Sicherheitsgurten." Weitere Hinweise in Bezug auf Gurtstrammer sind (5) aber nicht zu entnehmen.

Der Fachmann ist aufgrund dieser Hinweise nicht in die Lage versetzt, ausgehend von einem (einzigen) Airbag und dem allgemeinen Verweis auf das Straffen von Sicherheitsgurten ein Sicherheitsgurt-System anzugeben, das zwei Gurtstrammer aufweist, von denen einer als Vorstrammer ausgebildet ist und die im Anspruch 1 genannten Funktionen hinsichtlich eines zu erwartenden Zusammenstoßes ausführt und der zweite als weiterer Gurtstrammer vorgesehen ist, der erst ausgelöst wird, wenn ein Fahrzeug Zusammenstoß festgestellt wird. Aus den gleichen Gründen ist es auch nicht möglich, entgegen der Auffassung der Einsprechenden, durch eine zusammenfassende Betrachtung die Entgegenhaltungen (2) und (5) zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen, weil, wie ausgeführt, beide Druckschriften keine Anregungen auf zwei Gurtstrammer mit deren dargelegten und im Anspruch 1 aufgeführten jeweiligen Funktionen erkennen lassen. Das gilt gleichermaßen auch für eine entsprechende Betrachtung der Druckschriften (1) und (2).

Die Druckschriften (3) und (4) vermochten den Gegenstand des Anspruchs 1 dem Fachmann ebenfalls nicht nahezulegen. Sie sind im übrigen in der mündlichen Verhandlung von den Parteien nicht mehr aufgegriffen worden.

Die Druckschrift (3) betrifft die Steuerung eines Airbags. Dieser wird über einen Ventilmechanismus und einen Aufpralldetektor so gesteuert, daß seine vollständige Füllung schon vor einem Aufprall der Fahrzeuginsassen auf die Fahrzeugkarosserie abgeschlossen ist (Seite 4, 2. Abs). Hinweise auf eine Steuerung zweier Strammer, wie beim Gegenstand des Anspruchs 1, vermag der Fachmann weder der völlig anderen Problematik noch des völlig anderen Aufbaus hieraus nicht zu entnehmen.

Die Druckschrift (4) schließlich betrifft ein Passagier-Rückhaltesystem mit einem Dreipunktgurt und umfaßt einen Mikroprozessor, der Signale von verschiedenen Sensoren aufnimmt und ein bestimmtes Verarbeitungsprogramm enthält, mit dem nach Maßgabe der von den Sensoren abgegebenen Signale bestimmte Einstell- und Auslöseeinrichtungen angesteuert werden, die das Gesamtsicherheitssystem für einen Fahrzeuginsassen im Falle einer Fahrzeugkollision optimal einstellen, um die auf den Fahrzeuginsassen wirkende Stoßbelastung soweit wie möglich herabzusetzen (Beschr. Sp. 2, Z., Z. 16 bis 19, Sp. 7, Z. 11 bis 23). Hierbei sind die Gurtaufrolleinrichtung mit einer Vorbelastungseinrichtung und die Schultergurtverankerung mit einer Explosiv-Vorbelastungseinrichtung versehen, die nach sensorischer Erfassung von Fahrsituationsdaten in dem genannten Kleinrechner über diesen signalgesteuert bei einem detektierten Fahrzeugzusammenstoß gleichzeitig zur Auslösung gebracht werden (Sp. 4, Z. 35ff). Diese bekannte Anordnung sieht keine Betätigung eines Vorstrammers eine gewisse Zeit vor einem angenommenen Zeitpunkt einer tatsächlichen Fahrzeugkollision vor, die gegebenenfalls bei einem Ausbleiben der Fahrzeugkollision wieder rückgängig gemacht wird. Damit konnte auch hieraus der Durchschnittsfachmann keine Anregungen in bezug auf den Gegenstand des Patentanspruchs 1 erhalten.

Auch eine gemeinsame Betrachtung sämtlicher Entgegenhaltungen führt zu keinem anderen Ergebnis, da, wie aufgezeigt, wesentliche Einzelelemente im genannten Stand der Technik nicht einmal als an sich bekannt nachgewiesen werden konnten.

Die auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 10 haben ebenfalls Bestand, da sich ihre Gegenstände auf vorteilhafte Ausgestaltungen des Gegenstands des Anspruchs 1 beziehen.

Dr. Winterfeldt Klosterhuber Dr. Franz Dr. Strößner Pr






BPatG:
Beschluss v. 15.05.2003
Az: 21 W (pat) 26/01


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