Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. März 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 403/02

(BPatG: Beschluss v. 10.03.2004, Az.: 32 W (pat) 403/02)

Tenor

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 11 - vom 7. Oktober 2002 insoweit aufgehoben, als die angemeldete Marke für die Waren und Dienstleistungen "auf Datenträger gespeicherte Programme für die Datenverarbeitung; technische und wirtschaftliche Produkt- und Unternehmensberatung; Öffentlichkeitsarbeit; Prospektwerbung; Vermittlung und Zurverfügungstellung von Werbeflächen, insbesondere von virtuellen Werbeflächen im Internet; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen, Messen und Foren für wissenschaftliche, wirtschaftliche und werbende Zwecke, insbesondere in virtueller Form im Internet und anderen Netzwerken; Bereitstellung einer Chat-Plattform im Internet; Bereitstellung einer E-Commerce-Plattform im Internet; Übermittlung von Daten, Bildern und sonstigen Informationen über das Internet und andere Netzwerke; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Internetdienstleistungen, nämlich Sammeln, Sichten (Filtern), Bereitstellen und Übermitteln von Informationen, insbesondere in Form von themenbezogenen Zusammenfassungen" von der Eintragung zurückgewiesen worden ist.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Der Antrag auf Verbindung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens mit dem Verfahren 24 W (pat) 214/03 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die beim Deutschen Patent- und Markenamt am 30. Juli 2001 für die Waren und Dienstleistungen Auf Datenträger gespeicherte Programme für die Datenverarbeitung; Software für das Bedienen, Betreiben, Überwachen, Instandhalten sowie für die Energieoptimierung, Kostenerfassung und Ertragskontrolle von gebäudetechnischen und industriellen Anlagen, insbesondere von Anlagen mit solarer Energieversorgung;

photovoltaische und/oder solarthermische Anlagen und Geräte und deren Teile (soweit in Klasse 9 enthalten); Solarmodule, Laderegler und Energiespeicher für Solaranlagen;

Installation, Wartung und das Betreiben für Dritte von gebäudetechnischen und industriellen Anlagen, insbesondere von Anlagen mit solarer Energieversorgung;

Technische und wirtschaftliche Produkt- und Unternehmensberatung;

Öffentlichkeitsarbeit; Prospektwerbung;

Vermittlung und Zurverfügungstellung von Werbeflächen, insbesondere von virtuellen Werbeflächen im Internet;

Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen, Messen und Foren für wissenschaftliche, wirtschaftliche und werbende Zwecke, insbesondere in virtueller Form im Internet und anderen Netzwerken;

Bereitstellung einer Chat-Plattform im Internet;

Bereitstellung einer E-Commerce-Plattform im Internet;

Übermittlung von Daten, Bildern und sonstigen Informationen über das Internet und andere Netzwerke;

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung;

Internetdienstleistungen, nämlich Sammeln, Sichten (Filtern), Bereitstellen und Übermitteln von Informationen, insbesondere in Form von themenbezogenen Zusammenfassungen;

Dienstleistungen eines Ingenieurs (Engineering);

Planung, Auslegung, Komponentenauswahl und Installationsüberwachung von gebäudetechnischen und industriellen Anlagen, insbesondere von Anlagen mit solarer Energieversorgungangemeldete Wortmarke Solarfängerhat die Markenstelle für Klasse 11 zunächst in einem Bescheid vom 22. Oktober 2001 als nicht schutzfähig beanstandet. Als reinem Werbewort in der Bedeutung "Sonnenfänger" fehle der Anmeldung jegliche Unterscheidungskraft. Im Deutschen gäbe es ähnliche Begriffe, welche als Eingangsbestandteil sowohl das Wort "Sonnen" als auch "Solar" aufweisen könnten (Solarenergie, Solarkollektor, Solarheizung, Solarkraftwerk). Der Begriff "Sonnenfänger" werde - wie aus dem Internet ersichtlich - bereits für Solaranlagen oder Solarkollektoren verwendet.

Mit Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes vom 7. Oktober 2002 hat die Markenstelle sodann die Anmeldung zurückgewiesen. Da sich die Zustellung dieses Beschlusses mit einem vom Anmelder zur Begründung der Schutzfähigkeit eingereichten Schriftsatz überschnitten hatte, hat die Markenstelle nachträglich die Ergebnisse ihrer Ermittlungen aus dem Internet (13 S) übersandt.

Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt. Er trägt vor, Solarfänger stelle eine neue, lexikalisch nicht auffindbare Wortschöpfung dar, der für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch nicht jegliche Unterscheidungskraft fehle; der Begriff lasse vielmehr der Phantasie des Verkehrs freien Lauf. Das Wort "Fänger" sei eng mit der Handlungsweise eines Menschen verbunden (zB Tierfänger, der Rattenfänger von Hameln). Solarenergie oder entsprechende Geräte ließen sich nicht fangen. Die Begriffsinhalte der angemeldeten Marke seien zu vage und unbestimmt, um die angesprochenen Verkehrskreise in die Lage zu versetzen, in dieser eine ausschließlich beschreibende Angabe zu sehen.

In einem Zwischenbescheid des Berichterstatters vom 9. Dezember 2003 ist der Anmelder auf Bedenken gegen die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke für Waren und Dienstleistungen auf dem Gebiet der Solartechnik hingewiesen worden; beigefügt waren Ausdrucke von zehn Internet-Seiten zur Verwendung des deutschen Wortes "Sonnenfänger" sowie von zwei Internet-Seiten betreffend den englischen Begriff "solarcatcher".

Der Anmelder hat um eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten. Er beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Oktober 2002 aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke im Umfang der ursprünglich beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beschließen, hilfsweise, für alle Waren und Dienstleistungen, für welche die angemeldete Marke nicht beschreibend ist.

Er äußert sein Unverständnis darüber, dass seine verfahrensgegenständliche Anmeldung zurückgewiesen, demgegenüber die Marke 300 03 658 SONNENFANG für vergleichbare Waren und Dienstleistungen registriert worden ist. Er weist auf ein weiteres anhängiges Beschwerdeverfahren betreffend seine Anmeldung der Marke Sonnenfänger (24 W (pat) 214/03) hin und beantragt, beide anhängigen Beschwerdeverfahren zu verbinden und über diese gemeinsam zu entscheiden.

II.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist teilweise, im Umfang der in der Beschlussformel genannten Waren- und Dienstleistungen, begründet. Im übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, welche im Verkehr ua zur Bezeichnung von Art, Beschaffenheit oder Bestimmung der betreffenden Waren und Dienstleistungen dienen können. Voraussetzung ist aber, dass die angemeldete Marke für die beanspruchten Erzeugnisse und Dienstleistungsangebote unmittelbar beschreibend ist. Beim Markenwort Solarfänger ist dies (nur) der Fall, soweit sich in naheliegender Weise ein Bezug zur Solartechnik, dh zur Gewinnung von Sonnenenergie in Verbindung mit gebäudetechnischen und industriellen Anlagen, herstellen lässt.

Der Sinngehalt von Solarfänger entspricht dem des - bereits in beschreibender Weise verwendeten (vgl die dem Anmelder zur Kenntnis gegebenen Internet-Belege) - Wortes Sonnenfänger. Von der Wortbildung wie vom Aussagegehalt her weitgehend entsprechende Bezeichnungen stellen auch die häufig verwendeten Begriffe Sonnenkollektor und Solarkollektor dar. Die Vorsilbe lateinischen Ursprungs "Solar" (abgeleitet von sol = Sonne) lässt sich durch das deutsche Wort "Sonnen" ersetzen (und umgekehrt). Die Kombination der Vorsilbe "Solar" mit einem nachfolgenden deutschen Wort ist völlig gang und gäbe (vgl zB Solaranlage, Solararchitektur, Solardach, Solarhaus, Solarheizung, Solarkraftwerk, Solarlampe, Solarleuchte, Solarstrom, Solarwand, Solarwärme, Solarzelle). Entsprechendes gilt umgekehrt für die Zusammenstellung des Wortes "Sonnen" mit einem Begriff lateinischen Ursprungs (wie etwa in Sonnenkollektor). Selbst wenn es sich bei Solarfänger um eine neue, lexikalisch bisher nicht nachweisbare Wortbildung handeln sollte, entspricht diese mithin den Regeln der deutschen Sprache und bereitet dem angesprochenen Verkehr keinerlei Verständnisschwierigkeiten. Sie eignet sich von daher zur beschreibenden Verwendung auf dem Gebiet der Solarenergiegewinnung und darf deshalb nicht zugunsten eines einzelnen Unternehmens monopolisiert werden.

Die Redewendung, die Sonne (ein)zu fangen, findet sich seit langem in der deutschen Sprache. So heißt es etwa in einem bekannten Volkslied: "Wir sind hinaus gegangen, den Sonnenschein zu fangen ...". Dass, mit Blick auf die beanspruchten Waren, Solarfänger keinen Menschen (wie etwa einen Hundefänger) bezeichnet, sondern das betreffende technische Gerät meint, den Begriff also in einem übertragenen Sinn verwendet, erschließt sich dem Verkehr ohne jeden gedanklichen Aufwand. Für solartechnische Erzeugnisse in den Klassen 9 und/oder 11 nämlich "Photovoltaische und/oder solarthermische Anlagen und Geräte und deren Teile (soweit in Klasse 9 enthalten); Solarmodule, Laderegler und Energiespeicher für Solaranlagen" ist mithin das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG gegeben. Für die in Klasse 9 enthaltene "Software für das Bedienen, Betreiben, Überwachen, Instandhalten sowie für die Energieoptimierung, Kostenerfassung und Ertragskontrolle von gebäudetechnischen und industriellen Anlagen, insbesondere von Anlagen mit solarer Energieversorgung" stellt das Markenwort eine in gleicher Weise schutzunfähige Bestimmungsangabe dar.

Von den beanspruchten Dienstleistungen beziehen sich die in Klasse 37, wie sich aus dem Nachsatz ("insbesondere von Anlagen mit solarer Energieversorgung") ergibt, vorrangig auf Anlagen der Solartechnik. Bei den Dienstleistungen in Klasse 42 gilt diese Beurteilung (nur) bei den zuletzt angegebenen "Dienstleistungen eines Ingenieurs (Engineering); Planung, Auslegung, Komponentenauswahl und Installationsüberwachung von gebäudetechnischen und industriellen Anlagen, insbesondere von Anlagen mit solarer Energieversorgung".

Die Schutzversagung nach § 8 Abs 2 Nr 2 hat nicht zwingend zur Voraussetzung, dass sich eine beschreibende Verwendung bereits aktuell belegen lässt; es genügt die durch Tatsachen gestützte Annahme, dass mit einer derartigen Verwendung in absehbarer Zukunft gerechnet werden kann. Einen Anhaltspunkt hierfür sieht der Senat nicht nur im nachgewiesenen beschreibenden Gebrauch des Wortes Sonnenfänger, sondern vor allem auch in dem des im Bedeutungsgehalt mit der angemeldeten Marke völlig übereinstimmenden englischsprachigen Begriffs Solarcatcher (bzw solar catcher). Erfahrungsgemäß werden Bezeichnungsgepflogenheiten im angloamerikanischen Bereich gerade auf dem Gebiet technischer Erzeugnisse und Dienstleistungen binnen kurzer Zeit - wörtlich oder in Übersetzung - im Inland übernommen.

Aus der Registrierung der - nach Ansicht des Anmelders - mit dem angemeldeten Markenwort im Sinngehalt ähnlichen Marke 300 03 658 SONNENFANG kann der Anmelder keine Rechte herleiten. Weder das Deutsche Patent- und Markenamt, noch das Bundespatentgericht in der Beschwerdeinstanz werden hierdurch rechtlich gebunden. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass Voreintragungen identischer oder ähnlicher Markenwörter generell nicht geeignet sind, ein Recht auf Registrierung unter Gesichtspunkten wie Gleichbehandlung, Vertrauensschutz oder Selbstbindung der Verwaltung zu begründen (vgl BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS).

Ob hinsichtlich der weiterhin versagten Waren und Dienstleistungen die angemeldete Marke zusätzlich auch jeglicher Unterscheidungskraft entbehrt (gem § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), kann dahingestellt bleiben.

2. Eine andere Beurteilung ist aber für die in der Beschlussformel genannten Waren und Dienstleistungen geboten. Hinsichtlich dieser ist das Verzeichnis so (neutral) gefasst, dass ein Bezug zur Solartechnik sich für den beteiligten Verkehr nicht ohne weiteres einstellt. Diese Beurteilung gilt in Klasse 9 für die "auf Datenträger gespeicherten Programme für die Datenverarbeitung" sowie für sämtliche Dienstleistungen in den Klassen 35 und 38. In Klasse 42 gilt Entsprechendes für die Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Internetdienstleistungen ....". Zwar kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Anmelder beabsichtigt, auch diese Waren und Dienstleistungen in Verbindung mit solartechnischen Anlagen und darauf bezogenen Dienstleistungsangeboten mit der angemeldeten Wortmarke zu kennzeichnen. Auf derartige subjektive Verwendungsabsichten darf jedoch nicht abgestellt werden, wenn - wie hier - die sprachliche Fassung des Verzeichnisses dies nicht nahe legt.

Hinsichtlich der genannten Waren und Dienstleistungen steht auch für das allgemeine angesprochene Publikum kein beschreibender Begriffsinhalt des Wortes Solarfänger im Vordergrund des Verständnisses, so dass diesem nicht das erforderliche Mindestmaß an betriebskennzeichnender Hinweiskraft abgesprochen werden kann.

3. Die vom Anmelder erstrebte Verbindung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens mit dem weiteren, vor dem 24. Senat anhängigen Verfahren, kam nicht in Betracht. Jede Markenanmeldung ist im Hinblick auf den Sinngehalt und die jeweiligen Waren und Dienstleistungen in einem gesonderten Verfahren - vor der Markenstelle ebenso wie in der patentgerichtlichen Beschwerdeinstanz - auf absolute Schutzhindernisse zu prüfen. Abgesehen davon wäre der Senat nach der Geschäftsverteilung selbst dann nicht befugt, die Zuständigkeit in dem vor einem anderen Senat anhängigen Beschwerdeverfahren an sich zu ziehen, wenn es in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Parallelen zum vorliegenden Fall geben sollte. Aus den genannten Gründen war es auch nicht möglich, ohne förmliche Verbindung über beide Beschwerden gemeinsam zu entscheiden.

Winkler Kruppa Viereckbr/Ko






BPatG:
Beschluss v. 10.03.2004
Az: 32 W (pat) 403/02


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