Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Oktober 2006
Aktenzeichen: 29 W (pat) 51/04

(BPatG: Beschluss v. 18.10.2006, Az.: 29 W (pat) 51/04)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Januar 2004 wird insoweit aufgehoben, als der Löschungsantrag zurückgewiesen wurde für "Pharmazeutische Erzeugnisse".

2. Das Deutsche Patent- und Markenamt wird angewiesen, die Löschung insoweit anzuordnen.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Wortmarke FOCUS ist am 23. Mai 1996 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 6, 7, 8, 9, 14, 15, 16, 18, 21, 24, 25, 26, 28, 29, 30, 32, 33, 34, 36, 38, 39, 41 und 43 eingetragen worden.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den auf das Vorliegen absoluter Schutzhindernisse gestützten Teil-Löschungsantrag der Antragstellerin, der sich gegen die Eintragung der Waren "pharmazeutische Erzeugnisse sowie Erzeugnisse der Gesundheitspflege" richtet, mit Beschluss vom 7. Januar 2004 zurückgewiesen. Das Markenwort FOCUS, dem das deutsche Wort "Fokus" entspreche, komme aus dem Lateinischen, wo es ursprünglich "Feuerstätte, Herd" bedeutet habe. Lexikalisch seien im Deutschen die Bedeutungen "Brennpunkt, Brennfleck" auf physikalisch/optischem Gebiet, "streuender Krankheitsherd im Körper", "Krankheitsherd" oder "Streuherd einer Infektion" in der Medizin nachweisbar. Für das englischen Wort "focus" kämen als deutsche Übersetzungen "Brennpunkt, Herd, Fokus, Lichtpunkt, Brennweite, Scharfeinstellung, Brenn- und Mittelpunkt" in Betracht. Stets stehe die physikalischoptische Bedeutung an erster Stelle. Daher sei davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Wort "Fokus/Focus" nur im Zusammenhang mit der Optik kennen, auch wegen der aus dem allgemeinen Sprachgebrauch geläufigen Redewendungen "etwas fokussieren" i. S. von "etwas scharf einstellen", "etwas genau betrachten". Als nächstes komme die Assoziation mit dem Nachrichtenmagazin. Den wenigsten Laien sei die Bedeutung "Krankheitsherd" bekannt. Daher könne dem Wort "FOCUS" für pharmazeutische Erzeugnisse und Erzeugnisse für die Gesundheitspflege die Eignung nicht abgesprochen werden, auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Auch bestehe kein Freihaltungsbedürfnis, da das Zeichen nicht nur aus solchen Angaben bestehe, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der angegriffenen Waren dienten oder dienen könnten, wie die Recherche belege. "Focus" sei danach ein medizinischer Fachbegriff, mit dem Mediziner und medizinisches Personal aufgrund ihrer Fachausbildung in Berührung kämen. Für Pharmazeuten habe das Wort keine nennenswerte Bedeutung. Bei den beanspruchten Waren sei zwar eine Assoziation allgemein zu einem Krankheitsherd vorstellbar, diese werde aber durch "FOCUS" in Alleinstellung nicht näher präzisiert.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihren Löschungsantrag weiterverfolgt.

Sie ist der Auffassung, dass FOCUS als medizinischer Fachausdruck schlechthin für Arzneimittel und Präparate für die Gesundheitspflege von der Eintragung ausgeschlossen sei. Die Bedeutung von "Focus" im Sinne von Krankheitsherd bezeichne ganz konkret den Ort, an dem das Arzneimittel seine Wirkung entfalten solle.

Eine Mehrdeutigkeit könne nicht daraus hergeleitet werden, dass in den allgemeinen Verkehrskreisen die optischphysikalische Bedeutung "Brennpunkt" besser bekannt sei. Insbesondere reiche es nach der Rechtsprechung des EuGH aus, wenn ein Zeichen - wie hier - in einer seiner Bedeutungen beschreibend sei. Die Schutzfähigkeit könne auch nicht damit begründet werden, dass nur das Fachpublikum den Bedeutungsgehalt des Zeichens kenne, nicht das breite Laienpublikum. Denn die maßgebliche Kernzielgruppe, an die sich die beanspruchten Waren wendeten, seien Ärzte und Apotheker. Damit fehle dem Begriff "Focus" nicht nur die Unterscheidungskraft. Vielmehr bestehe aufgrund seines beschreibenden Charakters auch ein Freihaltungsbedürfnis, wobei es insoweit auch nicht darauf ankomme, ob das breite Publikum das Markenwort für einen Phantasiebegriff handle. Die Auffassung, "FOCUS" in Alleinstellung sei für eine konkrete Aussage nicht hinreichend präzise und habe allenfalls eine abstrakte Eignung zur Beschreibung pharmazeutischer Erzeugnisse, treffe nicht zu. Denn das Wort bezeichne die Wirkstätte des Arzneimittels und habe damit einen eindeutigen Produktbezug.

Die Antragstellerin hat zunächst den Antrag angekündigt (Bl. 5 d. A.), den Beschluss vom 7. Januar 2004 aufzuheben und die Teillöschung der Marke 394 07 564 "FOCUS" für die Waren "pharmazeutische Präparate" sowie "Erzeugnisse der Gesundheitspflege" anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass Gegenstand der Beschwerde nur die "Erzeugnisse der Gesundheitspflege" seien. Da das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke keine "pharmazeutische Präparate" enthalte, sondern nur "pharmazeutische Erzeugnisse", sei die Beschwerde insoweit bereits unzulässig. Das Rechtsmittel stelle nicht pauschal den Beschluss der Löschungsabteilung zur Überprüfung, sondern enthalte eine Präzisierung, der entnommen werden könne, dass die Beschwerde nur auf bestimmte Waren begrenzt erhoben werden solle, unter denen sich aber "pharmazeutische Präparate" nicht befänden. Unklarheiten in der Antragsformulierung gingen - auch wenn grundsätzlich kein Antrag erforderlich sei - zu Lasten der Rechtsmittelführerin.

In der Sache trägt sie vor, dass Kernzielgruppe im vorliegenden Fall nicht Ärzte oder Apotheker seien. Dies sei nur bei verschreibungspflichtigen Medikamenten der Fall. Mit "pharmazeutischen Erzeugnissen" sowie "Erzeugnisse der Gesundheitspflege" seien aber keine verschreibungspflichtigen Medikamente gemeint, wie sich aus der Auslegung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke ergebe. Denn daraus ergebe sich deutlich, dass es sich bei ihr um eine Merchandisingmarke handle, da die Waren und Dienstleistungen nicht so verteilt seien, dass der Schluss auf eine bestimmte Branche gezogen werden könne. Vielmehr handle es sich um Merchandisingartikel in Bezug auf die Kerntätigkeit der Markeninhaberin. Zu diesen gehörten aber keine verschreibungspflichtigen Medikamente. Daher sei auf die Ansichten des Durchschnittsverbrauchers abzustellen, dem die medizinische Bedeutung von "FOCUS" nicht bekannt sei. Aber auch unabhängig davon verfüge die Marke über die erforderliche Unterscheidungskraft, denn sie sei für diese Waren nicht rein beschreibend. Dies gelte selbst dann, wenn man die Bedeutung des entsprechenden medizinischen Fachbegriffes "Krankheitsherd" zugrunde lege. Dieser Begriff enthalte keinen klaren Bedeutungsinhalt in dem Sinn, dass das entsprechend bezeichnete Produkt an den Krankheitsherden seinen Wirkungsort habe. Es werde dem Verbraucher nichts weiter an Information über das Produkt vermittelt, was er nicht bereits aus der Art des Produktes selbst wisse. Bei der streitgegenständlichen Marke "FO-CUS" handle es sich zudem um ein Fremdwort, welches wegen der Abweichungen zu dem deutschen Wort "FOKUS" bereits über ein ausreichendes, wenn auch geringes Maß an Unterscheidungskraft verfüge. Die notwendige Unterscheidungskraft der streitgegenständlichen Marke "FOCUS" ergebe sich auch aus ihrer Mehrdeutigkeit. In erster Linie komme der Bezeichnung im deutschen Verkehr die Bedeutung aus der Optik "Brennpunkt" zu. Weiterhin werde in dieser Bezeichnung ein Hinweis auf die berühmte Marke und die Zeitschrift der Inhaberin der angegriffenen Marke gesehen. Weit abgeschlagen werde dieser Bezeichnung auch die entsprechende Fachbedeutung "Krankheitsherd" zugeordnet. Von der Entscheidung "Indorektal" unterscheide sich der vorliegender Fall dadurch, dass die medizinische Bedeutung, die allenfalls als rein beschreibend betrachtet werden könne, nicht ebenso im Vordergrund stehe, wie die Bedeutung "Brennpunkt" aus der Optik oder wie der Hinweis auf die Inhaberin der angegriffenen Marke. Wie ein Gutachten belege, stehe auch bei der Ärzteschaft der Hinweis auf die Marke der Inhaberin der angegriffenen Marke im Vordergrund. Da dem Begriff "FOCUS" kein klarer, sinnvoller beschreibender Aussagegehalt im Verhältnis zu den streitgegenständlichen Waren zukomme, bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis. Die Bezeichnung "FOCUS" sei allenfalls mittelbar beschreibend, was aber nicht ausreiche.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Teillöschungsantrag im Schriftsatz vom 5. Februar 2004 dahingehend auszulegen, dass die Löschung der Marke "FO-CUS" für die Waren "pharmazeutische Erzeugnisse" - anstelle von "pharmazeutische Präparate" - beantragt wurde. Diese Warenbegriffe seien absolut deckungsgleich, so dass der Antrag ohne weiteres richtig gestellt werden könne.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Ein bestimmter Antrag gehört nicht zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beschwerde, insbesondere nicht zum notwendigen Inhalt einer Beschwerdeerklärung. Dementsprechend kann ein falscher oder ein nur beschränkter Antrag nicht zur Unzulässigkeit der Beschwerde führen.

2. Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss der Markenabteilung insgesamt, er ist nicht eingeschränkt. Einschränkungen müssen grundsätzlich als solche klar erkennbar sein, insbesondere wenn man der für den Rechtsmittelführer folgenreichen Auffassung folgt, dass ein ausdrücklicher einschränkender Antrag den Beschwerdeführer bindet (Ströbele/Hacker MarkenG, 8. Aufl. 2006, § 66 Rn. 33). Dies ist hier nicht der Fall. Insbesondere lässt sich aus der abweichenden Formulierung nicht der Schluss ziehen, dass über "pharmazeutische Präparate" hinaus auf das Rechtsmittel der Beschwerde verzichtet werden sollte, in dem Umfang, in dem in der Bezeichnung "pharmazeutische Erzeugnisse" ein Mehr gegenüber den "pharmazeutischen Präparaten" enthalten sein könnte. Der Umstand, dass die Bezeichnung "pharmazeutische Präparate" im Antrag nicht mit der Bezeichnung "pharmazeutische Erzeugnisse" im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der angegriffenen Marke übereinstimmt, stellt vielmehr ein offensichtliches Schreibversehen dar. Dies ergibt sich daraus, dass sich die Beschwerde gegen den Beschluss richtet, mit dem der korrekt auf pharmazeutische Erzeugnisse und Erzeugnisse für die Gesundheitspflege beschränkte Löschungsantrag zurückgewiesen wurde. Außerdem ist die Formulierung "pharmazeutische Präparate" gegenüber dem Begriff "pharmazeutische Erzeugnisse" kein Aliud, sondern allgemein sprachlich identisch mit ihr.

3. Die Beschwerde hat teilweise Erfolg. Die Waren "pharmazeutische Erzeugnisse" sind gemäß § 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu löschen, nicht jedoch aus § 8 Abs. 2 Nr. 2. Hinsichtlich der Waren "Erzeugnisse der Gesundheitspflege" bestehen keine Löschungsgründe.

3.1. Bezüglich der Waren "pharmazeutische Erzeugnisse" fehlt dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 f. - BioID; BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, Tz. 18 - FUSS-BALL WM 2006). Da nur das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber dann, wenn das Zeichenwort einen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen klaren und ohne weiteres verständlichen beschreibenden Begriffsinhalt aufweist oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom angesprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, Tz. 18 ff. - FUSSBALL WM 2006). Dies ist bei "FOCUS" als medizinischem Fachbegriff hinsichtlich der Waren "pharmazeutischem Erzeugnisse" der Fall.

Seine medizinische Bedeutung im Sinne von Krankheitsherd ist belegt. Auf die daneben weiterhin bestehenden Bedeutungen aus der Optik kommt es in Verbindung mit den beanspruchten Waren nicht an, denn zu diesen hat "Brennpunkt, Brennfleck" keinen Bezug.

Die Markeninhaberin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das hier heranzuziehende Publikum das Allgemeine sei, das den Begriff "FOCUS" nur in seiner optischphysikalischen Bedeutung kenne und ihn mangels sachlichem Bezug zu den pharmazeutischen Erzeugnissen als zur Unterscheidung geeignete Phantasiebezeichnung auffasse. Vorliegend sind nämlich geteilte Verkehrskreise angesprochen, d. h. zusätzlich zum allgemeinen Publikum noch das medizinische Fachpublikum. Zwar mag der hier zahlenmäßig größere Teil, die allgemeinen Verbraucher, im angegriffenen Zeichen möglicherweise einen Herkunftshinweis sehen. Das zahlenmäßige Verhältnis ist aber für die Frage, ob ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise das Zeichen als Herkunftshinweis wertet oder nicht, nicht ausschlaggebend. Im Falle geteilter Verkehrskreise ist vielmehr eine wertende Betrachtungsweise vorzunehmen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rn. 78 m. w. N.). Auf dem Arzneimittelsektor führt diese Wertung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 1982, 49 ff. - Insulin-Semitard) dazu, dass die Unterscheidungskraft bereits dann zu verneinen ist, wenn das Fachpublikum in dem Zeichen nur dessen beschreibenden Inhalt erkennt oder es nur als Fachbegriff in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren verstehen kann und daher nicht als betrieblichen Herkunftshinweis. Ärzte, Apotheker und die jeweiligen Fachkräfte sowie Angehörige verwandter Berufe wie Physiotherapeuten als Fachkreise, denen FOCUS i. S. von Krankheitsherd ohne weiteres geläufig ist, werden das Zeichen "FOCUS" daher nur als solches auffassen und nicht als Hinweis auf einen bestimmten Hersteller. Es ist daher wegen Nichtigkeit gemäß § 50 Abs. 1 § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu löschen.

3.2. Dies gilt nicht in Bezug auf die Waren "Erzeugnisse der Gesundheitspflege". Diese dienen gerade nicht die Behandlung von Krankheiten, sondern der Pflege und damit dem Erhalt der Gesundheit. Sie betreffen damit einen Zustand des Wohlbefindens und der Leistungsfähigkeit aufgrund der Abwesenheit von Krankheit. Demzufolge fehlt es an einem konkreten Sachbezug des Zeichens zu den Waren "Erzeugnisse der Gesundheitspflege", so dass die Annahme, die Verkehrskreise würden das Zeichen auch insoweit nur als Wort als solches auffassen, fernliegt ist. Die Marke wird daher in diesem Bereich als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden. Ihr kann hier die Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden.

3.3. Der Löschungsgrund des § 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG liegt dagegen bezüglich keiner der beiden Warengruppen vor.

Die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG sind, auch wenn sich ihre Anwendungsbereiche überschneiden, voneinander unabhängig und gesondert zu prüfen, wobei jedes Eintragungshindernis im Licht des Allgemeininteresses auszulegen ist, das ihm jeweils zugrunde liegt (BGH GRUR 2006, 850 ff. - Fußballweltmeisterschaft 2006 m. w. N.).

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist die Eintragung solcher Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, wobei ausreichend ist, dass das Zeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH GRUR Int. 2004, 410 - BIOMILD). Dies ist aber bei "FOCUS" in Bezug auf "pharmazeutische Erzeugnisse" sowie "Erzeugnisse der Gesundheitspflege" nicht der Fall. "FOCUS" ist, wie ausgeführt, ein medizinischer Fachbegriff für die Bezeichnung eines Krankheitsherds. "Krankheitsherd" beschreibt aber weder die beanspruchten Waren selbst noch eines ihrer wesentlichen Merkmale i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten umfangreichen Unterlagen herleiten. Als deren Fazit ergibt sich zum einen, dass Focus ausschließlich in Verbindung mit dem Krankheitsbild der Sepsis als Krankheitsbild einer bakteriellen Allgemeininfektion synonym für einen bakteriellen Streuherd verwendet wird. Zum anderen lässt sich aus ihnen kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Medikamenten und Focus herstellen. Insbesondere darf insoweit die Sepsis, bei deren Behandlung Medikamente unverzichtbar sind, nicht mit dem Begriff Focus gleichgesetzt werden. Focus wird regelmäßig nur als Auslöser der Sepsis erwähnt, der stets operativ zu entfernen ist, also durch einen chirurgischen Eingriff und nicht medikamentös. Auch ansonsten haben weder die Senatsrecherche noch die Recherche der Löschungsantragstellerin irgendeinen Hinweis ergeben, dass Focus im Verkehr zur Bezeichnung der Bestimmung oder eines sonstigen Merkmals pharmazeutischer Erzeugnisse dient oder dienen kann, so dass das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht besteht.

Dies gilt aus den o. g. Gründen erst Recht für die Waren "Erzeugnisse der Gesundheitspflege".

4. Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG zuzulassen, da sich bisher nur eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit der Frage des Verständnisses eines Wortes der Allgemeinsprache in Bezug auf die allgemeinen Verkehrskreise befasst hat (BGH GRUR 2002, 816 ff. - Bonus II), nicht aber mit der Frage des Verständnisses innerhalb der Fachkreise bei einem Wort, das sowohl eine fachspezifische als auch eine allgemeinsprachliche Bedeutung besitzt.






BPatG:
Beschluss v. 18.10.2006
Az: 29 W (pat) 51/04


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