Oberlandesgericht Hamburg:
Beschluss vom 29. September 2006
Aktenzeichen: 11 W 125/05

(OLG Hamburg: Beschluss v. 29.09.2006, Az.: 11 W 125/05)

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Hamburg vom 24.11.2005 aufgehoben.

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für zulässig erklärt.

Gründe

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Hamburg vom 24.11.2005 ist statthaft und zulässig.

Die Abgrenzung zwischen den ordentlichen Gerichten (§§ 12, 13 GVG) und den Arbeitsgerichten ist eine Frage Rechtsweges (vgl. Zöller/ Gummer, GVG, 24. Aufl., Vorbem. 10 vor § 17 m.w.N.). Gegen den gem. § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG ergangenen Beschluss des Landgerichts ist daher die sofortige Beschwerde gegeben (§ 17 a Abs. 4 Satz 4 VGV i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Klägerin hat ihr Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt (§ 569 ZPO).

2. Die sofortige Beschwerde auch begründet.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben.

Denn die Klägerin leitet den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzanspruch gemäß § 93 AktG nicht etwa "aus dem Arbeitsverhältnis" i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG, sondern allein aus der von ihr behaupteten faktischen Organstellung des Beklagten als dem ehemaligen Vorstand der Klägerin ab. Für die Entscheidung über eine solche Klage aus Organhaftung sind die ordentlichen Gerichte und nicht die Arbeitsgerichte zuständig.

Bei unterstellter Anwendbarkeit des § 93 Abs. 2 AktG ist die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auch nicht etwa nach § 2 Abs.1 Nr. 3 d ArbGG gegeben, da es nicht etwa um die Geltendmachung eines Anspruches aus " unerlaubter Handlung, die mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang steht, " geht ( Hüffer , AktG, 6. Aufl., § 93 Rdnr. 11).

Auf die Erwägung des Landgerichts, es fehle im vorliegenden Fall an den Voraussetzungen für die Stellung des Beklagten als faktischer Vorstand der Klägerin, der Beklagte sei Angestellter der Klägerin geblieben, wenn auch mit besonderen Befugnissen, kann im Rahmen der Entscheidung über den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten oder zu den Arbeitsgerichten nicht entscheidend abgestellt werden. Denn diese Überlegung betrifft allein die Frage der Begründetheit der Klage, nicht ihre Zulässigkeit.

Der Zulässigkeit Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten steht die Rechtskraft der Entscheidungen des Arbeitsgerichts Hamburg vom 07.10.2002 / Anl. B 2, 08.12.2003 / Anl. B 4 , 23.03.2005 / Anl. B 5 sowie des Landesarbeitsgerichts vom 29.04.2005 / Anl. B 6 nicht entgegen. Denn die dort wiederholt getroffene Entscheidung, dass zwischen den Parteien des Rechtstreits ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, ist lediglich im Rahmen der dort geführten Streitigkeiten, die die wirksame Beendigung des Anstellungsvertrages und Vergütungsansprüche des Beklagten (dort: Klägers) betrafen, der materiellen Rechtskraft fähig (§ 322 ZPO). Im Rahmen der hier anhängig gemachten Klage, die Schadensersatzansprüche der Klägerin nach § 93 AktG zum Gegenstand haben, sind die ordentlichen Gerichte daher gehalten, in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob der Beklagte faktisch Organ (Vorstand) der Klägerin war und in dieser Eigenschaft zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet ist.






OLG Hamburg:
Beschluss v. 29.09.2006
Az: 11 W 125/05


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