Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Januar 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 94/02

(BPatG: Beschluss v. 15.01.2003, Az.: 28 W (pat) 94/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rückzahlung der Beschleunigungsgebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

Am 26. Juni 2001 hat die Anmelderin die Eintragung der Wortfolge 1. Klasse im Autoals Kennzeichnung für die Waren und Dienstleistungen Fahrzeugzubehör und Fahrzeugteile, insbesondere Abgasanlagen für Fahrzeuge; konstruktionsgebundene Teile dieser Abgasanlagen, insbesondere Metallrohre, Schalldämpfer, Abgaskatalysatoren und Rußfilter, jeweils für sich oder gehaltert im zugehörigen Gehäuse; Wärmetauscher für diese Geräte; Heizungsanlagen und Heizgeräte für Fahrzeuge, konstruktionsgebundene Teile dieser Heizungsanlagen und Heizgeräte und des zugehörigen Wärmeträgerkreislaufs; Lüftungsgeräte, Luftumwälzgeräte; Zubehör für diese Heizgeräte, nämlich elektrische Steuergeräte und Geräte zur drahtlosen Fernbedienung;

Einbau, Reparatur, Wartung und Instandhaltung von Fahrzeugzubehör und Fahrzeugteilen, insbesondere von Abgasanlagen für Fahrzeuge; von konstruktionsgebundenen Teilen dieser Abgasanlagen, insbesondere Metallrohren, Schalldämpfern, Abgaskatalysatoren und Rußfiltern, jeweils für sich oder gehaltert im zugehörigen Gehäuse; von Wärmetauschern für diese Geräte; von Heizungsanlagen und Heizgeräten für Fahrzeuge, von konstruktionsgebundenen Teilen dieser Heizungsanlagen und Heizgeräte und des zugehörigen Wärmeträgerkreislaufs; von Lüftungsgeräten, Luftumwälzgeräten und Zubehör für diese Heizgeräte, nämlich von elektrischen Steuergeräten und Geräten zur drahtlosen Fernbedienungin das Markenregister beantragt.

Sie hat Antrag auf beschleunigte Eintragung nach § 38 MarkenG gestellt und die hierfür notwendige Gebühr bezahlt. Die Anmeldung ist mit Verfügung vom 19. Juli 2001 beanstandet worden; hierzu hat die Anmelderin mit Schreiben vom 27. Juli 2001 Stellung genommen. Nachdem sie mit Schreiben vom 16. November 2001 um Rückzahlung zuviel bezahlter Gebühren gebeten hat, wurden ihr diese mit Verfügung vom 10. Januar 2002 zurückerstattet. Am 8. April 2002 ist die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und dem Bestehen eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen worden. Dieser Beschluss, der die Schutzfähigkeit der Wortfolge als bloßer beschreibender Qualitätsangabe verneint, enthält keine Ausführungen zur Rückzahlung der Beschleunigungsgebühr.

Mit der Beschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Begehren auf Eintragung weiter. Sie hält die Wortfolge für schutzfähig, denn die Analogie der 1. Klasse der öffentlichen Verkehrsmittel mit einer 1. Klasse im Kraftfahrzeug begründe eine gewisse Originalität und Prägnanz des Slogans. Außerdem beantragt sie die Rückzahlung der Beschleunigungsgebühr, da die Entscheidung der Markenstelle erst über acht Monate nach dem Beanstandungsbescheid erlassen worden sei.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Der Anmelderin ist aber die Beschleunigungsgebühr zurückzuerstatten.

1. Die Anmelderin hat gemäß § 63 Abs 2 MarkenG aus Billigkeitsgründen Anspruch auf Rückzahlung der nach § 38 MarkenG bezahlten Beschleunigungsgebühr, denn die Prüfung ihres Antrags auf Eintragung der Marke ist nicht beschleunigt durchgeführt worden.

Die Zurückweisung der Antrags ist erst über neun Monate nach dessen Eingang erfolgt; Umstände, dass diese Verzögerung dem Verantwortungsbereich der Anmelderin zuzurechnen wären, sind nicht ersichtlich. Die Anmelderin hat im Gegenteil alles getan, um der Markenstelle eine rasche Entscheidung zu ermöglichen, denn sie hat zur Beanstandung unmittelbar nach deren Eingang per Fax Stellung genommen. Ihr Antrag auf Rücküberweisung zuviel bezahlter Eintragungs-Gebühren rechtfertigt ebensowenig die verzögerte Sachprüfung, denn dessen Bearbeitung wäre ohne weiteres auch nach der Sachentscheidung möglich gewesen. Bei durchschnittlichen Fällen aber, in denen wie hier keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten vorliegen, ist insbesondere in Hinblick auf die sechsmonatigen Prioritätsfrist der Pariser Verbandsübereinkunft davon auszugehen, dass eine beschleunigte Prüfung innerhalb von sechs Monaten durchgeführt werden kann. Geschieht dies nicht, so fehlt es an der mit der Verwaltungsgebühr bezweckten Gegenleistung und sie ist zurückzuzahlen (BGH BlPMZ 2000, 113 - Beschleunigungsgebühr).

Der Beschluss der Markenstelle enthält keine Ausführungen zur Frage der Rückzahlung dieses Beschleunigungsgebühr, obwohl zum Zeitpunkt des Erlasses bereits die Vorschrift des § 63 Abs 2 MarkenG, der die Rückzahlung der Widerspruchs- oder Löschungsgebühr und nunmehr auch der Beschleunigungsgebühr aus Billigkeitsgründen regelt, in Kraft war. Diese Vorschrift ist ausweislich der amtlichen Begründung ausdrücklich wegen der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 17. November 1999 (siehe oben - Beschleunigungsgebühr) in das Gesetz eingefügt worden. Damit entspricht die Rückzahlung der Beschleunigungsgebühr bei einer ohne Verschulden des Anmelders länger als sechs Monate dauernden Prüfung der Regel. Zumindest in den Gründen des patentamtlichen Beschlusses hätte es einer Stellungnahme bedurft, weshalb eine Rückzahlung dennoch unterblieben ist. Insoweit liegt hier also noch keine patentamtliche Entscheidung vor, so dass eine Zurückverweisung nach § 70 Abs 3 Nr 1 MarkenG in Betracht käme. Da das Gericht jedoch auch eine Sachentscheidung getroffen hat, wird aus Gründen der Verfahrensökonomie und im Interesse der Anmelderin an einer abschließenden Entscheidung davon abgesehen.

2. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

Wenn der Verbraucher die Wortfolge bzw den Slogan "1. Klasse im Auto" auf den beanspruchten Waren und Dienstleistungen sieht, so denkt er an eine Beschreibung oder Anpreisung der Ware, nicht jedoch an einen Hinweis auf deren Hersteller.

Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG liegt vor, wenn die Marke dem Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Waren verschiedener Hersteller genügt. Die Anforderungen des Verbrauchers an diese konkrete Unterscheidungseignung sind hierbei nach Ansicht der ständigen Rechtsprechung gering (zB BGH, WRP 2002, 1073 - BONUS II), so dass nur Bezeichnungen ausgeschlossen sind, die entweder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt haben oder zB in der Werbung derart "verbraucht" sind, dass sie vom Verkehr nicht als Unterscheidungsmittel akzeptiert werden. Dabei sind Wortfolgen oder Slogans und Redewendungen nicht anders zu beurteilen als reine Wortmarken (st Rspr, zB BGH, MarkenR 2002, 338 - Bar jeder Vernunft). Wegen des Eintragungsanspruchs gemäß § 33 Abs 2 MarkenG sind Zweifel letztlich zugunsten der Anmelderin zu werten.

Trotz dieser hohen Anforderungen an die Zurückweisung einer Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft, sind die Voraussetzungen hier zu bejahen.

Auf allen Waren- und Dienstleistungsgebieten ist es seit vielen Jahren üblich, durch Begriffe wie "erstklassig" "1. Klasse" auf die hohe Qualität und die Marktführerstellung des Produkts hinzuweisen. Schon bei einer kursorischen Nachschau fanden sich folgende Werbe- und Produktbeschreibungen: Fa Adler für Bekleidung "Erste Klasse ab € 14"; Fa Böhmler im Tal "Erste Klasse für Gardinen und Fensterdekoration"; Arosa Tourismus "Erstklass", Fa jobware "Jobware, hier findet Erstklassigkeit zueinander"; Augustinum Altenheim "hier zu wohnen ist wie Urlaub, in der 1. Klasse für Senioren"; Postbank Giro plus "das Nulltarif-Konto mit 1. Klasse Service für alle". Dieser werbeübliche und unmittelbar beschreibende Inhalt der Wortfolge "Erste Klasse" oder "1. Klasse" bekommt auch durch den Zusatz "im Auto" keinen eigenständigen Gehalt, der es rechtfertigen würde, dass ihn der Verbraucher als Marke erkennt und annimmt. Das gilt unabhängig davon, ob man in der Wortfolge - so wie es die Markenstelle getan hat - einzig die angepriesene hohe Qualität der Produkte und Dienstleistungen sieht, oder aber - wie die Anmelderin meint - darin auch die Verbindung zur 1. Klasse in der Bahn oder dem Flugzeug erkennt. Die Aussage, dass man nunmehr im Auto ebenso bequem wie in der 1. Klasse Bahn/Flugzeug reisen wird, kann die notwendige "gewisse" Originalität und Prägnanz der Wortfolge nicht bewirken. Es ist üblich, öffentliche und individuelle Verkehrsmittel miteinander zu vergleichen, was ihren Preis, ihre Schnelligkeit und auch ihre Bequemlichkeit betrifft. Dass ein Hersteller für Autozubehör diese "Konkurrenz" für sich entscheidet, indem er ein Qualitätsmerkmal der Bahn für sich in Anspruch nimmt, bedeutet nicht, dass der Verkehr diese Werbeaussage als phantasievoll, mehrdeutig oder interpretationsbedürftig erkennen würde. Der Verbraucher ist es vielmehr gerade bei den Verkehrsmitteln eine gewisse vergleichende Werbung gewohnt, und die Aussage, dass er im Auto nunmehr wie in der 1. Klasse Bahn oder Flugzeug wird reisen können, wird ihn nicht zum Nachdenken anregen, denn sie bewegt sich im Rahmen dessen, was als werbende Anpreisung üblich ist (vgl auch BGH, MarkenR 2001 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER).

Die Beschwerde war damit zurückzuweisen.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Na/Fa






BPatG:
Beschluss v. 15.01.2003
Az: 28 W (pat) 94/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/1c206c25f584/BPatG_Beschluss_vom_15-Januar-2003_Az_28-W-pat-94-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share