Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. März 2001
Aktenzeichen: 8 W (pat) 1/99

(BPatG: Beschluss v. 08.03.2001, Az.: 8 W (pat) 1/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Patentanmeldung P 43 09 626.3-25 mit der Bezeichnung "Leichtbauplatte" ist am 24. März 1993 beim Patentamt eingegangen und von dessen Prüfungsstelle für Klasse E04C mit Beschluß vom 19. Oktober 1998 zurückgewiesen worden, weil ihr Gegenstand angesichts des Standes der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zum Stand der Technik war im patentamtlichen Prüfungsverfahren ua die europäische Offenlegungsschrift 0 399 514 in Betracht gezogen worden.

Gegen den Zurückweisungsbeschluß hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt.

Sie hat in der mündlichen Verhandlung neugefaßte Unterlagen vorgelegt. Diese bestehen aus Patentanspruch 1 nach Hauptantrag bzw Hilfsantrag und jeweils zugehöriger Beschreibung (jeweils Seiten 1 bis 6), wobei zum Hauptantrag die Unteransprüche 2 bis 6 vom 24. März 1993 mit der Maßgabe, daß jeweils das Wort "Leichtbauplatte" durch "Akustikdecke" ersetzt wird, und zum Hilfsantrag die mit diesem eingereichten Unteransprüche 2 bis 5 gehören.

Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

"Aus schallschluckenden Leichtbauplatten aufgebaute Akustikdecke, bei der jede Leichtbauplatte aus der Schallabsorption dienenden, miteinander unter Druckeinwirkung mittels Kunstharz verbundenen Blähglas-, Blähton- oder ähnlichen Partikeln hergestellt ist, gekennzeichnet durch Kombination folgender Merkmale:

1. in die Leichtbauplatten (1) ist jeweils ein der Wärmeableitung dienendes, an eine Kühlmittelquelle anschließbares Fluidrohrnetz (2) eingelagert und 2. auf die Leichtbauplatten (1) ist in deren montiertem Zustand raumseitig eine Putzschicht aufgetragen."

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lautet:

"Aus schallschluckenden Leichtbauplatten aufgebaute Akustikdecke, bei der jede Leichtbauplatte aus der Schallabsorption dienenden, miteinander unter Druckeinwirkung mittels Kunstharz verbundenen Blähglas-, Blähton- oder ähnlichen Partikeln hergestellt ist, gekennzeichnet durch Kombination folgender Merkmale:

1. in die Leichtbauplatten (1) ist im unteren, dem Raum zugewandten Plattenbereich jeweils ein der Wärmeableitung dienendes, an eine Kühlmittelquelle anschließbares Fluidrohrnetz (2) eingelagert und 2. auf die Leichtbauplatten (1) ist in deren montiertem Zustand raumseitig eine Putzschicht aufgetragen."

Wegen des Wortlauts der geltenden Unteransprüche 2 bis 6 nach Hauptantrag bzw 2 bis 5 nach Hilfsantrag wird auf die Akten Bezug genommen.

Seitens des Senats wurde in der mündlichen Verhandlung noch das deutsche Gebrauchsmuster 89 09 100 in das Verfahren eingeführt.

Die Anmelderin vertritt die Auffassung, es habe einer erfinderischen Tätigkeit bedurft, um zum Anmeldungsgegenstand nach dem Patentanspruch 1 nach Haupt- bzw Hilfsantrag zu gelangen. Sie trägt vor, daß durch die europäische Offenlegungsschrift 0 399 514 eine Leichtbauplatte aus Blähglas oä bekannt geworden sei, die keinerlei Mittel zur Raumkühlung aufweise. Zum Gegenstand nach dem deutschen Gebrauchsmuster 89 09 100 führt die Anmelderin aus, daß dort eine Plattenstruktur im anmeldungsgemäßen Sinne nicht vorgesehen sei, die Anordnung des Rohrsystems nicht fest integrierter Teil der Platte sei und die dort beschriebene Deckenverkleidung keine schallschluckenden Eigenschaften aufweise zumal der dort beschriebene Kunstharzputz aufgrund seiner hohen Dichte eher schallreflektierend wirke. Somit sei nach Auffassung der Anmelderin die Ausführbarkeit der Lehre dieser Entgegenhaltung zweifelhaft.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse E04C des Patentamts vom 19. Oktober 1998 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Patentansprüche 2 bis 6, eingegangen am 24. März 1993, mit der Maßgabe, daß jeweils das Wort "Leichtbauplatte" durch "Akustikdecke" ersetzt wird, Beschreibung Seiten 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Blatt Zeichnung gemäß Offenlegungsschrift, hilfsweise Patentansprüche 1 bis 5 nach Hilfsantrag, Beschreibung Seiten 1 bis 6, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Blatt Zeichnung gemäß Offenlegungsschrift.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. In der Sache ist sie jedoch nicht begründet.

Der Anmeldungsgegenstand stellt keine patentfähige Erfindung iSd PatG § 1 bis § 5 dar.

1. Bei dem Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Haupt- bzw Hilfsantrag ist jeweils ausgegangen von einer aus schallschluckenden Leichtbauplatten aufgebauten Akustikdecke nach der europäischen Patentanmeldung 0 399 514, wie auch die Anmelderin einräumt. Diese Druckschrift zeigt und beschreibt eine schallschluckende Leichtbauplatte (Fig 1; Sp 1, Z 20 bis 27), die aus der Schallabsorption dienenden, miteinander unter Druckwirkung mittels Kunstharz verbundenen Blähglas- oder ähnlichen Partikeln hergestellt ist (vgl Sp 1, Z 52 bis Sp 2 Z 19 der Entgegenhaltung).

Eine aus derartigen bekannten Leichtbauplatten aufgebaute Akustikdecke weist die folgende Kombination von Merkmalen nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht auf:

1. in die Leichtbauplatten ist jeweils ein der Wärmeableitung dienendes, an eine Kühlmittelquelle anschließbares Fluidrohrnetz eingelagert und 2. auf die Leichtbauplatten ist in deren montiertem Zustand raumseitig eine Putzschicht aufgetragen.

2. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Haupt- bzw Hilfsantrag sind zwar in den ursprünglichen Unterlagen als zum Anmeldungsgegenstand gehörend offenbart. Sie beruhen aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das deutsche Gebrauchsmuster 89 09 100 beschreibt ein Rohrsystem ua für Kühlmittel, welches zur Erstellung einer raumabgrenzenden Decke auf einer Trägerplatte befestigt ist (S 2, Z 10 bis16) und zudem in einer Putzschicht eingebettet und von dieser bedeckt ist (S 2, Z 20 bis 22). Somit ist in diese Bauplatten, bestehend aus Träger (18) und Putzschicht (20), ein der Wärmeableitung dienendes, an eine Kühlmittelquelle anschließbares Fluidrohrnetz (22) eingelagert, wie des auch gemäß Merkmal 1. des Anmeldungsgegenstandes beansprucht wird (vgl auch Fig 2 der Entgegenhaltung).

Auf Seite 2 Zeilen 27 bis 31 der Entgegenhaltung wird ferner ausgeführt, daß sich zum Raum hin eine zweite Putzschicht anschließt, die ua den gesamten Deckenbereich fugenlos erscheinen läßt. Dieser Hinweis läßt einerseits den Aufbau der Decke aus einzelnen Plattenelementen erkennen und entspricht andererseits direkt dem og Merkmal 2., also der raumseitig aufgetragenen Putzschicht im montierten Zustand.

Nachdem mit dem Gegenstand des deutschen Gebrauchsmusters 89 09 100 aufgabengemäß eine ua kühlende Decke mit sehr guten Schall absorbierenden Eigenschaften bereitgestellt werden soll (S 2, Z 1 bis 8), führt diese Druckschrift dem Fachmann, einem Bauingenieur (FH) oder Architekten mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet des Innenausbaus von Gebäuden, bereits die Kombination zwischen Kühlwirkung und Schallabsorption vor Augen und löst iVm der raumseitig aufgetragenen zusätzlichen Putzschicht (24) auch die gem Beschreibung zu Haupt- bzw Hilfsantrag (jeweils S 2, 2. Abs) angegebene Aufgabe, nämlich eine optisch ansprechende Akustikdecke mit guten Schallschluckeigenschaft und gleichzeitig ausreichender Kühlwirkung bereitzustellen.

Selbst wenn die Materialwahl und -kombination bei den entgegengehaltenen Deckenelementen - wie die Anmelderin vorträgt - für die Erlangung des angestrebten Ziels wenig geeignet sein sollte, bringen sie dem Fachmann dennoch den anmeldungsgemäßen Grundgedanken nahe, bei Deckenelementen Kühlwirkung und Schallabsorption zu vereinen. Ferner gibt die Entgegenhaltung den Hinweis, das Fluidrohrnetz in die Platte einzulagern und zwar in deren Putzschicht, die gem S 2, Z 24 bis 27 aus mineralisch gebundenem geblähtem Silikatgestein besteht.

Nachdem einem Fachmann bereits die Einlagerung eines Fluidrohrnetzes in eine schallabsorbierende Matrix (Material aus gebundenen Partikeln) zum Zwecke einer Kombination von kühlenden und schallabsorbierenden Eigenschaften bei Decken durch das deutsche Gebrauchsmuster 89 09 100 vorgeschlagen wird, ist es ihm aufgrund seines allgemeinen Fachwissens ohne weiteres möglich, im Bedarfsfall das dort aus Träger- und Putzschicht zusammengesetzte, möglicherweise schwerere Plattenmaterial durch leichteres, ebenfalls aus gebundenen Partikeln bestehendes Plattenmaterial nach der europäischen Patentanmeldung 0 399 524 zu ersetzen. Durch diese einfache Übertragungsmaßnahme gelangt er unmittelbar zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag.

Nach alledem hat der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

Nach Wegfall des tragenden Hauptanspruchs haben auch die Unteransprüche 2 bis 6 keinen Bestand.

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag lediglich noch durch die zusätzliche Angabe im Merkmal 1. (vgl Ausführungen zum Hauptantrag), die besagt, daß das Fluidrohrnetz im unteren dem Raum zugewandten Plattenbereich, also Raumnah, angeordnet ist.

Auch diese Einzelheit wird dem Fachmann bereits durch das deutsche Gebrauchsmuster 89 09 100 nahegelegt, denn das Rohrsystem (22) ist, wie in Fig 1 und 2 erkennbar, in der Putzschicht (20) und somit in einem Raumnahen (unteren) Bereich der aus (oberer) Trägerplatte (18) und (unterer) Putzschicht (22) bestehenden Deckenplatte eingebettet.

Im übrigen gilt für Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag die Argumentation wie bezüglich Anspruch 1 nach Hauptantrag.

Nach alledem hat auch der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.

Nach Wegfall des tragenden Hauptanspruchs haben auch die zum Hilfsantrag gehörenden Unteransprüche 2 bis 5 keinen Bestand.

Dr. Maier Viereck Dr. Huber Gießen Hu






BPatG:
Beschluss v. 08.03.2001
Az: 8 W (pat) 1/99


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