Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 10. März 2004
Aktenzeichen: 12 W 26/04

(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 10.03.2004, Az.: 12 W 26/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in seinem Beschluss vom 10. März 2004 (Aktenzeichen 12 W 26/04) die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 17. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 8. Januar 2004 zurückgewiesen. Der Beklagte muss die Kosten tragen.

Der Streit ging darum, dass die Klägerinnen vom Beklagten die Rückerstattung von überzahltem Architektenhonorar in Höhe von 149.331,24 € forderten. Der Beklagte hatte die geleisteten Abschlagszahlungen nicht prüfbar abgerechnet. Um die Höhe des Rückerstattungsbetrags vor Gericht begründen zu können, hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen zahlreiche Besprechungen mit dem Architekten der Klägerinnen und der HOAI GmbH geführt. In einem Vergleich verpflichtete sich der Beklagte schließlich, die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu tragen.

Die Klägerinnen hatten für diese Besprechungen dem Prozessbevollmächtigten eine Gebühr von 7,5/10 nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO (Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung) in Rechnung gestellt, die vom Landgericht festgesetzt wurde. Der Beklagte war damit jedoch nicht einverstanden und legte dagegen Beschwerde ein.

Das Oberlandesgericht stellte fest, dass die Kosten des Prozessbevollmächtigten für die vorprozessualen Besprechungen entstanden und zu erstatten sind. Die Besprechungen waren notwendig, um den einzufordernden Überzahlungsbetrag begründen zu können. Angesichts der Komplexität der Materie durften die Klägerinnen einen Rechtsanwalt mit diesen Besprechungen beauftragen.

Es wurde festgestellt, dass vorprozessuale Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig sind und dass diese Kosten auch von der Vergleichsregelung erfasst sind. Eine Begrenzung der Anwaltskosten hat keinen Eingang in den Vergleichstext gefunden.

Das Gericht entschied, dass der Beklagte die Kosten der Beschwerde tragen muss. Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen, da die Frage, ob eine Gebühr aus § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig ist, noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Rahmen einer Schadensersatzforderung bezieht sich nicht auf den vorliegenden Fall.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO (Zivilprozessordnung) und der Beschwerdewert entspricht der beanstandeten Gebühr zuzüglich Mehrwertsteuer.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 10.03.2004, Az: 12 W 26/04


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen denKostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 17. Zivilkammerdes Landgerichts Darmstadt vom 8. Januar 2004 wird auf seine Kostenzurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.378,95 €

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO; §§ 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Klägerinnen verlangten vom Beklagten Rückzahlung überzahlten Architektenhonorars in Höhe von 149.331,24 €, weil er die geleisteten Abschlagszahlungen von 517.158,68 DM nicht prüfbar abgerechnet hätte. Zur Vorbereitung der Klage hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen zahlreiche Besprechungen mit dem Architekten der Klägerinnen und der HOAI € GmbH geführt, um die Höhe des Rückzahlungsbetrages dem Gericht nachvollziehbar begründen zu können. Mit Vergleich vom 28. Oktober 2003 (Bl. 75 d.A.) verpflichtete sich der Beklagte u.a. die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu tragen. Die Klägerinnen haben für die o.g. Besprechungen eine ihrem Prozessbevollmächtigten zustehende 7,5/10-Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO angemeldet (Bl. 79 d.A.), die das Landgericht im angefochtenen Beschluss festgesetzt hat. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seinem Rechtsmittel, weil vorprozessuale Anwaltskosten grundsätzlich nicht festgesetzt werden dürften und diese Kosten vom Vergleich nicht erfasst seien.

2. Die geltend gemachten Kosten des Prozessbevollmächtigten für die vorprozessualen Besprechungen, die er im Einverständnis mit seinem Auftraggeber mit dem Architekten und dem HOAI-Sachverständigen geführt hat, sind entstanden (2.1.) und zu erstatten (2.2.)

2.1. Die Klägerinnen schulden ihrem Rechtsanwalt eine 7,5/10-Gebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO, weil er in ihrem Einverständnis Besprechungen über tatsächliche und rechtliche Fragen der Höhe der entstandenen Architektengebühren mit Dritten ge Die Besprechungen mit dem Architekten und dem Sachverständigen waren erforderlich, um den einzufordernden Überzahlungsbetrag der Höhe nach begründen zu können. Sie dienten der Vorbereitung des Prozesses. Angesichts der Komplexität der Materie, in welcher Höhe Architektengebühren nach der HOAI entstanden waren, mussten die Klägerinnen diese Besprechungen nicht selbst führen, sondern durften einen Rechtsanwalt damit betrauen. Es handelte sich auch nicht nur um Rechtsfragen, die der Prozessbevollmächtigte in eigener Kompetenz beantworten muss.

Einen Grundsatz, nach dem solche notwendigen Kosten, nicht im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig seien, weil es sich um Anwaltsgebühren aus dem 12. Abschnitt der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung handelt, vermag der Senat (entgegen der wohl überwiegenden Meinung; vgl. die Übersicht über Literatur und Rechtsprechung bei Enders, Durchsetzung außergerichtlich entstandener Gebühren und Auslagen, JurBüro 1999, 617 ff) dem Gesetz nicht zu entnehmen. Das Erfordernis, im Einzelfall die Notwendigkeit und Angemessenheit vorprozessualer Kosten zur zweckgerichteten Rechtsverfolgung oder €Verteidigung festzustellen, stellt sich hier auch nicht in größerem Maße als bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit anderer vorprozessualer Kosten wie etwa für Privatgutachten oder Detektive.

Da es sich um €Kosten des Rechtsstreits€ handelt, sind sie auch von der Vergleichsregelung erfasst. Diese ist ihrem objektiven Erklärungsgehalt nach auszulegen, dem nicht zu entnehmen ist, dass im Kostenfestsetzungsverfahren festsetzbare Vorbereitungskosten nicht umfasst sein sollten. Auch wenn die Höhe der Anwaltskosten bei den Vergleichsverhandlungen Gesprächsthema war, hat eine Begrenzung keinen Eingang in den Vergleichstext gefunden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert entspricht der beanstandeten Gebühr zuzüglich Mehrwertsteuer.

4. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil die Frage, ob als Vorbereitungskosten auch eine Gebühr aus § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähig ist, noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Soweit der Bundesgerichtshof im Rahmen einer Schadensersatzforderung (Urteil vom 11. Mai 1988 € IVa ZR 305/86 € zitiert nach JURIS, Seite 6) die Festsetzbarkeit von Vorbereitungskosten verneint hatte, betraf dies anders als im vorliegenden Fall eine Besprechung mit dem Prozessgegner zur Geltendmachung der später eingeklagten Forderung.






OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 10.03.2004
Az: 12 W 26/04


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