Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. März 2000
Aktenzeichen: 20 W (pat) 83/99, 20 W (pat) 84/99

(BPatG: Beschluss v. 16.03.2000, Az.: 20 W (pat) 83/99, 20 W (pat) 84/99)

Tenor

Der Beschluß des Patentamts vom 2. Juni 1999 wird aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Verfahren zum Betreiben eines Fernsehempfängers sowie Fernsehempfänger und Verwendung einer Zeichenerzeugungseinrichtung.

Anmeldetag: 17. Mai 1979 Die Priorität der Anmeldung in Italien vom 22. Mai 1978 ist in Anspruch genommen

(Aktenzeichen der Erstanmeldung: 68163A - 78).

Der Erteilung liegen die folgenden Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1-11, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung Seiten 1, 2, 9, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Seiten 3-8, 10-31, eingegangen am 3. Mai 1995, 6 Blatt Zeichnungen Fig 1 - 7, eingegangen am 3. Mai 1995.

Gründe

I Die Anmeldung ist durch Teilung aus der Anmeldung P 29 54 746.4 vom 17. Mai 1979 hervorgegangen, die ihrerseits zu dem beschränkt aufrechterhaltenen Patent 29 54 746 geführt hat. Das Patentamt - Prüfungsstelle für Klasse H 04 N - hat die vorliegende Anmeldung mit Beschluß vom 2. Juni 1999 mit der Begründung zurückgewiesen, der seinerzeitige Anspruch 10 sei nicht gewährbar, weil ein darin beanspruchter Gegenstand identisch mit dem Gegenstand des Anspruchs 5 des Stammpatents 29 54 746 sei und dies dem Wesen der Teilung widerspreche und außerdem für eine nochmalige Patentierung dieses Gegenstands kein Rechtsschutzinteresse bestehe.

Im Beschwerdeverfahren beantragt die Patentinhaberin, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu erteilen mit der Bezeichnung "Verfahren zum Betreiben eines Fernsehempfängers sowie Fernsehempfänger und Verwendung einer Zeichenerzeugungseinrichtung" und folgenden Unterlagen:

Patentansprüche 1 bis 11, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Seiten 1 bis 2, 9 der Beschreibung, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im übrigen mit den ursprünglich zur Teilanmeldung eingereichten Unterlagen.

Die Patentansprüche 1, 6 und 11 lauten:

"1. Verfahren zum Erzeugen von Anzeigen von benutzerleitenden Informationen zum Zwecke der Bedienung, Einstellung oder Überwachung eines Fernsehempfängers auf dessen Bildschirm, wobei eine Zeichenerzeugungseinrichtung derart gesteuert wird, daß sie ein Signal erzeugt, welches aus einer Vielzahl von alphanumerischen Zeichen einschließlich Sonder-Zeichen besteht, welche die benutzerleitenden Informationen repräsentieren und die benutzerleitenden Informationen eine Angabe (T, C, 1) über die angewählte Betriebsart enthalten, und daß die Zeichenerzeugungseinrichtung ferner dazu verwendet wird, ein Bildschirmanzeigesignal zu erzeugen, welches eine Information über die Art und den aktuellen Wert eines analogen Betriebsparameters, nämlich Lautstärke, Helligkeit und/ oder Farbintensität (V, L, C), des Empfängers enthält, wobei die Bildschirmanzeige aus einer Anzahl von Zeichen oder aus einer numerischen Angabe besteht, wobei die Anzahl der Zeichen bzw die numerische Angabe dem Pegel des gerade angezeigten Betriebsparameters entspricht und wobei bei der numerischen Anzeige der gerade angezeigte Betriebsparameter durch wenigstens ein zusätzliches Buchstaben-Zeichen symbolisiert wird.

6. Fernsehempfänger mit einem Bildschirm und einer mit einem Mikroprozessor (11, 121) verbundenen und von diesem gesteuerten Zeichenerzeugungseinrichtung (16), die einen Zeichenspeicher (61, 62) aufweist, in dem Daten alphanumerischer Zeichen einschließlich Sonder-Zeichen gespeichert sind, der Fernsehempfänger einen mit dem Mikroprozessor (11, 121) verbundenen Datenspeicher (12, 122), aufweist, in dem Daten von analogen Betriebsparametern wie Lautstärke-, Helligkeits- und Farbintensitätsdaten gespeichert sind, und die Zeichenerzeugungseinrichtung (16) unter der Steuerung des Mikroprozessors (11, 121) auf dem Bildschirm ein Anzeigesignal erzeugt, welches aus einer Folge einer Anzahl von Zeichen besteht oder aus einer numerischen Angabe besteht, wobei die Anzahl der Zeichen der Zeichenfolge oder die numerische Angabe dem Pegel eines dem Signal zugeordneten analogen Betriebsparameters entspricht, wobei bei der numerischen Anzeige der gerade angezeigte Betriebsparameter durch wenigstens ein zusätzliches Buchstaben-Zeichen symbolisiert wird.

11. Verwendung eines durch einen Mikroprozessor steuerbaren Zeichengenerators für die Anzeige des Pegels eines analogen Betriebsparameters eines Fernsehempfängers, nämlich Lautstärke, Helligkeit und/oder Farbintensität, auf dem Bildschirm des Fernsehempfängers, wobei die Bildschirmanzeige aus einer Anzahl von Zeichen oder aus einer numerischen Angabe besteht, wobei die Anzahl der Zeichen bzw die numerische Angabe dem Pegel des gerade angezeigten Betriebsparameters entspricht und wobei bei der numerischen Anzeige der gerade angezeigte Betriebsparameter durch wenigstens ein zusätzliches Buchstaben-Zeichen symbolisiert wird."

Bezüglich der auf die Ansprüche 1 bzw 6 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 5 und 7 bis 10 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

In dem bisherigen Verfahren einschließlich des vor Einreichung der vorliegenden Teilanmeldung geführten Verfahrens der Stammanmeldung ist der nachfolgende Stand der Technik entgegengehalten worden:

(1) VALVO Entwicklungsmitteilungen: TRD-System mit hoher Kapazität und Flexibilität, Hrsg.: VALVO, Hamburg, November 77

(2) Knuth, Kurt: Farbempfänger mit einfacher Vorprogrammierung, in: Funkschau 1978, Heft 9, Seiten 97 bis 99

(3) Wilson, M.: new digital Remote Control, in: Radio-Electronics, Januar 1976, Vol. 47, No. 1, Seiten 58 bis 60, 86, 87

(4) Kroll, G. und Ong, K. K.: Digitales Abstimmsystem für Fernsehempfänger, in: Funkschau, 1976, Heft 5, Seiten 51 bis 53

(5) Clas, W. und Becker, P. W.: Der Uhr-Baustein, in: Grundig Technische Informationen 3/76, Seiten 741 bis 749

(6) DE 24 32 600 A1

(7) Valvo Handbuch "Integrierte Schaltungen für digitale Systeme in Rundfunk- und Fernsehempfängern 1978", März 1978, Seiten 5, 7 bis 17, 107 bis 109, 159 und 321 bis 341

(8) Baum, W.: Farbfernsehgerät mit Mikroprozessor-Steuerung, in: Funkschau 1977, Heft 17, Seiten 61 bis 66,

(9) DE 26 33 236 A1

(10) Flamm, P.; Strobl, K.: Zeichenanzeige auf dem Bildschirm mit IS SAA 1008, in: Funkschau, 1978, Heft 3, Seiten 48 bis 51

(11) US 3 778 811.

Die Anmelderin hat außerdem noch genannt:

(12) DE 25 24 440 A1

(13) Electronics, 27. November 1975, Seiten 6E und 8E

(14) radio mentor electronic, Jahrgang 41, 1975, Seiten 349 bis 351

(15) Datenblatt MOS Data Spring 1977, Microelectronics, General Instrument Corp.

(16) SABA Gesamtprogramm 1977

(17) US 4 025 945

(18) Philips Service-Dokumentation, 26 C 568, gültig unter anderem für die Geräteausführung NN Goya 568 mit Bildschirmanzeige.

II Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig; sie führt zur Erteilung des Patents.

1. Der Zeitpunkt, bis zu dem das nachgesuchte Patent nach § 16 Abs. 1 Satz 1 PatG dauern konnte, war vor Abschluß des Beschwerdeverfahrens bereits verstrichen, nämlich am 18. 5. 1999. Daher ist von Amts wegen zu prüfen, ob die besondere Verfahrensvoraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses für die Prüfung des Anmeldungsgegenstandes auf Patentfähigkeit und die Entscheidung über die Erteilung des nachgesuchten Patents bei Schluß der mündlichen Verhandlung noch gegeben war (BGH GRUR 1966, 141 - Stahlveredelung).

Im vorliegenden Fall ist das Rechtsschutzinteresse anzuerkennen. Die Anmelderin hat ein eigenes rechtliches Interesse sowohl an der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses als auch an der nachträglichen Erteilung des Patents.

Die durch das Patentamt mit dem angefochtenen Beschluß ausgesprochene Zurückweisung der Anmeldung würde im Falle ihrer Rechtskraft dazu führen, daß nach § 58 Abs. 2 PatG die einstweilige Schutzwirkung nach dem - angesichts des vor dem 1. 1. 1981 liegenden Anmeldedatums hier anzuwendenden - § 24 Abs. 5 PatG 1968 als nicht eingetreten gilt. Um gegen mögliche Verletzungshandlungen zwischen dem Tag der Veröffentlichung des Hinweises gemäß § 24 Abs. 4 PatG 1968 und dem Ablauf des Patents vorgehen und Entschädigungsansprüche geltend machen zu können, ist die Anmelderin mithin auf die Aufhebung dieses Beschlusses angewiesen. Zwar hat die Anmelderin nicht vorgetragen, daß bereits entsprechende Klagen anhängig oder konkret beabsichtigt wären; sie hat jedoch dargelegt, daß der Gegenstand der Anmeldung von Dritten genutzt werde, mit denen sie in Verhandlungen wegen nachträglicher Lizenzvereinbarungen stehe. Grundsätzlich ist die Anmelderin berechtigt, innerhalb der Verjährungsfristen zu prüfen, ob und in welcher Weise sie ihre Rechte geltend machen will (vgl. BPatGE 12, 119). Das schließt die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen ein für den Fall, daß es nicht zu den beabsichtigten Vereinbarungen kommt.

Mit der Aufhebung des die Anmeldung zurückweisenden Beschlusses ist unabhängig vom Ablauf der längstmöglichen Patentdauer über die Erteilung des nachgesuchten Patents zu entscheiden. Ein die Patentfähigkeit nur feststellender Beschluß wäre nicht ausreichend. Die Anmelderin hat einen allgemeinen öffentlichrechtlichen Anspruch auf Patenterteilung, der mit Ablauf der Schutzdauer nicht untergeht (vgl. Busse, Patentgesetz, 5. A., Rdn. 81 ff. vor § 34), und an dessen Erfüllung sie auch dann ein eigenes rechtliches Interesse hat, wenn Ansprüche aus dem Patent nach §§ 9-13 PatG nicht mehr entstehen können. Dem Anspruch auf Patenterteilung entspricht das Interesse Dritter, im Falle eines eigenen schutzwürdigen Interesses auch gegen ein erloschenes Patent im Wege des Einspruchs vorzugehen (vgl. BGH BlfPMZ 1997, 320 - Vornapf; BPatG BlfPMZ 1993, 62). Gegen einen die Patentfähigkeit nur feststellenden Beschluß wäre dieser vereinfachte Rechtsbehelf nicht gegeben.

Mit der Erteilung des Patents tritt die Bestandskraft der Entschädigungsansprüche des § 24 Abs. 5 PatG 1968 ein, die nur durch Widerruf oder Nichtigerklärung des Patents beseitigt werden kann (vgl. Löscher BB 1967, Beil. 7, S. 8). Die Bestandskraft ist für die materielle Rechtsposition der Anmelderin in einem Zivilprozeß von Bedeutung. Ebenso wie im Verletzungsprozeß wird im Prozeß wegen Ansprüchen nach § 24 Abs. 5 PatG 1968 die Rechtsbeständigkeit des durch rechtsgestaltenden Verwaltungsakt (BPatGE 1, 1 (4)) erteilten Patents nicht geprüft; für die Entschädigungsansprüche ist - ebenso wie bei Ansprüchen aus dem Patent nach §§ 9-13 PatG - hinsichtlich des Schutzumfangs das Patent in der erteilten Fassung von Anfang an maßgeblich; mithin bedarf es auch im Hinblick auf die Entschädigungsansprüche - nach § 24 Abs. 5 PatG 1968 ebenso wie nach dem geltenden § 33 Abs. 1 PatG - der Erteilung des Patents.

Schließlich ist auch eine Identität von vorliegend beanspruchten Gegenständen mit Schutzgegenständen des Stammpatents 29 64 746 nicht gegeben, so daß auch insoweit das Rechtsschutzinteresse der Anmelderin nicht in Frage gestellt ist. Für den vorliegenden Anspruch 6, der auf den im angefochtenen Beschluß aufgeführten Anspruch 10 zurückgeht, ergibt sich dies daraus, daß der vorliegende Anspruch 6 bezüglich der analogen Betriebsparameter allgemeiner gefaßt ist als der damit zu vergleichende Anspruch 5 des Stammpatents. Im vorliegenden Anspruch 6 sind nämlich die Lautstärke-, Helligkeits- und Farbintensitätsdaten nur als Beispiele für Betriebsparameterdaten aufgeführt, während der Anspruch 5 des Stammpatents auf die vorgenannten Arten von Betriebsparametern eingeschränkt ist.

2. Die nunmehr beanspruchten Gegenstände sind patentfähig.

Der zur Beurteilung dieser Frage zu berücksichtigende Fachmann hat eine nachrichtentechnische Hoch- oder Fachhochschulausbildung absolviert und verfügt über mehrjährige Entwicklererfahrungen auf dem Gebiet der Fernsehtechnik.

a) Die Neuheit des Verfahrens nach Anspruch 1 ist gegeben. Keine der entgegengehaltenen Druckschriften zeigt ein Verfahren, bei dem zur Anzeige auf dem Bildschirm eines Fernsehempfängers ein Bildschirmanzeigesignal in der Weise erzeugt wird, daß die Bildschirmanzeige aus einer Anzahl von Zeichen oder aus einer numerischen Angabe besteht, wobei die Anzahl der Zeichen bzw die numerische Angabe dem Pegel des gerade angezeigten Betriebsparameters entspricht und wobei bei der numerischen Anzeige der gerade angezeigte Betriebsparameter durch wenigstens ein zusätzliches Buchstaben-Zeichen symbolisiert wird. Näheres hierzu geht aus der nachfolgenden Erörterung der Frage der erfinderischen Tätigkeit hervor.

Das Verfahren nach Anspruch 1 beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Aus (2) ist - in Übereinstimmung mit dem Anspruch 1 - ein Verfahren zum Erzeugen von benutzerleitenden Informationen (Fragezeichen gemäß S 97 mittlere Sp 3. Abs, "Uhr stellen" gemäß S 99 liSp 2. Abs) zum Zwecke der Bedienung, Einstellung oder Überwachung eines Fernsehempfängers auf dessen Bildschirm bekannt. Dabei wird ebenfalls eine Zeichenerzeugungseinrichtung (Bild 3 "Bildschirmeinblendung") derart gesteuert, daß sie ein Signal erzeugt, welches aus einer Vielzahl von alphanumerischen Zeichen einschließlich Sonder-Zeichen (Bild 2) besteht, welche die benutzerleitenden Informationen repräsentieren. Die benutzerleitenden Informationen enthalten dort auch eine Angabe über die angewählte Betriebsart; so beinhaltet die gemäß Seite 98, linke Spalte, 2. Absatz vorgesehene Ankündigung eine Angabe über die vorher angewählte Betriebsart mit automatischem Um- oder Ausschalten des Geräts.

Weiterhin mag es für den Fachmann nahegelegen haben, einen Fernsehempfänger der in (2) beschriebenen Art mit Merkmalen auszurüsten, wie sie aus (7) zu entnehmen sind. Die vom Senat durch den das Stammpatent 29 54 746 betreffenden Beschluß vom 10. Dezember 1978 (Aktenzeichen 20 W (pat) 16/98) festgestellte Zugehörigkeit der Druckschrift (7) zum Stand der Technik hat die Anmelderin für das vorliegende Verfahren nicht mehr bestritten.

Aus (7) ist es bekannt, ein Bildschirmanzeigesignal zu erzeugen, welches eine Information über die Art und den aktuellen Wert eines analogen Betriebsparameters, nämlich Lautstärke, Helligkeit und/oder Farbintensität, des Empfängers enthält, vgl die auf Seite 321 gezeigte, im sogenannten TRD-System zu verwendende Schaltung SAB 3012 mit den Ausgängen 5 bis 8 für Lautstärke, Helligkeit, Farbe und Kontrast und den Ausgängen ANDA und ANDB, die nach Seite 334 oben zur Steuerung der Analogwertanzeige dienen, die vier auf Seite 321 erwähnten 63-stufigen Analogwertspeicher mit D/A-Wandler sowie die auf Seite 334 erwähnten Anzeigevarianten auf dem Bildschirm.

Weiterhin ist in (7) eine Zeichenerzeugungseinrichtung vorhanden (Bild 2.3 a auf S 15), die üblicherweise einen Zeichenspeicher aufweist, in dem Daten alphanumerischer Zeichen einschließlich Sonderzeichen gespeichert sind, vgl dazu den Festwertspeicher in der Steuerschaltung für Bildschirmeinblendung SAB 1016 auf Seite 159.

Die Zeichenerzeugungseinrichtung dient dort jedoch ausschließlich zur Bildschirmeinblendung von Programm- und Kanalnummer (S 15). Anregungen dahingehend, - entsprechend der einen Variante des Anspruchs 1 - unter Verwendung der Zeichenerzeugungseinrichtung die Bildschirmanzeige so zu gestalten, daß sie aus einer Anzahl von Zeichen besteht, wobei die Anzahl der Zeichen dem Pegel des gerade angezeigten Betriebsparameters entspricht, sind aus (7) nicht entnehmbar.

Zwar gehörte der Einsatz von Zeichengeneratoren in Fernsehempfängern zum allgemein bekannten Stand der Technik, so gemäß (2), wie bereits erwähnt, zur Darstellung von benutzerleitenden Informationen bei der Vorprogrammierung, und gemäß (1), (3), (5), (9), (10), (12) und (17) zur Anzeige von Programm- und Kanalnummer bzw Uhrzeit.

Es war auch bereits für verschiedene andere Zwecke bekannt, auf einem Monitor mittels eines Zeichengenerators Balkendarstellungen zu erzeugen, die jeweils aus einer Folge von Zeichen bestehen, so aus (11), Figuren 5 bis 9 sowie Spalte 1, Zeilen 8 bis 10 zur Veranschaulichung von Wirtschaftsdaten.

Das Bekanntsein solcher Balkendarstellungen hat aber die Fachwelt keineswegs veranlaßt, bei der balkenförmigen Bildschirm-Wiedergabe von Pegelwerten der Betriebsparameter eines Fernsehempfängers Zeichengeneratoren einzusetzen. Vielmehr ist die balkenförmige Bildschirm-Wiedergabe dieser Betriebsparameter bis zum Prioritätszeitpunkt der Anmeldung durchgehend mittels durch analoge Schaltungen erzeugter Rechteckspannungen mit dem anzuzeigenden Pegel proportionaler Impulsdauer vorgenommen worden, wie die Veröffentlichungen damals bedeutender Hersteller belegen, vgl die Druckschriften (4), (13) und (18) (vgl dort insbesondere den Abschnitt "Bildschirm-Anzeige" auf Seite 22) der Firma Philips, die Druckschrift (5) der Firma Grundig und die Druckschriften (6) und (14) der Firma Körting.

Auch in der Druckschrift (7) der Firma VALVO ist hinsichtlich der auf Seite 334 genannten Bildschirm-Balkenanzeigen der Analogwerte ersichtlich nur an die vorstehend erwähnten analogen Schaltungen, nicht aber an die Erzeugung der Anzeige mittels eines Zeichengenerators gedacht worden. Ein Zeichengenerator hätte nämlich digitale Ansteuersignale erfordert. Der dort behandelte Fernbedienungs-Empfänger SAB 3012 gibt aber die zunächst sogar in digitaler Form vorliegenden Analogwerte nach D/A-Wandlung lediglich in analoger Form aus (S 321 iVm S 340, 341).

Der Gedanke, zur Anzeige des Betriebsparameters eines Fernsehempfängers mittels einer Zeichenerzeugungseinrichtung eine Bildschirmanzeige in Form einer dem Pegel des gerade angezeigten Betriebsparameters entsprechenden Anzahl von Zeichen vorzusehen, erforderte daher ein nicht nahegelegtes Abgehen von im Prioritätszeitpunkt durchgehend vorgezeichneten Bahnen der Fachwelt und damit erfinderische Tätigkeit.

Dies wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß es aus (8) bekannt war, die Abstimmspannung eines Fernsehempfängers als Strichfolge auf einer LED-Ziffernanzeigevorrichtung darzustellen (Bild 5). Die dortige Darstellungsweise ist nämlich eng verknüpft mit den Möglichkeiten, die eine solche LED-Anzeigevorrichtung bietet; pro Ziffernstelle können zwei Striche erzeugt werden. Die Übertragung einer solchen Darstellungsweise auf den Bildschirm des Fernsehempfängers mit Hilfe eines Zeichengenerators lag dem Fachmann daher nicht nahe.

Auch der anderen im Patentanspruch 1 beanspruchten Variante, gemäß der die Bildschirmanzeige so gestaltet ist, daß sie aus einer numerischen Angabe besteht, die dem Pegel des gerade angezeigten Betriebsparameters entspricht, wobei der Betriebsparameter durch wenigstens ein zusätzliches Buchstaben-Zeichen symbolisiert wird, ist erfinderische Tätigkeit zuzuerkennen.

In (7) Seite 334 werden nach zwei Varianten einer Bildschirm-Balkenanzeige als weitere Anzeigevarianten aufgeführt:

- numerische Anzeige der betätigten Analogfunktion,

- numerische Mehrfachanzeige der Analogwerte.

In ähnlicher Weise heißt es auf Seite 322, 1. Absatz:

"Außerdem stehen am Baustein... wahlweise zwei Ausgänge für die Steuerung von Analogwertanzeigen auf dem Bildschirm bzw zur Steuerung einer numerischen Anzeige zur Verfügung."

Die Wortwahl in diesen beiden Textstellen weist darauf hin, daß die numerische Anzeige der Analogfunktion bzw der Analogwerte vorzugsweise nicht auf dem Bildschirm sondern auf der gesonderten LED-Anzeigevorrichtung (Bild 2.3.b, S 15) erfolgen soll.

Mögen auch beide Möglichkeiten, nämlich die numerische Anzeige auf dem Bildschirm bzw auf der gesonderten LED-Anzeigevorrichtung im Griffbereich des Fachmanns gelegen haben, vgl dazu etwa (7), Bild 2.3., und dem Fachmann daher der Gedanke, die numerische Anzeige der Analogfunktion bzw der Analogwerte auf dem Bildschirm vorzusehen, noch keine erfinderische Tätigkeit abverlangt haben, so mußte er aber, um zum Anspruchsgegenstand zu gelangen, außerdem noch vorsehen, daß sowohl die numerische Anzeige des jeweiligen Analogwertes, dh des Pegels des analogen Betriebsparameters, als auch die Anzeige der Analogfunktion, dh der Art des angezeigten analogen Betriebsparameters, auf dem Bildschirm erfolgen und die letztgenannte Anzeige nicht numerisch, sondern in Form eines zusätzlichen Buchstaben-Zeichens erscheint.

Für die Gesamtheit dieser Schritte hat es nach Überzeugung des Senats erfinderischer Tätigkeit des Fachmanns bedurft, zumal ihm der übrige Stand der Technik keine über (7) hinausgehenden Anregungen liefern konnte.

So sollen gemäß (6) zwar alphanumerische Zeichen in den Flächenbereich für die Balkendarstellung einblendbar sein, vgl dort Seite 4, 1. Absatz sowie Anspruch 8. Die Bedeutung dieser Zeichen wird jedoch in (6) nicht erläutert. Ein Hinweis dahingehend, daß sie Zusatzinformationen zu den mittels der Balken darzustellenden Parametern sein sollen, ergibt sich in (6) nicht. Soweit in (6) eine solche Zusatzinformation, nämlich eine Information über die jeweils angezeigte Parameterart, vermittelt werden soll, ist dies jeweils ausdrücklich angegeben, vgl die dortigen Ansprüche 3 bis 5. In Verbindung mit den erwähnten alphanumerischen Zeichen fehlt eine derartige Angabe. Der Fachmann konnte daher dort nicht die Anregung erhalten, die Parameterart durch alphanumerische Zeichen anzuzeigen.

Die sonst noch genannten Druckschriften stehen dem Gegenstand des Anspruchs 1 ferner.

b) Aus den gleichen Gründen wie das Verfahren nach Patentanspruch 1 sind auch der Fernsehempfänger nach Patentanspruch 6 und die Verwendung eines Zeichengenerators nach Patentanspruch 11 neu und erfinderisch. Ihnen liegen nämlich die vorstehend zum Patentanspruch 1 in zwei Varianten herausgestellten Erfindungsgedanken ebenfalls zugrunde.

c) Mit den Patentansprüchen 1 und 6 sind auch die Patentansprüche 2 bis 5 und 7 bis 10 gewährbar, die besondere Ausführungsarten des Verfahrens nach Patentanspruch 1 bzw des Fernsehempfängers nach Patentanspruch 6 beinhalten.

Dr. Anders Kalkoff Dr. Hartung Dr. van Raden Mr/Fa






BPatG:
Beschluss v. 16.03.2000
Az: 20 W (pat) 83/99, 20 W (pat) 84/99


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