Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. März 2004
Aktenzeichen: 21 W (pat) 22/02

(BPatG: Beschluss v. 04.03.2004, Az.: 21 W (pat) 22/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Einsprechenden II wird der Beschluss der Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. April 2002 geändert.

Das Patent 198 07 970 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2004, Beschreibung Seite 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2004, 1 Blatt Zeichnung Fig 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 4. März 2004.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die am 25. Februar 1998 angemeldete Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent unter der Bezeichnung "Trennpapier mit mehreren auf diesem befindlichen, im Wesentlichen parallel angeordneten Pflastern" erteilt worden; die Veröffentlichung der Erteilung ist am 22. April 1999 erfolgt.

Gegen das Patent sind zwei Einsprüche erhoben worden.

Als Stand der Technik sind im Einspruch folgende Entgegenhaltungen genannt worden:

(1) DE 39 31 018 A1

(2) DE 37 11 256 A1

(3) DE 197 36 990 A1 Außerdem machten die Einsprechenden offenkundige Vorbenutzung hinsichtlich so genannter Curaplast Sensitiv-Injektionspflaster bzw. Porofix-Kanülenpflaster geltend und legten dazu u.a. jeweils eine Konstruktionszeichnung mit der Nummer 4.110.1 vom 8. August 1995 bzw. 4.099 mit dem Datum der CAD Übernahme vom 11. Oktober 1996 vor. Außerdem reichten sie Preislisten, Lieferscheine und Produktmuster ein.

Die Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent mit Beschluss vom 9. April 2002 beschränkt aufrechterhalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden II.

Die Patentinhaberin verteidigt das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen, Beschreibung Seiten 1 bis 5, Patenansprüche 1 bis 5 und eine Figur.

Die geltenden Patentansprüche 1 bis 5 lauten:

"1. Trennpapier 1 mit mehreren auf diesem befindlichen, im wesentlichen parallel nebeneinander angeordneten Pflastern 2, 3, 4, 5, 6, die jeweils aus einem Trägermaterial 21 bestehen, das einseitig mit einer selbstklebenden Beschichtung versehen ist, wobei das Trennpapier 1 zwischen jedem der Pflaster 2, 3, 4, 5, 6 eine Längsperforation 11 aufweist, die sich ausgehend von einer Kante des Trennpapiers 1 über die gesamte Breite des Trennpapiers 1 erstreckt, wobei das Trennpapier 1 eine Querperforation 12 aufweist, die unterhalb der Pflaster 2, 3, 4, 5, 6 verläuft und wobei das Trennpapier 1 einseitig bis zur Querperforation 12 in Form der Pflaster 2, 3, 4. 5, 6 ausgestanzt ist.

2. Trennpapier nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Querperforation 12 rechtwinklig zu den Längsperforationen 11 verläuft.

3. Trennpapier nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Querperforation 12 mittig unter den Pflastern 2, 3, 4, 5, 6 angeordnet ist.

4. Trennpapier nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Pflaster 2, 3, 4, 5, 6 durch weitere Längsperforationen 19 verbunden sind, so daß die Längsperforationen 19 zwischen den Pflastern 2, 3, 4, 5, 6 und die Längsperforationen 11 des Trennpapiers 1 übereinander liegen.

5. Trennpapier nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Trägermaterial 21 mit einem Wundabdeckmaterial 22 versehen ist."

Dem Gegenstand des Patents liegt die Aufgabe zugrunde, Pflaster ohne zusätzliche Einsiegelung durch Siegelpapier zu schaffen, die schnell entnahmebereit, einfach zu handhaben und möglichst mit einer Hand zu applizieren sind (Beschreibung Seite 3, Z. 9 - 11, überreicht in der mündlichen Verhandlung).

Die beschwerdeführende Einsprechende II, die zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, führt zur Begründung ihrer Beschwerde schriftsätzlich aus, dass der dem Beschluss der Patentabteilung zugrunde liegende Patentanspruch 1 bezüglich des Begriffs "gestanzt" unklar sei, weil nicht erkennbar sei, ob darunter ein Stanzen, Durchstanzen, Ausstanzen, Anstanzen oder Perforieren gemeint sei. Außerdem beruhe, ausgehend vom Pflaster "Profix-Kanülenpflaster" nach dem Gegenstand der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung, der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dem Fachmann seien durch den Gegenstand der Druckschrift (1) einander berührende Substratabschnitte flächenförmiger Pflaster, bei denen das Trägermaterial die Form der sich darauf befindlichen Pflaster aufweise und durch Stanzen erzeugt werden könne, bekannt, so dass er unter Hinzunahme seines Fachwissens zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 habe kommen können.

Die Einsprechende II stellt schriftsätzlich sinngemäß den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen (5 Ansprüche, Beschreibung S. 1 bis 5, 1 Blatt Zeichnung) beschränkt aufrechtzuerhalten.

Sie führt aus, keine der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen gebe Anregungen für eine Ausgestaltung eines Trennpapiers mit mehreren auf diesem befindlichen, im Wesentlichen parallel nebeneinander angeordneten Pflastern, wie es im Patentanspruch beschrieben sei. Das gelte insbesondere deshalb, weil in keiner der genannten Druckschriften das Trennpapier einseitig bis zur Querperforation in Form der Pflaster ausgestanzt sei.

Für weitere Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden II ist nur insoweit begründet als das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten war. Der Gegenstand des beschränkten Patentanspruchs 1 ist patentfähig. Die Unteransprüche 2 bis 5 betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen des Gegenstands des Anspruchs 1 und die geltenden Unterlagen erfüllen auch die übrigen gesetzlichen Erfordernisse.

Die Patentansprüche sind formal zulässig.

Der geltende Anspruch 1 ist in den erteilten und ursprünglichen Ansprüchen 1, 2 und 7 offenbart.

Der in den Patentanspruch 1 neu aufgenommene Begriff "ausgestanzt" ist in den ursprünglichen Unterlagen auf Seite 7 im 4. Absatz und den erteilten Unterlagen in Spalte 4, Zeile 40/41 offenbart.

Die Ansprüche 2 bis 4 entsprechend den erteilten und ursprünglichen Ansprüchen 3, 4 und 8. Der Anspruch 5 entspricht dem erteilten Anspruch 10, ursprünglich ist er im Anspruch 1 offenbart.

Beschreibung und Zeichnung sind ebenfalls in den erteilten und ursprünglichen Unterlagen offenbart. Die geltende Figur entspricht der ursprünglichen und erteilten Figur 8. Die Beschreibung geht auf die ursprünglichen Unterlagen (Seite 1 bis Seite 4, 3. Absatz von unten und Seite 7, ab 4. Absatz) und die erteilten Unterlagen (Spalte 1 bis Spalte 3, Zeile 18 und Spalte 4, Zeilen 39 bis 52) zurück.

Durch die Änderung des Begriffs "gestanzt" in "ausgestanzt" ist die Lehre des Anspruchs 1 nunmehr eindeutig und es ist klargestellt, dass es sich bei dem Stanzvorgang nach Anspruch 1 um ein Ausstanzen, also vollständiges Durchstanzen, handelt. Damit wurde auch den Beanstandungen der Beschwerdeführerin (Schriftsatz vom 22. Juli 2003, Seite 2) genüge getan.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu, denn ein Trennpapier mit sämtlichen in diesem Patentanspruch angegebenen Merkmalen ist in keiner der zum Stand der Technik vorgelegten vorveröffentlichten Entgegenhaltungen (1) und (2) beschrieben und auch nicht der offenkundigen Vorbenutzung, die Offenkundigkeit der Vorbenutzungshandlung unterstellt, zu entnehmen.

So weist keine dieser Vorveröffentlichungen einen Gegenstand auf, bei dem das Trennpapier ausgestanzt ist, im Sinne des Gegenstands des Anspruchs 1.

Auch die Entgegenhaltung (3), die aufgrund von § 3 Absatz 2 PatG zu berücksichtigen ist, stellt die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 nicht in Frage.

Zwar sind Teilmerkmale des Gegenstands des Anspruchs 1 aus den in (3) enthaltenen Figuren entnehmbar, es ist aber dieser Druckschrift nicht entnehmbar, diese Teilmerkmale derart zu kombinieren, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 entsteht.

So zeigt beispielsweise die Figur 5 einen Gegenstand, bei dem das Trennpapier als einseitig bis zur Querperforation in Form der Pflaster ausgestanzt angesehen werden könnte, auch wenn das Ausstanzen nicht exakt der Pflasterform entspricht. Das Merkmal des Anspruchs 1 hinsichtlich der Längsperforation ist dieser Figur 5 aber nicht zu entnehmen. Eine solche Perforation, die dort mit "Linien 17, 18 geringerer Festigkeit" bezeichnet ist, ist, wenn überhaupt, nur der Figur 7 zu entnehmen. Eine Kombination der Ausführungsformen von Figur 5 und 7 ist in (3) jedoch nicht offenbart. Angesprochen ist dort nur eine Kombination der Ausbildungen von Figur 6 und 7 (vergl Sp. 7, Zeilen 32/33).

Das Trennpapier nach dem Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Druckschrift (3) bleibt hier außer Betracht.

Die Druckschrift (1) betrifft ein Trennpapier mit mehreren auf diesem befindlichen, im wesentlichen parallel nebeneinander angeordneten Pflastern (51, Figur 5, Sp. 1, Z. 3 - 9), die jeweils aus einem Trägermaterial (Pos. 50, Figur 5) bestehen, das einseitig mit einer selbstklebenden Beschichtung versehen ist (Anspruch 5), wobei das Trennpapier zwischen jedem der Pflaster eine Längsperforation (senkrechte Linien in Figur 5) aufweist, die sich, ausgehend von einer Kante des Trennpapiers, über die gesamte Breite des Trennpapiers erstreckt, wobei das Trennpapier eine Querperforation (Pos. 53 in Fig.5) aufweist, die unterhalb der Pflaster verläuft (siehe Pos. 13 in Figur 2). Für eine Ausgestaltung, wonach das Trennpapier einseitig bis zur Querperforation in Form der Pflaster ausgestanzt ist, gibt diese Druckschrift keine Anregung.

Die Druckschrift (2) (vgl. Anspruch 1, Spalte 3, vorletzter Absatz, die Figuren insbesondere Figur 4) beschreibt eine Abziehhilfe für auf einem flächenförmigen, flexiblen Trägermaterial haftende, mechanisch ablösbare, begrenzte Substrate, wobei das Trägermaterial für jedes Substrat eine zungenförmige Sollbruchstelle aufweist, die beim Hochdrücken einen Teil des Substrats freilegt. Diese Entgegenhaltung offenbart keine Längs- und Querperforationen im Sinne des Gegenstands des Anspruchs 1, keinen Zuschnitt des Trennpapiers in Form des Pflasters und keine Anregung ein Ausstanzen des Trennpapiers einseitig bis zur Querperforation des Pflasters durchzuführen.

Auch die Broschüren, Merkblätter und Konstruktionszeichnungen, sowie die Muster der beiden offenkundig vorbenutzten Pflaster ("Lohmann Curaplast Sensitiv-Injektionspflaster" und "Lohmann Porofix-Kanülenpflaster"),die Offenkundigkeit der Vorbenutzungshandlung unterstellt, geben keine Anregungen ein Trennpapier mit darauf befindlichen, im Wesentlichen parallel angeordneten Pflastern einseitig bis zur Querperforation in Form der Pflaster auszustanzen, da derartige Ausstanzungen hier nicht vorgesehen sind.

Dr. Winterfeldt Klosterhuber Dr. Franz Dr. Strößner Pr






BPatG:
Beschluss v. 04.03.2004
Az: 21 W (pat) 22/02


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