Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Oktober 2005
Aktenzeichen: 19 W (pat) 335/03

(BPatG: Beschluss v. 24.10.2005, Az.: 19 W (pat) 335/03)

Tenor

Das Restpatent 199 35 835 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, mit Unteransprüchen, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Gründe

I Für die am 29. Juli 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Anmeldung ist die Erteilung des Patents am 30. April 2003 veröffentlicht worden. Das Patent hat die Bezeichnung

"Induktionskochfeld mit Kühlgebläse".

Gegen das Patent hatte die Fa. A... GmbH am 29. Juli 2003 Einspruch erhoben. Zur Begründung hat sie auf § 1 und 4 PatG verwiesen und behauptet, der Gegenstand des Patents beruhe unter Berücksichtigung des Standes der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende hat den Einspruch mit Schriftsatz vom 29. Juni 2005 zurückgenommen.

Die Patentinhaberin hat die Teilung des Patents erklärt.

Der geltende, in der mündlichen Verhandlung übergebene Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

"Induktionskochfeld (1) mit einer Kochfeldplatte (7) und einem Gehäuse (9), in dem zumindest frontseitig zwei Induktoren (15, 17), ein Kühlgebläse (27), das Kühlluft durch das Induktionskochfeld zur Kühlung elektrischer Schaltungskomponenten (21) der Induktoren fördert, und zumindest eine Ansaugöffnung (29) und eine in der frontseitigen Hälfte des Induktionskochfeldes (1) unterhalb der Kochfeldplatte (7) befindliche Ausblasöffnung (45) angeordnet sind, wobei die Ansaug- und die Ausblasöffnung (29, 45) durch einen Kühlluftkanal (33) miteinander verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, dass das Kühlgebläse (27) sowie die Ansaugöffnung (29) in der frontseitigen Hälfte des Induktionskochfeldes (1) unterhalb der Kochfeldplatte (7) angeordnet sind, dass der Kühlluftstrom quer zur Frontseite des Kochfeldes (1) zur Kühlung der Schaltungskomponenten (21) der beiden nebeneinander angeordneten Induktoren (15, 17) geführt ist, und dass ein Ablenkelement (35) im Kochfeld (1) angeordnet ist, das den quer von einem Seitenrandbereich zu einem gegenüberliegenden Seitenrandbereich verlaufenden Kühlluftstrom derart ablenkt dass der Kühlluftstrom aus einer frontseitig angeordneten Ausblasöffnung (45) des Kochfeldes (1) austritt."

Es soll die Aufgabe gelöst werden, günstige Temperaturverhältnisse in einem Induktionskochfeld bereitzustellen (Sp 1 Z 48 bis 50 der Patentschrift).

Die Patentinhaberin stellte den Antrag, das Patent 199 35 835 mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, hilfsweise Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag, in beiden Fällen mit Unteransprüchen, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Wegen des Hilfsantrags wird auf die Akte verwiesen.

Die Patentinhaberin ist der Meinung, dem Fachmann, der hier als ein mit Küchenherden befasster Fachhochschulingenieur anzusehen sei, sei geläufig, dass unter einem Kochfeld die vormontierte Einheit zu verstehen sei, die in den Ausschnitt der Arbeitsplatte einzusetzen sei, und die somit durch die Kochfeldplatte einerseits und das Gehäuse andererseits begrenzt sei. Die im Anspruch 1 angegebene Ansaug- und Ausblasöffnung beziehe sich auf den Luftein- und -austritt in/aus dieser Einheit. Anhand einer in der Verhandlung vorgelegten Zusammenfassung (Skizzen der Kühlluftführung) erläuterte sie die nach ihrer Ansicht bestehenden Unterschiede beim Stand der Technik hinsichtlich der Luftführung im Gehäuse, und der Ansaug- und Ausblasöffnung.

Das Merkmal "quer zur Frontseite des Kochfeldes" sehe sie als missverständliche Formulierung, der jedoch im Zusammenhang mit der Figur 1 die Bedeutung "von links nach rechts" zu entnehmen sei. Durch die Ergänzung des erteilten Anspruchs 1 nach Hauptantrag sei nunmehr der Anspruch 1 eindeutig auf die Luftstromrichtung von einem Seitenrandbereich zu einem gegenüberliegenden Seitenrandbereich beschränkt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Gemäß § 147 Abs 3 PatG liegt die Entscheidungsbefugnis über den zulässigen Einspruch bei dem hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts.

Dieser hatte - wie in der Entscheidung in der Einspruchssache 19 W (pat) 701/02 (mwN; vgl BPatGE 46,134) ausführlich dargelegt ist - aufgrund öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden.

Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.

Der Einspruch war zulässig und hatte insoweit Erfolg, als das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 3 beschränkt aufrechtzuerhalten war.

1. Offenbarung und Zulässigkeit der geltenden Patentansprüche Die Patentansprüche 1 bis 3 sind zulässig.

Dass gemäß der im Patentanspruch 1 vorgenommenen Änderung der Kühlluftstrom - durch den Kühlluftkanal 33 mit seinem Deckelteil 25 geführt - quer von einem Seitenrandbereich zu einem gegenüberliegenden Seitenrandbereich verläuft, ergibt sich aus der Patentschrift (Sp 3 Z 30 bis 33 und 40 bis 44) in Verbindung mit Figur 1: Richtungspfeile im Kühlluftkanal 33, die hier mit den ursprünglichen Unterlagen übereinstimmt. Die "Seitenrandbereiche" versteht der Fachmann dabei ohne weiteres als Sammelbegriff des dort erwähnten rechten Randbereichs bzw linksseitigen Bereichs.

2. Fachmann, Verständnis des Anspruchs 1 Als Fachmann sieht der Senat einen Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Berufserfahrung auf dem Gebiet der Ausrüstung und Kühlung von Kochfeldern.

Der Senat folgt den Ausführungen der Patentinhaberin, der Fachmann verstehe unter dem Induktionskochfeld die vormontierte Baugruppe, die insgesamt in die Arbeitsplatte eingelassen wird. Dann sind unter Ansaug- und Ausblasöffnung diejenigen Öffnungen im Gehäuse des Induktionskochfelds zu verstehen, durch die der Kühlluftstrom das Induktionskochfeld betritt bzw verlässt.

Unter "quer zur Frontseite" könnte nach dem reinen Wortlaut auch "senkrecht zur Frontseite", also zB von hinten nach vorn verstanden werden. Eine solche Interpretation ist durch die vorgenommene Einschränkung auf den quer von einem Seitenrandbereich zu einem gegenüberliegenden Seitenrandbereich verlaufenden Kühlluftstrom ausgeschlossen. Damit kann der Fachmann unter "quer zur Frontseite" nur noch die Richtung bzw Gegenrichtung der in Figur 1 eingezeichneten Pfeile im Kühlluftkanal 33 verstehen.

Unter "frontseitig angeordneter Ausblasöffnung" versteht der Fachmann nach Überzeugung des Senats eine Öffnung in der (senkrechten) Frontseite des Kochfeldgehäuses, wie in der Figur 2 gezeigt. Eine Öffnung im frontseitigen Bodenbereich kann der Fachmann darunter nicht verstehen.

3. Neuheit Die Vorrichtung gemäß dem Anspruch 1 ist neu, da aus den im Prüfungs- und Einspruchsverfahren entgegengehaltenen Druckschriften eine Anordnung mit allen im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen nicht bekannt ist.

Die EP 654 957 A1 zeigt in Übereinstimmung mit dem Oberbegriff des Anspruchs 1 ein Induktionskochfeld 1 mit einer Kochfeldplatte, und einem Gehäuse (Fig 2, ohne Bezugszeichen, einschließlich des Luftführungsschachts 14 bis 16, Sp 1 Z 31 bis 35), in dem zumindest frontseitig zwei Induktoren 5, 6 ein Kühlgebläse 18, das Kühlluft durch das Induktionskochfeld zur Kühlung elektrischer Schaltungskomponenten 30, 31 der Induktoren fördert, und zumindest eine Ansaugöffnung 8, 9 und eine in der frontseitigen Hälfte des Induktionskochfeldes 1 unterhalb der Kochfeldplatte befindliche Ausblasöffnung (Fig 2: nach unten gerichtete Öffnung 21 des Kühlluftkanals 20 iVm Sp 2 Z 13 bis 17) angeordnet sind, wobei die Ansaug- und die Ausblasöffnung durch einen Kühlluftkanal 20 miteinander verbunden sind (Sp 2 Z 8 bis 13).

In weiterer Übereinstimmung mit dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 istdas Kühlgebläse 18 unterhalb der Kochfeldplatte, und ein Ablenkelement (Viertelkreiskrümmung oberhalb der Ausblasöffnung 21) im Kochfeld angeordnet, das den - zur Kühlung der Schaltungskomponenten 30, 31 der beiden nebeneinander angeordneten Induktoren 5, 6 geführten - Kühlluftstrom derart ablenkt, dass er aus der (im frontseitigen Bereich des Bodenteils angeordneten) Ausblasöffnung 21 des Kochfeldes austritt."

Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 ist die Ansaugöffnung 8, 9 in der rückseitigen Hälfte oberhalb der Kochfeldplatte angeordnet. Die Luftansaugseite 17 des Lüfters 18 sieht der Senat mit dem unter Punkt 2 definierten Verständnis des Anspruchs nicht als Ansaugöffnung des Kochfeldes an. Ebenso ist der Kühlluftstrom auch nicht quer zur Frontseite des Kochfeldes von einem Seitenrandbereich zu einem gegenüberliegenden Seitenrandbereich geführt, und es ist keine frontseitig angeordnete Ausblasöffnung des Kochfeldes vorgesehen, sondern sie ist nach unten gerichtet, wo sich der Kühlluftstrom nach Austritt aus dem Induktionskochfeld in einen vorderseitigen Ausblasluftstrom und einen nach hinten gerichteten Rückluftstrom aufteilt.

Die Kochfelder der weiteren noch im Verfahren befindlichen Druckschriften unterscheiden sich von dem patentgemäßen Induktionskochfeld des Anspruchs 1 schon dadurch, dass sie weder eine frontseitig angeordnete Ausblasöffnung des Kochfeldes, noch ein im Kochfeld angeordnetes Ablenkelement aufweisen, das den ... Kühlluftstrom derart ablenkt, dass der Kühlluftstrom aus einer frontseitig angeordneten Ausblasöffnung des Kochfeldes austritt.

Bei dem Induktionskochfeld nach JP 05-021148 A wird zwar der streckenweise quer verlaufende Kühlluftstrom nach Austritt aus den (seitlichen und rückwärtigen, jedoch nicht frontseitigen) Ausblasöffnungen 10, 11 in Richtung der frontseitigen Geräte-Ausblasöffnung 18 abgelenkt. Dies geschieht aber außerhalb des Induktionskochfeldes durch die Arbeitsplatte bzw die Möbelwände.

Bei dem Induktionskochfeld nach der DE 28 06 794 C2 weist zwar der Kanal 6 eine frontseitige Ausblasöffnung und ein rückseitiges, auf die Ausblasöffnung hin gerichtetes Ablenkelement auf, ist aber kein Bestandteil des Induktionskochfeldes (Kochmulde 2), sondern des Herdgehäuses 1.

Nach der DE 42 24 405 A1 (Sp 5 Z 3 bis 7) ist zwar als Alternative eine Ablenkung zu einer zweiten Ausblasöffnung hin vorgesehen, jedoch ist kein Ablenkelement ersichtlich, und die Ausblasöffnung ist bodenseitig angeordnet.

Bei den übrigen Druckschriften fehlen diese Ablenkelemente im Kochfeld offensichtlich.

4. Erfinderische Tätigkeit Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ausgehend von der Anordnung nach der EP 654 957 A1 stellt sich dem Fachmann die Aufgabe nach günstigen Temperaturverhältnissen als grundlegende Forderung in der Praxis von selbst. Der Fachmann ist sich auch im klaren darüber, dass sich die Luft im Möbelinneren möglichst wenig erwärmen sollte; denn dies ist, wie die Patentinhaberin nachvollziehbar erläuterte, eine Forderung der Küchenhersteller. Schließlich wird er beim Betrieb des Induktionskochfeldes ohne weiteres feststellen, dass die nach oben gerichteten Ansaugöffnungen stören und Flüssigkeit in sie eindringen kann.

Zur Lösung des letztgenannten Problems wird der Fachmann erwägen, die Luft direkt aus dem Geräteinneren durch eine Öffnung im Bodenteil des Kochfelds anzusaugen, denn dies ist beim Stand der Technik üblich (DE 42 24 405 A1, Fig 13, 14, JP 05-021148 A, JP 62-108927 A). Bei der Realisierung stößt er aber auf Schwierigkeiten, denn er muss dafür sorgen, dass der nach hinten geführte Kühlluftstrom-Anteil nicht wieder angesaugt wird.

Von der in der EP 654 957 A1 verwendeten nach unten gerichteten Ausblasöffnung 21 wird er nach Überzeugung des Senats keinesfalls abrücken: denn erstens ist der Luftweg für eine frontseitige Ausblasöffnung durch die Arbeitsplatte 11 versperrt, und zweitens benötigt er den nach unten gerichteten Luftstrom zur Abtrennung des nach hinten geführten Rückluftstroms für die thermische Trennung des Herdes von der Glaskeramikplatte (Sp 2 Z 13 bis 22).

Für eine Anordnung der Ausblasöffnung in der Frontseite gibt es auch im Stand der Technik keine Anregung. Wie die von der Patentinhaberin eingereichte Übersicht zutreffend zeigt, weisen die entgegengehaltenen Druckschriften vielgestaltige Möglichkeiten zur Kühlluftführung auf, aber keine zeigt eine frontseitig angeordnete Ausblasöffnung des Kochfeldes. Bei allen Induktionskochfeldern im Stand der Technik wird die Abluft seitlich, nach unten oder nach hinten, meist in das Möbelinnere ausgeblasen.

Die Erfinder haben nun erkannt, dass sie dadurch, dass sie ein Ablenkelement im Kochfeld anordnen, das den quer von einem Seitenrandbereich zu einem gegenüberliegenden Seitenrandbereich verlaufenden Kühlluftstrom derart ablenkt, dass der Kühlluftstrom aus einer frontseitig angeordneten Ausblasöffnung des Kochfeldes austritt, einen weitgehend innerhalb des Induktionskochfelds geführten Kühlluftstrom erhalten, der mit dem Möbelinneren praktisch nicht mehr in Berührung kommt und es auch nicht mehr erwärmen kann.

Um zur Vorrichtung nach Anspruch 1 zu kommen, bedurfte es somit erfinderischer Überlegungen.

5. Die Vorrichtung nach Anspruch 1 ist somit patentfähig.

Damit ist auch die Vorrichtung nach Anspruch 2 und 3 patentfähig.

Dr. Mayer Schmöger Groß

Dr. Scholz Be






BPatG:
Beschluss v. 24.10.2005
Az: 19 W (pat) 335/03


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