Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 26. März 2002
Aktenzeichen: 17 W 264/01

(OLG Köln: Beschluss v. 26.03.2002, Az.: 17 W 264/01)

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Erinnerung - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:Aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Köln vom 15. Februar 2000 - 9 Sch 13/99 - sind von der Antragsgegnerin an Kosten 12.606,57 EUR (entsprechend 24.656,30 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 9. März 2000 an die Antragstellerin zu erstatten. Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Antragstellerin vom 8.3.2000 wird abgewiesen. Die nach einem Gegenstandswert von 3.292,30 DM entstandene Gerichtsgebühr des Erinnerungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Die übrigen Kosten des Erinnerungsverfahrens tragen die Antragstellerin zu 79 % und die Antragsgegnerin zu 21 %.

Gründe

I. Die in A./Spanien geschäftsansässige Antragstellerin stellte in dem im August 1999 vor dem Oberlandesgericht Köln anhängig gemachten Verfahren den Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs des London Court of International Arbitration, welcher die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von insgesamt 159.700.616,00 spanische Peseten an sie beinhaltete. Sie bediente sich hierzu der in Düsseldorf residierenden Rechtsanwälte L.B. D.. In der auf den 25.1.2000 bestimmten mündlichen Verhandlung über den Antrag ließ sich die Antragstellerin von den beim Oberlandesgericht Köln zugelassenen Rechtsanwälten der Sozietät G. als Prozessbevollmächtigte vertreten. Durch Beschluss vom 15.2.2000 gab das Oberlandesgericht Köln dem Antrag der Antragstellerin statt; die Kosten des Verfahrens wurden der Antragsgegnerin auferlegt. Die hiergegen von der Antragsgegnerin eingelegte Rechtsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof nicht angenommen.

Dem Antrag der Antragstellerin vom 8.3.2000 entsprechend setzte die Rechtspflegerin folgende Kosten in Höhe von 36.883,60 DM gegen die Antragsgegnerin fest:

a) je eine Prozess- und Verhandlungsgebühr der Rechtsanwälte G. nebst Auslagenpauschale entsprechend deren Rechnung vom 8.3.2000 (GA 464) in Gesamthöhe von 17.890,00 DM,

b) Kosten der Übersetzung des Schiedsspruchs. des Art. 12 des Schiedsvertrages und der Honorar- und Kostenaufstellung des Schiedsgerichts zum Schiedsspruch gemäß Rechnung der Rechtsanwälte L.B. D. vom 1.3.2000 (GA 465) in Gesamthöhe von 10.028,60 DM,

c) eine Prozessgebühr der Rechtsanwälte L.B. D. nebst Auslagenpauschale gemäß deren Rechnung vom 1.3.2000 (GA 466) in Gesamthöhe von 8.965,00 DM .

Gegen die Festsetzung der Gebühren der Rechtsanwälte L. u.a. in Höhe von 8.965,00 DM sowie gegen die Festsetzung von Übersetzungskosten, soweit sie über einen Zeilensatz von 2,00 DM hinausgehen, richtet sich die Erinnerung der Antragsgegnerin vom 28.3.2001 (GA 523 f.), welcher die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat.

II. Die formell unbedenkliche Erinnerung hat lediglich im erkannten Umfange Erfolg.

1.

Soweit es die - zweite - Prozessgebühr der Rechtsanwälte L. nebst Auslagenpauschale in Gesamthöhe von 8.965,00 DM anbetrifft, war die Festsetzung dieser Kosten - abweichend vom angefochtenen Beschluss - im Ansatz abzulehnen. Insoweit dringt die Erinnerung in Höhe eines Teilbetrages von 8.965,00 DM in vollem Umfang durch.

a)

Für die Festsetzung einer zweiten Prozessgebühr ist unter dem Gesichtspunkt des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO kein Raum. Der mit der Mandatierung der Rechtsanwälte G. als späteren Prozessbevollmächtigten verbundene Anwaltswechsel war kein Fall des "notwendigen Anwaltswechsels" im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO. Ein solcher Fall notwendigen Anwaltswechsels kann nur angenommen werden, wenn weder die Partei noch den ersten Anwalt ein Verschulden daran trifft (Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rn. 13 "Anwaltswechsel"). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Zwar unterlag die Einleitung des gerichtlichen Anerkennungsverfahrens nach §§ 1063 Abs. 4, 1061 ZPO nicht dem Anwaltszwang. Mit der Durchführung eines "einseitigen" Vollstreckbarerkklärungsverfahrens konnte die Antragstellerin indes bei Mandatierung der D. Anwälte nicht rechnen. Die Antragsgegnerin hatte bereits im Rahmen des Verfahrens vor dem Schiedsgericht die Auffassung vertreten, die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens - und dortige Beklagte - daran "hindern zu dürfen, ihre eigenen Ansprüche im gleichen (Schiedsgerichts-) Verfahren geltend zu machen", wie es Seite 18 der deutschen Übersetzung des Schiedsspruchs heißt. Bereits dieses Verhalten der Antragsgegnerin legte nach der Lebenserfahrung den Schluss nahe, dass die Antragsgegnerin versuchen würde, die Durchsetzung der gegen sie erhobenen Ansprüche zu verhindern. Nach deren Unterliegen im Schiedsgerichtsverfahren erfolgte denn auch keinerlei freiwillige Zahlung, weshalb die Einleitung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach § 1062 ZPO notwendig wurde. Dass die Antragsgegnerin in diesem Verfahren vor dem innerstaatlichen Gericht auf die Erhebung von Einwendungen gegen die Durchsetzung des Schiedsspruchs verzichten würde, konnte ernsthaft nicht angenommen werden. Es mußte vielmehr davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin - wie später tatsächlich geschehen - einen Antrag auf Entscheidung nach mündlicher Verhandlung stellen würde. Nachdem die Antragsgegnerin u.a. gerügt hatte, dass der Schiedsspruch gegen die öffentliche Ordnung verstoße (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO), war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung obligatorisch geworden (§ 1063 Abs. 2 ZPO). Dass mit der Erhebung eines solchen Einwands nicht zu rechnen war, kann nach dem dargelegten vorprozessualen Verhalten der Antragsgegnerin nicht angenommen werden.

b)

Auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsanwaltsgebühr (§§ 11, 52, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) kommt die Festsetzung einer zweiten Prozessgebühr nicht in Betracht.

Die Antragstellerin, die in Spanien ansässig ist, kann nicht allein aufgrund des gegebenen Auslandsbezugs geltend machen, dass die durch die Einschaltung eines in D. residierenden Rechtsanwalts aufgewendeten Mehrkosten schlechthin erstattungsfähig seien. Dies folgt aus den Grundsätzen, die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Erstattungsfähigkeit solcher Mehrkosten gelten, welche durch die Beauftragung eines nicht am Ort des Prozessgerichts residierenden inländischen Anwalts durch eine ausländische Partei für einen im Inland zu führenden Prozess anfallen (zur Beauftragung eines Verkehrsanwaltes am sog. dritten Ort vgl. die Beschlüsse des Senats JurBüro 1986, 1082; JurBüro 1993, 682; Beschluss vom 13.7.2000 - 17 W 155-156/00 - ; Beschluss vom 9.10.2000 - 17 W 299/00 - ; Beschluss vom 17.10.2001 - 17 W 190/01 - n.v.). Danach kann auch für den prozessualen Mehraufwand, der durch die vom Ausland aus erfolgte Beauftragung eines nicht am Gerichtsort residierenden Prozessbevollmächtigten veranlasst wurde, nur nach denselben aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzuleitenden Grundsätzen eine Erstattung in Betracht kommen, wie sie für inländische Prozessbeteiligte anzuwenden sind. Das nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestehende Gebot kostengünstiger Prozessführung ist vorliegend nicht beachtet worden, denn eine Prozessführung mittels eines Düsseldorfer Anwalts war für die in Spanien ansässige Antragstellerin nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich. Auch eine ausländische Partei ist vielmehr darauf zu verweisen, unmittelbaren Kontakt zu einem am Gerichtsort ansässigen Prozessanwalt aufzunehmen.

Ein sachliches Erfordernis, gerade einen in D. tätigen Rechtsanwalt zu beauftragen, bestand nicht. Die Anwendbarkeit spanischen materiellen Rechts, insbesondere mögliche Wechselwirkung zum UN-Kaufrecht, war keine Frage, zu deren Beantwortung es der Zuziehung eines beim Prozessgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalts bedurfte. Mangels abweichender Anhaltspunkte ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die Antragstellerin einen am Prozessort zugelassenen Rechtsanwalt auf dieselbe Weise kontaktieren und informieren konnte, wie dies im Benehmen mit dem Düsseldorfer Rechtsanwalt als - erstem - Prozessbevollmächtigten geschah.

Der Umstand, dass die D. Verkehrsanwälte der Antragstellerin die spanische Sprache beherrschen und mit den spanischen Heimatanwälten der Antragstellerin in deren Muttersprache zu korrespondieren in der Lage waren, vermag die Notwendigkeit ihrer Zuziehung als Verkehrsanwälte nicht zu begründen. Abgesehen davon, dass sich auch unter Rechtsanwälten, die bei dem Oberlandesgericht Köln zugelassen sind, solche finden, die des Spanischen mächtig sind, war die Antragstellerin bei Mandatierung der D. Anwälte im Beistand spanischer Rechtsanwälte, deren Tätigkeit nunmehr Gegenstand des weiteren Kostenfesetzungsgesuches der Antragstellerin vom 7.8.2001 (GA 558-562) ist, über welches die Rechtspflegerin noch zu befinden haben wird. Angesichts solcher anwaltlichen Betreuung und Beratung der spanischen Antragstellerin durch ihre Heimatanwälte und der vorgängigen anwaltlichen Vertretung vor dem Schiedsgericht durch die überregional tätige Anwaltssozietät L. konnte und musste die Antragstellerin in erstattungsrechtlicher Hinsicht vor Mandatierung deutscher Anwälte in Erfahrung bringen, vor welchem deutschen Gericht das Vollstreckbarerklärungsverfahren nach §§ 1061 ff. ZPO in kostensparender Weise durchzuführen war. Die Durchführung eines solchen Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Köln bedingte nicht die Beauftragung D. Rechtsanwälte, auch wenn bis zur Anordnung der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht kein Anwaltszwang bestanden hatte (§ 1063 Abs. 4 ZPO).

2.

Was die geltend gemachten Übersetzungskosten anbetrifft, erfasst die Beschwerde nur denjenigen Betrag von (10.028,60 DM - 3.474,00 DM =) 6.554,60 DM, der den sich unter Zugrundelegung eines - von der Antragsgegnerin nicht beanstandeten - Zeilensatzes von 2,00 DM ergebenden Betrag von 3.474,00 DM übersteigt.

Das Rechtsmittel hat nur insoweit Erfolg, als es sich gegen den Ansatz eines höheren Zeilensatzes als den Betrag von 3,90 DM wendet. Für die Bemessung des Zeilenhonorars einer von einer Prozesspartei veranlassten notwendigen Übersetzung eines fremdsprachigen Textes in die deutsche Sprache ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Die zu übersetzenden Unterlagen beinhalteten eine Vielzahl juristischer und wirtschaftlicher Fachausdrücke, weshalb die vorzunehmende Übersetzung durchaus als "erschwert" im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 ZSEG anzusehen ist. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Übersetzung durch einen Wirtschaftsanwalt erfolgte, kann der Erschwernisgrad der Übersetzung - auch angesichts der Länge der Texte - aber nur als gut durchschnittlich eingestuft werden. Als angemessen ist daher ein Zeilenhonorar anzusehen, das im mittleren Bereich der in § 17 Abs. 3 Satz 2 ZSEG vorgesehenen Vergütung anzusiedeln ist. Bei dem gegebenen Rahmen von 2,00 DM bis 5,80 DM ist das ein Zeilensatz von 3,90 DM, der nach den Erfahrungen des Senats (vgl. Beschl. vom 24.11.1997 - 17 W 208/97 - und vom 23.1.2002 - 17 W 401/01 - n.v.) durchaus im Rahmen üblicher Honorarsätze bei der Vergabe privater Übersetzungsleistungen liegt.

Unter Zugrundelegung der in der Übersetzungsabrechnung vom 1.3.2000 (GA 465) aufgeführten nicht beanstandeten Zeilenleistungen ergibt sich mithin folgende Abrechnung der Übersetzungsvergütung:

Übersetzung Schiedsspruch: 1666 Zeilen x 3,90 DM:6.497,40 DM Übersetzung von Art. 12: 51 Zeilen x 3,90 DM: 198,90 DM Übersetzung Aufstellung: 20 Zeilen x 3,50 DM: 70,00 DM

Gesamtbetrag: 6.766,30 DM

Nach Addition der beiden Erstattungsposten von 17.890,00 DM und 6.766,30 DM ergibt sich ein Gesamtbetrag von 24.656,30 DM, den bzw. dessen Gegenwert in EUR (EUR) die Antragsgegnerin nunmehr der Antragstellerin an Kosten zu erstatten hat.

Das weitergehende Festsetzungsgesuch vom 8.3.2000 hat keinen Erfolg.

Die Verzinsungspflicht beruht auf § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

3.

Soweit es die weiterhin gestellten Nachfestsetzungsanträge der Antragstellerin vom 19.3.2001 (GA 512) auf Festsetzung von 446,60 DM Kosten der Übersetzung eines Gerichtsbeschlusses vom 29.3.2000 und vom 7.8.2001 (GA 558) auf Festsetzung von 3.480.000 ESP (40.906,22 DM) Kosten der Rechtsanwälte C. & C. anbetrifft, wird hierüber noch von der Rechtspflegerin zu befinden sein.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 15.519,60 DM






OLG Köln:
Beschluss v. 26.03.2002
Az: 17 W 264/01


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