Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Juli 2002
Aktenzeichen: 11 W (pat) 7/02

(BPatG: Beschluss v. 29.07.2002, Az.: 11 W (pat) 7/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die zugrunde liegende Patentanmeldung ist am 22. Oktober 1997 beim Patentamt eingereicht worden. Das darauf nach Prüfung erteilte Patent mit der Bezeichnung: "Plansichter" wurde am 20. Mai 1999 veröffentlicht. Nach Prüfung des Einspruchs der B... GmbH in B... hat die Patentabteilung 45 des Patentamts mit Beschluss vom 31. Oktober 2001 das Patent widerrufen, da es nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.

Nur bei rückschauender Betrachtung, also in Kenntnis der Erfindung, könne aus den entgegengehaltenen Druckschriften der neue Plansichter nach Anspruch 1 hergeleitet werden. Da bei der Prüfung des Naheliegens einer Erfindung eine solche Vorgehensweise aber nicht zulässig sei, beruhe er auf erfinderischer Tätigkeit.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes - Patentabteilung 45 - vom 31. Oktober 2001 aufzuheben und das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten mit den Ansprüchen 1 - 5 vom 22. Februar 2000, in Ziff. 1 modifiziert am 29. Juli 2002, den geänderten Beschreibungsseiten vom 24. August 2001 und vom 25. April 2002, im Übrigen mit den erteilten Unterlagen;

hilfsweisemit den Ansprüchen 1 - 4 vom 29. Juli 2002 und dem Beschreibungsteil vom 29. Juli 2002, im Übrigen mit den erteilten Unterlagen (Hilfsantrag I);

weiter hilfsweisemit den Ansprüchen 1 - 4 vom 29. Juli 2002 und dem Beschreibungsteil vom 29. Juli 2002, im Übrigen mit den erteilten Unterlagen (Hilfsantrag II).

Die Einsprechende hat in allen Punkten widersprochen, sie hält einen Plansichter nach keinem der Ansprüche nach Hauptantrag und Hilfsanträgen für patentfähig.

Sie beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 2 nach Hauptantrag lauten:

"1. Plansichter mit zwei voneinander beabstandete Reihen (10, 11) von Sichtabteilen (12 - 19) mit eingesetzten Stapeln von Sieben und mit einem vorzugsweise mittig angeordneten Schwingantrieb (20) sowie mit zwei zusätzlichen Sichtabteilen (30, 31), welche zwischen den Reihen (10, 11) von Sichtabteilen (12, 19) an deren Enden derart angeordnet sind, dass eine geschlossene Ringanordnung von Sichtabteilen (12-19; 30, 31) gebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die zusätzlichen Sichtabteile (30, 31) jeweils über einen oberen und einen unteren Rahmen (36, 37) und/oder Rückseiten- und/oder Vorderseitenrahmen (18, 39) die zwei voneinander beanstandete Reihen (10, 11) von Sichtabteilen versteifend verbinden.

2. Plansichter mit zwei voneinander beabstandete Reihen (10, 11) von Sichtabteilen (12 - 19) mit eingesetzten Stapeln von Sieben und mit einem vorzugsweise mittig angeordneten Schwingantrieb (20) sowie mit zwei zusätzlichen Sichtabteilen (30, 31), welche zwischen den Reihen (10, 11) von Sichtabteilen (12, 19) an deren Enden derart angeordnet sind, dass eine geschlossene Ringanordnung von Sichtabteilen (12 - 19; 30, 31) gebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die zusätzlichen Sichtabteile (30, 31) über Deckel- und Bodenplatten (40, 41) miteinander verbunden sind und gemeinsam mit dem Schwingantrieb (20) eine vormontierbare Baugruppe bilden, an welcher die zwei Reihen (10, 11) von Sichtabteilen (12 - 19) montierbar sind.

Es lauten der Anspruch 1 des Hilfsantrags I wie Anspruch 1 des Hauptantrags, der Anspruch 1 des Hilfsantrages II wie Anspruch 2 des Hauptantrags.

Wegen der Unteransprüche und weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Als zuständiger Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur mit wenigstens Fachhochschulabschluss im allgemeinen Maschinenbau mit Berufserfahrung auf dem Gebiet der Plansichter anzusehen.

1. Die geltenden Ansprüche sind zulässig. Die in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Modifizierung des Anspruchs 1 nach Hauptantrag bzw. Hilfsantrag I betrifft eine Klarstellung des Wortlauts des kennzeichnenden Teils ohne Änderung des Sinngehalts. Anspruch 1 nach Hauptantrag bzw. Hilfsantrag I ist aus dem ursprünglichen Anspruch 3, Anspruch 2 nach Hauptantrag bzw. Anspruch 1 nach Hilfsantrag II ist aus dem ursprünglichen Anspruch 4 hervorgegangen.

2. In Ihrem Schriftsatz vom 12. August 1999, der am 13. August 1999 innerhalb der Einspruchsfrist eingegangen ist, hat die Einsprechende die Tatsachen, die nach ihrer Auffassung den Einspruch rechtfertigen im einzelnen angegeben. Somit ist der Einspruch nach § 59 (2) PatG ausreichend substantiiert und zulässig.

3. Der gewerblich anwendbare Plansichter nach Anspruch 1 oder 2 des Hauptantrages, nach Anspruch 1 des Hilfsantrags I sowie nach Anspruch 1 des Hilfsantrags II mag jeweils neu sein. Dies kann aber dahinstehen, da keine erfinderische Tätigkeit vorliegt.

Bei aus dem Stand der Technik bekannten Plansichtern wird von der Patentinhaberin als nachteilig gesehen, einen nicht unerheblichen Platz zu beanspruchen (Patentschrift Sp. 1, Z. 41, 42) sowie hinsichtlich der Gesamtanordnung sehr aufwendig in ihrer Konstruktion zu sein (neuer Beschreibungsteil Z. 6, 7). Davon ausgehend ist als Aufgabe angeführt, einen Plansichter dahingehend aufzuzeigen, dass bei einem geringen Platzbedarf eine hohe Effizienz in einfacher Weise realisiert wird.

Ein Plansichter, der bereits einen geringen Platzbedarf bei hoher Effizienz aufweist, ist aus dem unbestritten vorveröffentlichten Prospekt PLANSICHTER CARREÉ der Firma SOCAM Chartres (Frankreich) [E1] bekannt. Das sieht auch die Patentinhaberin so. Dieser Plansichter weist im Einzelnen zwei voneinander beabstandete Reihen von Sichtabteilen mit eingesetzten Stapeln von Sieben auf. Er besitzt einen mittig angeordneten Schwingantrieb. Weiter ist er mit zwei zusätzlichen Sichtabteilen ausgestattet, welche zwischen den Reihen von Sichtabteilen an deren Enden derart angeordnet sind, dass eine geschlossene Ringanordnung von Sichtabteilen gebildet ist. Soweit im Prospekt erkennbar, ist der Sichter als eine insgesamt stabile, in sich geschlossene Konstruktion ausgebildet, damit die vom Schwingantrieb erzeugte Schwingung gleichmäßig auf alle Sichtabteile, die zusätzlichen, wie die voneinander beabstandeten, übertragen wird. Die zusätzlichen Sichtabteile sind dort nicht in den die beabstandeten Sichtabteile verbindenden Rahmen eingeschoben. Vielmehr ist dort ein oberer und ein unterer Rahmen (vgl. u.a. Detaildarstellung "SURFACES BLUTANTES") vorgesehen, welcher jeweils den gemeinsamen Rahmen aller Sichtabteile bildet. Gleichermaßen ist auch ein Vorderseiten- und ein Rückseitenrahmen als jeweils gemeinsamer Rahmen aller Sichtabteile vorhanden. Genauso wie beim Plansichter nach Anspruch 1 (Hauptantrag, Hilfsantrag I) ist damit schon eine versteifende Verbindung der zusätzlichen Sichtabteile mit den voneinander beabstandeten Reihen geschaffen.

Ein weiterer Plansichter ist aus der deutschen Auslegeschrift DE 22 56 307 B2 [E2] ersichtlich. Dieser Plansichter ist baukastenähnlich aus drei Gehäuse-Einheiten, nämlich aus zwei voneinander beabstandeten Sichtabteilen und einer dazwischen angeordneten Schwingantriebs-Einheit ohne Sichtabteile zusammengesetzt. Hilfsstützen (Sp. 7, Z. 16), die weder aus Holz bestehen noch entfernt werden müssen, zwischen dem Decken- und Boden-Verbindungsstück 22, 23 des Schwingantriebs, sind so stabil ausgestaltet, dass das Antriebsgehäuse eine transportable Einheit darstellt. Da zusätzliche Sichtabteile im Bereich der mittleren Einheit fehlen, besitzt diese Konstruktion offensichtlich gegenüber dem Sichter nach E1 eine geringere Effizienz.

Für den Fachmann liegt es auf der Hand, dass ein gegenüber diesem Stand der Technik weiter verbesserter Plansichter durch die Vereinigung der Vorteile beider bekannter Plansichter zu erreichen ist. An dieses Ziel gelangt er dann, wenn er entweder beim Plansichter nach E1 die baukastenartige Bauweise von E2 übernimmt, oder beim Plansichter nach E2 zwischen den beabstandeten Sichtabteilen zusätzliche Sichtabteile wie bei E1 vorsieht. Um den aus E1 bekannten Plansichter nach dem Vorbild von E2 in vormontierbare Baugruppen aufzuteilen oder um bei dem Plansichter nach E2 nach dem Vorbild von E1 durch zusätzliche Sichtabteile beiderseits des Schwingantriebs eine höhere Sichtleistung zu erreichen, erhält der Fachmann aus E2 die zum Erfolg führenden Hinweise. Dort findet er für die bereits vorhandenen, voneinander beabstandeten Sichtabteile eine Rahmenkonstruktion, u.a. bestehend aus einem oberen und einem unteren Rahmen, die er auch für die zusätzlichen Sichtabteile übernimmt, denn diese Konstruktion schafft die Voraussetzung für die einzusetzenden Siebstapel. Ebenso sieht er dort Decken- und Bodenverbindungsstücke 22, 23, die er unter entsprechender Anpassung zur Verbindung der zusätzlichen Sichtabteile verwendet, denn diese gewährleisten wie schon bei den vorhandenen, voneinander beabstandeten Sichtabteilen die zuverlässige Übertragung der Schwingung des Schwingantriebs auch auf die zusätzlichen Sichtabteile.

Dem Fachmann wird durch die zusammenfassende Auswertung der aus E1 und E2 bekannten Plansichter demzufolge nahegelegt, die versteifende Verbindung der zwei voneinander beabstandeten Reihen von Sichtabteilen jeweils über einen oberen und einen unteren Rahmen der zusätzlichen Sichtabteile vorzusehen, wie dies in Anspruch 1 des Hauptantrags (und des Hilfsantrags I) vorgesehen ist, oder, die zusätzlichen Sichtabteile über Deckel- und Bodenplatten miteinander zu verbinden, damit sie gemeinsam mit dem Schwingantrieb eine vormontierbare Baugruppe bilden, an welcher die zwei Reihen von Sichtabteilen montierbar sind, wie dies in Anspruch 2 des Hauptantrages (und in Anspruch 1 des Hilfsantrags II) vorgesehen ist.

Weder Anspruch 1 noch der nebengeordnete Anspruch 2 des Hauptantrages beruhen somit auf erfinderischer Tätigkeit. Da diese Ansprüche nebengeordnet und somit als selbständige Ansprüche zu prüfen sind, war eine Kombination der beiden Lösungswege nicht zu untersuchen.

Weil sich die Ansprüche 1 der Hilfsanträge I und II nicht von den Ansprüchen 1 und 2 des Hauptantrages unterscheiden, sind diese keiner anderen Beurteilung zugänglich.

Dass Anspruch 1 des Hauptantrages bzw. Hilfsantrages I noch zusätzlich "und/oder Rückseiten- und/oder Vorderseitenrahmen" aufweist, ist ohne Belang, da dieses Merkmal fakultativ ist.

Die Patentansprüche 1 und 2 des Hauptantrages sind damit ebenso wenig wie die Ansprüche 1 der Hilfsantrage I und II rechtsbeständig. Die allen Anträgen gemeinsamen Unteransprüche (3 bis 5 nach Hauptantrag, bzw. 2 bis 4 nach den Hilfsanträgen) enthalten bauliche Maßnahmen ohne erfinderische Qualität und teilen das Schicksal der übergeordneten Ansprüche.

Dellinger Sekretaruk Skribanowitz Schmitz Na






BPatG:
Beschluss v. 29.07.2002
Az: 11 W (pat) 7/02


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