Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Dezember 2007
Aktenzeichen: 9 W (pat) 301/07

(BPatG: Beschluss v. 03.12.2007, Az.: 9 W (pat) 301/07)

Tenor

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

- Patentansprüche 1 bis 4 sowie - Beschreibung Spalten 1 bis 4, jeweils als Hauptantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung,

- Beschreibung Spalte 5 sowie - Zeichnungen Figuren 1 bis 5, jeweils nach Patentschrift.

Gründe

I.

Gegen das am 22. November 1991 angemeldete und am 25. Juni 1998 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung

"Druckmaschine mit wenigstens einem elektromotorisch angetriebe-

nen, axial verstellbaren Zylinder oder sonstigen Drehkörper"

ist von den Firmen B... AG (Einsprechende 1), K... Aktien gesellschaft (Einsprechende 2), F... GmbH & Co. (Einsprechende 3) und M... AG (Einsprechende 4) Einspruch erhoben worden.

Die Einsprechenden stellen den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberinnen stellen den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

- Patentansprüche 1 bis 4 sowie - Beschreibung Spalten 1 bis 4, jeweils als Hauptantrag überreicht in der mündlichen Verhandlung,

- Beschreibung Spalte 5 sowie - Zeichnungen Figuren 1 bis 5, jeweils nach Patentschrift.

Die Patentinhaberinnen sind der Meinung, der Gegenstand des beschränkten Patentanspruchs 1 sei gegenüber dem druckschriftlich nachgewiesenen Stand der Technik patentfähig.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Druckmaschine mit mehreren für die Druckgebung zusammen wirkenden, elektromotorisch angetriebenen Platten-Zylindern (D1, D4), die drehbar und bezüglich der Diagonal-, Seiten- und Umfangsregister verstellbar gelagert sind, wobei mehrere der Plattenzylinder (D1, D4) bezüglich ihrer Drehachsen (Y) in einer Wandung (H) zur Seitenregisterverstellung axial längsverstellbar (U) geführt sind, dadurch gekennzeichnet, dass der Rotor (F) des jeweiligen Elektromotors (F, G) mit dem jeweiligen Plattenzylinder (D1, D4) zu seinem Direktantrieb steif und unmittelbar verbunden ist, und der Stator (G) des Elektromotors (F, G) an der Wandung (H) axial unveränderlich abgestützt ist."

Rückbezogene Patentansprüche 2 bis 4 schließen sich diesem Patentanspruch an.

In der mündlichen Verhandlung - zu der die Einsprechende 3 gemäß ihrer Ankündigung vom 20. November 2007 nicht erschienen ist - verweisen die Einsprechenden 1, 2 und 4 auf folgende Druckschriften:

- DE 38 25 600 A1

- DE 87 03 410 U1

- DE 24 51 718 B2

- US 4 234 831

- DE 34 32 572 A1

- JP 03-108 543 A mit englischsprachiger Übersetzung - JP 61-016 856 A mit deutschsprachiger Übersetzung - JP 56-021 860 A mit deutschsprachiger Übersetzung.

Sie sind der Meinung, demgegenüber sei der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht patentfähig.

Schriftsätzlich wurde außerdem der Widerrufsgrund der mangelnden Ausführbarkeit geltend gemacht und zur Patentfähigkeit noch auf folgende Druckschriften verwiesen:

- DE 30 22 516 A1

- DE 34 09 194 A1

- Walenski, W. "OFFSETDRUCK - Maschinen Verfahrenstechniken Produktionsmittel", 1991, Seite 177

- US 2 022 696

- US 4 604 083

- US 4 877 987

- DE 24 59 743 A1

- EP 0 245 590 B1

- DE 91 06 643 U1

- DE 30 20 243 A1

- DE 33 40 169 A1

- US 1 812 109

- DE-OS 2 338 769

- DE 39 27 426 A1 sowie die Patentschrift DE 41 38 479 C3 der Stammanmeldung des Streitpatents und pauschal der in deren Erteilungsverfahren berücksichtigte Stand der Technik benannt. Dieser Stand der Technik umfasst zusätzlich folgende Dokumente:

- DE 40 11 268 A1

- DE 27 18 856 A1

- DE 24 43 229 A1

- DE-OS 14 38 257

- DE-GM 70 46 973

- DE-PS 372 416

- US 38 17 174

- US 37 53 016

- JP 63-288 752 A Lediglich zum Beleg der nach Auffassung der Einsprechenden fachübergreifenden Kenntnisse des zuständigen Fachmanns über Antriebsausgestaltungen hat die Einsprechende 4 die Druckschriften DE 197 20 479 A1, DE 295 04 297 U1, DE 44 10 004 A1, DE 295 03 823 U1, DE 195 40 855 A1, DE 195 00 290 A1, DE 40 42 377 A1, DE 88 13 500 U1, DE 88 14 074 U1, DE 44 11 055 A1, DE 295 01 109 U1, DE 196 13 792 A1, DE 195 29 430 A1, DE 93 21 402 U1, DE 43 22 744 A1, EP 0 621 133 A1 angeführt.

II.

Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG a. F. begründet.

1. Die Einsprüche der Einsprechenden 1 bis 4 sind zulässig. Sie haben aber keinen Erfolg.

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Einspruchs ist insbesondere, dass innerhalb der Einspruchsfrist das Vorliegen (mindestens) eines der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe behauptet wird und die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen substantiiert vorgetragen werden, § 59 Abs. 1 PatG. Hierzu ist erforderlich, dass die Einsprechende die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände im Einzelnen so darlegt, dass der Patentinhaber und der entscheidende Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können (BGH GRUR 2005, 695 - Automatisches Fahrzeuggetriebe).

Diesen Anforderungen werden alle Einsprüche gerecht; hinsichtlich der Einsprüche 2 bis 4 war das auch nicht bestritten. Der Einspruch 1 stützt sich neben den unsubstantiiert behaupteten Widerrufsgründen der fehlenden Neuheit und der fehlenden erfinderischen Tätigkeit auch noch auf den Widerrufsgrund der fehlenden Ausführbarkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG), wie der Einspruchsbegründung auf Seite 3, letzter Absatz bis Seite 4, 2. Absatz der Einspruchsschrift zu entnehmen ist. Denn dort macht die Einsprechende 1 geltend, dass infolge der im Patentanspruch 1 geforderten axial festen Position des Stators und der ebenfalls geforderten steifen und unmittelbaren Verbindung des Rotors mit dem Drehkörper der Antrieb statisch überbestimmt und der Gegenstand des Streitpatents daher nicht ausführbar sei.

Diese Angaben versetzen die Beteiligten in die Lage, das Streitpatent im Hinblick auf den geltend gemachten Widerrufsgrund der mangelnden Ausführbarkeit ohne eigene Ermittlungen abschließend zu beurteilen. Ausreichende Substantiierung liegt daher insoweit vor. Der Einspruch ist demnach zulässig.

2. Das Patent betrifft eine Druckmaschine mit mehreren für die Druckgebung zusammenwirkenden, elektromotorisch angetriebenen Plattenzylindern.

In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift ist sinngemäß ausgeführt, dass die für die Druckgebung zusammenwirkenden Zylinder bezüglich der Diagonal-, Seiten- und Umfangsregister verstellbar sowie aneinander anstellbar seien. Bei Druckmaschinen nach Art der DE 38 25 600 A1 erfolge der Antrieb der Druckzylinder von einem gemeinsamen Hauptantrieb aus, der seine Antriebsleistung über eine mechanische Längswelle auf die Einzelaggregate der Druckmaschine verteile. Zur praktischen Realisierung sei ein komplexes mechanisches System mit einer Vielzahl unterschiedlicher Komponenten wie Getriebe, Kupplungen, Spindeln, Schlitten etc. notwendig. Hieraus würden Schwachpunkte resultieren, welche die Druckbildgüte und die Registerhaltigkeit beeinträchtigten.

Aus der DE 34 32 572 A1 sei eine Rotationsdruckpresse mit von jeweils einem separaten Antriebsmotor angetriebenen Zylindern bekannt, wobei die Antriebsmotoren der korrespondierenden Zylinder von einer übergeordneten Steuerung geführt würden. Dabei sei für die direkt mit den Rotoren der Elektromotoren verbundenen Zylinder allerdings keinerlei Möglichkeit zur Seitenregisterverstellung eröffnet.

Zwar sei es bei Reibscheibenantrieben insbesondere für Spindelpressen bekannt, die Welle bzw. den Rotor des elektrischen Antriebsmotors axial verschiebbar zu lagern (DE 30 22 516 A1). Zur Verschiebung werde der Einsatz von Pressluft oder eines Elektromagneten mit Erregerwicklung in einem Magnetkörper und einer gegen Federdruck bewegbaren Magnetscheibe vorgeschlagen. Derartige Anordnungen zur Axialverschiebung seien jedoch für die bei Druckmaschinen erforderliche hohe Genauigkeit für die Seitenregistereinstellung ungeeignet.

Das dem Patent zugrundeliegende und mit der Aufgabe formulierte technische Problem besteht daher darin, eine Druckmaschine mit Seitenregisterverstellung des Plattenzylinders in konstruktiv einfacher Weise auch mit einem Direktantrieb zu schaffen.

Dieses Problem wird durch die Druckmaschine mit den im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen gelöst.

Zur Erleichterung von Bezugnahmen sind die Merkmale nach Patentanspruch 1 wie folgt gegliedert:

a) Druckmaschine, b) die Druckmaschine weist mehrere für die Druckgebung zusammenwirkende Plattenzylinder auf, c) der Antrieb der Plattenzylinder erfolgt elektromotorisch, d) die Plattenzylinder sind drehbar und bezüglich der Diagonal-, Seiten- und Umfangsregister verstellbar gelagert, e) dabei sind mehrere der Plattenzylinder bezüglich ihrer Drehachsen zur Seitenregisterverstellung in einer Wandung axial längsverstellbar geführt,

- Oberbegriff -

f) der Rotor des jeweiligen Elektromotors ist mit dem jeweiligen Plattenzylinder zu dessen Direktantrieb steif und unmittelbar verbunden, g) der Stator des Elektromotors ist an der Wandung axial unveränderlich abgestützt.

- Kennzeichen -

3. Als Fachgebiet ist dasjenige Gebiet anzusehen, in dem der der Weiterbildung zugrundeliegende Stand der Technik liegt. Dieser ist hier eine Druckmaschine mit zur Seitenregistereinstellung längsverstellbaren Plattenzylindern (etwa nach Art der DE 38 25 600 A1). Zuständiger Fachmann kann in konsequenter Schlussfolgerung nur ein auf diesem Gebiet Tätiger sein. Der Senat sieht deshalb als zuständigen Fachmann einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, der bei einem Hersteller von Druckmaschinen mit der Entwicklung von Antriebsanordnungen für registereinstellbare Druckwerkzylinder befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt.

Dieser Fachmann hat sowohl genaue Kenntnisse über die für den Druckbetrieb üblichen Anforderungen an Laufruhe und Stellpräzision der beteiligten Zylinder als auch über die elektromotorische Antriebstechnik bei Druckmaschinen. Aufgrund seines technischen Allgemeinwissens hat er auch Grundlagenkenntnisse über die Bauarten elektrischer Antriebsmotoren und über deren spezifische Vor- und Nachteile. Anwendungsbezogene Antriebskonstruktionen in Maschinen gattungsfremder Fachgebiete liegen ihm eher ferner. Denn Antriebskonzepte sind schon regelmäßig auf ihren spezifischen Einsatzfall zugeschnitten und somit fachgebietstypisch. Insofern hat der mit Antriebsgestaltungen für Druckmaschinen Befasste im Rahmen seiner Tätigkeit keine Berührung mit speziellen Antriebskonzepten oder gar Sonderkonstruktionen in gattungsfremden Gebieten.

4. Die Patentansprüche sind zulässig.

In der Streitpatentschrift findet sich die im geltenden Patentanspruch 1 angegebene Merkmalskombination im erteilten Patentanspruch 1 in Zusammenschau mit Angaben in der Beschreibung (Spalte 1, Zeilen 3-6; Spalte 2, Zeilen 51-63). Aus der Teilanmeldung ergibt sich der entsprechende Sachverhalt aus einer Zusammenfassung der Ansprüche 1 und 8 und Angaben aus der Beschreibung (Seite 1, Zeilen 10-14; Seite 6, Zeilen 17-26; Seite 7, Zeilen 15-17), die Stammanmeldung offenbart diesen Sachverhalt in den Ansprüchen 1 und 3 sowie in der erläuternden Beschreibung (Seite 1, Zeilen 10-14; Seite 7, Zeile 33, bis Seite 8, Zeile 12; Seite 9, Zeilen 6-9).

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 4 stimmen inhaltlich mit den erteilten Patentansprüchen 2 bis 4 überein. Ihre Merkmale sind ebenfalls in der Teilanmeldung und auch in der Stammanmeldung offenbart.

Der geltende Patentanspruch 1 stellt zudem gegenüber der erteilten Fassung eine Beschränkung dar. Denn er spezifiziert die Zylinder oder sonstigen Drehkörper nach der erteilten Fassung konkret als für die Druckgebung zusammenwirkende Plattenzylinder und präzisiert die axiale Längsverstellbarkeit durch Angabe der Eignung für eine Seitenregisterverstellung.

Erweiterung gegenüber den Anmeldeunterlagen bzw. des Schutzbereichs haben die Einsprechenden auch nicht geltend gemacht.

5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist zu seiner Ausführung hinreichend deutlich und vollständig offenbart.

Die Voraussetzung der Ausführbarkeit ist erfüllt, wenn es dem Fachmann möglich ist, die Erfindung anhand der Angaben in der Patentschrift (Ansprüche, Beschreibung, Zeichnungen) unter Einsatz seines Fachwissens praktisch zu verwirklichen (BGH - X ZB 6/97, Polymermasse).

Patentanspruch 1 vermittelt dem Fachmann die Lehre, in einer Druckmaschinenwandung in Axialrichtung verschiebbar gelagerte Plattenzylinder mittels eines Elektromotors direkt anzutreiben. Wenn der Rotor des Elektromotors mit dem Plattenzylinder steif und unmittelbar verbunden ist, folgt daraus die Verschiebbarkeit auch des Rotors in Axialrichtung (zusammen mit dem Plattenzylinder). Der Stator hingegen ist laut Anspruchswortlaut in axialer Richtung unveränderlich abgestützt. Daraus folgt, dass der Plattenzylinder-Rotor-Verbund relativ zum Stator verschiebbar sein muss. Es ergibt sich damit eine Druckmaschine, die alle mit der Aufgabenstellung gestellten Anforderungen erfüllt. Die Plattenzylinder sind längsverstellbar (Seitenregister), sie sind direkt angetrieben (Direktantrieb) und ermöglichen daher den Verzicht auf aufwendige Getriebe (konstruktiv einfach).

Zur Realisierung dieser Lehre sind Angaben über Einzelheiten der konstruktiven Ausgestaltung der Zylinderlagerung nicht notwendig. Denn mit der aus der Patentschrift entnehmbaren Information hat der Fachmann den entscheidenden Hinweis auf die prinzipielle Lösung der ihm gestellten Aufgabe. Diese im Einzelnen zu konkretisieren kann dem fachmännischen Können anheimgestellt werden, zumal für eine die Zylinderverschiebung ermöglichende Lagerung auf übliche Konstruktionen mit handelsüblichen Lagern zurückgegriffen werden kann. Daraus ergibt sich auch eine statisch bestimmte Abstützung sowohl des Stators als auch des Zylinders mit dem Rotor.

Auch die Beschreibung und Darstellung des Ausführungsbeispiels gemäß Figur 3 der Streitpatentschrift, gemäß dem es sich bei den Lagern 21, 22 um jeweils an Außen- und Innenring festgesetzte Rillenkugellager und somit um eine axial nicht verschiebbare Lagerung handelt, kann den Fachmann nicht am Auffinden einer Möglichkeit zur konstruktiven Lösung der Axial-Verschiebbarkeit hindern. Schon aufgrund seiner maschinentechnischen Grundlagenkenntnisse ist der Fachmann nämlich in der Lage, die lediglich im Prinzip angegebene Verschiebbarkeit - gegebenenfalls unter Sich-Hinwegsetzen über die dargestellte konkrete Ausführung und Abändern derselben - konstruktiv auszuführen.

Entsprechendes gilt für die Auswechselbarkeit des Zylinders bzw. einer auf ihm angeordneten Hülse. Davon abgesehen, dass diese Auswechselbarkeit nicht Gegenstand des Streitpatents ist und daher auch nicht beschrieben sein muss, gibt es auch hier angesichts der dargestellten Konstruktion (Figur 3) naheliegende Möglichkeiten der Demontage (z. B. Abziehen einer Hülse zu dem in Figur 3 dargestellten gegenüberliegenden Ende; Abziehen des Rotors und Ausbau des Zylinders zu dem gegenüberliegenden Ende).

6. Die Druckmaschine nach dem Patentanspruch 1 ist gewerblich anwendbar und patentfähig gegenüber dem Stand der Technik.

Die von der Einsprechenden 2 erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegte JP 61-016 856 A mit Übersetzung hält der Senat im Hinblick auf den übrigen in Betracht gezogenen Stand der Technik für nicht relevant. Diese Druckschrift wird deshalb als verspätetes Vorbringen zurückgewiesen.

Die von der Einsprechenden 1 entgegengehaltene, aus der Stammanmeldung des Streitpatents hervorgegangene Patentschrift DE 41 38 479 C3 hat gleichen Zeitrang wie das Streitpatent und ist daher unbeachtlich.

6.1 Die Druckmaschine nach dem Patentanspruch 1 ist neu.

Bei der Druckmaschine nach der JP 03-108 543 A ist ein Plattenzylinder 1 in Laufrichtung einer Bahn mitsamt Antriebsmotor 7 auf Schienen 9/9a verfahrbar. Dadurch soll bei nicht mit der Umfangslänge des Plattenzylinders korrespondierender Plattenlänge die Druckposition in Bahnlängsrichtung angepasst werden. Ein Stellmotor 8 treibt auf ein mit einer Zahnstange 5 in Eingriff stehendes Zahnrad 6, an welchem der Antriebsmotor 7 für den Plattenzylinder 1 montiert ist (Seite 13 der Übersetzung, 1. Absatz). Nicht angegeben ist eine axiale Verstellbarkeit des Zylinders. Eine axiale Verstellbarkeit von Plattenzylindern ist dem Fachmann jedoch allgemein bekannt.

Der Auffassung der Einsprechenden, die JP 3-108 543 A offenbare demnach eine Druckmaschine mit allen im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen, folgt der Senat nicht. Denn liest, wie vorstehend vorausgesetzt, der Fachmann bei dieser Druckmaschine nach der JP 3-108 543 A eine axiale Verstellbarkeit des Plattenzylinders 1 mit - die im Übrigen als solche schon in der Streitpatentschrift selbst als bekannt beschrieben ist (Spalte 1, Zeilen 12-16) - so bedeutet das nicht auch zwangsläufig die unmittelbare Verbindung des Rotors des Antriebsmotors 7 mit dem Plattenzylinder 1. Denn es gibt eine Mehrzahl anderer Lösungen. Überdies ist gemäß der Übersetzung der JP 3-108 543 A die Motorwelle des Antriebsmotors 7 mit der Welle des Plattenzylinders direkt verbunden (Seite 13 der Übersetzung, vorletzter Absatz). Daraus geht hervor, dass es eine Motorwelle und eine dazu separate Zylinderwelle gibt, die miteinander - mittelbar - gekuppelt sein müssen. Von der Offenbarung einer unmittelbaren Verbindung des Rotors mit dem Plattenzylinder kann demnach nicht die Rede sein.

Auch aus keiner der übrigen in Betracht gezogenen Druckschriften ist eine Druckmaschine mit allen im geltenden Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen bekannt. Insbesondere zeigt keine dieser Druckschriften elektromotorisch direkt an-

getriebene, axial verstellbare Plattenzylinder, deren jeweilige Elektromotoren mit dem Plattenzylinder steif und unmittelbar verbundene Rotoren aufweisen.

Gegenteiliges haben die Einsprechenden diesbezüglich auch nicht vorgetragen.

6.2 Die Druckmaschine nach dem Patentanspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die streitpatentgemäße Weiterbildung geht - unstreitig - aus von einem Stand der Technik, wie er in der DE 38 25 600 A1 offenbart ist. Die Druckmaschine nach der DE 38 25 600 A1 weist mehrere für die Druckgebung zusammenwirkende Plattenzylinder 30, 66 auf. Den in der Druckschrift nicht ausdrücklich erwähnten Antriebsmotor sieht der Fachmann angesichts der bei Druckmaschinen üblichen Antriebstechnik unwillkürlich als Elektromotor. Die Plattenzylinder sind bezüglich der Diagonal-, Seiten- und Umfangsregister verstellbar gelagert und bezüglich ihrer Drehachsen zur Seitenregisterverstellung in einer Maschinenwandung 2 längsverstellbar geführt (Spalte 1, Zeilen 46-51; Spalte 4, Zeilen 39-42 und 55-63). Damit weist diese Druckmaschine die im Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs 1 angegebene Merkmalskombination auf (Merkmale ae).

Dass das in dieser Druckmaschine angegebene Antriebskonzept mit über Zahnräder in Eingriff stehenden Druckwerkzylindern hohen Konstruktions- und Fertigungsaufwand für das Getriebe verursacht, ist im einschlägigen Fachgebiet bekannt. Dies ist auch in der Streitpatentschrift so angegeben (Spalte 1, Zeilen 20-37). Der Fachmann hat demnach Veranlassung zur Abänderung der Antriebsübertragung.

Dabei sind ihm Einzelantriebe für Druckwerkzylinder bereits bekannt. Ersetzt er das Zahnradgetriebe nach der DE 38 25 600 A1 aber durch solche ihm bekannte Zylinder-Einzelantriebe, so kommt er über die mittelbare Verbindung der Motorwelle mit der Welle des Plattenzylinders (Kupplung) nicht hinaus.

Die oben zur Neuheit dargelegte JP 3-108 543 A vermittelt dem Fachmann die Lehre einer Motorwelle und einer gesonderten Zylinderwelle (Übersetzung Seite 13, vorletzter Absatz). Wie auch immer dabei eine Seitenregisterverstellbarkeit des Zylinders konstruktiv realisiert sein mag, die im geltenden Patentanspruch 1 geforderte unmittelbare Verbindung zwischen Rotor des Antriebsmotors und Plattenzylinder ergibt sich damit gerade nicht.

Entsprechendes gilt für die Druckmaschine nach der DE 34 32 572 A1. Diese lehrt den Fachmann zwar, die mit Übertragungsungenauigkeiten behafteten Zahnradzüge üblicher Bauart durch Einzelantriebe zu ersetzen (Seite 5, Zeile 19, bis Seite 6, Zeile 13). Auch hier sind aber die Motorwellen der Einzelantriebe mittelbar (Zahnriemen 8, Schnellkupplungen 13) mit den Zylinderwellen 5, 10, 12 gekoppelt.

Auch der JP 56-021 860 A sowie der US 2 022 696 kann der Fachmann nichts anderes entnehmen. Gemäß der JP 56-021 860 A sind Zylinderwellen 2a, 3a, 4aund gesonderte Motorwellen 5a, 6a, 7a vorgesehen, bei der Druckmaschine nach der US 2 022 696 sind Kupplungen 21 zwischen Zylinder- und Motorwellen ausdrücklich erwähnt.

Damit sind bei allen von den Einsprechenden entgegengehaltenen Zylinder-Einzelantrieben, die aus dem einschlägigen Fachgebiet stammen, Motorwelle und Zylinderwelle eigenständige Bauteile, die über Kupplungsmittel verbunden werden müssen. Der Stand der Technik aus dem einschlägigen Fachgebiet führt den Fachmann demnach von der steifen und unmittelbaren Verbindung des Rotors mit dem Plattenzylinder weg.

Sollte der Fachmann - entgegen der Überzeugung des Senats - auch von den Motorausgestaltungen der von den Einsprechenden überdies in Betracht gezogenen gattungsfremden Anwendungen Kenntnis erhalten, ergibt sich ihm ebenfalls nicht die streitpatentgemäße Antriebsausgestaltung.

Zwar ist bei dem Trockenzylinder nach der DE 87 03 410 U1 der Rotor 24 des Elektromotors 17 mit dem Zylinder 10 steif und unmittelbar verbunden. Aber abgesehen davon, dass hier eine axiale Verstellbarkeit des Zylinders gar nicht vorhanden und eine Beachtung dieses Standes der Technik durch den Fachmann schon deshalb eher unwahrscheinlich ist, würde eine Verknüpfung mit dem gattungsbildenden Stand der Technik nach der DE 38 26 600 A1 dazu führen, den kompletten Motor nach der DE 87 03 410 U1 einschließlich Gehäuse 20 mit dem längsverstellbaren Zylinder nach der DE 38 26 600 A1 gemeinsam bewegbar zu verbinden. Dieses wird dem Fachmann durchaus nicht abwegig erscheinen, schließlich ist die Verschiebung des kompletten Motors mit dem Zylinder - in An-/Abstellrichtung - im einschlägigen Fachgebiet bekannt (s. o. DE 34 32 572 A1). Irgendeine Anregung, den Antriebsmotor des Trockenzylinders für eine solche Verknüpfung auch noch konstruktiv zu verändern, hat der Fachmann deshalb nicht.

Die DE 24 51 718 B2 zeigt einen elektrischen Antrieb mit radial und axial verschiebbarem Läufer. Der Rotor R des Motors ist offenbar steif und unmittelbar auf der als Hohlwelle ausgebildeten Motorwelle angeordnet. Die Statorsegmente S sind Statoren von Schrittmotoren, wobei der Rotor in seiner Länge so bemessen ist, dass er etwa zwei Statorsegmente ausfüllt (Spalte 2, Zeilen 31-38).

Dieser Antrieb ist gleichzeitig Antriebs- und Stellmotor. Bei einer Verwendung für den Antrieb eines Plattenzylinders ist aber zu beachten, dass wegen der mit hoher Drehzahl zu bewegenden, verhältnismäßig großen Massen der jeweiligen Zylinder eine beträchtliche Antriebsleistung benötigt wird. Dies bedingt eine entsprechende Baugröße der Statorsegmente S und des Rotors R. Andererseits ist für eine Seitenregistereinstellung äußerste Präzision mit kleinsten Stellwegen innerhalb eines an sich kleinen Gesamt-Stellbereiches gefordert. Eine derartige Feineinstellbarkeit wird der Fachmann bei einem Motor dieser Bauart, der eine der geschilderten hohen Antriebsleistung entsprechende Baugröße aufweisen muss und mit entsprechend hoher elektrischer Energie zu betreiben ist, in Abrede stellen. Davon abgesehen vermittelt diese Druckschrift aber auch nicht die Lehre, dass die den Rotor R tragende Hohlwelle die Welle des angetriebenen Werkzeugs sein soll. Vielmehr würde der Fachmann bei einer Verwendung dieses Motors für seinen Plattenzylinder die an sich nächstliegende Realisierungsmöglichkeit für die Verbindung von Plattenzylinder und Motor wählen, nämlich die Verbindung von Motorwelle (hier die Hohlwelle) und Zylinderwelle durch eine Kupplung. Die streitpatentgemäße Lösung ergäbe sich demnach nicht.

Für den Antrieb nach der US 4 234 831, der dem nach der DE 24 71 718 B2 weitgehend entspricht, gelten die zu dieser gemachten Ausführungen gleichermaßen.

Bei einem Reibscheibenantrieb nach der DE 30 22 516 A1 ist der Rotor 5 des Elektromotors von der Welle 2 einer axial verschiebbaren Seitenscheibe 1 getragen. Durch einen Verschiebeantrieb 7, 8, 9, 16 für die Welle ist die Seitenscheibe zwischen zwei Positionen verstellbar. In der einen Position wird sie unter permanenter Andruckkraft gegen eine Mittelscheibe 10 gedrückt, in der anderen Position ist sie von der Mittelscheibe beabstandet. Diese Abstandsposition wird ebenfalls durch permanente Andruckkraft gegen Anschlagelemente 13 im Stellantrieb fixiert.

Unterstellt man dem Fachmann die Kenntnis dieser Antriebslösung, so wird er von einer Verwendung für seinen Antrieb eines längsverstellbaren Druckmaschinenzylinders eher abgehalten. Denn dieser muss, wie im geltenden Patentanspruch 1 angegeben, geeignet sein für eine Seitenregistereinstellung. Für eine solche ist eine exakte Verstellbarkeit mit minimalen Schrittweiten in beliebige Positionen innerhalb des Stellbereiches gefordert. Der aus der DE 30 22 516 A1 bekannte Antrieb weist dagegen keinerlei Möglichkeit auf, zwischen den beiden Endlagen eine Position einzustellen. Vielmehr werden die Endlagen nach Art einer Kupplung nur durch Andrücken gegen eine mechanische Begrenzung definiert. Von einer Einstellbarkeit der Axialposition im streitpatentgemäßen Sinne, wie sie für eine Seitenregistereinstellung benötigt wird, kann daher nicht die Rede sein. Der Fachmann wird deshalb eine Eignung dieses Antriebs für seine Druckmaschine eher verneinen. Erst recht wird er von dem Gedanken absehen, diesen Antrieb auf die Anforderungen einer Seitenregister-Einstellbarkeit umzubauen. Denn damit ergäbe sich ein beträchtlicher Konstruktions- und Herstellungsaufwand, der angesichts der aus seinem einschlägigen Fachgebiet bekannten Antriebs- und Stellmotoren völlig unnötig erscheint.

Obenstehende Ausführungen zeigen, dass eine wie auch immer geartete Zusammenschau des dargelegten Standes der Technik den Fachmann nicht auf die streitpatentgemäße Lösung, insbesondere nicht auf die steife und unmittelbare Verbindung des Rotors des Elektromotors mit dem Plattenzylinder im Sinne des o. g. Merkmals f zu führen vermag. Vielmehr ergibt sich für den Fachmann diesbezüglich als naheliegende Ausgestaltung eine Verbindung von Motorwelle und Zylinderwelle mittels Kupplung. Die Ausgestaltung nach dem geltenden Patentanspruch 1 kann sich aus dem in Betracht gezogenen Stand der Technik nach Auffassung des Senats nicht ohne rückschauende Betrachtung in Kenntnis der Erfindung ergeben.

Der sehr umfangreiche, von den Einsprechenden angegebene übrige Stand der Technik kommt zumindest nicht näher als der oben dargelegte Stand der Technik. Er vermag den Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 deshalb - auch in beliebiger Zusammenschau - ebenfalls nicht nahezulegen.

Gegenteiliges haben die Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung auch nicht vorgebracht.

7. Von dem Patentanspruch 1 getragen werden die Unteransprüche 2 bis 4, die vorteilhafte Weiterbildungen der Druckmaschine nach Patentanspruch 1 betreffen und zumindest keine Selbstverständlichkeiten darstellen.

Petzold Bülskämper Friehe-Wich Reinhardt Ko






BPatG:
Beschluss v. 03.12.2007
Az: 9 W (pat) 301/07


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