Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Dezember 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 189/02

(BPatG: Beschluss v. 03.12.2003, Az.: 28 W (pat) 189/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 2 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Mai 2002 aufgehoben.

Wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 011 261 ist der angemeldeten Marke F 40 704/2 Wz die Eintragung hinsichtlich der Waren "Baumaterialien aus Metall und nicht aus Metall, insbesondere Armierungsgewebe, Dämmplatten, Profile, Winkel und Dübel" in das Register zu versagen.

Die weitergehende Beschwerde und der weitergehende Widerspruch werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für

"Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; Farben, Firnisse, Lacke, Innenwand- und Außenwandputze; Holzkonservierungsmittel; Baumaterialien aus Metall und nicht aus Metall, insbesondere Armierungsgewebe, Dämmplatten, Profile, Winkel und Dübel; Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Fugenkitte"

am 8. Januar 1992 angemeldete und am 31. August 1992 bekannt gemachte Wortmarke

"FEMA-THERM"

ist am 12. November 1992 Widerspruch erhoben worden aus der Wortmarke 2 011 261

"FRIATHERM", die am 13. Dezember 1991 angemeldet und am 16. März 1992 nach § 6 a WZG eingetragen wurde und derzeit noch geschützt ist für die Waren

"Kunststoffrohre und Rohrleitungsteile aus Kunststoff (Halbfabrikate) für die Kaltwasser-, Warmwasserinstallation".

Die Anmelderin hat im Laufe des Verfahrens die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten und die Markenstelle für Klasse 2 hat den Widerspruch sodann mit der Begründung zurückgewiesen, die Widersprechende habe nicht hinreichend die rechtserhaltende Benutzung nach Art und Form glaubhaft gemacht.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie weitere Benutzungsunterlagen einreicht, ihre Beschwerde aber ansonsten nicht weiter begründet hat.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und der angemeldeten Marke die Eintragung zu versagen.

Die Anmelderin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie erhält ihre Nichtbenutzungseinrede aufrecht und wendet sich gegen die Annahme einer Verwechslungsgefahr, da weder eine Warenähnlichkeit noch eine ausreichende Markenähnlichkeit vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist teilweise begründet. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Marken in dem im Tenor genannten Umfang Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG ab von der Identität oder Ähnlichkeit der Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der durch diese Marken erfassten Waren. Daneben sind alle Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, vor allem die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Nach diesen Grundsätzen muss vorliegend eine Verwechslungsgefahr teilweise bejaht werden.

Was die Warenlage anbetrifft, ist von der Anmelderin die Benutzung in zulässiger Weise bestritten worden. Jedoch hat die Widersprechende die Benutzung ihrer Marke im Sinne von §§ 43, 26 MarkenG, 294 ZPO hinreichend glaubhaft gemacht.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin sind hierfür nicht umfangreiche Unterlagen wie Rechnungen oder Lieferscheine oder sonstige Umsatzbelege erforderlich. Vielmehr kann die Benutzung, wie im Gesetz vorgesehen, unter Umständen sogar allein mit einer sorgfältig formulierten eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht werden. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass nicht der Vollbeweis einer Benutzung erbracht werden muss, sondern lediglich deren Glaubhaftmachung. Wenn schon im Verfügungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung genügt, dürfen im markenrechtlichen Registerverfahren die Anforderungen etwa an die Qualität und den Aussagegehalt einer solchen Versicherung nicht höher angesetzt werden, auch wenn ein Widersprechender hier mehr Zeit zur Zusammenstellung von Unterlagen hat. Letztlich sollen mit der Regelung der §§ 43, 26 MarkenG vor dem Hintergrund des schon in der europäischen Markenrichtlinie enthaltenen Benutzungszwangs lediglich Scheinbenutzungen oder sonstige nicht ernsthafte Benutzungshandlungen ausgeschlossen sein, so daß selbst Umsatzangaben aus einem sehr kurzen Abschnitt des jeweils relevanten Fünf-Jahres-Zeitraumes ohne weiteres die Ernsthaftigkeit belegen können (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl 2003, § 43 Rdn 95). Im übrigen können, wie gesagt, alle Kriterien zur Glaubhaftmachung umfassend durch Erklärung im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung erfüllt werden einschließlich der verbalen Beschreibung einer funktionsmäßigen Benutzung, auch wenn insoweit die Vorlage von Benutzungsbeispielen auf der Ware oder, falls das nicht möglich oder üblich ist, der Verpackung in Form von entsprechenden Abbildungen sicherlich sachdienlich ist.

Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob die Widersprechende den Anforderungen an die Glaubhaftmachung nicht bereits mit ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 11. Juli 2000 entsprochen hat, die mit den dort genannten Umsatzzahlen für die Jahre 1998 und 1999 sogar den gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG jetzt maßgebenden Benutzungszeitraum von 1998 bis 2003 noch abdeckt. Spätestens mit der im Beschwerdeverfahren ergänzend vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 9. Oktober 2003 und der Übersicht über den im Jahr 2003 erzielten Umsatz mit "Kunststoffrohren" und "Rohrleitungsteilen", der sich ersichtlich außerhalb einer reinen Scheinbenutzung bewegt, sowie der Einreichung von Abbildungen der Verwendung der Marke auf den Waren bzw eines Stückes der Originalware hat die Widersprechende eine ernsthafte und wirtschaftlich sinnvolle Benutzung für ihre Waren glaubhaft gemacht.

Die damit bei der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Waren "Kunststoffrohre" sind hinsichtlich der "Baumaterialien aus Metall und nicht aus Metall" der angegriffenen Marke in der Weite des Oberbegriffs identisch bzw liegen sie im engsten Ähnlichkeitsbereich, und zwar auch wenn sie Halbfabrikate betreffen. Insoweit besteht - und zwar selbst zu den Baumaterialien aus Metall - zumindest ein funktioneller Zusammenhang im Sinne sich ergänzender Produkte, bei denen sowohl dem Endabnehmer, etwa einem Heimwerker, aber auch dem hier angesprochenen Fachverkehr schon von der Verwendung der Waren her der Gedanke an einen gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich nahegelegt wird, weshalb auch unterschiedliche Materialbeschaffenheit und mögliche getrennte Herstellungsstätten der Annahme einer Ähnlichkeit nicht zwingend entgegenstehen (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl 2003, § 9 Rdn 105, 112 mwN).

Die angegriffene Marke hält den damit zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr zu fordernden erheblichen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht mehr ein. Insgesamt weisen die Marken beachtliche klangliche und schriftbildliche Gemeinsamkeiten auf, wobei neben der fast identischen Vokalfolge (einzige Abweichung "e/i") und Silbengliederung auch die Schlusssilbe "therm" übereinstimmt. Zwar ist dieses Kürzel wegen ihres auf Temperatur hinweisenden Bedeutungsgehalts für Waren, die der Wärmedämmung dienen, eher als kennzeichnungsschwach einzustufen (vgl BPatG 33 W (pat) 124/02 v. 23. September 2003 - Salitherm/Alsitherm, PA-VIS CD-ROM), doch sind vorliegend auch Waren betroffen, bei denn die Wärmedämmung keine Rolle spielt. Im übrigen müssen weniger kennzeichnungskräftige Teile einer einheitlichen Marke, deren Kennzeichnungskraft insgesamt mangels entgegenstehender Anhaltspunkte als normal einzustufen ist, bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit nicht stets und zwingend außer Betracht bleiben, sondern können im Zusammenhang mit weiteren Übereinstimmungen der Vergleichsmarken durchaus für die Bejahung der Verwechslungsgefahr Bedeutung erlangen (vgl Ströbele/Hacker, aaO, Rdn 331 mwN). Letztlich ist davon auszugehen, dass dem Verkehr, der die Marken ja nicht nebeneinander sieht, sondern aus der häufig schwachen und vagen Erinnerung heraus beurteilt, selbst bei stärkerer Beachtung der Wortanfänge die klanglichen und schriftbildlichen Unterschiede der Marken weniger im Gedächtnis bleiben als deren markante Übereinstimmungen. Beide Marken unterscheiden sich klanglich praktisch nur in einem unterschiedlichen Konsonanten (R/M), der in der Buchstabenfolge um eine Position differiert. Berücksichtigt man, dass für den klanglichen Gesamteindruck die Silbengliederung und Vokalfolge maßgeblich sind (vgl Ströbele/Hacker, aaO, Rdn 180, 182 mwN), so reichen die genannten verbleibenden Unterschiede, die in langen Markenwörtern ohnehin weniger ins Gewicht fallen (vgl Ströbele/Hacker, aaO, Rdn 195), jedenfalls im engsten Warenähnlichkeitsbereich nicht mehr aus, um für den erforderlichen Abstand zu sorgen. Dasselbe gilt für das Schriftbild der Vergleichsmarken, wo die Buchstabenabweichung "I/M" in der Mitte der langen Wörter erfahrungsgemäß kaum auffallen wird (Ströbele/Hacker aaO, Rdn 207 mwN), während die jeweiligen Anfangsbuchstaben (Fr/Fe) insbesondere bei Kleinschreibung der Wortmarken vom Verkehr für identisch gehalten werden können.

Unter diesen Umständen muss eine klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG hinsichtlich der angegriffenen Baumaterialien bejaht werden, so dass der angemeldeten Marke die Eintragung in dem im Tenor genannten Umfang zu versagen war. Auch wenn möglicherweise im angegriffenen Warenverzeichnis unter "Baumaterialien" hinter "insbesondere" einzeln aufgeführte Waren nicht ähnlich sind, so stellt die Fassung des Verzeichnisses, an welche Amt und Gericht gebunden sind, keine Einschränkung des Oberbegriffes dar, so dass dieser zusammen mit den beispielhaft genannten Waren vom Widerspruch erfasst wird (vgl dazu Ströbele/Hacker, aaO Rdn 86 iVm § 43 Rdn 107).

Hingegen ist zu den weiteren Waren der angegriffenen Marke keine oder nur entfernte Ähnlichkeit ersichtlich und von der Widersprechenden auch nicht substantiiert dargelegt, so dass insoweit die Markenunterschiede aufgrund der Wechselwirkung mit der Warenähnlichkeit für den erforderlichen Abstand ausreichen und eine Verwechslungsgefahr zu verneinen ist.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst (vgl § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Pü






BPatG:
Beschluss v. 03.12.2003
Az: 28 W (pat) 189/02


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