Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 30. August 1996
Aktenzeichen: 6 U 221/94

(OLG Köln: Urteil v. 30.08.1996, Az.: 6 U 221/94)

Tenor

1.) Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30.3.1994 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 28 O 377/93 - teilweise abgeändert und im Hauptausspruch insgesamt wie folgt neu gefaßt:Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.893,33 DM nebst 4 % Zinsen aus 910,74 DM seit dem 31.1.1989, aus weiteren 5.905,55 DM seit dem 4.11. 1993 und aus weiteren 77,04 DM seit dem 9.3.1994 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.2.) Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.3.) Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin zu 40 % und die Beklagte zu 60 % zu tragen.4.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.5.) Die Beschwer wird wie folgt festgesetzt: für die Klägerin auf 4.557,32 DM, für die Beklagte auf 6.893,33 DM.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache überwiegend

Erfolg.

Die Beklagte ist zur Zahlung der Betreiberabgabe gem. § 54 a

Abs.2 UrhG n.F. verpflichtet. Dies ergibt sich im einzelnen aus den

Gründen, die der Senat bereits in seinen beiden Hinweis - und

Auflagenbeschlüssen vom 20.1.1995 und vom 22.9.1995 dargelegt hat.

Auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung von

Wiederholungen Bezug genommen. Die Ansprüche sind im übrigen schon

deswegen nicht verjährt, weil sie der 30-jährigen Verjährungsfrist

des § 195 BGB unterliegen (vgl. Urteil des BGH vom 19.12.1980 - I

ZR 81/78, veröffentlicht bei Schulze, Rechtsprechung zum

Urheberrecht BGHZ 275,15 f).

Gleichwohl ist die Klage nur teilweise begründet, weil nicht

feststeht, daß die Beklagte in den maßgeblichen

Abrechnungszeiträumen Geräte in der von der Klägerin behaupteten

Anzahl für die Herstellung von Ablichtungen entgeltlich

bereitgehalten hat. Die Beklagte behauptet hierzu, neben dem

unstreitig im Jahre 1988 in Betrieb genommenen Farbkopierer seit

1985 durchgängig 2 Schwarz-Weißgeräte betrieben zu haben. Der

Klägerin ist der Beweis nicht gelungen, daß demgegenüber

tatsächlich 3 bzw. sogar 4 Schwarz-Weißgeräte in Betrieb waren.

Daß die Beklagte mehr als 2 Geräte im Sinne des § 54 a Abs.2

UrhG bereitgehalten hätte, ergibt sich zunächst für den

Abrechnungszeitraum bis zu dem ersten Kontrollbesuch durch den

Zeugen G. am 8.3.1989 entgegen der Aufassung der Klägerin nicht mit

der erforderlichen Sicherheit aus den ihr gegenüber gemachten

Angaben der Beklagten. Auch wenn in deren Schreiben vom 22.5.1987 3

Schwarz-Weißgeräte aufgeführt sein sollten, die vom Typ her der

Abgabepflicht unterliegen können, kann doch nicht ausgeschlossen

werden, daß dabei auch das Gerät benannt worden ist, das die

Beklagte unstreitig nur zu Zwecken der Buchhaltung verwendet und

nicht für Dritte zur Herstellung von Ablichtungen bereitgehalten

hat. Der mit Schriftsatz vom 15.3.1996 vorgelegten Angabe der

Beklagten zur Betreiberabgabe vom 26.1.1988 kann schon deswegen

nichts anderes entnommen werden, weil die Beklagte dort -

entsprechend ihrem Vortrag im Prozeß - neben dem Farbkopierer

gerade nur 2 Schwarz-Weißgeräte angegeben hat, die vom Typ her der

Abgabepflicht unterliegen können.

Auch für den Zeitraum ab dem ersten Kontrollbesuch durch den

Zeugen G. kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt

werden, daß die behaupteten 3 bzw. 4 Schwarz-Weißgeräte von der

Beklagten für Ablichtungen bereitgehalten worden sind. Dies hat der

Zeuge G. allerdings für den Zeitpunkt seiner beiden Kontrollbesuche

am 8.3.1989 und am 14.10. 1992 bestätigt. Der Senat hat auch keinen

Anlaß, an der Glaubhaftigkeit der Aussage für sich genommen und an

der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Der Zeuge hat glaubhaft

bekundet, gezielt zur Ermittlung der Anzahl abgabepflichtiger

Geräte den Betrieb der Beklagten aufgesucht, dort die von ihm

angegebenen Geräte vorgefunden und hierüber noch am selben Tage

Aufzeichnungen gefertigt zu haben, aus denen sich die nun von ihm

bekundeten Angaben ergäben. Gleichwohl können lediglich die von der

Beklagten eingeräumten Gerätezahlen der Abrechnung zugrundegelegt

werden. Angesichts der Bekundungen der Zeuginnen K., R. und D. kann

nämlich nicht ausgeschlossen werden, daß entgegen den Bekundungen

des Zeugen G. lediglich 2 Schwarz-Weißgeräte und ein Farbkopierer

zum Einsatz gekommen sind und der Zeuge G. diesbezüglich einem

Irrtum unterlegen war. Sämtliche Zeuginnen haben bekundet, daß die

Beklagte außer dem Farbkopierer lediglich 2 Schwarz-Weißgeräte

betrieben habe, die für Kundenablichtungen zur Verfügung gestanden

hätten. Der Senat hat keinen Anlaß, den Bekundungen dieser

Zeuginnen weniger Glauben zu schenken als denjenigen des Zeugen G..

Insbesondere kann nicht allein aufgrund der Aussage des Zeugen G.

angenommen werden, daß alle 3 von der Beklagten benannten Zeuginnen

weniger Geräte angegeben hätten, als tatsächlich vorhanden waren.

Óberdies ist nicht auszuschließen, daß im Zeitraum der

Kontrollbesuche durch den Zeugen G. gerade neue Geräte angeschafft

und die durch sie auszutauschenden Geräte noch nicht aus den

Betriebsräumen entfernt worden waren.

Ausgehend von diesem Beweisergebnis ist die Klage nur in der

zuerkannten Höhe begründet. Das ergibt sich aus folgender

Abrechnung:

für die Jahre 1985 - 1988 (Freistellungsrechnungen für 1987 und

1988, Anlagen K 7 - K 9 zur Klageschrift):

Schwarz-Weißgeräte:

1985

(5 % des Betrages für 1986)

20,76 DM

1986

415,20 DM

1987

415,20 DM

1988

415,20 DM

Farbkopierer 1988

72,00 DM

Summe

1.338,36 DM

7 % MWST

93,69 DM

Gesamtbetrag

1.432,05 DM

Der Jahresbetrag von 415,20 DM für die beiden Schwarz-Weißgeräte

ergibt sich aus den von der Klägerin selbst angesetzten Beträgen.

Diese hat in ihren der Klageforderung zugrundeliegenden

Freistellungrechnungen für 3 Geräte den Nettobetrag von 622,80 DM,

für jedes einzelne Gerät mithin der Betrag von (622,80 DM : 3 =)

207,60 DM angesetzt. Von diesem unter dem Tarif von 259 DM

liegenden Betrag geht der Senat aus, weil mehr nicht verlangt wird

(§ 308 ZPO). Für 2 Geräte hat die Beklagte daher (207,60 DM x 2 =)

415,20 DM zu entrichten.

Die Beklagte schuldet auch für die Jahre 1985-1987, in denen sie

nur insgesamt 2 zu berücksichtigende Kopierer betrieben hat, nicht

etwa nur den Betrag von 60 DM pro Gerät nach Ziffer 1 b) des

Tarifes. Denn ihr Tätigkeitsschwerpunkt lag nicht - wie dies neben

dem Betrieb von nicht mehr als 2 Geräten Voraussetzung für die

Anwendung des Tarifes zu 1 b) ist - außerhalb des

Lohnkopierbereichs. Hierzu ist nämlich wegen der unmittelbaren Nähe

der Bereiche zueinander auch die Tätigkeit der Beklagten auf

reprographischem Sektor zu zählen.

Jahre 1989 - 1992 (Freistellungsrechnung für 1989 - 1992)

pro Jahr:

2 Schwarz-Weißgeräte

518,00 DM

1 Farbkopierer

120,00 DM

insgesamt pro Jahr

638,00 DM

7 % MWST

44,66 DM

Jahresbruttobetrag

682,66 DM

4 Jahre

2.730,64 DM

doppelter Satz

5.461,28 DM

Die Beklagte schuldet für diesen Zeitraum gem. § 54 g Abs.3 UrhG

n.F. den doppelten Vergütungssatz, weil sie ihrer Meldepflicht nach

§ 54 Abs.5 UrhG der damaligen Fassung nicht nachgekommen ist. Ihre

irrige Auffassung, nicht abgabepflichtig zu sein, entband die

Beklagte nicht von der Auskunftspflicht. Es kann auch dahinstehen,

ob die Verdoppelung der Vergütung ein Verschulden voraussetzt, weil

auch dieses gegeben ist. Die Beklagte handelte fahrlässig, als sie

im Vertrauen auf die Richtigkeit ihrer Auffassung die geschuldeten

Angaben unterließ. Es hätte ihr oblegen, stattdessen die in

Betracht kommenden Geräte anzugeben, zumal sie dies nicht daran

gehindert hätte, anschließend gleichwohl Einwände gegen die

Erhebung der Betreiberabgabe geltend zu machen.

Gesamtforderung:

Abgabe für 1985 - 1988

1.432,05 DM

Abgabe für 1989 - 1992

5.461,28 DM

Gesamtbetrag

6.893,33 DM

Dieser Betrag ist in dem oben tenorierten Umfange gem. § 284

Abs.1, 288, 291 BGB mit 4 % zu verzinsen.

Bezüglich des der Klägerin aus der Freistellungsrechnung 1987

zustehenden Teilbetrages von 910,74 DM ist die Beklagte gem. § 284

Abs.1 S.2 BGB durch die Zustellung des Mahnbescheids vom 23.1.1989

in Verzug geraten. Diese aus den Akten nicht mehr nachweisbare

Zustellung ist spätestens am 31.1.1989, dem Datum des Widerspruchs

der Beklagten, erfolgt, weswegen insoweit von diesem Tage an

Verzugszinsen geschuldet sind.

Im übrigen stehen der Klägerin keine Verzugszinsen zu, weil sie

die Voraussetzungen von verzugsbegründenden Mahnungen nicht

hinreichend dargelegt hat. Aus ihrem Vortrag ergibt sich nicht, daß

wegen der Freistellungsrechnung für 1987, für die Zinsen schon ab

dem 20.11.1988 verlangt werden, überhaupt eine Mahnung

ausgesprochen worden wäre. Bezüglich der Freistellungsrechnung für

1988 (Schwarz-Weißgeräte) fehlt es an der Angabe, wann die Mahnung

erfolgt sein soll, und bezüglich der Freistellungsrechnung 1988 für

den Farbkopierer ist aus dem Vortrag der Klägerin, die einerseits

Zinsen schon ab dem 18.11.1988 verlangt, andererseits die Beklagte

aber erst mit Schreiben vom 3.7.1990 gemahnt haben will, nicht

ersichtlich, wann die Mahnung zugegangen und welche etwaige

Fristsetzung sie enthalten haben soll.

Damit stehen der Klägerin wegen ihres über den Betrag von 910,74

DM hinausgehenden Anspruches lediglich Rechtshängigkeitszinsen zu.

Hinsichtlich des weiteren Teilbetrages von 5.905,55 DM ist

Rechtshängigkeit gem. §§ 253 Abs.1, 261 Abs.1 ZPO mit der

Zustellung der Klageschrift am 4.11.1993 eingetreten, während die

Rechtshängigkeit für den verbleibenden, von der Klageschrift nicht

erfaßten Betrag von 77,04 DM gem. § 261 Abs.2 ZPO erst mit

Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vom 9.3.1994

eingetreten ist.

Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision gem. § 546

Abs.1 ZPO sind nicht gegeben. Insbesondere hat die Sache keine

grundsätzliche Bedeutung. Diese liegt nicht schon deswegen vor,

weil die Bereithaltung von Kopiergeräten im Sinne des § 54 a Abs.2

UrhG nicht im Vordergrund der Tätigkeit der Beklagten steht und die

Anzahl der Kopien urheberrechtlich geschützter Werke nach der

Behauptung der Beklagten nur einen ganz kleinen Prozentsatz der

insgesamt von ihr gefertigten Verfielfältigungen ausmacht. Das

Gesetz stellt eindeutig gerade nicht auf die Anzahl der gezogenen

Kopien ab und ermöglicht im übrigen in derartigen Fällen die auch

von dem Senat berücksichtigte Möglichkeit der Einzelabrechnung. Daß

die Voraussetzungen hierfür von der Beklagten nicht erfüllt werden,

ist eine tatsächliche Frage und verleiht dem Rechtsstreit keine

grundsätzliche Bedeutung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§

708 Nr.10, 713 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Parteien

entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.






OLG Köln:
Urteil v. 30.08.1996
Az: 6 U 221/94


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