Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. November 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 137/03

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

Gründe

I.

.

Die Marke Chinasanist am 12. Juli 1999 für

"Pharmazeutische Erzeugnisse; Tee"

in das Markenregister eingetragen worden.

Dagegen hat die seit dem 19. März 1997 u.a. für die Waren

"Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; ...."

eingetragene Marke Chiantasan Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch mangels bestehender klanglicher oder schriftbildlicher Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.

Ausgehend von der Registerlage und teilweise möglicher Identität der Waren bzw einem hohen Ähnlichkeitsgrad und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wahre die angegriffene Marke einen hinreichenden Abstand zu der Widerspruchsmarke. Die Marken wiesen insbesondere aufgrund der in der Widerspruchsmarke zusätzlich vorhandenen Mittelsilbe "ta" mit dem klangstark hervortretenden Konsonanten "t" einen abweichenden Sprech- und Betonungsrhythmus auf. Zudem sei das jeweilige Wortende "san" als Hinweis auf "sanus" verbraucht. Ebenso wirke sich der Wortbestandteil "China" aufgrund seines allgemein verständlichen Sinngehalts kollisionsmindernd aus. In klanglicher Hinsicht sei außerdem zu berücksichtigen, dass die Anfangskonsonanten "ch" in der Widerspruchsmarke im Gegensatz zu der angegriffenen Marke wie "K" gesprochen würden, während in schriftbildlicher Sicht insbesondere die auffällige Oberlänge des "t" in der Mittelsilbe der Widerspruchsmarke bei handschriftlicher Wiedergabe und in Normalschrift für eine abweichende Umrisscharakteristik sorge.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Juni 2001 und 06. März 2003 aufzuheben und die Marke Nr. 399 01 775 aus dem Markenregister zu löschen.

Aufgrund der Warenidentität bzw großen Warenähnlichkeit müsse ein sehr großer Markenabstand eingehalten werden, um eine Verwechslungsgefahr zu vermeiden. Die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen seien in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht aber so ähnlich, dass Verwechslungsgefahr bestehe, zumal unter die maßgeblichen Waren auch solche des täglichen Gebrauch fallen könnten, bei denen der Abnehmer den Kennzeichnungen keine besondere Aufmerksamkeit schenke. Schriftbildlich sei keine auffällige Oberlänge in der Mitte der Widerspruchsmarke zu entdecken. In klanglicher Hinsicht sei die Annahme der Markenstelle, bei "China" würde der Wortbeginn nicht wie ein "K" ausgesprochen, unzutreffend. Vielmehr sei davon auszugehen, dass beide Markenwörter zu Beginn übereinstimmend entweder als "Sch" oder als "K" ausgesprochen würden, so dass auch insoweit eine klangliche Übereinstimmung bestehe. Die Umstellung der Buchstaben in der zweiten Silbe schließe eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer anagrammatischen Klangrotation nicht aus. Es bestehe auch kein Grund für die angesprochenen Verkehrskreise, die Widerspruchsmarke gedanklich in "China" und "San" aufzuspalten. Selbst wenn die Endung "-san" wegen seiner beschreibenden Funktion "verbraucht" sei, könne sie im Zusammenhang mit weiteren Ähnlichkeiten beider Marken als zusätzlicher Grund für die Bejahung der Verwechslungsgefahr Bedeutung erlangen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen der Markenstelle und führt ergänzend aus, dass die maßgeblichen Waren vom Verbraucher regelmäßig erst nach intensiver Prüfung erworben würden und in klanglicher Hinsicht die sprachliche Zäsur innerhalb der Widerspruchsmarke zwischen den Vokalen "i" und "a" sowie die Unterbrechung vor dem Konsonanten "t" eine Verwechslungsgefahr ausschließe. Die Widerspruchsmarke sei mit Ausnahme des abschließenden Vokals "a" vor der Silbe "san" mit dem Wort "Chianti" identisch, so dass diese entsprechend ausgesprochen werde, während die angegriffene Marke allenfalls von einem geringfügigen Anteil der Bevölkerung im Süden der Bundesrepublik wie "Kina" ausgesprochen werde. Die Beschwerde sei deshalb zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zwischen der angegriffenen Marke "Chinasan" und der Widerspruchsmarke "Chiantasan" besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, so dass die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen war.

Bei der Widerspruchsmarke ist mangels anderer Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen.

Ausgehend von der Registerlage können sich die Marken bei "pharmazeutischen Erzeugnissen" auf identischen Waren begegnen. Insgesamt sind daher strenge Anforderungen an den von der angegriffenen Marke einzuhaltenden Markenabstand zu stellen, denen die angegriffene Marke aber in jeder Hinsicht genügt.

Auch wenn die Vergleichsmarken in der Anfangssilbe "Chi-" sowie in der Endsilbe "-san" klanglich und schriftbildlich übereinstimmen - wobei zugunsten der Widersprechenden unterstellt wird, dass die jeweiligen Anlaute übereinstimmend entweder als "Ch" oder als "K" gesprochen werden - , sind die Unterschiede der beiden Markenwörter in Silbenzahl, Vokalfolge und Sprechrhythmus so deutlich, dass sie ihrem Gesamteindruck nach, auf den es maßgeblich ankommt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 152), nicht miteinander verwechselt werden.

So besteht die angegriffene Marke aus 8 Buchstaben mit 3 Sprechsilben, während die ältere Marke 10 Buchstaben mit 4 Sprechsilben enthält. Bei der Widerspruchsmarke tritt zudem in der markanten zusätzlichen Mittelsilbe der Konsonant "t" klangstark hervor. Ebenso wirkt sich die Umstellung "an" bzw. "na" in der zweiten Silbe entgegen der Auffassung der Widersprechenden kollisionsmindernd aus. Sie führt bereits bei den jeweiligen Anfangssilben "China-" bzw. "Chian-" zu einer kaum überhörbaren klanglichen Abweichung. Da zudem bei der Widerspruchsmarke der Silbe "an" sogleich die klangstarke Silbe "ta" folgt, kann ausgeschlossen werden, dass der Bestandteil "Chianta-" bei der Widerspruchsmarke als "China-" verstanden und erinnert wird. Hingegen ist die gemeinsame Endsilbe "-san" kennzeichnungsschwach, da sie beschreibende Bedeutung hat und bei pharmazeutischen Erzeugnissen bzw. Arzneimitteln häufiger als Endung verwendet wird. Auch wenn solche kennzeichnungsschwachen oder schutzunfähigen Elemente den Gesamteindruck eines einheitlichen Markenwortes in Zusammenhang mit weiteren Ähnlichkeiten beider Marken mitbestimmen können (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 331) und die Abweichungen sich zudem nicht am eher beachteten Wortanfang befinden (vgl. BGH GRUR 1999, 735, 736 - MONOFLAM/POLYFLAM), so sind die Unterschiede im Gesamteindruck der klanglich noch gut erfassbaren Markenwörter insgesamt so deutlich, dass auch aus der ungenauen Erinnerung heraus nicht mit rechtserheblichen Verwechslungen zu rechnen ist. Dies gilt selbst dann, wenn man mit der Widersprechenden davon ausgeht, dass die angesprochenen Verkehrskreise den hier relevanten Waren keine gesteigerte Aufmerksamkeit entgegenbringen. Dies entspricht allerdings bezüglich pharmazeutischer Erzeugnisse nicht der ständigen Rechtsprechung, wonach der Verbraucher allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, grundsätzlich eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt und daher Gesundheitsprodukten bzw. pharmazeutischen Erzeugnissen nicht flüchtig begegnet (vgl. BGH GRUR 1995, 50, 53 - Indorektal/Indohexal).

Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr scheidet ebenfalls aus, da die Marken in jeder üblichen Schreibweise wegen ihrer unterschiedlichen Länge und abweichenden Kontur der Buchstaben sowie der bei handschriftlicher Wiedergabe abweichenden Unterlänge/Oberlänge in der Wortmitte noch einen hinreichenden Abstand aufweisen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Schriftbild der Marken erfahrungsgemäß sehr viel besser eine ruhige oder auch wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort.

Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Kliems Bayer Merzbach Na






BPatG:
Beschluss v. 25.11.2004
Az: 25 W (pat) 137/03


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