Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Juli 2008
Aktenzeichen: 28 W (pat) 177/07

(BPatG: Beschluss v. 09.07.2008, Az.: 28 W (pat) 177/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Eingabe vom 4. September 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Umschreibung der Wort-/Bildmarke 2 106 174 "PRO TEC" auf sich, die bis dahin im Register auf die Antragstellerin eingetragen war. Zum Nachweis des Rechtsübergangs legte sie eine unbeglaubigte, in Teilen kaum leserliche Kopie eines so genannten Umschreibungsvertrages vom 4. Juli 1998 vor. Mit Schreiben vom 29. September 2006 teilte ihr die Markenabteilung 3.1 mit, dass auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen eine abschließende Bearbeitung des Umschreibungsantrags nicht möglich sei und forderte eine deutsche Übersetzung des fraglichen Vertrages an. Auf dieses Schreiben hin, reichte die Beschwerdeführerin eine ebenfalls unbeglaubigte Übersetzung von Teilen des Umschreibungsvertrages ein, die von ihr dabei als "relevante Passagen" bezeichnet wurden. Daraufhin verfügte die Markenabteilung 3.1 am 20. Oktober 2006 die beantragte Umschreibung, ohne zuvor die bis dahin eingetragene Markeninhaberin anzuhören.

Auf die Umschreibungsmitteilung hin machte der Vertreter der bisherigen Markeninhaberin gegenüber der Markenabteilung mit Schriftsatz vom 8. November 2006 und vom 10. Januar 2007 geltend, dass eine Übertragung der Markenrechte an die Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt erfolgt sei. Vielmehr werde ein betrügerisches Vorgehen vermutet, da der in dem vorgelegten Umschreibungsvertrag vom 4. Juli 1998 als Unterzeichner aufgeführte Herr Werner Urban, nicht für die Antragstellerin gehandelt habe. Indem der Antragstellerin vor Vollzug der Umschreibung keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei, habe die Markenabteilung ihr rechtliches Gehör verletzt, weshalb die Rückgängigmachung der Umschreibung beantragt werde. Die Antragsgegnerin ist dem mit Schriftsatz vom 24. November 2006 entgegen getreten. Es bestehe kein Zweifel an der materiellen Richtigkeit des von ihr gestellten Umschreibungsantrags, zumal die Antragstellerin keinen Grund für die Unwirksamkeit des Umschreibungsvertrags vom 4. Juli 1998 geltend gemacht habe. Die Notwendigkeit einer Anhörung der Antragstellerin habe also offenkundig nicht bestanden, so dass auch kein Verfahrensfehler vorläge, der eine Rückumschreibung rechtfertige.

Mit Beschluss vom 5. April 2007 hat die Markenabteilung 3.1 durch einen Angehörigen des höheren Dienstes die Rückgängigmachung der Umschreibung der Marke 2 106 174 angeordnet. Wenn, wie im vorliegenden Fall, als Nachweis der rechtsgeschäftlichen Übertragung der Markenrechte lediglich ein vom eingetragenen Inhaber und dem Rechtsnachfolger unterzeichneter Vertrag vorgelegt werde, müsse dem Markeninhaber Gelegenheit gegeben werden, zur beantragten Umschreibung Stellung zu nehmen. Dies sei hier versäumt worden, so dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs voliege. Die Umschreibung der Marke beruhe auch auf diesem schwerwiegenden Verfahrensfehler, da nach der nunmehr nachgeholten Anhörung erhebliche Zweifel an einer wirksamen Übertragung der Markenrechte bestünden. Kosten wurden nicht auferlegt.

Gegen diese Entscheidung der Markenabteilung richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. Zur Sache selbst hat sie keine Stellung genommen. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens teilte der Vertreter der Beschwerdeführerin mit, dass über das Vermögen seiner auf den Channel Islands ansässigen Mandantin das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenabteilung 3.1. des Deutschen Patent- und Markenamts, vom 5. April 2007 aufzuheben und den Antrag auf Rückgängigmachung der Umschreibung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Die Markenabteilung habe in dem angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt, dass in dem fehlenden rechtlichen Gehör der Antragstellerin ein schwerer Verfahrensfehler zu sehen sei, der die Rückumschreibung rechtfertige.

Sie beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

An der mündlichen Verhandlung haben beide Verfahrensbeteiligte nicht teilgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Markenabteilung hat zu Recht die Rückgängigmachung der erfolgten Umschreibung der Marke 2 106 174 angeordnet, weil der Antragsgegnerin vor der Umschreibung kein rechtliches Gehör gewährt worden ist und die Umschreibung auf diesem Verfahrensfehler beruht.

Über die Beschwerde kann trotz der Insolvenz der Beschwerdeführerin entschieden werden. Dabei kann offen bleiben, ob § 240 ZPO in Umschreibungsverfahren überhaupt Anwendung findet (vgl. BPatGE 46, 47 f.).Denn wie der Senat mit Zwischenverfügung vom 12. Juni 2008 festgestellt hat, sind die Voraussetzungen für eine Unterbrechung des Beschwerdeverfahrens nach § 240 ZPO im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Zwar kann auch eine Auslandsinsolvenz die Rechtsfolgen des § 240 ZPO auslösen, sofern die Prozessführungsbefugnis nach dem Recht des Eröffnungsstaates auf einen Insolvenzverwalter übergeht und damit die gleiche Situation wie bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Inland eintritt und auch das einschlägige ausländische Recht eine Unterbrechung vorsieht. Davon ist nach Art 102 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung (EGInsO) regelmäßig auszugehen, wenn der Gemeinschuldner seinen Sitz in einem EU-Staat hat und EU-Recht unterliegt. Die ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Bei den Channel Islands handelt es sich um ein unmittelbar der britischen Königin unterstelltes Selbstverwaltungsgebiet, mit einem verfassungsrechtlichen Sonderstatus und einem eigenständigen Rechtswesen. Sie sind nicht Mitglied der EU, vielmehr wurde ihr Status beim Beitritt Großbritanniens zur Europäischen Gemeinschaft in einem Zusatzprotokoll geregelt (vgl. Protokoll 11972B/PRO/03 betreffend die Kanalinseln und die Insel Man, veröffentlicht unter http://eurlex.europa.eu/RECH_menu.do). Für sie gilt daher grundsätzlich kein EU-Recht (vgl. hierzu Brockhaus Enzyklopädie, 21. Aufl., S. 385 f.; sowie Das Länder Lexikon, München 1999, S. 584 f.). Eine Berücksichtigung der behaupteten Insolvenz ist bei dieser Sach- und Rechtslage nicht möglich, da die hierfür notwendigen gerichtlichen Feststellungen zur Rechtslage am Firmensitz der Beschwerdeführerin umfangreiche Erhebungen erforderlich machen würden, die den Rahmen des Registerverfahrens übersteigen (vgl. Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 42 Rdn 52 m. w. N.). Das Verfahren ist somit mit dem nach § 96 MarkenG bestellten Inlandsvertreter der Beschwerdeführerin fortzusetzen.

Die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine erfolgte Umschreibung wieder rückgängig gemacht werden kann, ist gesetzlich nicht geregelt. Allein die inhaltliche Unrichtigkeit der Umschreibung ist hierfür nicht ausreichend. Vielmehr sind nach der Rechtsprechung an die Rückgängigmachung einer einmal vorgenommenen Umschreibung hohe Anforderungen zu stellen. Sie kommt daher nur im Ausnahmefall in Betracht, wie er etwa dann gegeben ist, wenn einem Verfahrensbeteiligten das rechtliche Gehör nicht in ausreichender Weise gewährt wurde und die Umschreibung auch auf diesem Verfahrensmangel beruht (vgl. BGH GRUR 1969, 43-Marpin).

Nach §§ 27 Abs. 3, 65 Abs. 1 Nr. 7 MarkenG, i. V. m. § 28 Abs. 3 Nr. 2 b) DPMAV sowie den Umschreibungsrichtlinien des DPMA (UmschreibRichtl.) kann als Nachweis für eine rechtsgeschäftliche Übertragung von Markenrechten ein vom eingetragenen Inhaber und dem Rechtsnachfolger unterzeichneter Übertragungsvertrag vorgelegt werden (Nr. 1.1.2. UmschreibRichtl, vgl. BlPMZ 2002, 11 ff.). Um Missbrauchsfälle weitgehend auszuschließen, wird von der Rechtsprechung darüber hinaus aber gefordert, dass dem eingetragenen Markeninhaber vor Vollzug der Umschreibung immer dann Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben ist, wenn keine von allen Verfahrensbeteiligten unterzeichneten Umschreibungsanträge oder Umschreibungsbewilligungen vorliegen (vgl. hierzu etwa BPatG v. 6. Oktober 2005, 10 W (pat) 1/04 - Umschreibung/Rechtliches Gehör II).

Im vorliegenden Fall wurde mit dem Umschreibungsantrag lediglich eine unbeglaubigte Vertragskopie in englischer Sprache vom Juli 1998 vorgelegt, um einen Übergang der Markenrechte nachzuweisen. Auf Anforderung der Markenabteilung reichte die Antragsgegnerin später dann zwar noch eine - ebenfalls unbeglaubigte - Übersetzung von Teilen dieses Vertrags ein, in denen die verfahrensgegenständliche Marke 2 106 174 aber nicht genannt war. Zudem bestand zwischen dem Datum des fraglichen Vertrags und dem Umschreibungsantrag vom September 2006 eine auffallend lange Zeitspanne. Zwar trifft die Markenabteilung keine Pflicht, die materiellrechtliche Wirksamkeit einer Markenübertragung abschließend zu prüfen (vgl. Hacker, in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 27 Rdn. 26). Dennoch bedarf jeder Umschreibungsantrag einer förmlichen Prüfung, da nach § 27 Abs. 3 MarkenG der Rechtsübergang im Markenregister nur vermerkt werden kann, wenn er dem DPMA nachgewiesen wurde (vgl. BPatG BlfPMZ 2008, 256, 257). Im Rahmen einer solchen Prüfung konnte die Markenabteilung aber vorliegend keinesfalls von vollständigen und in sich schlüssigen Umschreibungsunterlagen ausgehen (vgl. hierzu auch BPatG GRUR 1999, 982, 983 - Umschreibung/Rechtliches Gehör). Angesichts der erheblichen Folgen einer Umschreibung hätte die Markenabteilung den ohne weiteres erkennbaren Unstimmigkeiten nachgehen müssen und unter Berücksichtigung des Gebots des rechtlichen Gehörs der eingetragenen Markeninhaberin vor Vollzug der Umschreibung Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Indem sie dies unterließ, hat sie den grundgesetzlichen Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG, § 59 Abs. 2 MarkenG).

Nachdem die Markenabteilung in dem angefochtenen Beschluss selbst festgestellt hat, dass die nach der nachgeholten Anhörung der Antragstellerin verbleibenden Zweifel an der Rechtswirksamkeit der behaupteten Markenübertragung bzw. am Vorliegen der notwendigen Umschreibungsvoraussetzungen zur Verweigerung des ursprünglichen Umschreibungsantrags hätten führen müssen, steht fest, dass die vorgenommene Umschreibung auch auf diesem Verfahrensmangel beruhte. Die Markenabteilung hat daher zu Recht die Rückgängigmachung der Umschreibung angeordnet (vgl. hierzu auch BPatG Mitt 2001, 379 - Umschreibungsantrag). Da die Antragsgegnerin ihre Beschwerde nicht begründet hat, ist für den Senat nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht sie die Entscheidung der Markenabteilung für angreifbar hält, die sowohl in rechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht in nicht zu beanstandender Weise begründet worden ist.

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung.

Stoppel Werner Schell Me






BPatG:
Beschluss v. 09.07.2008
Az: 28 W (pat) 177/07


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