Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. November 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 192/02

(BPatG: Beschluss v. 09.11.2004, Az.: 27 W (pat) 192/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 29. April 2002 aufgehoben.

Die teilweise Löschung der Marke 399 57 354 wird aufgrund des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 67009 für die Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" angeordnet.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen

Gründe

I Gegen die am 28. November 1999 veröffentlichte Eintragung der am 16. September 1999 angemeldeten Wortbildmarkefür "Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" hat die Widersprechende - beschränkt auf die Waren der Klasse 25 - am 25. Februar 2000 Widerspruch eingelegt aus ihrer am 1. Juni 1996 angemeldeten und am 17. April 2001 eingetragenen Gemeinschaftsmarke 67009 MOTO die für Waren der Klassen 14, 18 und 25, u.a. für "Schuhwaren; Stiefel, Schuhe, Hausschuhe, Sandalen, Trainingsschuhe, Strumpfwaren und gewirkte und gewebte Unterwäsche; Kopfbedeckungen; Hüte; Mützen; Baskenmützen; Hals-, Kopf-, Schultertücher; Handschuhe; Fäustlinge; keine der vorstehend genannten Waren speziell zur Verwendung mit Motorrädern" geschützt ist. Die Widerspruchsmarke ist im Laufe des Widerspruchsverfahrens auf die Arcadia Group Brands Ltd übertragen und am 11. April 2002 im Gemeinschaftmarkenregister umgeschrieben worden.

Hinsichtlich der ebenfalls angemeldeten, vom Harmonisierungsamt aber aufgrund eines Widerspruchs zurückgewiesenen Waren "Bekleidungsstücke, Gürtel" ist die Gemeinschaftsmarkenanmeldung 67009 auf Antrag der damaligen Anmelderin vom 7. Dezember 2000 gemäß Art. 108, 109 GMV in eine nationale Markenanmeldung umgewandelt worden. Nachdem die Anmelderin das Warenverzeichnis der nationalen Anmeldung beschränkt und der Senat daraufhin mit Beschluss vom 8. Juli 2003 (27 W (pat) 170/02) die Zurückweisung der Anmeldung durch die Markenstelle aufgehoben hatte, ist die Marke am 28. August 2003 mit dem Anmeldetag vom 1. April 1996 unter der Nr. 301 07 266 für die Waren "Bekleidungsstücke, nämlich Bademäntel, Badeanzüge, Badehosen, Strandkleidung, Boas, Mieder, Camisoles, Strickjacken, Büstenhalter, Korseletts, Korsetts, Kleider, Jacken, Morgenmäntel, Ohrenschützer, Kittel, Jacketts, Jerseykleidung, Trägerröcke, Wirkwaren, Leggings, Nachthemden, Mäntel, Schlafanzüge, Petticoats, Pullover, Saris, Schals, Hemden, Shorts, Röcke, Anzüge, T-Shirts, Hosen aus Stoff, Westen, Blusen, Hosen- und Kleidergürtel; keine der vorstehenden Waren speziell zur Verwendung beim Motorradfahren". Auch diese Marke ist auf die Arcadia Group Brands Ltd. übertragen und am 16. Dezember 2003 im Register umgeschrieben worden.

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 29. April 2002 den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Trotz Warenidentität sei die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken nicht ausreichend, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. In ihrem Gesamteindruck unterschieden sich die Vergleichsmarken wegen der zusätzlichen Markenelemente in der jüngeren Marke, welche in der älteren Marke keine Entsprechung fänden, ohnehin deutlich voneinander. Es bestehe für den Verkehr auch kein Anlass, sich bei der jüngeren Marke allein an dem Markenbestandteil "MOTOR" zu orientieren; zwar hätten die weiteren Markenbestandteile rein beschreibenden Charakter, aber auch das Wort "MOTOR" sei auf dem vorliegenden Warensektor geeignet, schlagwortartig auf die Bestimmung der so gekennzeichneten Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen speziell für Motorsport hinzuweisen. Der Verkehr werde sich daher an der jüngeren Marke in ihrer Gesamtheit orientieren und bei ihrer Wiedergabe die weiteren Bestandteile und ihren bildlichen Eindruck nicht vernachlässigen. Hinzu komme, dass auch die Widerspruchsmarke "MOTO" nur eine geringe Kennzeichnungskraft und damit einen verminderten Schutzumfang habe; denn als Kurzwort für Motorrad sei es trotz Ausschluss des Schutzes der Widerspruchsmarke für Waren zur Verwendung in Verbindung mit Motorrädern für den gesamten Produktbereich der Bekleidung, Kopfbedeckungen und Schuhwaren eine reine Bestimmungsangabe für solche Waren, die sich besonders zum Motorradfahren eigneten. Da somit Verwechslungen mit der jüngeren Marke auszuschließen seien, sei der Widerspruch zurückzuweisen.

Gegen den ihr zugestellten Beschluss wendet sich die frühere Inhaberin der Gemeinschaftsmarke mit der Beschwerde, die sie zusätzlich auf die nationale Marke 301 07 266 stützt.

Sie trägt vor: Trotz Übertragung der Widerspruchsmarken sei sie zur Beschwerdeeinlegung berechtigt; dies folge schon daraus, dass der angefochtene Beschluss ihr gegenüber ergangen sei. Der Widerspruch könne auch auf die aus der teilweisen Umwandlung der Gemeinschaftsmarke entstandene nationale Marke gestützt werden, weil sie ihren Widerspruch auf das gesamte Warenverzeichnis der Gemeinschaftsmarkenanmeldung stützen dürfe und die Umwandlung einem Verzicht oder einer Beschränkung des Warenverzeichnisses nicht gleichstehe. Die für die Vergleichsmarken geschützten Waren seien weitgehend identisch. Die Widerspruchsmarken hätten eine zumindest normale Kennzeichnungskraft. Diese sei nicht dadurch geschwächt, dass sie Assoziationen an Motorräder wecken könnten, denn gleichzeitig schwinge bei ihnen das italienische Wort "moto" für Bewegung mit. Außerdem erinnerten sie auch an Begriffe wie Mode oder Motto, so dass der Begriff "Moto" insgesamt mehrdeutig und verschwommen sei. Die jüngere Marke werde allein durch den Bestandteil "MOTOR" geprägt, weil die weiteren Bestandteile einen die beanspruchten Waren beschreibenden Charakter besäßen. Die einander gegenüberstehenden Wörter "MOTO" und "MOTOR" seien klanglich und schriftbildlich weitgehend identisch, so dass eine hochgradige Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken bestehe. Im übrigen könnten die angesprochenen Verkehrskreise beide Marken wegen der weitgehend identischen beanspruchten Waren leicht gedanklich miteinander in Verbindung bringen.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Er rügt die Aktivlegitimation der Widersprechenden, da diese nicht mehr Inhaberin der Widerspruchsmarken sei. Des Weiteren bestreitet er, dass der Widerspruch auch auf den in eine nationale Marke umgewandelten Teil der Gemeinschaftsmarke gestützt werden könne, da es sich bei der nationalen Marke nach § 125 d Abs. 3 MarkenG um eine von der Gemeinschaftsmarke unabhängige selbständige Marke handele, auf welche der Widerspruch aber zu keinem Zeitpunkt gestützt worden sei. Eine Verwechslungsgefahr liege wegen der Unähnlichkeit der Marken nicht vor. Die jüngere Marke werde nicht allein von "MOTOR" geprägt, weil auch die weiteren Bestandteile "JEANS & JEANS" schon wegen ihrer ungewöhnlichen Verdopplung, welche eine beschreibenden Wirkung dieser Wörter, die ohnehin nur für einen Teil der beanspruchten Waren angenommen werden könne, abschwäche, ins Auge fielen und daher vom Verkehr nicht vernachlässigt würden. Selbst bei einer Verkürzung der angegriffenen Marke allein auf "MOTOR" unterschieden sich die Vergleichsmarken doch deutlich in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht; dabei sei auch zu berücksichtigen, dass es sich jeweils um Kurzwörter handele, bei denen bereits geringfügige Abweichungen zum Ausschluss der Verwechslungsgefahr ausreichten.

In der mündlichen Verhandlung, in der die Rechtsnachfolgerin das Verfahren übernommen hat, haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft.

II A.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig (§§ 64, 66, 165 Abs. 4 und 5 MarkenG).

1. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass sie von der früheren Inhaberin der Widerspruchsmarke eingelegt worden ist, obwohl im Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung bereits ihre Rechtsnachfolgerin als Markeninhaberin im Gemeinschaftsmarkenregister eingetragen war. Da die Rechtsnachfolgerin das Widerspruchsverfahren nicht übernommen hat, war an dem Verfahren vor dem Patentamt nur die Rechtsvorgängerin beteiligt. An diese hat das Patentamt folgerichtig den angefochtenen Beschluss auch zugestellt, ungeachtet der nach Art. 17 Abs. 6 GMV erforderlichen - hier unterbliebenen - Zustellung an die als Markeninhaberin eingetragene Rechtsnachfolgerin. Als formell Verfahrensbeteiligter stand der Rechtsvorgängerin gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 MarkenG das Beschwerderecht zu (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 66 Rn. 32).

2. Die infolge des materiellrechtlichen Rechtsübergangs der Marke fehlende Sachbefugnis der Rechtsvorgängerin hat auch nicht ihre Befugnis berührt, das Widerspruchsverfahren weiterzuführen und Beschwerde einzulegen. Wird nach Widerspruchserhebung, die der Rechtshängigkeit nach § 265 Abs. 1 Satz 1 ZPO gleichsteht (vgl BGH GRUR 1998, 940, 941 - Sanopharm), das Recht an der Widerspruchsmarke übertragen, hat dies nach der gemäß § 82 Abs. 1 MarkenG im patentamtlichen Verfahren entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 265 Abs. 2 ZPO (vgl BGH, aaO, S. 941 - Sanopharm) keinen Einfluss auf das Widerspruchs- und das nachfolgende Beschwerdeverfahren. Der Rechtsvorgänger kann das Verfahren - ungeachtet seiner fehlenden Sachbefugnis - in gesetzlicher Prozess- bzw Verfahrensstandschaft im eigenen Namen weiterführen (vgl. Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 265 Rn. 39; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 265 Rn. 6; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 265 Rn. 12; Lüke in: Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 265 Rn. 69; vgl. für das Anmeldeverfahren bereits BGH GRUR 2000, 892, 893 - MTS).

Soweit hiergegen eingewandt worden ist, die Wirkungen der Rechtsnachfolge seien weder in § 265 ZPO noch in § 28 MarkenG geregelt, so dass aus § 265 ZPO eine verfahrensrechtliche Handlungsbefugnis nicht hergeleitet werden könne, sondern bei dieser Sachlage die Vermutungswirkung des § 28 Abs. 1 MarkenG entfalle und der Rechtsvorgänger mangels Sachlegitimation aus dem Verfahren ausscheide (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 28 Rn. 24), vermag der Senat dem nicht beizutreten. Die Vorschrift des § 265 Abs. 2 ZPO regelt die verfahrensrechtlichen Folgen der Übertragung eines Rechts, wozu auch der Wechsel der Markeninhaberschaft gehört. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Vorschrift über § 82 Abs. 1 MarkenG nicht auch für das markenrechtliche Beschwerdeverfahren als echtem Streitverfahren gelten sollte. Besonderheiten dieses Verfahrens, die nach § 82 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz MarkenG einer entsprechenden Anwendung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, a.a.O. - Sanopharm). Auch der Gesetzesbegründung zu der durch Art. 9 Nr. 3 des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums eingefügten Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 3 MarkenG, derzufolge "darauf verzichtet werden (soll), die Möglichkeit der Geltendmachung von Rechten von der Zustimmung sowohl des Rechtsvorgängers als auch des Verfahrensgegners nach § 265 Abs. 2 ZPO abhängig zu machen" (vgl. BT-Ds. 14/6203, S. 66), ist zu entnehmen, dass hiermit lediglich eine Ausnahmeregelung zu dem an sich über § 82 Abs. 1 MarkenG geltenden § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingefügt werden sollte, ohne dass hiermit die auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers grundsätzliche Geltung des § 265 ZPO für das gerichtliche Verfahren in Frage gestellt worden wäre (vgl auch Ingerl/Rohnke, aaO, § 66 Rd. 32). Im übrigen würde die entgegengesetzte Ansicht dazu führen, dass bei einer - von der Registereintragung unabhängigen - materiellrechtlichen Übertragung der Marke das Verfahren in der Zeit zwischen Übertragung und Stellung des Umschreibungsantrags nach § 28 Abs. 2 Satz 1 MarkenG eine Sachentscheidung nicht ergehen könnte (so Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 6. Aufl., § 28 Rdn 9), also ein aus verfahrensökonomischer Sicht nicht sachdienlicher Schwebezustand entstünde. Darüber hinaus würde sich die durch § 28 Abs. 2 MarkenG eröffnete bloße Möglichkeit zur Verfahrensübernahme ohne gesetzliche Grundlage in eine Pflicht zur Verfahrensfortsetzung verkehren, wenn der Rechtsnachfolger die Abweisung des Widerspruchs mangels Sachlegitimation des Rechtsvorgängers vermeiden wollte.

B.

Die somit zulässige Beschwerde hat in der Sache auch teilweise Erfolg, weil die die Gefahr von Verwechslungen zwischen der älteren Gemeinschaftsmarke 67009 im Umfang der angegriffenen Waren der Klasse 25 nicht verneint werden kann (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

1. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind die miteinander in Wechselbeziehung stehenden Komponenten der Waren- und Markenähnlichkeit sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz. 23 f. - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz. 16 f. - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243).

a) Hinsichtlich der für beide Zeichen jeweils geschützten Schuhwaren und Kopfbedeckungen besteht Warenidentität. Soweit sich der Widerspruch darüber hinaus gegen die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren "Bekleidungsstücke" richtet, umfasst dieser Oberbegriff zumindest die Waren "Strumpfwaren, Unterwäsche, Hals-, Schultertücher" der Widerspruchsmarke, so dass insoweit ebenfalls Warenidentität gegeben sein kann.

b) Entgegen der Ansicht des Markeninhabers ist der Widerspruchsmarke normale Kennzeichnungskraft zuzubilligen. Wie der Senat hinsichtlich der nationalen Marke 301 07 266 der Widersprechenden bereits ausgeführt hat, kann wegen des - auch in der Gemeinschaftsmarke enthaltenen - Disclaimers "keine der vorstehend genannten Waren speziell zur Verwendung mit Motorrädern" ein möglicher beschreibender Anklang des ansonsten für Motorräder und Motorradzubehör gebräuchlichen Markenwortes "MOTO" nicht mehr festgestellt werden (vgl. 27 W (pat) 170/02 - MOTO; veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM). Für eine Schwächung der somit von Haus aus normalen Kennzeichnungskraft aus sonstigen Gründen sind Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich.

c) In ihrem Gesamteindruck, auf den bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr unabhängig vom Prioritätsalter der sich gegenüberstehenden Zeichen grundsätzlich abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 1998, 397, 390 Tz. 23 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 233 f. - Rausch/Elfi Rauch), unterscheiden sich die einander gegenüberstehenden Marken - wie auch die Widersprechende nicht verkennt - in schriftbildlicher Hinsicht allerdings schon wegen der in der Widerspruchsmarke nicht enthaltenen zusätzlichen Bestandteile "JEANS & JEANS" in der angegriffenen Marke und ihrer von der älteren Wortmarke abweichenden grafischen Ausgestaltung, die bei einer optischen Wahrnehmung der Marke durch den Verkehr nicht unbeachtet bleiben werden.

Entgegen der Auffassung des Markeninhabers wird die angegriffene Marke aber bei ihrer klanglichen Benennung allein von dem Bestandteil "MOTOR" geprägt. Denn wegen der Neigung des Verkehrs, längere Kombinationszeichen bei ihrer klanglichen Benennung schon aus Gründen der Bequemlichkeit und Vereinfachung auf einen den Gesamteindruck prägenden Einzelbestandteil zu verkürzen (st. Rspr, vgl. etwa BGH GRUR 1991, 475, 477 - Caren Pfleger; BGH GRUR 1999, 241, 244 - Lions), wird der Verkehr die weiteren Bestandteile "JEANS & JEANS" nicht klanglich wiedergeben, weil sie hinsichtlich der mit dem Widerspruch angegriffenen Waren der Klasse 25 einen rein beschreibenden Hinweis auf Jeanskleidung und Schuhe aus Jeansstoff darstellen. Entgegen der Ansicht des Markeninhabers vermag auch die werbeübliche Verdopplung der beschreibenden Angabe "Jeans", mit der hervorgehoben wird, dass Kleidung, Schuhe und Kopfbedeckungen sämtlich aufeinander abgestimmt im Jeanslook angeboten werden, der Verkürzungsneigung des Verkehrs nicht entgegenzuwirken. Wird die jüngere Marke aber bei ihrer klanglichen Wiedergabe auf "MOTOR" verkürzt, ist sie mit der Widerspruchsmarke leicht zu verwechseln, weil die einzige Abweichung an den bei der klanglichen Wiedergabe akustisch häufig untergehenden Schlußlaut "R" wegen der im übrigen bestehenden Identität der Zeichen nicht geeignet ist, einem Verhören entgegenzuwirken.

d) Unter Abwägung der verwechslungsfördernden Faktoren der Identität der Waren im Bereich der Klasse 25 und der normalen Kennzeichnungskraft der älteren Gemeinschaftsmarke kann der Abstand, den die angegriffene Marke zu dieser hält, nicht als ausreichend erachtet werden, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen.

2. Dagegen ist die Beschwerde unbegründet, soweit mit ihr die vollständige Löschung der angegriffenen Marke beantragt wird und zwar gestützt auf die aus der teilweisen Umwandlung der Gemeinschaftsmarkenanmeldung entstandene nationale Marke 301 07 266, die von der Widersprechenden im Beschwerdeverfahren als weitere Widerspruchsmarke eingeführt worden ist. Der Widerspruch aus dieser Marke ist gemäß § 42 MarkenG unzulässig.

a) Zwar ist die Widersprechende Inhaberin einer nationalen Marke mit älterem Zeitrang. Diese aus einer Umwandlung gemäß Art. 108 GMV entstandene Marke ist gemäß Art. 108 Abs. 3 GMV zu Recht mit dem Tag der Gemeinschaftsmarkenanmeldung, dem 1. Juni 1996, und damit vor der angegriffenen Marke eingetragen worden. Denn nach Art. 108 Abs. 3 erster Halbsatz GMV, § 125 d Abs. 3 Satz 1 MarkenG genießt die nationale Anmeldung den Anmeldetag der Gemeinschaftsmarke.

b) Der Widerspruch aus der nationalen Marke ist jedoch nicht innerhalb der nach § 42 Abs. 1 MarkenG zu wahrenden Frist von 3 Monaten nach dem Tag der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke erhoben worden. Der innerhalb der genannten Frist beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Widerspruch ist nicht auf die nationale Marke, sondern auf die Gemeinschaftsmarkenanmeldung gestützt. Damit ist die Frist des § 42 Abs. 1 MarkenG im Hinblick auf die nationale Marke nicht eingehalten worden.

Der (nunmehr auch) auf die nationale Marke gestützte Widerspruch ist entgegen der Auffassung der Widersprechenden auch nicht deswegen als fristgerecht erhoben zu erachten, weil die nationale Marke erst durch teilweise Umwandlung der i.S.v. Art. 108 Abs. 1 lit.a GMV wirkungslos gewordenen Gemeinschaftsmarkenanmeldung entstanden ist. Auch wenn die Widersprechende aus der bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist mangels Stellung des Umwandlungsantrags noch gar nicht bestehenden nationalen Markenanmeldung keinen Widerspruch erheben konnte, kann sie sich nicht darauf berufen, dass der von ihr erhobene Widerspruch aus der wirkungslos gewordenen Gemeinschaftsmarkenanmeldung bereits fristwahrend und damit in zulässiger Weise erhoben worden sei und diese einmal geschaffenen Verfahrensvoraussetzungen der später entstandenen nationalen Marke zugute kommen müssten. Eine gesetzliche Regelung, nach der ein aus der Gemeinschaftsmarkenanmeldung erhobener Widerspruch, der sich aufgrund der vollständigen oder teilweisen Zurückweisung oder Zurücknahme der Anmeldung erledigt, mit der Umwandlung in eine nationale Markenanmeldung gewissermaßen wiederauflebt, ist nicht ersichtlich. Eine solche Regelung ergibt sich insbesondere weder wörtlich noch nach ihrem Sinn und Zweck aus den die Umwandlung einer Anmeldung in eine nationale Marke betreffenden Art. 108 GMV. Nach Art. 108 Abs. 1 lit.a GMV kann die Umwandlung einer Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke in eine Anmeldung für eine nationale Marke beantragt werden, wenn die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke zurückgewiesen oder zurückgenommen worden ist oder als zurückgenommen gilt. Mit dieser Möglichkeit soll der Anmelder einer Gemeinschaftsmarke, dessen Anmeldung in nur einem einzigen oder mehreren der Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft nicht zur Eintragung gelangt ist, die Möglichkeit haben, seine Marke jedenfalls in anderen Mitgliedsstaaten zur Eintragung zu bringen, ohne des durch die Gemeinschaftsmarkenanmeldung begründeten Zeitrangs verlustig zu gehen (vgl. Eisenführ/Schennen, Gemeinschaftsmarkenverordnung, Art. 108 Rn. 2). Diese Folge ist jedoch der einzige Rechtsvorteil, auf den sich der Anmelder der nationalen Marke im Hinblick auf die i.S.v. Art. 108 Abs. 1 lit.a GMV weggefallene Gemeinschaftsmarkenanmeldung berufen kann. Im Übrigen handelt es sich um eine von der Gemeinschaftsmarkenanmeldung unabhängige und eigenständige nationale Anmeldung, deren zwingende Voraussetzung gerade der (vollständige oder teilweise) Wegfall der Gemeinschaftsmarkenanmeldung nach Art. 108 Abs. 1 lit.a GMV ist. Die Vorschrift des Art. 108 GMV kann entgegen der Ansicht der Widersprechenden auch nicht in diesem Sinne (erweiternd) ausgelegt werden, denn dies würde zu einer unzulässigen Erweiterung der in Art. 42 GMV i.V.m. Art. 8 GMV abschließend aufgezählten Widerspruchsmöglichkeiten führen (vgl auch HABM, 2. BK vom 12.06.2003 - R0268/02-3 - HAVANA; zitiert auf der PAVIS CD-ROM). Dementsprechend enthält auch die nationale Vorschrift des § 125d MarkenG keine Regelung hinsichtlich des Eintritts des Inhabers einer durch (Teil-) Umwandlung entstandenen nationalen Markenanmeldung in ein Widerspruchsverfahren nach Ablauf der dreimonatigen Widerspruchsfrist (§ 42 Abs. 1 MarkenG). Im übrigen ist der Anmelder der Marke in einem solchen Fall keineswegs schutzlos, denn es bleibt ihm unbenommen, sein älteres Recht im Wege der Löschungsklage nach § 51 i.V.m. § 9 MarkenG geltend machen.

d) Abgesehen von der Unzulässigkeit des Widerspruchs aus der nationalen Marke 301 07 266 besteht auch kein sachlich gerechtfertigter Grund, aus der prioritätsälteren Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke zunächst beschränkt Widerspruch zu erheben und nach der teilweisen Umwandlung der Gemeinschaftsmarkenanmeldung in eine nationale Anmeldung sodann aus dieser Anmeldung bzw. der daraus entstanden nationalen Markeneintragung sämtliche Waren der jüngeren Marke anzugreifen.

C.

Auf die Beschwerde der Widersprechenden war der Beschluss der Markenstelle daher aufzuheben und die Löschung der jüngeren Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 67009 für die angegriffenen Waren anzuordnen.

D.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen, dass jeder beteiligte seine Kosten selbst trägt.

Dr. Schermer Prietzel-Funk Schwarz Ja






BPatG:
Beschluss v. 09.11.2004
Az: 27 W (pat) 192/02


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