Landgericht Köln:
Urteil vom 12. Juli 2006
Aktenzeichen: 28 O 559/03

(LG Köln: Urteil v. 12.07.2006, Az.: 28 O 559/03)

Tenor

1.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Vorstandsvorsitzenden, für jeden Fall der Zuwiderhandlung, zu unterlassen, das der Klageschrift vom 19. September 2003 als Anlage A 2 in Kopie beigefügte Werk des Klägers, 18-7-1992, zu nutzen und/oder nutzen zu lassen, wie dies insbesondere in der Sonderbriefmarke der Beklagten aus dem Jahr 1996 zu "75 Jahre Donaueschinger Musiktage" geschehen ist.

Soweit der Kläger darüber hinaus Unterlassung (Anträge zu II. und III.) begehrt, wird die Klage abgewiesen.

2.

a) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Anzahl der hergestellten, verbreiteten und sich bei ihr auf dem Lager befindenden Vervielfältigungsstücke der unter Ziff. 1 angegebenen Sondermarke, sowie weiterhin Auskunft zu erteilen über Herstellungspreise und Abgabepreise der Sonderbriefmarke und Rechnung über die von ihr durch die Nutzung des Werkes des Klägers, insbesondere in Form der unter Ziff. 1 bezeichneten Sonderbriefmarke, erzielten Gewinne zu legen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob und bejahenden Falls in welchen anderen Fällen (Stempel, andere Marken, Poster usw.) Nutzungen des Werkes des Klägers gleich welcher Art von ihr und/oder für sie vorgenommen worden sind sowie entsprechend Rechnung zu legen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Unterlassung und im Rahmen einer Stufenklage zunächst Auskunft und dann Schadensersatz. Der Kläger ist Künstler im Bereich der neuen Musik und hat sich insbesondere als Solocellist einen Namen gemacht. Darüber hinaus ist er auch als Komponist und bildende Künstler tätig. Unter anderem arbeitete er mit dem Komponisten D1zusammen.

Die Herausgabe und Verwendung von Postwertzeichen war im Jahre 1996 in § 43 Postgesetz geregelt. Danach bedurfte die Vervielfältigung und Verbreitung von Briefmarken der Erlaubnis des Bundesministerium für Post und Telekommunikation, später des Bundesministeriums der Finanzen. Zur Regelung der Rechtsverhältnisse zwischen dem Bundesministerium für Post und Telekommunikation als Herausgeber und der Beklagten als Verwender von Postwertzeichen schlossen beide mit Wirkung vom 1. Januar 1995 einen öffentlichrechtlichen Vertrag über die Herausgabe von Postwertzeichen. Darin wurde unter anderem in § 2 Abs. 1 festgelegt, dass die Auswahl von Themen und Motiven durch das Bundesministerium für Post und Telekommunikation erfolgte. Nach § 6 Abs. 1 des Vertrages war die Beklagte verpflichtet, die für diese Auswahl entstehenden Kosten zu erstatten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie dieses Vertrages (Anlage B 1,Blatt 52 ff der Akte) Bezug genommen. Im Rahmen eines zu diesem Zweck durchgeführten Grafikerwettbewerbs wurde das von der Grafikerin A1, heute D2, entwickelte Motiv für die Sondermarke ausgewählt. Das Bundesministerium für Post und Telekommunikation schloss im Jahre 1996 mit der Streithelferin, dem Verlag Q1, der die Rechte an sämtlichen seit 1960 komponierten Werken von D1in Deutschland wahrnimmt, einen Vertrag, aufgrund dessen letztere dem Bundesministerium für Post und Telekommunikation Nutzungsrechte gegen eine Lizenzgebühr von 30.000 DM gewähren sollte.

Die Beklagte vertrieb eine Briefmarke (vgl. die Abbildung in der Anlage A 1, Bl. 17 der Akte) ab dem Jahre 1996, auf der die zeichnerische Gestaltung aus dem Skizzenheft des Klägers (Anlage A 2, Bl. 18 der Akte) teilweise wiedergegeben ist. Die Zeichnung ist in dem Programmheft der Donaueschinger Musiktage 1994 mit Wissen und Zustimmung des Klägers abgedruckt worden; dazu ist in dem Programmheft neben der Abbildung ausgeführt, dass es sich um "Aufzeichnungen zu 'Ryoanji' (Skizzenheft von Michael Bach Bachtischa) 18.7.1992 in New York" handele. Wegen der Einzelheiten wird auf das bei der Akte befindliche Original-Exemplar des Programmheftes Bezug genommen. Die Briefmarke der Beklagten ist dem 75jährigen Bestehen der Donaueschinger Musiktage gewidmet. Die Beklagte hat die Briefmarke ausweislich des so genannten "Michel"-Kataloges in einer Auflage von (jedenfalls) 38.520.000 Stück gedruckt. Eine Zustimmung zur Nutzung hat der Kläger nicht erteilt. Auf ihren Internetseiten, insbesondere im Bereich Philatelie, warb die Beklagte jedenfalls noch bis Ende 2005 für die Briefmarke. Dabei bezeichnet sie das Motiv der Marke als einen Autographen von D1.

Der Kläger gab zwischenzeitlich eine so genannte "Förderaktie" heraus, auf der die Marke der Beklagten abgebildet ist (Anlage K 16). Diese "Förderaktie" wurde auch im Internet gezeigt.

Der Kläger behauptet, er habe die streitgegenständliche Illustration der Darstellung einer Prim als Intervall anlässlich eines - als solchen unstreitiges - Gespräches mit D1am 18. Juli 1992 gemacht, als beide über die musikalische Bedeutung und die Möglichkeiten bzw. das Anerkennen einer Prim als Intervall diskutierten. Er behauptet, dass mehr als die angegebenen 38.520.000 Briefmarken hergestellt worden seien.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Vorstandsvorsitzenden, für jeden Fall der Zuwiderhandlung, zu unterlassen, das der Klageschrift vom 19. September 2003 als Anlage A 2 in Kopie beigefügte Werk des Klägers, 18-7-1992, zu nutzen und/oder nutzen zu lassen, wie dies insbesondere in der Sonderbriefmarke der Beklagten aus dem Jahr 1996 zu "75 Jahre Donaueschinger Musiktage" geschehen ist.

2. Entstellungen des Werkes insbesondere durch Abdruck von Teilen des Werkes in entstellender Weise zu unterlassen,

3. es zu unterlassen, Nutzungen des Werkes des Klägers ohne dessen Urheberbenennung vorzunehmen und/oder vornehmen zu lassen,

4. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Anzahl der hergestellten, verbreiteten und sich bei ihr auf dem Lager befindenden Vervielfältigungsstücke der unter Ziff. 1 angegebenen Sondermarke zu erteilen, sowie weiterhin Auskunft zu erteilen über Herstellungspreise sowie Abgabepreise der Sonderbriefmarke und Rechnung über die von ihr durch die Nutzung des Werkes des Klägers, insbesondere in Form der unter Ziff. 1 bezeichneten Sonderbriefmarke, erzielten Gewinne vorzulegen.

5. dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob und bejahenden Falls in welchen anderen Fällen (Stempel, andere Marken, Poster usw.) Nutzungen des Werkes des Klägers gleich welcher Art von ihr und/oder für sie vorgenommen worden sind sowie entsprechend Rechnung zu legen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Urheberschaft des Klägers und daneben auch die urheberrechtliche Schutzfähigkeit des streitgegenständliche Werkes. Auch werde auf der Briefmarke nur ein winziger Teil der - unterstellt bearbeiteten - Komposition von D1wiedergegeben. Dieser Teil sei jedoch nicht schutzfähig, denn eine nur aus wenigen Noten bestehende Tonfolge sei deshalb nicht schutzfähig, da einem bloßen musikalischen Fragment die erforderliche schöpferische Individualität fehle. Auch die grafische Darstellung sei nicht geschützt, weil das Notenbild auf klassische Notationsformen zurückgreife. Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.

Die Streithelferin führt aus, dass es sich um eine Bearbeitung eines Werkes von D1handele. Sie ist der Auffassung, dass der Kläger dieses nur hätte veröffentlichen dürfen, wenn die Streithelferin zugestimmt hätte, was sie nicht getan habe. Deshalb habe die Beklagte nicht schuldhaft gehandelt, auch die Streithelferin habe nicht erkennen können, dass hier kein Autograph von D1zugrunde liege.

Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 1. Dezember 2004 (Blatt 247 und 248 der Akte) sowie vom 14. Juni 2005 (Blatt 300 der Akten) durch schriftliche Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten der Sachverständigen Frau Prof. Dr. I vom 25. April 2005 (Blatt 267ff der Akten) und vom 28. November 2005 (Blatt 348ff der Akten) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist als Stufenklage zulässig und auf der ersten Stufe zur Entscheidung reif.

I. Der Kläger hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Unterlassung gegen die Beklagte.

1. Das Werk des Klägers, das er als "18-7-1992" bezeichnet (Anlage A 2), ist als Darstellung (musik)wissenschaftlicher Art gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG urheberrechtlich geschützt. Maßgebend für den urheberrechtlichen Schutz nach dieser Vorschrift ist nicht, was, sondern wie etwas dargestellt wird. Bei den Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art ist nur die Art und Weise geschützt, wie der jeweilige Gegenstand dargestellt wird. Dies steht im Gegensatz zum Schutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Dort kommt es nicht auf die Darstellungsweise, sondern auf die Schutzfähigkeit des dargestellten Gebäudes oder sonstigen Werkes der bildenden Künste an (vgl. zu allem Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 2, Rdnr. 223; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 3. Aufl., § 2 Rn 194). Der Urheberrechtsschutz von Darstellungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG setzt zwar eine persönliche geistige Schöpfung nach § 2 Abs. 2 UrhG voraus. Verlangt wird jedoch nur ein geringes Maß an eigenschöpferischer Prägung (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 228; Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 3. Aufl., § 2 Rn 197). Diese Anforderungen erfüllt das Werk "18-7-1992". Denn dass es sich um eine eigene Darstellung handelt, die grundsätzlich als Zeichnung oder Skizze unter § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG fallen kann, ist eindeutig. Die Besonderheit des Werkes liegt in der Darstellung der Prim, die durch eine Erhöhung des Notenbildes und der Notenlinien erreicht wird. In der Tat erscheint dies außergewöhnlich und die Kammer stimmt den Ausführungen des Klägers zu, dass hier eine eigenschöpferische Visualisierung der behandelten Problematik stattfindet. Die beschriebenen Intervalle werden durch die räumliche Entfernung zum Ausdruck gebracht, wobei der Kläger die Abstände individuell gewählt hat. Dadurch wird die musikalisch nur als ein Ton hörbare Prim visuell als zwei Noten zum Ausdruck gebracht. Dies reicht für den Urheberrechtsschutz aus.

Dem Urheberschutz steht auch nicht entgegen, dass die Briefmarke nur einen Teil des Werkes des Klägers zeigt. Zwar ist in dem Falle der Übernahme nur eines Teils des Werkes zu prüfen, ob dieser Teil als solcher urheberrechtlich schutzfähig ist. Aber auch kleinste Teile eines Werkes können schutzfähig sein (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 76). Im vorliegenden Fall ist der Urheberrechtsschutz auch für den auf der Briefmarke gezeigten Ausschnitt des Werkes gegeben. Denn gezeigt wird gerade der Teil, wo der Kläger die Prim durch Erhöhung des Notenbildes dargestellt hat. Dies ist genau das Element, welches die persönliche geistige Schöpfung des Klägers maßgeblich prägt.

Auf die Frage, ob auch ein Schutz als Musikwerk oder als Werk der bildenden oder angewandten Kunst in Betracht kommen kann, oder ob der Kläger ein Lichtbild gefertigt hat, kommt es deshalb nicht an.

2. Die Urheberschaft des Klägers an dem Werk "18-7-1992" steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Die Sachverständige hat in ihren beiden Gutachten überzeugend herausgearbeitet, dass es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um Aufzeichnungen des Klägers selbst handelt. Da im Streit stand, ob es sich um ein Werk des Klägers oder doch um ein Werk von D1handelt, war die Reduzierung der Beweisfrage darauf, wer von beiden der Urheber ist, geboten. Anhand der vorgelegten Schriftproben konnte die Sachverständige dann überzeugend nachweisen, dass es sich um die Handschrift des Klägers handelt, während die Handschrift von D1sehr deutlich von den von ihr herausgearbeiteten Merkmalsbefunden des streitigen Autographen abweicht. Auf der Grundlage dieses Beweisergebnisses sowie der - unstreitigen - Diskussion des Klägers mit D1im Jahre 1992 über das musikalische Phänomen der Prim und in Anbetracht der dazu bereits im Programmheft der Donaueschinger Musiktage 1994 aufgeführten verschiedenen Aufzeichnungen sowohl des Klägers als auch von D1sowie des Umstandes, dass die Aufzeichnung des streitgegenständliche Werkes im Skizzenheft des Klägers erfolgt ist, bestehen für die Kammer keinen Zweifel daran, dass der Kläger Urheber des Werkes ist. Dem widersprechen die Parteien letztlich auch nicht.

3. Die Beklagte ist passivlegitimiert. Sie selbst hat unstreitig gestellt, dass im Anschluss an den als Anlage B 1 vorgelegten Vertrag mit dem Bundesministerium für Post und Telekommunikation ein Anschlussvertrag zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und der Beklagten geschlossen ist und somit der Vertrag fortgesetzt wurde.

4. Es liegt keine Genehmigung des Klägers für die Nutzung durch die Beklagte vor. Eine ausdrückliche Genehmigung ist unstreitig nicht erfolgt. Aber auch die zunächst erwogene konkludente Genehmigung des Klägers liegt nicht vor. Voraussetzung einer solchen konkludenten Zustimmung ist, dass das Verhalten des Zustimmungsberechtigten für einen möglichen Erklärungsempfänger als Zustimmung erkennbar ist, bloßes Schweigen genügt grundsätzlich nicht (vgl. nur Palandt/Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl., § 182 Rdnr. 3). Eine derartige Zustimmungserklärung hätte allenfalls darin liegen können, dass der Kläger selbst die Marke vertreibt, gegebenenfalls kombiniert mit seiner Unterschrift. Dies ist jedoch nach dem Vortrag der Parteien nicht der Fall. Zwar ist klargestellt, dass der Kläger eine so genannte "Förderaktie" herausgegeben hat, auf der die Marke der Beklagten abgebildet ist (Anlage K 16). Vertrieben hat er damit jedoch allenfalls diese von ihm so genannte "Förderaktie". Dies reicht für eine konkludente Genehmigung nicht aus, weil damit gerade nicht die Briefmarke selbst, sondern die "Förderaktie" angeboten wird. Es kommt hinzu, dass anders als die Beklagte der Kläger sich darauf selbst als Urheber des abgebildeten Werkes bezeichnet hat. Im Hinblick auf die weit reichenden Konsequenzen ist nach allem eine konkludente Genehmigung des Klägers zu verneinen.

5. Der Unterlassungsanspruch war jedoch nicht im Hinblick auf die Anträge zu II. und III. begründet. Wie die Kammer bereits im Hinweisbeschluss vom 7. Januar 2004 erläutert hat, wird mit dem Antrag zu I. die vollständige Unterlassung begehrt, sodass von dem Antrag ebenfalls erfasst ist, dass Entstellungen des Werkes zu unterlassen sind. Das gleiche gilt für die Frage der Urheberbenennung. Denn beides setzt eine Nutzung des Werkes durch die Beklagte voraus, die jedoch bereits auf Grund des Antrages zu I. untersagt ist. Diesem Umstand schien der Kläger auch bereits mit dem im Schriftsatz vom 8. März 2004 angekündigten veränderten Antrag Rechnung getragen zu haben. Dennoch hat er sämtliche Anträge in der mündlichen Verhandlung vom 26. April 2006 gestellt, insbesondere die Anträge zu II und III modifiziert.

6. Verjährung liegt nicht vor. Die Beklagte hat keine ausreichenden Umstände vorgebracht, die eine positive Kenntnis des Klägers von der Nutzung seines Werkes belegen würden. Zwar spricht die Verbindung des Klägers mit den Donaueschinger Musiktagen dafür, dass er schon früher Kenntnis von der Marke hatte. Ein Beleg oder gar Beweis der positiven Kenntnis ist dies jedoch nicht. Da die Beklagte aber für die positive Kenntnis beweispflichtig ist, aber keinen Beweis anbietet, scheidet Verjährung aus.

II. Demzufolge besteht auch der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung. Ein solcher Anspruch besteht neben dem Unterlassungsanspruch als allgemeiner Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung über alle zur Schadensberechnung erforderlichen Angaben gemäß §§ 242, 259, 260 BGB. Anspruchsvoraussetzung ist lediglich das Vorliegen einer Rechtsverletzung; auf ein Verschulden des Verletzers kommt es nicht an (vgl. BGH GRUR 1988, 604, 605 - Kopierwerk; Wolff in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 2. Aufl., § 97 Rdnr. 44 m. w. N.). Da eine Rechtsverletzung vorliegt, ist der Anspruch gegeben.

Der Anspruch ist allerdings nur in dem tenorierten Umfang gerechtfertigt. Nach § 242 BGB bestimmt sich Inhalt und Umfang des Anspruchs unter Abwägung der Interessen beider Parteien. Geschuldet sind grundsätzlich alle Angaben, derer der Verletzte zur Ermöglichung einer sachgerechten Rechtsverfolgung, insbesondere der Schadensberechnung bedarf. Die Auskunft erstreckt sich auch auf so genannte Kontrolltatsachen, das heißt auf Tatsachen, die lediglich der Überprüfung der Haupttatsachen dienen und die dem Verletzten gegebenenfalls ein Vorgehen gemäß §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB ermöglichen (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 97 Rdnr. 79 m. w. N.). Von daher erscheint es gerechtfertigt, dass die Beklagte Auskunft im Hinblick auf die Preise für die Herstellung und Abgabe erteilt und Rechnung im Hinblick auf die erzielten Gewinne legt. Auf diese Weise wird der Kläger in die Lage versetzt, einen möglichen Schadensersatzanspruch - insbesondere über die Berechnungsart des Verletzergewinnes - zu spezifizieren. Die Angabe, inwieweit sich noch Vervielfältigungsstücke bei ihr auf dem Lager befinden, ist eine so genannte Kontrolltatsache, mit der die Kontrolle ermöglicht wird, ob die Angabe der tatsächlich hergestellten und verbreiteten Briefmarken zutreffend ist.

Dem Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch insoweit steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte vorgetragen hat, es seien 38,5 Millionen Stück aufgelegt worden. Zum einen bezieht sich der Vortrag der Beklagten dabei nur auf Angaben des so genannten "Michel"-Kataloges. Eigene Angaben zu Herstellung und Vertrieb macht sie nicht. Da insbesondere ohne die Darlegung der Preise eine Schadensberechnung kaum möglich erscheint, war der Auskunftsanspruch nicht erfüllt.

Auch die weitere Auskunft war zu erteilen. Der Kläger hat ausreichend Umstände vorgetragen, die eine Nutzung der Beklagten außerhalb der Benutzung für die streitgegenständliche Sonderbriefmarke erfolgt ist. Insbesondere auf Grund der Nutzung im Internet ist es nicht unwahrscheinlich, dass noch weitere Nutzungsarten erfolgt sind.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.






LG Köln:
Urteil v. 12.07.2006
Az: 28 O 559/03


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