Finanzgericht Köln:
Urteil vom 24. Juni 2015
Aktenzeichen: 14 K 1130/13

(FG Köln: Urteil v. 24.06.2015, Az.: 14 K 1130/13)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Einkünfte, die die Klägerin als Erbengemeinschaft nach einem Erfinder bzw. dessen Betrieb fortführende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft - GbR) erzielt haben, als freiberuflich oder gewerblich zu qualifizieren sind.

Die beiden Mitglieder der Klägerin sind als Erben je zur Hälfte Gesamtrechtsnachfolger nach ihrem am ...2004 verstorbenen Vater A (nachfolgend Erblasser). Dieser war Diplom-Chemiker gewesen und hatte als freier Erfinder auf dem Gebiet der Phytopharmaka und der ...-Forschung ein Entwicklungslabor als Einzelunternehmen mit Sitz in E geführt. Der Erblasser hatte für verschiedene von ihm entwickelte Präparate Arzneimittelzulassungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie Patente erlangt und entgeltlich Lizenzen an pharmazeutische Unternehmen zur Produktion und zum Vertrieb dieser Präparate vergeben. Er hatte die Präparate nicht selbst produziert und verkauft. Die von ihm mit verschiedenen Pharmaunternehmen, ..., geschlossenen Lizenzverträge sahen Vergütungen des Erblassers in Höhe von zwischen 4,5% und 7% der Nettoumsätze vor, die die Lizenznehmer mit den aufgrund der Lizenzen hergestellten bzw. vertriebenen Präparaten erzielten. Die Vergütungen wurden zeitraumbezogen monatlich (z.T. bei B), quartalsweise (z.B. bei C, D, z.T. bei B) oder halbjährlich (z.T. bei B) ermittelt und gezahlt.

Der Erblasser stand in Geschäftsbeziehungen zu verschiedenen Unternehmen, so zu den Firmen Fa. F GmbH & Co.KG und G GmbH & Co.KG, die für die Arzneimittelzulassungen und andere Rechte erforderliche Untersuchungen und Analysen durchführten.

Die Einkünfte des Erblassers wurden als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit deklariert und entsprechend zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Miterbe H ist Diplom-Kaufmann und Apotheker, der Miterbe H1 ist Jurist und war zum Zeitpunkt des Erbfalls angestellter und später selbständiger Rechtsanwalt. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.11.2004 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie das Unternehmen des Erblassers nach dessen Tod fortführe, wobei sie den Sitz des Unternehmens nach P verlegt habe. Im Außenverhältnis trat sie ausweislich des Briefkopfes ihrer Geschäftsbriefe unter der Bezeichnung "Pharmazeutisches ... H und H1" auf, wobei sie zumindest ab dem ...2005 den Zusatz "GbR" verwendete, oder als "... H und H1 GbR" auf. Dabei führte die Klägerin in den Geschäftsbriefen zusätzlich zu ihren Namen die Berufsangaben "Apotheker, Dipl.-Kfm." für H und "Assessor" für H1 auf. Ein Schreiben mit diesem Briefkopf ist erstmals am 08.08.2005 zu den Akten des Beklagten gelangt.

Der Unternehmensanschrift in P ist zugleich die Anschrift der Fa. B ... GmbH, deren Geschäftsführer H ist. Diese stand in ständiger Geschäftsbeziehung zum Erblasser und sodann zu der Klägerin und vertrieb aufgrund verschiedener Verträge mit dem Erblasser Präparate auf der Grundlage von dessen Lizenzen. Daneben stand H als Einzelunternehmer für Pharmaberatung und -entwicklung in Geschäftsbeziehung zum Erblasser und der Klägerin.

Im Rahmen der Fortführung des väterlichen Unternehmens vereinnahmte die Klägerin die Erträge aus den vom Vater geschlossenen Lizenzverträgen und bezahlte die damit zusammenhängenden Ausgaben, wie Miete, Leasinggebühren, Arbeitslöhne. Sie verlängerte bei deren zeitlichem Auslaufen Verträge, brachte weiter vom Erblasser bereits beantragte Zulassungsverfahren zum Abschluss bzw. beantragte Verlängerungen im Falle des Auslaufens bestehender Zulassungen bzw. Patente. Soweit in diesen Zulassungsverfahren neue Untersuchungen, Analysen oder Tests erforderlich wurden, vergab sie diese an Drittfirmen. So beauftragte die Klägerin ausweislich der bei den Prüferhandakten befindlichen Rechnungen, in denen die Auftragsdaten aufgeführt sind, spätestens ab dem 02.02.2005 fortlaufend insbesondere die Fa. F GmbH & Co.KG mit auf die Präparate bzw. Zulassungen bezogenen Laboruntersuchen, Analysen, Prüfungen, Dokumentationen, Drogenmonographien sowie Projektkoordinationen. Das Auftragsvolumen umfasst allein im Jahr 2005 nach den Kopien der bei den Prüferhandakten befindlichen Rechnungen mehr als 35.000 EUR.

Die Klägerin hat ab 2006 auch einzelne Rechte an Präparaten veräußert und 2005 eine Abfindung für die Auflösung eines Lizenzvertrags erhalten.

In ihren Feststellungserklärungen für die Streitjahre erklärten die Klägerin auf der Basis von Einnahme-Überschussrechnungen ermittelte Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Zusätzlich zur Einnahme-Überschussrechnung zum 31.12.2004 reichten die Kläger eine Eröffnungsbilanz zum 09.09.2004 ein. Diese weist Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 30.839,78 EUR und Forderungen des Umlaufvermögens aus Lieferungen und Leistungen von 56.071,49 EUR aus. Die Einnahme-Überschussrechnungen der Streitjahre weisen unter andere folgende Beträge (in Euro) aus:

2004

Rumpf-WJ

2005

2006

2007

2008

2009

2011

Betriebseinnahmen

216.788

901.225

637.070

575.564

466.226

375.901

381.499

Patent-/Zulassungskosten

15.181

92.638

Keine Angaben

13.634

Keine Angaben

Keine Angaben

Keine Angaben

Betriebsausgaben insges.

154.110

533.095

377.600

329.234

245.239

215.345

275.260

Gewinn

62.678

368.130

259.469

246.330

220.020

160.556

106.238

Entsprechend den eingereichten Erklärungen ergingen für 2004 bis 2007 Feststellungsbescheide, die nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung standen (für 2004 am 16.02.2006, für 2005 am 11.09.2007, für 2006 am 03.04.2008, für 2007 am 07.10.2008), und für 2008 (am 22.03.2010) ein Feststellungsbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 17.06.2009 begann das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung P bei der Klägerin mit einer steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 2004 bis 2006. Im Prüfungsbericht vom 13.01.2010 werden die Handlungen der Kläger zur Fortführung des väterlichen Unternehmens weitgehend ohne nähere Konkretisierung von einzelnen Vorgängen beschrieben. Der Prüfer gelangte zu dem Ergebnis, dass die Kläger selbst weder als Erfinder tätig geworden seien, noch lediglich das Unternehmen des Erblassers abgewickelt worden sei. Die Tätigkeiten seien weit über eine bloße Abwicklung hinausgegangen. Damit seien die Einkünfte der Klägerin von Beginn, also vom ...2004, an nicht als freiberuflich sondern als gewerblich zu qualifizieren.

Am 30.03.2010 ergingen für 2004 bis 2006 und am 07.04.2011 für 2007 auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützte geänderte Feststellungsbescheide, mit denen Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt wurden. Am 07.04.2011 erging für 2008 ein entsprechender auf § 164 Abs. 2 AO gestützter Feststellungsbescheid. Am 22.02.2011 und 02.10.2012 ergingen für 2009 und 2011 erstmalige Feststellungsbescheide, mit denen ebenfalls Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt wurden.

Mit den Einsprüchen machte die Klägerin geltend, sie habe mit der Fortführung des Einzelunternehmens des Erblassers nachträgliche Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielt. Der Tod des Erblassers habe nicht zur Betriebsaufgabe geführt. Das hinterlassene Betriebsvermögen sei weiterhin Betriebsvermögen der Erbengemeinschaft. Die freiberufliche erfinderische Tätigkeit sei nur vom Erblasser ausgeübt worden. Die Tätigkeit der Klägerin habe sich auf die Aufrechterhaltung und Verwertung der bereits vom Erblasser als Erfinder geschaffenen Produkte bzw. Patente und die damit im Zusammenhang stehenden Überprüfungen der Lizenzen und Arzneimittelzulassungen beschränkt. Nach dem Tod des Erblassers sei es nicht mehr zur Entwicklung neuer Zulassungen gekommen, wie schon im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt worden sei. Im Ergebnis handele sich daher um eine bloße Fruchtziehung der Erträge aus dem vom Erblasser hinterlassenen freiberuflichen Unternehmen. Die Klägerin habe damit den nachträglichen wirtschaftlichen Erfolg der freiberuflichen Tätigkeit in gleicher Weise realisiert, wie dies beim Erblasser der Fall gewesen wäre, wenn dieser nach Einstellung der aktiven erfinderischen Tätigkeit weiterhin die Lizenzeinnahmen aus den bestehenden Lizenzen erhalten hätte. Somit habe die Klägerin nachträgliche Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit des Erblassers erzielt. Eine Umqualifizierung komme nicht in Betracht. Durch die für die Erhaltung der Zulassungen zu erfüllenden Anforderungen gingen mit der Erzielung der Lizenzeinnahmen auch weiterhin Aufwendungen einher, die sich allerdings jährlich verminderten. Dies gelte gerade auch für die Kosten im Zusammenhang mit der Entwicklung von neuen Patenten (Laborkosten, Testkosten, Beratungskosten für Entwicklungen), die während der Geschäftstätigkeit des Vaters im Jahr 2003 noch 374.000 EUR und im Rumpfwirtschaftsjahr 2004 immerhin 327.000 EUR, 2005 hingegen lediglich noch 215.000 EUR betragen hätten und schließlich bis 2008 auf 11.000 EUR abgefallen wären. Weiterhin seien auch erste Lizenzen des Erblassers veräußert worden, was die reine Verwertung der noch vorhandenen Lizenzen nach § 18 Abs. 3 EStG verdeutliche. Eine Veräußerung der Lizenzen sei gemäß der BFH-Rechtsprechung ebenso wie eine lang gestreckt zeitliche Verwertung unschädlich.

Nach Zurückweisung des Einspruchs als unbegründet verfolgt die Klägerin ihr Begehren mit der Klage weiter. Ergänzend zum Vorbringen im Einspruchsverfahren trägt sie vor, eine Erbauseinandersetzung sei nicht erfolgt und nicht vereinbart worden. Das Vermögen des Erblassers habe aus Immobilien und Arzneimittelzulassungen bestanden. Nach dem plötzlichen Tod des Erblassers habe zunächst nicht festgestanden, wie die Verwaltung des vererbten Vermögens sich gestalten würde. Unklar sei gewesen, ob H, der als Apotheker auch schon eigene Arzneimittelzulassungen entwickelt habe, die Zulassungen des Erblassers habe allein fortführen sollen oder ob dies gemeinschaftlich erfolgen werde. Aufgrund der schwer abschätzbaren Wertfindungen sei eine Erbauseinandersetzung nicht erfolgt. Auch Vereinbarungen über die Fortführung oder Abwicklung des Unternehmens seien nicht getroffen worden. Den Erben sei es darum gegangen, die Fruchtziehung aus den Zulassungen des Vaters zu erreichen. Ein kaufmännischer Betrieb und pharmazeutisches Fachpersonal seien nicht erforderlich gewesen. Es seien nur noch Buchhaltungs- und Verwaltungsaufgaben im Zusammenhang mit den Lizenzeinnahmen, nicht hingegen eine aktive Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr erforderlich gewesen. Rechnungen aus der Zeit vor dem Tod des Erblassers hätten geprüft und bezahlt werden müssen. Die Verwaltungsaufwendungen seien ständig weiter reduziert worden.

Eine juristische Auseinandersetzung mit der Fa. Q sei mit der Beendigung der Tätigkeit des Erblassers durch Vergleich abgeschlossen worden.

Ein GbR-Vertrag sei weder ausdrücklich noch konkludent geschlossen worden. Ein Auftreten als GbR sei weder beabsichtigt gewesen, noch habe dies den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen. Soweit der Zusatz "GbR" in Einzelfällen verwandt worden sei, habe es sich um ein Versehen des Sekretariats gehandelt.

Aufgrund des plötzlichen Todes des Vaters der Kläger sei die offizielle Zulassung einzelner Präparate erst nach dessen Tod ausgesprochen worden. Hierfür hätten noch Unterlagen zu Dokumentationen von den Erben nachgereicht werden müssen. Die freiberufliche Erfinderarbeit der Forschung und Entwicklung sei zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen gewesen. Die Erbengemeinschaft habe somit ausschließlich die Fruchtziehung der vom Vater entwickelten Arzneimittelzulassungen und deren Verwaltung betrieben. Eine Erweiterung des Tätigkeitsfeldes des Erblassers habe nicht stattgefunden. Ebenso wenig sei die Miterben als Erfinder tätig gewesen. Sie hätten keine einzige Zulassung neu- oder weiterentwickelt. Vielmehr hätte die Klägerin den Umfang der Betätigung erheblich reduziert. Der Umstand, dass Verlängerungsanträge für die Zulassungen des Erblassers hätten gestellt werden müssen, für die auch im Verhältnis zur Zulassung geringere Aufwendungen angefallen seien, führe nicht zu einer eigenen gewerblichen Tätigkeit der Gemeinschaft. Dieser Vorgang sei vergleichbar mit der Entwicklung eines Autos mit hohen Entwicklungskosten des Erfinders bei nur verhältnismäßig geringem aber verpflichtendem Aufwand während der laufenden Nutzung. Die vom Beklagten für eine Tätigkeit der Erbengemeinschaft angeführten Verträge seien noch vom Erblasser geschlossen worden. Auch der Erhalt einer Abfindung und die Veräußerung von Zulassungen seien nur Maßnahmen der Verwertung des Erbes und daher für die Qualifizierung der Einkünfte unerheblich.

Die Höhe der Lizenzeinnahmen und deren Dauer seien für die Qualifizierung der Einkünfte unerheblich. Insoweit sei der Streitfall mit der Verwertung der Leistungen eines Schriftstellers oder Künstlers vergleichbar. Auch der Verkauf von Rechten gegen Einmalzahlung bzw. die gewährte Geldentschädigung führten nicht zur Umqualifizierung der Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb. Entscheidend sei allein, dass die Tätigkeit der Erbengemeinschaft keine Fortsetzung der Erfindertätigkeit des Vaters darstelle, sondern sich auf die Verwertung der von diesem geschaffenen Werke beschränke.

Die von der Einspruchsentscheidung angenommene Umqualifizierung der Einkünfte der Gemeinschaft aufgrund der Beteiligung des berufsfremden H1 sei nicht relevant, da keine GbR sondern an Erbengemeinschaft vorliege. Die gewerbliche Infizierung (Abfärbetheorie) nach § 15 Abs. 3 EStG komme auch nach Auffassung der Finanzverwaltung bei einer Erbengemeinschaft nicht zum Tragen. Grund hierfür sei, dass nach der BFH-Rechtsprechung die Verfassungsmäßigkeit der Abfärbetheorie bei Personengesellschaften deshalb gegeben sei, weil die Beteiligten die Möglichkeit hätten, trennbare Tätigkeiten auf gesonderte Personengesellschaften auszugliedern. Eine solche Möglichkeit bestehe bei einer Erbengemeinschaft nicht, da es sich um eine Zufallsgemeinschaft handle, auf deren Zusammensetzung der einzelne Miterbe keinen Einfluss habe. Aber selbst wenn diese Frage relevant wäre, müsste davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung von Arzneimittelzulassungen heute nur noch in einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Chemiker, Apotheker und Juristen möglich sei, da juristischen Fragestellungen bei der oft nur graduell unterschiedlichen Zusammensetzung von Präparaten eine erhebliche Bedeutung zukomme.

Die Kläger beantragen,

die angefochtenen Feststellungsbescheide für 2004 bis 2009 und 2011 dahingehend zu ändern, dass anstelle der Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus selbstständiger Arbeit festgestellt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, die Betätigungen im Rahmen der Veräußerung von Lizenzen und die Aufrechterhaltung bereits bestehender Lizenzverträge durch Untersuchungen in Fremdlaboreinrichtungen sowie die Anpassung bestehender Arzneimittelzulassungen an geänderte Anforderungen gingen über eine bloße Fruchtziehung der ursprünglich vom Erblasser ausgeübten Tätigkeit hinaus. Dadurch sei die Tätigkeit des Erblassers in erweiterter Form fortgeführt worden. Es sei weiterhin nicht erkennbar, dass für die betriebene Gesellschaft die Auflösung angestrebt werde. Grundlage für die Umqualifizierung sei die Mitwirkung des fachfremden Gesellschafters H1.

Nach den Erkenntnissen der Betriebsprüfers seien bis zum 28.09.2009 bezüglich einer Erbauseinandersetzung zu den Themen Vorkaufsrecht, Anteilserbe, wesentliche Geschäftsangelegenheiten, Gewinnverteilung und Gutachterrechte nichts zwischen den Miterben geregelt gewesen. Dem Prüfer sei mitgeteilt worden, dass ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht existiere und auch mündlich nicht geschlossen worden sei. Die wichtigen Angelegenheiten seien stets zwischen den Miterben besprochen worden. Es lägen keine aussagekräftigen Unterlagen dazu vor, weshalb die Klägerin unter der Bezeichnung GbR aufgetreten sei. Zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung habe eine aktive Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr zur Lizenzverwertung bereits seit weit mehr als vier Jahren vorgelegen. Die Klägerin habe die Geschäfte des Erblassers in der Weise fortgeführt, dass die vom Erblasser geschlossenen Lizenzverträge fortbestanden und die Klägerin hieraus Einnahmen bezogen hätten. Ferner seien durch Fremdlaboreinrichtungen Untersuchungen aller Art zu bereits bestehenden Zulassungen vorgenommen worden, um bestehende Zulassungen den veränderten Verhältnissen anzupassen. Noch vom Erblasser beantragte Arzneimittelzulassungen seien weiterverfolgt worden. Die hierzu benötigten Unterlagen wie Dokumentationen, Analysen, Stabilitäts- und Haltbarkeitsprüfungen hätte die Klägerin erstellen lassen.

Der Beklagte verweist im Schriftsatz vom 12.06.2015 (Bl. 98, 99 f. d. FG-Akte) auf verschiedene Rechnungen, die allerdings überwiegend noch vor dem Tod des Erblassers ergangen bzw. von diesem erteilte Aufträge betreffen. Bezüglich der von der Klägerin geschlossener Lizenzverträge verweist der Beklagte auf den Vertrag mit Klosterfrau und die hierzu ergangene Rechnung vom 25.06.2003, den Vertrag über die Veräußerung einer Zulassung vom 02.06.2004, den Lizenzauflösungsvertrag mit der Q AP vom 13.06.2005, aufgrund dessen der Klägerin eine Abfindung in Höhe von 65.000 EUR gewährt wurde, sowie den Verkauf der Arzneimittelzulassung "J" an die Fa. R ... GmbH und Co.KG mit Vertrag vom 07.07.2006 und weitere Zulassungsverkäufe im Jahr 2006.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat im Ergebnis zu Recht die Einkünfte der Klägerin als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht als Einkünfte aus selbständiger Arbeit, nämlich freiberuflicher Tätigkeit als Erfinder, festgestellt.

1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen. Nach der Legaldefinition des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbstständige Tätigkeit anzusehen ist. Als Gewerbebetrieb gilt nach § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 bezieht.

Zu der im Streitfall statt einer gewerblichen Tätigkeit allein in Rede stehenden Ausübung eines freien Berufs gehört neben den Katalogberufen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG u.a. auch die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne dieser Vorschrift. Wird eine Tätigkeit gemeinschaftlich von mehreren Personen ausgeübt, so ist sie nur dann freiberuflich, wenn jede dieser Personen die freiberufliche Qualifikation erfüllt und auch entsprechend freiberuflich tätig ist. Dabei müssen alle beteiligten Personen denselben freien Beruf ausüben (z.B. BFH-Urteil vom 23.11.2000 IV R 48/99, BFHE 193, 482, BStBl II 2001, 241). Erfüllt nur eine der beteiligten Personen diese Voraussetzungen nicht, so sind im Hinblick auf die so genannte Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG die gemeinschaftlichen Einkünfte grundsätzlich insgesamt in vollem Umfang als gewerblich zu qualifizieren (ständige Rechtsprechung, zuletzt Bundesfinanzhof - BFH -, Urteile vom 10.08.2010 VIII R 44/07, BFH/NV 2011, 20; vom 27.08.2014 VIII R 6/12, BFHE 247, 513, BFH/NV 2015, 597; vom 27.08.2014 VIII R 16/11, BFHE 247, 499, BFH/NV 2015, 469; vom 27.08.2014 VIII R 41/11, BFHE 247, 506, BFH/NV 2015, 595). Lediglich wenn sich die Gewerblichkeit nur für einen Teil der Einkünfte ergibt und dieser den Bagatellbereich nicht überschreitet, tritt die Abfärbewirkung nicht ein (BFH-Urteile in BFHE 247, 499, 506 und 513).

Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens oder eines selbständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbständigen Arbeit dient. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 und Absatz 1 Satz 2 sowie Absatz 2 bis 4 EStG gilt entsprechend (§ 18 Abs. 3 Satz 2 EStG).

2. Grundsätzlich gelten diese allgemeinen Regeln auch für die Qualifizierung der Einkünfte im Fall des Todes eines Freiberuflers.

a) Mit dem Tod eines Freiberuflers geht dessen dem Freiberuf dienendes Betriebsvermögen im Rahmen der Erbfolge auf die Erben als Gesamtrechtsnachfolger nach § 1922 BGB über. Der Tod eines Freiberuflers führt weder zu einer Betriebsaufgabe, noch geht das der Freiberuflichkeit dienende Betriebsvermögen durch den Erbfall in das Privatvermögen der Erben über (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 14.12.1993 VIII R 13/93, BFHE 174, 503, BStBl II 1994, 922, unter II.1.a der Gründe m.w.N.; vom 15.11.2006 XI R 6/06, BFH/NV 2007, 436). Das freiberufliche Betriebsvermögen des Erblassers wird zu Betriebsvermögen des Erben oder der Miterben (BFH-Urteile vom 12.03.1992 IV R 29/91, BFHE 168, 405, BStBl II 1993, 36: vom 29.04.1993 IV R 16/92, BFHE 171, 385, BStBl II 1993, 716; Urteil in BFH/NV 2007, 436). Zu den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens, die auf den oder die Erben unter Fortdauer ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen übergehen, gehören auch aufgrund freiberuflicher Tätigkeit entstandene Urheberrechte (BFH-Urteil vom 28.02.1973 I R 145/70, BFHE 109, 224, BStBl II 1973, 660; Beschluss vom 27.11.1992 IV B 129/91, BFH/NV 1993, 471; vgl. a. BFH-Urteil vom 02.03.1995 IV R 62/93, BFHE 177, 113, BStBl II 1995, 413), Patente und Erfindungen (BFH-Urteile vom 02.06.1976 I R 20/74, BFHE 119, 410, BStBl II 1976, 666; vom 01.06.1978 IV R 152/73, BFHE 125, 280, BStBl II 1978, 545; vom 18.10.1989 I R 126/88, BFHE 159, 314, BStBl II 1990, 377: "Erfinderrechte"; Beschluss in BFH/NV 1993, 471). Dementsprechend gehören auch Entgelte für die Übertragung oder Nutzung solcher Rechte zu den Betriebseinnahmen.

Allerdings ist die Freiberuflichkeit als solche, da sie von der höchstpersönlichen Qualifizierung und Ausübung einer bestimmten Tätigkeit abhängt, ebenso wenig wie die Kaufmannseigenschaft (dazu Palandt-Weidlich, BGB, 74. Aufl. 2015, § 1922 Rdn. 9) vererblich. Dies folgt daraus, dass die Rechtsnachfolge des oder der Erben sich nach § 1922 BGB allein auf das Vermögen des Erblassers beschränkt. Die Freiberuflichkeit ist aber, wie etwa § 18 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 EStG mit dem Erfordernis des leitenden und eigenverantwortlichen Tätigwerdens aufgrund eigener Fachkenntnisse zum Ausdruck bringt, höchstpersönlicher Natur. Eine höchstpersönliche Eigenschaft ist kein Vermögensgegenstand. Aus § 45 AO ergibt sich nichts anderes.

b) Ist der Betrieb des freiberuflichen Erblassers mit dessen Tod endgültig eingestellt, etwa wenn eine Fortführung durch einen oder mehrere Erben nicht möglich ist, besteht in gleicher Weise wie im Falle der Betriebseinstellung durch den Erblasser ein Wahlrecht des bzw. der Erben zwischen einer begünstigten Betriebsaufgabe und einer nicht begünstigten allmählichen Betriebsabwicklung (ständige Rechtsprechung; z.B. BFH-Urteil vom 05.12.1996 IV R 65/95, BFH/NV 1997, 225; Urteil in BFH/NV 2007, 436). Dabei darf eine begünstige Betriebsaufgabe sich nicht über einen Zeitraum von mehr als 36 Monaten erstrecken darf (BFH-Urteil vom 26.04.2001 IV R 14/00, BFHE 195, 290; Urteil in BFH/NV 2007, 436). Dieses Wahlrecht geht im Falle des Todes des Erblassers auf den bzw. die Erben über, da diese(r) materiell und verfahrensrechtlich in dessen Rechtstellung eintritt bzw. eintreten (BFH-Urteil vom 05.05.1999 XI R 1/97, BFHE 189, 57, BStBl II 1999, 653; Urteil in BFH/NV 2007, 436). Unabhängig davon sind Miterben Mitberechtigte und beim Vorhandensein eines geerbten Betriebs Mitunternehmer (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 05.07.1990 GrS 2/89, BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837, 845, unter C.II.3. der Gründe).

c) Daraus folgt, dass der Erbe eines Freiberuflers, der dessen Tätigkeit mit dem geerbten Betriebsvermögen fortführt, nur dann Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Freiberufler erzielt, wenn er selbst die persönliche Qualifizierung als Freiberufler erfüllt und die Tätigkeit entsprechend ausgeübt, also etwa wenn der Alleinerbe eines freiberuflichen Rechtsanwalts selbst auch Rechtsanwalt ist. Andernfalls erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb (z.B. BFH-Urteil vom 19.05.1981 VIII R 143/78, BFHE 133, 396, BStBl II 1981, 665: Fortführung einer Arztpraxis durch berufsfremde Erbin mit Hilfe eines Arztvertreters; Urteil in BStBl II 1994, 922: Fortführung eines Ingenieurbüros unter Beteiligung einer berufsfremden Miterbin).

Dies gilt auch für den Fall der Erbengemeinschaft. Sofern nicht alle Miterben die Qualifizierungsvoraussetzungen des Freiberufs des Erblassers erfüllen, gilt - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch für die Einkünfte der Erbengemeinschaft die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Obwohl die Erbengemeinschaft keine Personengesellschaft, insbesondere keine Gesellschaft i.S. von § 705 BGB darstellt, hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs sie trotzdem bei Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, der wie § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ausdrücklich nur Personengesellschaften erwähnt, als ein wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis einer solchen Gesellschaft gleichgestellt (Beschlüsse vom 25.06.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 439, BStBl II 1984, 751, 768; in BStBl II 1990, 837, 842, unter C.I.2.c der Gründe). Dabei hängt diese Beurteilung nicht von der Länge des Zeitraums ab, in dem die Erbengemeinschaft das Unternehmen weiterführt. Auch wenn die Erben das Unternehmen alsbald nach dem Erbfall abwickeln und einstellen oder es auf einen anderen übertragen, haben sie zunächst doch die Eigenschaft von Mitunternehmern erlangt und diese Eigenschaft wie bei der Abwicklung einer Personengesellschaft auch während des Zeitraums der Erbauseinandersetzung behalten. Sie beziehen ihre Einkünfte nicht aus einer ehemaligen Tätigkeit des Erblassers i.S. von § 24 Nr. 2 EStG, sondern kraft vollständiger Verwirklichung des Einkünftetatbestands (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 1990, 837, 842, unter C.I.2.c der Gründe).

Der Begriff der Personengesellschaft in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG deckt sich mit demjenigen in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und erfasst demnach ebenfalls die Erbengemeinschaft, deren Einkünfte demzufolge im Fall der Fortführung der Tätigkeit eines freiberuflichen Erblassers Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, wenn nicht alle Miterben die Qualifizierungsvoraussetzungen des Freiberufs erfüllen (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 1990, 837, 843, unter C.II.1.a der Gründe m.w.N.; Urteil in BStBl II 1994, 922, unter II.1.a der Gründe; Beschluss vom 05.12.2006 XI B 137/05, BFH/NV 2007, 452). Dies gilt allerdings mit der Einschränkung, dass die Abfärberegelung nur insoweit gilt, als die Erbengemeinschaft Betriebsvermögen erbt. Erbt sie daneben Privatvermögen, kann sie neben Einkünften aus Gewerbebetrieb zugleich Einkünfte aus einer Überschusseinkunftsart erzielen (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 1990, 837, 845, unter C.II.3 der Gründe).

3. Allerdings sind auch bei dem Erben, der selbst nicht die Voraussetzungen der Freiberuflichkeit erfüllt, aufgrund des geerbten Betriebsvermögens erzielte Einkünfte als freiberuflich zu qualifizieren, soweit es sich um Einkünfte im Sinne des § 24 Nr. 2 EStG handelt. Danach gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 EStG oder aus einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 bis 7 EStG, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen.

a) Nach einhelliger Ansicht ist bei Einkünften aus einer ehemaligen Tätigkeit i.S. des § 24 Nr. 2 EStG hinsichtlich der Bestimmung der Einkunftsart auf die Verhältnisse des Rechtsvorgängers abzustellen (z.B. BFH-Urteile vom 31.08.1994 X R 115/92, BFH/NV 1995, 498, unter 2.; vom 24.01.1996 X R 14/94, BFHE 179, 406, BStBl II 1996, 287, 288; Geserich in Kirchhof/Söhn, EStG, § 24 Anm. C 50; Schiffers in Korn, EStG, Loseblatt, Stand 06, 2014, § 24 Rn. 65 m.w.N.).

b) Die Rechtsprechung hat Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit dann angenommen, wenn die Einkünfte in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der ehemaligen Tätigkeit stehen, insbesondere ein Entgelt für die im Rahmen der ehemaligen Tätigkeit erbrachten Leistungen darstellen (BFH-Urteile vom 10.10.1963 VI 322, 321/61 U, BFHE 77, 741, BStBl II 1963, 592; vom 25.03.1976 IV R 174/73, BFHE 118, 572, BStBl II 1976, 487; Urteil in BStBl II 1996, 287, 288). Ein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang mit der ehemaligen Tätigkeit eines Freiberuflers ist auch angenommen worden für den Fall, dass die berufsfremde Erbin eines verstorbenen Künstlers Werke dieses Künstlers veräußert; die Erbin habe damit den wirtschaftlichen Erfolg der künstlerischen Tätigkeit in gleicher Weise realisiert wie das bei dem Künstler selbst der Fall gewesen wäre, wenn dieser nach Einstellung der aktiven künstlerischen Tätigkeit die noch vorhandenen Bilder nach und nach veräußert hätte (BFH-Urteil vom 29.04.1993 IV R 16/92, BFHE 171, 385, BStBl II 1993, 716, unter II.2.a der Gründe). Unter Hinweis auf den wirtschaftlichen Zusammenhang wurden laufende Versorgungsleistungen, die die Witwe eines selbständigen Versicherungsvertreters von dem vertretenen Versicherungsunternehmen im Hinblick auf die frühere Tätigkeit ihres verstorbenen Ehemannes auf Lebenszeit erhalten hatte, als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb und als solche gemäß § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 EStG im Jahr des jeweiligen Zuflusses in voller Höhe einkommensteuerpflichtig angesehen (BFH-Urteil in BStBl II 1976, 487).

c) Der VIII. Senat hat Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung zum wirtschaftlichen Zusammenhang und unter Verweis auf den Beschluss des Großen Senats in BStBl II 1990, 837, 843, angenommen, wenn eine ausschließliche Abwicklungstätigkeit in dem Sinne vorliege, dass die Erben lediglich noch die vom freiberuflichen Erblasser geschaffenen Werte realisieren (Urteil in BStBl II 1994, 922, unter II.1.a der Gründe; s. auch BFH-Urteil vom 30.03.1989 IV R 45/87, BFHE 156, 204, BStBl II 1989, 509). Während zunächst angenommen wurde, dass sich die Verwertungshandlungen nur über einen beschränkten Zeitraum erstrecken durften (BFH-Urteil vom 22.01.1963 I 242/62 U, BStBl III 1963, 189: "kurze Übergangszeit"; Urteil in BStBl II 1989, 509), sollte dies dann auch gelten, wenn sich die Verwertungshandlungen über einen längeren Zeitraum erstrecken (BFH-Urteil in BStBl II 1993, 716, unter II.2.a der Gründe). Die Finanzverwaltung lässt eine auf den Zeitpunkt des Erbfalls (Zeitpunkt des Todes des Erblassers) zurückwirkende Erbauseinandersetzung für die Dauer von sechs Monaten nach dem Erbfall zu (BMF-Schreiben vom 14.03.2006 IV B 2 - S 2242 - 7/06, BStBl I 2006, 253, 255, Tz. 8) mit der Folge, dass freiberufliche Einkünfte auch bei berufsfremden (Mit-)Erben nicht in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren sein sollen.

Wohl daran anknüpfend geht der BFH im Urteil vom 02.03.1995 IVR 62/93 (BFHE 177,113, BStBl II 1995, 413; ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 22.09.2013 - 13 K 472/12 E, EFG 214, 266, rechtskräftig) ohne dies näher zu begründen als selbstverständlich davon aus, dass die Erbin eines Textdichters, der die Verwertung der Urheberrechte der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) übertragen hatte, Einkünfte aus selbstständiger Arbeit auch bezüglich der Tantiemen erzielte, die auf Zeiträume nach dem Tod des Erblassers entfielen. Entsprechend waren freiberufliche Einkünfte aus ehemaliger Tätigkeit gemäß § 24 Nr. 2 EStG angenommen worden, wenn die Witwe und Erbin eines Erfinders dessen Erfindungen durch Übertragung von Patentrechten gegen Rente verwertet (BFH€Urteil vom 07.10.1965 IV 346/61 U, BFHE 83,462, BStBl III 1965, 666).

d) Der X. Senat des BFH hat § 24 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG weiter dahingehend umschrieben, dass dieser die im Bereich der Überschusseinkünfte regelungsbedürftige Fallgestaltung betreffe, dass der Einkommensteuertatbestand - zurechenbare Verwirklichung der im Steuertatbestand umschriebenen Erwerbshandlung einerseits und Zufluss andererseits - nacheinander durch zwei Personen verwirklicht werde. Die durch § 24 Nr. 2 EStG normierte Situation sei dadurch gekennzeichnet, dass der Rechtsvorgänger zwar durch seine Tätigkeit - im Urteilsfall des BFH: die Veräußerung des Gewerbebetriebs - die Grundlage für einen Zufluss von Einkünften gelegt habe, indes der vom Steuertatbestand vorausgesetzte Zufluss von Einnahmen zu seinen Lebzeiten - vor Beendigung der persönlichen Steuerpflicht - noch nicht verwirklicht gewesen sei (Urteil in BStBl II 1996, 287, 288, unter 3.) bzw. der Zufluss auf der gewerblichen Betätigung des Rechtsvorgängers beruhe (Urteil in BStBl II 1996, 287, 289, unter 4.).

e) Der Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007 GrS 2/04 (BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, 613 f. unter D.II.5.a der Gründe) legt ein engeres Verständnis des Begriffs der Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit i.S. des § 24 Nr. 2 EStG im Fall der Erbfolge zugrunde. Danach regelt § 24 Nr. 2 letzter Halbsatz EStG nach herrschender und zutreffender Auffassung (Hinweis auf Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 7. Aufl., § 24 Rn. 70; Schiffers in Korn, § 24 EStG Rn. 64) mit rechtsbegründender Wirkung die persönliche Zurechnung der Einkünfte beim Rechtsnachfolger. Sein sachlicher Anwendungsbereich beschränke sich auf solche Fälle, in denen die Einkünfte nach Maßgabe des Zu- und Abflussprinzips (§ 11 EStG) ermittelt werden. Nach allgemeinen Grundsätzen seien die Einkünfte derjenigen Person zuzurechnen, die sie erzielt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 EStG), d.h. den Einkünfteerzielungstatbestand erfüllt hat (Hinweis auf Tipke, StuW 1977, 293, 298; Ruppe, DStJG 1 (1978), S. 7, 18 f.).

Sterbe der "Überschussrechner", bevor er die von ihm durch eine Erwerbstätigkeit i.S. von § 2 Abs. 1 EStG erlangten Forderungen eingezogen (= Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 EStG) oder die von ihm begründeten und bei ihrer Erfüllung zu Erwerbsaufwand führenden Verbindlichkeiten beglichen hat (= Abfluss i.S. von § 11 Abs. 2 EStG), so habe er den Tatbestand der Einkünfteerzielung insoweit (noch) nicht vollständig verwirklicht. Auch der Erbe erfülle den Einkünfteerzielungstatbestand in diesen Fällen nur fragmentarisch; denn seine Tätigkeit beschränkt sich auf die Einziehung der bereits in der Person des Erblassers begründeten Forderungen sowie auf die Begleichung der entsprechenden Nachlassverbindlichkeiten (Hinweis auf Schmidt/ Seeger, EStG, 26. Aufl., § 24 Rn. 51; Mellinghoff in Kirchhof, a.a.O., § 24 Rz 70). Nur für diese - nicht verallgemeinerungsfähige - Sonderkonstellation der sog. gespaltenen Tatbestandsverwirklichung (Hinweis auf Rodin, Disagio, Diskont und Damnum im Einkommensteuerrecht, 1988, S. 64 f.; Staats, Einkommensteuer und Erbenhaftung, 2006, S. 82 ff; Raupach/Schenking in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz 133), in welcher der Einkünfteerzielungstatbestand teils durch den Rechtsvorgänger und teils durch den Rechtsnachfolger verwirklicht wird, regle § 24 Nr. 2 letzter Halbsatz EStG in der Weise zur Schließung einer sonst bestehenden Besteuerungslücke konstitutiv, dass die vom Rechtsvorgänger erfüllten Tatbestandsmerkmale dem Rechtsnachfolger zugerechnet werden (Hinweis auf z.B. Schmidt/Seeger, a.a.O., § 24 Rn. 51; Mellinghoff in Kirchhof, a.a.O., § 24 Rz 70). Aus dieser speziellen Zwecksetzung des § 24 Nr. 2 letzter Halbsatz EStG folge zugleich dessen Subsidiarität gegenüber den allgemeinen Prinzipien der Tatbestandsverwirklichung sowie dem Grundsatz der Unbeachtlichkeit der Einkommensverwendung (Hinweis auf Schmidt/Seeger, a.a.O., § 24 Rz 52; Mellinghoff in Kirchhof, a.a.O., § 24 Rz 70).

f) Die dem Beschluss des Großen Senats in BStBl II 2008, 608, nachfolgende Rechtsprechung und Literatur haben dessen Ausführungen zu § 24 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG weitgehend ignoriert oder zumindest nicht im Zusammenhang mit der Qualifizierung von Einkünften gesehen.

aa) So hat das FG Düsseldorf (Urteil vom 26.09.2013 - 13 K 472/12 E, EFG 2014, 266) angenommen, dass der Erbe eines Künstlers mit der Übertragung von Verwertungsrechten i.S.d. §§ 15 ff. UrhG unter Verzicht auf die Ausübung des Urheberpersönlichkeitsrechts i.S.d. §§ 12 ff. UrhG gegen Entgelt, freiberufliche durch die ehemalige künstlerische Tätigkeit des Erblassers veranlasste Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, § 24 Nr. 2 EStG erziele. Die Erbin eines Arbeitnehmers, die weiterhin unter Fortführung des Mietvertrags in der von dem verstorbenen Arbeitnehmer verbilligt vom Arbeitgeber gemieteten Wohnung wohnt, soll bezüglich der Verbilligung nach § 24 Nr. 2 EStG nachträgliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen (FG Düsseldorf, Urteil vom 05.11.2009 - 11 K 4662/06 L, EFG 2010, 428; das Urteil wurde allerdings durch BFH-Urteil vom 11.05.2011 VI R 65/09, BFHE 234, 20, BStBl II 2011, 946, aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, weil der BFH die Erlangung geldwerter Vorteile nach dem Urteil nicht als festgestellt ansah; das Verfahren wurde sodann durch beiderseitige Erledigungserklärung abgeschlossen). Die Ausführungen des Großen Senats in BStBl II 2008, 608, finden in den Entscheidungen keine Erwähnung.

bb) Die Literatur erwähnt die Ausführungen des Großen Senats zu § 24 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG entweder gar nicht (z.B. Horn in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, Loseblatt, Stand 05/2013, § 24 EStG Anm. 96 ff.; Schiffers in Korn, EStG, Loseblatt, Stand 06/2014, § 24 Rn. 64 ff.; Geserich in Kirchhof/Söhn, EStG, Loseblatt Stand 08/2014, § 24 Anm. C 50 ff.) oder nur bezüglich der subjektiven Zurechnung der Einkünfte (z.B. Schmidt-Wacker, EStG, 34. Aufl. 2015, § 24 Rn. 51; Heuermann/Fischer in Blümich, EStG, KStG, GewStG, Loseblatt, Stand 06/2014, § 24 EStG Rn 75a) und sieht bezüglich der Qualifizierung der Einkünfte beim Erben ohne Auseinandersetzung mit diesen Ausführungen die bisherige Rechtsprechung weiterhin uneingeschränkt als anwendbar an (z.B. Schmidt-Wacker, § 24 Rn. 69; Geserich in Kirchhof/Söhn, § 24 Anm. C 50). Die Beteiligung Berufsfremder an der Erbengemeinschaft eines Freiberuflers führe nicht zur Qualifizierung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn die Miterben nur die vom Erblasser geschaffenen Werte realisierten (Schmidt/Wacker, § 18 Rn. 45 sowie § 16 Rn. 607 unter Verweis auf das BFH-Urteil in BStBl II 1994, 922) bzw. verwerteten (vgl. Heuermann/Fischer in Blümich, § 24 EStG Rn. 75a, 75b). Ob hierzu auch Einkünfte aus der Nutzung geerbten Betriebsvermögens gehören, wird zumindest für Urheberverwertungsrechte unter Hinweis auf die BFH-Rechtsprecht teilweise bejaht (z.B. Geserich in Kirchhof/Söhn, § 24 Anm. C 50; Schmidt/Wacker, § 24 Rn. 69; Heuermann/ Fischer in Blümich, § 24 EStG Rn. 75b) teilweise allgemein (Horn in Herrmann/Heuer/Raupach, § 24 EStG Anm. 100) bzw. zumindest für Vermietungsfälle und Überlassung von Kapitalvermögen verneint (Heuermann/Fischer in Blümich, § 24 EStG Rn. 75b) mit der Begründung, insoweit hätten die Erben selbständig den Tatbestand der Einkünfteerzielung realisiert, und zwar auch dann, wenn das zugrunde liegende Rechtsverhältnis noch vom Erblasser eingegangen worden sei. Die ggf. die Einkunftsart ändernde Fortführung durch den Erben soll nur angenommen werden, wenn dieser vollständig den Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirkliche (Heuermann/Fischer in Blümich, § 24 EStG Rn. 75; Görke in Frotscher, EStG, Loseblatt, Stand 07/2006, § 24 Rn. 103).

4. Nach Ansicht des Senats können Einkünfte von Erben, die nicht im Rahmen einer Betriebsveräußerung bzw. Betriebsaufgabe anfallen, nur dann als Einkünfte aus einer früheren Tätigkeit i. S. des § 24 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG angesehen werden, wenn alle den Einkünftetatbestand begründenden Voraussetzungen noch vom Erblasser geschaffen und zu dessen Lebzeiten realisiert wurden, lediglich eine Gegenleistung, also insbesondere der Zufluss, erst nach dem Erbfall erfolgt ist.

a) Schon der Gesetzeswortlaut deckt nicht den von der langjährigen Rechtsprechung und überwiegenden Meinung im Schrifttum angenommenen weiten Anwendungsbereich des § 24 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG.

aa) Die Vorschrift betrifft Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit bei Gewinneinkünften bzw. aus einem früheren Rechtsverhältnis bei Überschusseinkünften. Das Adjektiv "ehemaligen" bedeutet, dass die Tätigkeit eingestellt sein muss. Entsprechend bedeutet das Adjektiv "früheren" bezüglich eines Rechtsverhältnisses, dass dieses beendet sein muss. Eine Tätigkeit oder ein Rechtsverhältnis sind aber nicht eingestellt bzw. beendet, wenn sie fortgesetzt werden, und zwar auch dann, wenn die weitere Tätigkeit bzw. der Fortbestand auf Abwicklung der Tätigkeit bzw. Verwertung (des Betriebsvermögens) gerichtet ist. Dem Gesetzeswortlaut des § 24 Nr. 2 EStG ist nicht zu entnehmen, dass eine Abwicklungs- oder Verwertungstätigkeit nicht als Fortsetzung angesehen werden könnte.

bb) Der Gesetzeswortlaut des § 24 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG "wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen" beinhaltet allein den Fall, dass von allen Tatbestandsmerkmalen der Einkünfteerzielung nur der Zufluss aussteht. Aus dem Wort "auch" in dem vorausgehenden Gesetzestext "und zwar auch dann" kann nicht geschlossen werden, dass auch andere Fälle gemeint sein können, insbesondere auch weitere Elemente des Einkünftetatbestands vom Rechtsnachfolger realisiert sein können, wenn nur zumindest wesentliche oder gar nur einzelne Merkmale vom Erblasser realisiert worden sind. Das Wort "auch" steht vielmehr im Kontext mit dem Fall des § 24 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG, dass der Steuerpflichtige selbst die Einkunftstätigkeit ausgeübt hat und selbst nach deren Einstellung noch Einkünfte bezieht, also kein Wechsel des Steuersubjekts stattfindet. Es hat nicht lediglich die Funktion eines Regelbeispiels für den Fall der Rechtsnachfolge.

b) Aus der Systematik des § 24 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG folgt, dass eine frühere Tätigkeit bei Gewinneinkunftsarten und ein früheres Rechtsverhältnis bei Überschusseinkunftsarten grundsätzlich gleichgestellt sind. Dementsprechend ist ein fortbestehendes Rechtsverhältnis, das bei Überschusseinkünften nicht unter § 24 Nr. 2 Halbsatz 1 (2. Alternative) EStG fällt, nicht einer ehemaligen Tätigkeit i.S. des § 24 Nr. 2 Halbsatz 1 (1. Alternative) zuzurechnen, wenn Einkünfte aus einem solchen Rechtsverhältnis, wie etwa aus einem Mietverhältnis oder der Überlassung von Kapitalvermögen, kraft gesetzlicher Subsidiarität der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 3 EStG bzw. der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 8 EStG in Einkünfte aus einer Gewinneinkunftsart umzuqualifizieren sind (vgl. zur Umqualifizierung bei der Überlassung von Urheberrechten BFH-Beschluss 27.11.1992 IV B 129/91, Juris). Die Fortsetzung des Rechtsverhältnisses ist dann als Fortsetzung der Tätigkeit i.S. des § 24 Nr. 2 Halbsatz 1 (1. Alternative) anzusehen.

c) Die Auslegung des Wortlauts und Wortsinns sowie der Systematik des § 24 Nr. 2 EStG deckt sich mit der systematischen Funktion des § 24 Nr. 2 EStG im Rahmen der Einkünftezuordnung. Die Vorschrift hat lediglich Ergänzungsfunktion und ist subsidiär gegenüber den allgemeinen Prinzipien der Tatbestandsverwirklichung der Besteuerungstatbestände, hier der Tatbestände der Einkünfteerzielung (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 2008, 608, 614, unter D.II.5.a der Gründe; BFH-Urteil vom 18.10.1989 I R 126/88, BFHE 159, 314, BStBl II 1990, 377, 379, unter II.3.b der Gründe, Geserich in Kirchhof/Söhn, § 24 Anm. C 67; Horn in Herrmann/Heuer/Raupach, § 24 EStG Anm. 103).

aa) Nach den allgemeinen Grundsätzen der subjektiven Einkünftezurechnung sind, wie aus § 2 Abs. 1 EStG folgt, Einkünfte demjenigen zuzurechnen, der sie erzielt. Dies ist derjenige, der den Tatbestand der Erzielung der Einkünfte (vgl. auch § 38 AO) erfüllt (vgl. z.B. Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 29.11.1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 433; in BStBl II 2008, 608, 614, unter D.II.5.a der Gründe; BFH-Urteile vom 30.01.1986 IV R 125/83, BFHE 146, 59, BStBl II 1986, 404; vom 26.01.2011 VIII R 14/10, BFH/NV 2011, 1512). Beruhen Einkünfte, wie wohl in den meisten Fällen, auf einem schuldrechtlichen Leistungsaustausch, ist der Tatbestand der Einkünfteerzielung regelmäßig nicht verwirklicht, bevor der Steuerpflichtige nicht aufgrund einer Leistung einen Gegenanspruch erworben hat, bei Überschusseinkunftsarten und auch Gewinneinkunftsarten in Fällen der Gewinnermittlung durch Einnahmeüberschussrechnung erst bei Zufluss der Gegenleistung als Einnahme. Hat ein verstorbener Steuerpflichtiger vor seinem Tod die geschuldete Leistung nicht oder nicht vollständig erbracht und deshalb weder einen (bilanzierbaren) Anspruch auf Gegenleistung noch eine Gegenleistung erlangt, und erbringt der Erbe dann die ganze Leistung oder Teile der Leistung, so beruht dies darauf, dass er als Rechtsnachfolger zivilrechtlich in die vertragliche Rechtsstellung des Erblassers eintritt. Der Erbe selbst und nicht der Erblasser realisiert dann - aufgrund eigener Verpflichtung - den Tatbestand der Einkünfteerzielung. Erst recht gilt dies, wenn der Erbe auf der Grundlage geerbten Betriebsvermögens, insbesondere durch Abschluss schuldrechtlicher Verträge, neue Leistungspflichten begründet und selbst erfüllt.

bb) Bei Dauerleistungsverhältnissen, insbesondere Fällen der Nutzungsüberlassung, verwirklicht derjenige, der Wirtschaftsgüter oder Vermögen zur Nutzung überlasst, einen Tatbestand der Einkünfteerzielung. So erzielt derjenige Einkünfte aus Kapitalvermögen, der Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überlässt (BFH-Urteil vom 24.04.1990 VIII R 170/83, BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539; Urteil in BFH/NV 2011, 1512 m.w.N.). Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist dies derjenige, der als Vermieter bzw. Verpächter Träger der Rechte aus einem Miet- oder Pachtvertrag ist (z.B. BFH-Urteil vom 27.01.1993 IX R 269/87, BFHE 170, 383, BStBl II 1994, 615). Da ein Erbe in die vertragliche zivilrechtliche Stellung des Überlassenden, also z.B. Vermieters oder Gläubigers einer verzinslichen Kapitalforderung eintritt, realisiert er auch selbst den Tatbestand der Einkünfteerzielung ab dem Zeitpunkt des Erbfalles. Eines eigenen Vertragsabschlusses durch den Erben bedarf es hierfür nicht. Dementsprechend ist der Tatbestand der Einkünfteerzielung zeitraumbezogen abzugrenzen: Für den Zeitraum vor dem Tod des Erblassers ist er grundsätzlich vom Erblasser, für den Zeitraum ab dem Erbfall vom Erben verwirklicht. Lediglich für den Fall, dass Entgelte für die Nutzungsüberlassung für den Zeitraum vor dem Erbfall erst nach dem Tod des Erblassers geleistet werden, sind die dem Erben nach § 24 Satz 2 Halbsatz 2 EStG zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 1512; Horn in Herrmann/Heuer/Raupach, § 24 EStG Anm. 100). Dies gilt auch, soweit Einnahmen aus Nutzungsüberlassungen von Wirtschaftsgütern eines Betriebsvermögens bzw. von Betriebsvermögen erzielt werden und deshalb aufgrund der Subsidiarität der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und der Einkünfte aus Kapitalvermögen einer Gewinneinkunftsart zuzurechnen sind.

d) Allerdings sind, worauf die Kläger sich im Wesentlichen stützen - wie oben unter 3.b und c dargelegt - Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 24 Nr. 2 EStG von der Rechtsprechung auch angenommen worden, wenn die Erben lediglich noch die vom freiberuflichen Erblasser geschaffenen Werte realisieren bzw. verwerten. Als solche Verwertungshandlungen sind etwa auch Rechteübertragungen durch die Erben angesehen worden. Auch sind herunter Einnahmen erfasst wurden, die, wie im GEMA-Fall (BFH-Urteil in BStBl II 1995, 413), auf der Nutzung eines vom Erblasser geschaffenen urheberrechtlich geschützten Werks erst nach dem Erbfall beruhen erfasst worden.

Der Senat sieht für diese Auffassung jedoch keine Rechtsgrundlage und vermag sie deshalb nicht zu teilen. Zwar gehören zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit auch die Einnahmen und Ausgaben aus der Verwertung dieser Arbeit, wie etwa gerade auch die Überlassung von durch selbständige Arbeit geschaffener Rechte, wie etwa Urheberrechte oder Patente (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 1976, 666; BStBl II 1978, 545; BStBl II 1990, 377; Beschluss in BFH/NV 1993, 471). Damit deckt sich, dass § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG als inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Steuerpflicht auch Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aufführt, die im Inland verwertet wird oder worden ist. Dies lässt indes nicht die Schlussfolgerung zu, dass die Verwertung freiberuflicher Tätigkeit auch dann zu Einkünften aus selbstständiger Arbeit führt, wenn sie durch eine andere Person als diejenige, die die freiberufliche Tätigkeit kraft eigener Qualifikation verrichtet hat, erfolgt. Insbesondere folgt dies nicht aus § 24 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG. Dieser greift mangels der Erwähnung der Verwertung seinem Wortlaut nach, aber auch nach seiner Systematik sowie seiner systematischen Stellung nach auch in Fällen der Verwertung einer ehemaligen Tätigkeit vielmehr nur dann ein, wenn diese durch den Freiberufler (Erblasser) selbst erfolgt ist und lediglich die Gegenleistung dem Erben zufließt. Verwertet hingegen der Erbe die freiberufliche Tätigkeit des Erblassers, indem er selbst einen Vertrag zur Verwertung abschließt oder im Falle der Dauerleistung als Rechtsnachfolger des Erblassers zivilrechtlich in dessen vertragliche Stellung eintritt, erfüllt er nach den allgemeinen Regeln, denen gegenüber § 24 Nr. 2 EStG subsidiär ist, selbst den Tatbestand der Einkünfteerzielung mit der Folge, dass die aus der Verwertung erzielten Einkünfte gewerblich sind, wenn der Erbe selbst nicht den freien Beruf des Erblassers ausgeübt.

Die (zitierte) Rechtsprechung, die Verwertungshandlungen der Erben von Freiberuflern auch bei den Erben als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit qualifiziert, entbehrt entweder einer Begründung (so Urteil in BStBl II 1995, 413, wohl mangels Entscheidungserheblichkeit) oder lässt eine vollständige Prüfung der Tatbestandsmerkmale des § 24 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG und eine Auseinandersetzung mit Grundsätzen der Zurechnung der Einkünfte vermissen. Dies gilt gerade für die Fälle, in denen die Einnahmeerzielung typischerweise ausschließlich oder zumindest ganz überwiegend durch die Verwertung einer Tätigkeit erfolgt, wie dies gerade bei Künstlern oder Erfindern der Fall ist, die typischerweise nicht für ihre Tätigkeit sondern für ihr fertiges Werk bezahlt werden.

Soweit sich das für die Einbeziehung einer Verwertungs- bzw. Abwicklungstätigkeit der Erben in den Anwendungsbereich des § 24 Nr. 2 EStG angeführte BFH-Urteil in BStBl II 1994, 922, unter II.1.a, insoweit auch auf den Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 1990, 837, 843, beruft, enthält der Beschluss des Großen Senats eine solche Aussage tatsächlich nicht. Vielmehr führt der Beschluss im Gegenteil zu dieser Aussage aus, dass die Miterben die Eigenschaft von Mitunternehmern erlangt hätten und diese Eigenschaft wie bei der Abwicklung einer Personengesellschaft auch während des Zeitraums der Erbauseinandersetzung behielten. Sie bezögen ihre Einkünfte nicht aus einer ehemaligen Tätigkeit des Erblassers i.S. von § 24 Nr. 2 EStG, sondern kraft vollständiger Verwirklichung des Einkünftetatbestandes.

Das Argument im BFH-Urteil in BStBl II 1993, 716, für die Qualifizierung der Einkünfte aus der Verwertung von einem Freiberufler (Künstler) hinterlassenem Betriebsvermögen durch den berufsfremden Erben als freiberuflich, der Erbe habe in gleicher Weise den wirtschaftlichen Erfolg der künstlerischen Tätigkeit realisiert wie dies bei dem Erblasser der Fall gewesen wäre, trägt diese Qualifizierung nicht. Der BFH setzt sich weder mit dem Wortlaut und -sinn und Systematik des § 24 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG noch mit den allgemeinen Grundsätzen der Zurechnung der Einkünfte auseinander. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb die Gleichartigkeit der Handlungen dazu führen sollte, eine Handlung des Erben nach dem Tod des Erblassers als "ehemalige Tätigkeit" des Erblassers i.S. des § 24 Nr. 2 EStG anzusehen.

Entsprechendes gilt für die immer wieder gebrauchte Formel des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit der ehemaligen Tätigkeit. Diese ist überdies derart unscharf, dass sie eine Abgrenzung zwischen einer Abwicklung bzw. Verwertung und einer Fortführung, die ebenfalls auf einem solchen wirtschaftlichen Zusammenhang beruht, nicht zulässt. Dies trifft in besonderer Weise zu für Dauerleistungsverhältnisse oder auch sonst länger dauernde Tätigkeiten und gerade auch dann, wenn die Erben selbstständig Verträge abschließen, sowie in den Fällen, in denen Einnahmen typischerweise nur durch die (spätere) Verwertung der Tätigkeit erzielt werden, wie bei bildenden Künstlern oder Erfindern.

Die Heranziehung der Grundsätze der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ist für die Auslegung des § 24 Nr. 2 EStG (vgl. FG Düsseldorf in EFG 2010, 428) ebenfalls ungeeignet, weil § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Qualifizierung von Hinterbliebenenbezügen enthält.

Schließlich sieht der Senat die Rechtsprechung zu den Verwertungshandlungen und zur Abwicklungstätigkeit durch die Ausführungen im Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 2008, 608, 613 f., als überholt an.

Ob im Hinblick auf § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG etwas anderes gelten könnte, wenn die Verwertung durch den oder die Erben ausschließlich in der Veräußerung des Vermögens oder eines Teils des Vermögens, das der selbstständigen Arbeit dient, besteht, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

5. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall führt zu dem Ergebnis, dass die Einkünfte der Kläger in den Streitjahren als solche aus Gewerbebetrieb und nicht als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit zu qualifizieren sind.

a) Der Erblasser hat als Erfinder Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielt. Die Tätigkeit des Erfindens ist in der Regel als selbstständige Arbeit anzusehen, wobei sich dies im Streitfall aus zwei Gründen ergeben kann: Die Tätigkeit kann unter den Katalogberuf nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG des Handelschemikers fallen oder als wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne der Vorschrift freiberuflich gewesen sein (vgl. BFH-Urteile vom 23.08.1984 IV R 154/81, Juris, zu Diplom-Ingenieur; vom 02.03.2011 II R 5/09, BFH/NV 2011, 1147, Rn. 28 m.w.N.; Urteil in BStBl II 1990, 377). Lediglich wenn ein Erfinder seine Erfindungen im Rahmen eigener Herstellung oder des eigenen Vertriebs von Produkten verwertet, kann er gewerblich tätig sein (vergleiche BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 1147). Ein solcher Sachverhalt war im Streitfall nicht gegeben.

b) Die Miterben selbst, zumindest der Miterbe H1, waren nicht als Erfinder tätig und damit berufsfremd. Aufgrund der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG waren damit die von den Miterben auf der Grundlage des geerbten Betriebsvermögens erzielten streitigen Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren. Der Umqualifizierung steht nicht entgegen, dass die Vorschrift die Erbengemeinschaft nicht ausdrücklich erwähnt. Einerseits bestand zwischen den Miterben tatsächlich eine BGB-Gesellschaft im Sinne des § 705 BGB. Für die Annahme eines Gesellschaftsvertrages bedurfte es keiner schriftlichen Regelung. Es genügte vielmehr, dass die Gesellschafter sich über die Fortführung des Betriebs und ihrer jeweiligen Tätigkeitsbeiträge (als Gesellschafterbeiträge) einig waren.

Bereits im November 2004 und damit schon kurze Zeit nach dem Eintritt des Erbfalls hat die Klägerin dem Beklagten die Fortführung des Unternehmens des Erblassers mitgeteilt. Dabei wurden die Tätigkeitsbeiträge so organisiert, dass H die pharmazeutischfachliche Führung des Unternehmens übernahm, wie aus der Sitzverlegung der Klägerin an die Unternehmensadresse der Fa. B ... GmbH, deren Geschäftsführer er ist, sowie seiner eigenen Tätigkeit als Entwickler von Arzneimitteln folgt. Der Miterbe H1 war, wie die Klägerin sinngemäß vorgetragen hat, in interdisziplinärer Zusammenarbeit für die juristischen Fragestellungen zuständig. Spätestens ab Mitte 2005 ist die Klägerin in ihren Geschäftsbriefen und auch bei Vertragsabschlüssen nach außen unter Bezeichnung "GbR" aufgetreten. Damit hat sie einen zumindest konkludent geschlossenen Gesellschaftsvertrag auch nach außen dokumentiert. Unabhängig davon gilt nach den oben (unter 1.c) dargelegten Grundsätzen die Abfärberegelung auch für die Erbengemeinschaft. Die für die Anwendung der Abfärberegelung maßgeblichen originär gewerblichen Einkünfte überschritten auch die Bagatellgrenze.

c) Die Einkünfte der Klägerin waren auch nicht ganz oder teilweise als Einkünfte aus der ehemaligen Tätigkeit des Erblassers im Sinne des § 24 Nr. 2 EStG entsprechend der Qualifizierung der Einkünfte des Erblassers als solche aus selbstständiger Arbeit zu qualifizieren.

aa) Die Klägerin hat entgeltliche Dauernutzungsverträge, nämlich Verträge über die Überlassung von Lizenzen und Arzneimittelzulassungen, für die Zeiträume ab dem Erbfall fortgeführt und insoweit selbst den Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht. Erst recht gilt dies, soweit die Klägerin nicht nur kraft Erbfolge gemäß § 1922 BGB in diese Verträge eingetreten ist, sondern diese von der Klägerin neu abgeschlossen oder verlängert worden sind.

bb) Allerdings hat die Klägerin zumindest im Streitjahr 2004 auch Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit des Erblassers im Sinne des § 24 Nr. 2 EStG erhalten, die ihr erst nach dessen Tod zugeflossen sind. Dies folgt aus der Eröffnungsbilanz der Klägerin, die zum Todestag Forderung des Umlaufvermögens aus Lieferungen und Leistungen von 56.071,49 EUR ausweist. Bezüglich dieser Einnahmen hat allein der Erblasser den Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht; lediglich der Zufluss ist (bei der Klägerin) erst nach dem Tod des Erblassers erfolgt.

Gleichwohl kommt insoweit keine Feststellung eines Teils der Einkünfte als solche aus selbstständiger Arbeit in Betracht. Die Klägerin hat nämlich im Übrigen mit ihrer selbstständigen Verwirklichung von Tatbeständen der Einkünfteerzielung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt mit der Folge, dass aufgrund der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG die gesamte Tätigkeit der Klägerin als Gewerbebetrieb gilt. Aufgrund des gesetzlichen Eintritts als Vertragspartner in Dauerleistungsverträge ist diese eigene gewerbliche Tätigkeit der Klägerin auch ab dem Todestag als Zeitpunkt des Erbfalls ausgeübt worden.

Aufgrund der Abfärberegelung ist es auch unerheblich, ob etwa der Verkauf einzelner Wirtschaftsgüter des geerbten Betriebsvermögens als Verwertungshandlung zu den Einkünften im Sinne des § 24 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG gerechnet und bei isolierter Betrachtung den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zugeordnet werden könnte.

cc) Selbst bei Anwendung der Rechtsprechung und Literaturmeinung, wonach sich § 24 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG auf Abwicklungs- bzw. Verwertungshandlungen des geerbten Vermögens erstreckt, wären im Streitfall die Einkünfte als Fortführung und nicht lediglich als Abwicklung bzw. Verwertung der Tätigkeit des Erblassers anzusehen. Die Klägerin hat nämlich das Unternehmen des Erblassers auch im Sinne dieser Rechtsprechung und ihr folgenden Literaturansicht fortgeführt mit der Folge, dass sie von Anfang an originär gewerbliche Einkünfte erzielt hat. Zwar umschreiben weder die Rechtsprechung noch die Literatur den Begriff der Fortführung in Abgrenzung zur Verwertung bzw. Abwicklung. Die entschiedenen bzw. erwähnten Fallkonstellationen lassen jedoch den Schluss zu, dass eine Verwertungshandlung nur dann vorliegt, wenn durch freiberufliche Tätigkeit hergestellte Wirtschaftsgüter, wie Kunstwerke oder Erfinderrechte, nur dann im Sinne einer von der Fortführung zu differenzierenden Weise verwertet werden, wenn sie bereits vom freiberuflich tätigen Erblasser fertiggestellt worden sind, wie dies etwa im Fall des Verkaufs von Gemälden eines Künstlers durch seine Erbin (BFH-Urteil in BStBl II 1993, 716) oder Tantiemen für musikalische Aufführungsrechte (BFH-Urteil in BStBl II 1995, 413, GEMA-Fall) der Fall war.

Im Streitfall hat die Klägerin die Fortführung des geerbten Unternehmens auch in der Weise betrieben, dass sie noch nicht abschließend vom Erblasser hergestellte Wirtschaftsgüter, nämlich Medikamentenzulassungen bzw. Erfinderrechte, fertiggestellt hat. Zu diesem Zwecke hat sie die für die Zulassungen notwendigen Schritte und Maßnahmen unternommen. So hat sie ab dem 02.02.2005 fortlaufend insbesondere die Fa. F GmbH & Co.KG mit Analysen, Prüfungen, Dokumentationen und anderer für die Erlangung der Arzneimittelzulassungen und damit Fertigstellung der Wirtschaftsgüter "Erfinderrechte" notwendiger Maßnahmen beauftragt. Diese Art der Fortführung hatte sie auch in kurzem zeitlichem Zusammenhang zum Erbfall geplant. Ihre Anzeige über die Unternehmensfortführung vom 10.11.2004 unter gleichzeitiger Sitzverlegung lässt den Schluss zu, dass die Klägerin - wie tatsächlich erfolgt - auch von Anfang an teilfertige Arbeiten des Erblassers abschließen wollte. Über eine bloße Abwicklungstätigkeit gehen nach Ansicht des Senats auch - dem Verfahren bei Neuzulassungen entsprechende - aktive Tätigkeiten (Untersuchungen, Analysen etc.) hinaus, die für den Fortbestand der sonst ablaufenden Rechte erforderlich waren. Auch diese wurden bereits kurz nach dem Erbfall aufgenommen.

6. Der Beklagte war auch befugt, die angefochtenen Bescheide zu Lasten der Klägerin zu erlassen bzw. zu ändern.

Für die Streitjahre 2009 und 2011 handelt es sich um die erstmaligen Feststellungsbescheide. Für das Streitjahr 2008 war die Änderung nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO statthaft, da der vorangegangene Bescheid vom 22.03.2010 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand.

Für die Streitjahre 2004 bis 2007 hatte der Beklagte nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO die bestehenden Feststellungsbescheide wegen nachträglich bekannt gewordener neuer Tatsachen zu ändern. Der Umstand, dass der Beklagte keine die Änderung begründenden neuen Tatsachen bezeichnet hat, steht der Rechtmäßigkeit der Änderung nicht entgegen. Insoweit handelt es sich nur um einen Begründungsmangel, der nach § 127 AO die Aufhebung des Bescheids nicht zulässt, da die Änderung zwingend geboten war, wie aus der gesetzlichen Formulierung des § 173 Abs. 1 AO "sind aufzuheben" folgt.

Die neue Tatsache liegt darin, dass die Klägerin das Unternehmen des Erblassers entgegen ihren Feststellungserklärungen nicht als freiberufliche Erfindertätigkeit fortgeführt hat. Mit dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.11.2004 hatte die Klägerin mitgeteilt, dass sie das Unternehmen nach dem Tod des Erblassers fortführe. Sodann hat sie in ihren Steuererklärungen die Gewinne ohne weitere Erläuterungen als solche aus selbständiger Arbeit erklärt. Dies war auch möglich, und zwar auch bezüglich der Tatsachen, aus denen sich eine Qualifizierung der Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit ergibt. Die Klägerin konnte nämlich, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Freiberuflichkeit sich auch aus einer Verwertung der Tätigkeit des Erblassers ableiten ließe, die Tätigkeit des Erblassers als Erfinder in vollem Umfang als (originär) freiberufliche Tätigkeit fortführen. Einer speziellen beruflichen Qualifikation bedurfte es hierfür nicht. Zwar kann, wie oben (unter 5.a) dargelegt, die Freiberuflichkeit eines Erfinders sich auch aus einem Katalogberuf, wie demjenigen des Ingenieurs, ergeben. Daneben kann die Erfindertätigkeit jedoch als wissenschaftliche Tätigkeit freiberuflich sein. Hierfür ist lediglich eine wissenschaftlichen Anforderungen entsprechende (Erfinder-)Tätigkeit, nicht jedoch eine bestimmte wissenschaftliche Ausbildung oder ein bestimmter wissenschaftlicher Abschluss erforderlich. Dementsprechend ist auch die Erfindertätigkeit eines Schmieds (BFH-Urteil in BStBl II 1999, 377) oder eines Fliesenlegers (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 1147) als freiberuflich angesehen worden.

Erst aufgrund der Betriebsprüfung ist bekannt geworden, dass die Erfindertätigkeit zumindest seitens des Miterben H1 tatsächlich nicht fortgeführt worden ist. Diese Tatsache war dem Beklagten nicht schon deshalb vorher bekannt, weil H1 in Schreiben der Klägerin als "Assessor" bezeichnet worden ist. Da die Freiberuflichkeit einer wissenschaftlichen Erfindertätigkeit nicht an eine bestimmte berufliche Qualifikation gebunden ist, schließt allein diese Berufsbezeichnung - die auf eine mit zweitem Staatsexamen abgeschlossene Ausbildung, wie derjenigen eines Volljuristen, Bergbauingenieurs (Bergassessors) oder Studienassessors, hinweist - die Qualifizierung der Freiberuflichkeit der Einkünfte nicht aus. Aus diesem Grund bestand für den Beklagten aufgrund der Berufsangabe "Assessor" auch kein Anlass zur weiteren Aufklärung, so dass auch für eine Änderungssperre nach Treu und Glauben kein Raum ist.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.






FG Köln:
Urteil v. 24.06.2015
Az: 14 K 1130/13


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/15a1574836b6/FG-Koeln_Urteil_vom_24-Juni-2015_Az_14-K-1130-13




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