Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Januar 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 59/00

(BPatG: Beschluss v. 23.01.2002, Az.: 29 W (pat) 59/00)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Oktober 1999 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde für die angemeldeten Waren der Klassen 9 und 16 sowie für die Dienstleistung "Erziehung" der Klasse 41.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortmarke Media Servicessoll für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klase 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer.

Klasse 16 Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), Büroartikel (ausgenommen Möbel).

Klasse 35: Werbung und Geschäftsführung.

Klasse 36: Finanzdienstleistungen; Immobilienwesen.

Klasse 37: Bauwesen; Wartung und Reparatur und Installation von Einrichtungen für die Telekommunikation.

Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen.

Klasse 39: Transport und Lagerwesen.

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckererzeugnisse sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I).

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationin das Register eingetragen worden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluß vom 27. Oktober 1999 als freihaltbedürftige, nicht unterscheidungskräftige beschreibende Angabe iSv § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Die Wortfolge "Media Services" sei als beschreibende Bezeichnung für den Verkehr ohne weiteres in der Bedeutung von "Medien-Diensten, Medien Dienstleistungen" verständlich. Auf dem Gebiet der beanspruchten Waren und Dienstleistungen seien Anglizismen gang und gäbe und Englisch als Fachsprache anzusehen. Hinzukomme, daß beide Begriffe Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben und Teil einer Vielzahl zusammengesetzter Begriffe seien. Die angemeldete Bezeichnung sei sprachregelgerecht gebildet. Sie beschreibe die Waren der Anmeldung hinsichtlich ihrer Bestimmung und die Dienstleistungen nach ihrer Art und ihrem Gegenstand.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Eintragung der angemeldeten Marke begehrt.

Zur Begründung hebt sie unter Hinweis auf Literatur und Spruchpraxis hervor, daß die Anforderungen an den erforderlichen Grad der Unterscheidungskraft gering seien. Der angemeldeten Marke könne kein unmittelbar im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, da "Media Services" kein zwangsläufiger Hinweis auf Finanzdienstleistungen, Immobilienwesen, Bauwesen oder Transport- und Lagerwesen sei. Während das englische Wort "Media" im Deutschen "Medien" laute, könne die englische Bezeichnung "Service" mit einer Vielzahl unterschiedlicher Bedeutungen übersetzt werden, wobei der Plural im Deutschen "Dienstleistungen, Versorgungsnetz" bedeute. Eine direkte Übersetzung könnte "Medien Versorgungsnetz" oder "Medien Gottesdienste" lauten. Auch die deutsche Übersetzung der angemeldeten Marke habe keinen direkten oder indirekten Bezug zu den angemeldeten Dienstleistungen, die ein weiteres Spektrum abdeckten. Die Kennzeichnung sei in ihrer angemeldeten Form völlig unbekannt und lexikalisch nicht nachweisbar. Dabei lägen bereits der Bezeichnung "Media" verschiedene Deutungsmöglichkeiten zugrunde. Die Gesamtbezeichnung sei in ihrer Ausgestaltung für den Betrachter überraschend und sie erschließe sich erst nach einigem Nachdenken. Bei der Kennzeichnung handele es sich auch nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, sondern um ein neu geschaffenes Kunstwort, für das kein Freihaltungsbedürfnis bestehe und das wie die Marke FOR YOU zu betrachten sei.

Der Senat hat der Anmelderin eine Recherche zur Verwendung der angemeldeten Bezeichnung im Internet übersandt.

II Die zulässige Beschwerde hat hinsichtlich der Waren der Anmeldung sowie der Dienstleistung "Erziehung" Erfolg. Dagegen stehen der angemeldeten Marke für die übrigen Dienstleistungen die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat der angemeldeten Bezeichnung "Media Services" zu Recht den ohne weiteres erkennbaren Sinngehalt von "Mediendienstleistungen, Mediendienste" zugeordnet. Denn in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen steht bei dem Markenteil "Media" als Plural von Medium die Bedeutung von "Medien, Kommunikationsmittel; Einrichtung bzw. organisatorischer und technischer Apparate für die Vermittlung von Meinungen, Informationen, Kulturgütern" im Vordergrund. In dieser Hauptbedeutung ist der Begriff sowohl ins Englische wie ins Deutsche eingegangen (vgl DUDEN Fremdwörterbuch 5. Aufl 1990, 487, 488; Duden Deutsches Universalwörterbuch 2. Aufl 1989, 1000 f; R.v. Eichborn, Die Sprache unserer Zeit, Englisch-Deutsch Bd II, S 42; PONS Großwörterbuch Englisch-Deutsch 2001, 508). Insbesondere in den Bereichen der Werbung und der Telekommunikation werden unter "Media" die als "Werbeträger, Reklamemittel" verwendeten Kommunikationsmittel der Massenmedien wie Rundfunk, Fernsehen, Film, Presse sowie das neue Medium Internet verstanden (vgl Fellbaum/Hartlep Lexikon der Telekommunikation, 2. Aufl, S 153; Neske Gabler Lexikon Werbung, S 206 f sowie die von der Markenstelle angegebenen Nachweise).

Daß der angesprochene Verkehr das zweite Wort der angemeldeten Marke "Services" im Hinblick auf die Dienstleistungen der Anmeldung in erster Linie als Hinweis auf Dienste, Dienstleistungen auffassen wird und keine Veranlassung hat, an sonstige Bedeutungen wie Raststätten, Militär oder Gottesdienste zu denken, liegt auf der Hand.

Die Verbindung der beiden Wörter zu einem neuen Gesamtbegriff ist keinesfalls ungewöhnlich oder sprachlich überraschend. Achtzig Prozent der Neuwörter werden aus zwei Substantiven gebildet. Wortverbindungen mit dem Bestimmungswort "Media" sind überdies in großer Zahl im Deutschen wie im Englischen auf dem Gebiet der Werbung, des Marketing, der Informationsvermittlung, der Printmedien bzw. der print media und der Telekommunikationseinrichtungen anzutreffen: z.B. Media-Analyse, Mediaagentur, Media-Abteilung, Mediaforschung, Media Experte, Media-Broker, Media Director, Mediakombination, Media-Mix, Media-Planer, Media Research" (Neske Gabler Lexikon Werbung aaO, S 206 f; Koschnick Standart-Lexikon Werbung Verkaufsförderung Öffentlichkeitsarbeit Bd 2 1996, S 683 f; Pflaum/Bäuerle Lexikon der Werbung 6. Aufl, S 270 f) und "media advertising, media agency, media allocation, media analysis, media auditing, media briefing, media buying, mediabuying service, media choice, media combination, media performance, media profile, media selection, media strategy, media survey, media tactics und viele mehr (vgl. Koschnik Enzyklopädisches Wörterbuch Marketing Englisch-Deutsch, 1994, S 985 - 1005; v. Eichborn aaO S 42 f).

Der ohne weiteres erkennbare und eindeutige Begriffsgehalt der angemeldeten Bezeichnung gibt dem angesprochenen Verkehr in einer dem normalen Sprachgebrauch entsprechenden Weise lediglich den beschreibenden Hinweis, daß es sich bei den zu erbringenden Dienstleistungen um "Mediendienstleistungen auf den jeweils im einzelnen beanspruchten Gebieten" handelt. Als allgemeiner Hinweis auf "Mediendienstleistungen" erscheint die angemeldete Bezeichnung von Haus aus nicht geeignet, die Dienste im Bereich der Medien von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Der angemeldeten Marke fehlt jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Die angemeldete Marke kann aber auf Grund der Wortbildung und der allgemeinen Aussage auch als Oberbegriff zur Bezeichnung von Dienstleistungen dienen, die über, durch oder in den neuen Medien des Internets angeboten werden. Konkrete Anhaltspunkte für eine derartige Verwendung liegen bereits vor. Die der Anmelderin übermittelten Recherchen des Senats im Internet haben ergeben, daß der Begriff "media services" als Teil von Firmenbezeichnungen verwendet wird, um auf die Art der Tätigkeit als Mediendienstleister hinzuweisen und zwar auf den verschiedensten Gebieten wie z.B. "Consulting, Design E-Commerce, Webhosting, Versorgung von Nachrichten für Journalisten und Werbevermittlung, Serviceagenturleistungen", "Software and services for publishing, publishers, für Umweltbelange, Immobilienvermarktung, Radio/TV Werbung und Programme; Analysen und Bewertung von Einschaltquoten sowie von Zuschauerverhalten, Dienstleistungen zum Medieneinkauf und zur Mediaplanung" etc. Aus diesen Gründen besteht ein Bedürfnis die angemeldete Bezeichnung "Media Services" als Oberbegriff für Mediendienste insbesondere für Dienstleistungen im neuen Medien Internet für die beanspruchten Dienstleistungsbereiche mit Ausnahme von "Erziehung" freizuhalten (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG).

Hinsichtlich der beanspruchten Waren der Klassen 9 und 16 der Anmeldung konnte ein beschreibender Bezug der angemeldeten Bezeichnung nicht festgestellt werden. Es sind derzeit keine Anhaltspunkte erkennbar, daß die elektronischen Geräte, Computer und Druckereierzeugnisse, wie Plastikkarten, über ihre übliche Funktionsweise hinaus spezielle Eigenschaften aufweisen, auf die mit der Bezeichnung "Media Services" beschreibend hingewiesen würde.

Die Entscheidung des Senats steht im übrigen im Einklang mit den Beschlüssen des Bundespatentgerichts "MediaWorld" vom 19. Oktober 1998 (33 W (pat) 75/98), "MEDIANET" vom 12. Februar 2001 (30 W (pat) 36/00, "MEDIASUITE" vom 17. Dezember 2001 (30 W (pat) 124/01); BUSINESS TELECOM SERVICES" vom 22. April 1998 (29 W (pat) 120/97) und "LinkService" vom 20. Februar 2002 (29 W (pat) 64/00).

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BPatG:
Beschluss v. 23.01.2002
Az: 29 W (pat) 59/00


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