Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juli 2008
Aktenzeichen: 15 W (pat) 324/06

(BPatG: Beschluss v. 10.07.2008, Az.: 15 W (pat) 324/06)

Tenor

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten: Patentansprüche 1 bis 21, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung Seite 2 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 2 Blatt Zeichnungen und Seite 1 wie Patentschrift DE 10 2004 039 172 B3.

Gründe

I.

Auf die am 12. August 2004 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patentund Markenamt das Patent 10 2004 039 172 mit der Bezeichnung

"Verfahren zur Herstellung von mit Mineralguß ausgekleideten Maschinenteilen und Verwendung des Verfahrens"

erteilt. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 8. Dezember 2005.

Die erteilten, nebengeordneten Patentansprüche 1 und 4 gemäß Streitpatent DE 10 2004 039 172 B3 haben folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Herstellung von zumindest teilweise mit Mineralguß ausgekleideten Maschinenteilen, wobei der Mineralguß in flüssigem Zustand in wenigstens ein als Gießform oder Teil einer Gießform dienendes, das Maschinenteil oder einen Teil davon bildendes Maschinenelement (1) gegossen wird und nach seinem Aushärten ein Auskleidungselement (2) bildet, dadurch gekennzeichnet, dass vor dem Gießen des Mineralgusses die mit dem Mineralguß auszukleidenden Innenflächen

(10)

des Maschinenelements (1) mit einer dauerhaft verbleibenden Zwischenschicht (3) aus einem elastischen, kompressiblen Material beschichtet werden und daß die Zwischenschicht (3) mit einer Schichtdicke hergestellt wird, die größer ist als eine maximal vorliegende Oberflächenrauhigkeit der Innenflächen

(10)

des Maschinenelements (1).

4. Verfahren zur Herstellung von zumindest teilweise mit Mineralguß ausgekleideten Maschinenteilen, wobei der Mineralguß in flüssigem Zustand in wenigstens ein als Gießform oder Teil einer Gießform dienendes, das Maschinenteil oder einen Teil davon bildendes Maschinenelement (1) gegossen wird und nach seinem Aushärten ein Auskleidungselement (2) bildet, dadurch gekennzeichnet, daß vor dem Gießen des Mineralgusses auf den mit dem Mineralguß auszukleidenden Innenflächen (10) des Maschinenelements (1) eine vorübergehend vorhandene Abstandshalteschicht (3Ô) angebracht wird, daß die Abstandshalteschicht (3Ô) mit einer Schichtdicke hergestellt wird, die größer ist als eine maximal vorliegende Oberflächenrauhigkeit der Innenflächen (10) des Maschinenelements (1), und daß die Abstandshalteschicht (3Ô) nach dem Gießen und Anoder Aushärten des Mineralgusses zur Bildung eines Spaltraums (3ÔÔ) zwischen dem Maschinenelement (1) und dem Auskleidungselement (2) entfernt wird."

Wegen der auf die Patentansprüche 1 und 4 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Verfahrensansprüche 2, 3 und 5 bis 24 sowie auf den rückbezogenen Verwendungsanspruch 25 wird auf die DE 10 2004 039 172 B3 Bezug genommen.

Gegen das Patent hat die D... GmbH & Co. KG in W..., mit Schriftsatz vom 2. März 2006, eingegangen per Telefax am 2. März 2006 beim Deutschen Patentund Markenamt, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Sie stützt ihr Vorbringen auf folgende Entgegenhaltungen:

D1 DE 297 23 409 U1 D2 WO 2004/033919 A1 D3 US 5 513 954 A D4 DE 100 36 451 A1 D5 Römpp Chemie Lexikon, 9. erw. und neubearb. Aufl., Band 6 (1992), Seiten 4690 - 4691, Begriff: "Trennmittel"

D6 Technisches Datenblatt zu dem "Trennwachs T2" der Firmabalta Kunststoffe GmbH, Erlbacher Str. 100, 91541 Rothenburg ob der Tauber, DE, Erstellungsdatum 10.11.2005, 1 Seite D7 Sicherheitsdatenblatt zu dem "Trennwachs T2" der Firma ebalta Kunststoffe GmbH, Druckdatum 13.01.2006, 6 Seiten.

Die Einsprechende hat schriftlich geltend gemacht, dass die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 4 gegenüber der Entgegenhaltung D2 nicht neu seien, zumindest aber gegenüber dem Stand der Technik gemäß D2 und D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.

Die Patentinhaberin hat dem Einspruchsvorbringen mit Schriftsatz vom 17. August 2006 widersprochen und in der Widerspruchsbegründung vom 9. Mai 2007 im Wesentlichen die Ansicht vertreten, dass der beanspruchte Patentgegenstand durch den genannten Stand der Technik weder vorbeschrieben noch nahegelegt werde. Hilfsweise hat sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

In der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2008 überreicht die Patentinhaberin eine neue Anspruchsfassung mit einem geänderten Patentanspruch 4 als neuen Hauptanspruch, einem geänderten Patentanspruch 8 als neuen Nebenanspruch 4 sowie daran angepasste Unteransprüche 2, 3 und 5 bis 20 und einen darauf rückbezogenen Verwendungsanspruch 21 nebst einer daran angepassten Beschreibung.

Die von offensichtlichen Schreibfehlern bereinigte, geltende, neue Anspruchsfassung mit den Patentansprüchen 1 bis 21 lautet wie folgt:

1.

Verfahren zur Herstellung von zumindest teilweise mit Mineralguss ausgekleideten Maschinenteilen, wobei der Mineralguss in flüssigem Zustand in wenigstens ein als Gießform oder Teil einer Gießform dienendes, das Maschinenteil oder einen Teil davon bildendes Maschinenelement (1) gegossen wird und nach seinem Aushärten ein Auskleidungselement (2) bildet, wobei vor dem Gießen des Mineralgusses auf den mit dem Mineralguss auszukleidenden Innenflächen (10) des Maschinenelements (1) eine vorübergehend vorhandene Abstandshalteschicht (3Ô) angebracht wird, wobei die Abstandshalteschicht (3Ô) mit einer Schichtdicke hergestellt wird, die größerist als eine maximal vorliegende Oberflächenrauigkeit der Innenflächen (10) des Maschinenelements (1), und wobei die Abstandshalteschicht (3Ô) nach dem Gießen und Anoder Aushärten des Mineralgusses zur Bildung eines Spaltraums (3ÔÔ) zwischen dem Maschinenelement (1) und dem Auskleidungselement (2) entfernt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der Spaltraum (3ÔÔ) zwischen dem Maschinenelement (1) und dem Auskleidungselement (2) bereichsweise mit einer zu elastischen, kompressiblen Zwischenschichtbereichen (3) erhärtenden Vergussmasse ausgefüllt wird und dass der Spaltraum (3ÔÔ) in den verbleibenden Bereichen frei bleibt.

2.

Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass im oder am freien Spaltraum (3ÔÔ) oder in oder an dessen freien Bereichen zur Detektion von Undichtigkeiten des Auskleidungselements (2) mindestens ein Sensor (5) angebracht wird und dass der Sensor (5) im Fall einer Undichtigkeit des Auskleidungselements (2) ein entsprechendes Warnsignal auslöst.

3.

Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Spaltraum (3ÔÔ) oder dessen offene Bereiche zur Detektion von Undichtigkeiten des Auskleidungselements (2) über mindestens einen Leckageanzeigekanal (6) mit der äußeren Umgebung verbunden wird/werden.

4.

Verfahren nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Spaltraum (3ÔÔ) zwischen dem Maschinenelement (1) und dem Auskleidungselement (2) vollständig mit einer zu einer elastischen, kompressiblen Zwischenschicht (3) erhärtenden Vergussmasse ausgefüllt wird.

5.

Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass während des Entfernens der Abstandshalteschicht (3Ô) und während des Einbringens der Vergussmasse in den Spaltraum (3ÔÔ) das Maschinenelement (1) und das Auskleidungselement (2) mittels vorübergehend angebrachter Haltemittel in einer Soll-Lage relativ zueinander gehalten werden.

6.

Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Auskleidungselement (2) in mindestens einem Bereich unmittelbar mit dem Maschinenelement (1) verbunden wird.

7.

Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass für die Abstandshalteschicht (3Ô) ein aufschmelzbares Material verwendet wird, dessen Schmelztemperatur oberhalb der Verarbeitungstemperatur des Mineralgusses und unterhalb der Schmelztemperaturen des Maschinenelements (1) und des Auskleidungselements (2) liegt.

8.

Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass für die Zwischenschicht (3) ein Kunststoffmaterial eingesetzt wird.

9.

Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass als Kunststoffmaterial ein Polyurethanwerkstoff oder Silikonwerkstoff eingesetzt wird.

10.

Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass für die Zwischenschicht (3) ein natürliches oder synthetisches Kautschukmaterial eingesetzt wird.

11.

Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass als Kautschukmaterial ein Moosgummi eingesetzt wird.

12.

Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Zwischenschicht (3) mit einer Schichtdicke zwischen 1 und 5 mm hergestellt wird.

13.

Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass ein einteiliges, ungeteiltes Gehäuseelement als Maschinenelement (1) für die Herstellung des Maschinenteils eingesetzt wird.

14.

Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass beim Gießen des Mineralgusses ein im Maschinenelement (1) liegender Formkern (4) mit einem mehrteiligen, harten Formkerninnenteil (40) und einem einteiligen, elastischen oder harten Formkernmantel (41) eingesetzt wird.

15.

Verfahren nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass das Formkerninnenteil (40) vor dem Gießen des Mineralgusses aus Holzund/oder Kunststoffteilen zusammengesetzt und zumindest an seinen mit dem Mineralguss in Kontakt kommenden Außenflächen mit einer den Formkernmantel (41) bildenden Schicht aus Silikonmaterial oder aus metallischen Ausschmelzwerkstoffen überzogen wird.

16.

Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass der Formkernmantel (41) vorab in einer eigenen Gießform hergestellt und dann auf das Formkerninnenteil (40) aufgezogen wird.

17.

Verfahren nach einem der Ansprüche 14 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass zumindest das Formkerninnenteil (40) des Formkerns (4) nach dem Gießen des Mineralgusses zerstörungsfrei aus dem Maschinenelement (1) entnommen und wiederverwendet wird.

18.

Verfahren nach einem der Ansprüche 14 bis 17, dadurch gekennzeichnet, dass der Formkern (4) mittels einer einoder mehrteiligen, vorzugsweise metallischen, Kernbefestigung und -zentrierung (42, 43) positioniert und während des Gießens des Mineralgusses gehalten wird.

19.

Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass für den Mineralguss ein Material mit einem bei Raumtemperatur aushärtenden Bindemittel eingesetzt wird.

20.

Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass für den Mineralguss ein Material mit Siliciumcarbid als mineralischem Hauptbestandteil und einem Vinylesterharzsystem als Bindemittel eingesetzt wird.

21.

Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 20 zur Herstellung eines innenseitig mit einem Auskleidungselement (2) aus Mineralguss ausgestatteten Pumpengehäuses für eine Pumpe zur Förderung von abrasiven, aggressiven und/oder korrosiven Medien.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 21, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung Seite 2 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhandlung, sowie von 2 Blatt Zeichnungen und Seite 1 wie Patentschrift DE 10 2004 039 172 B3.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent vollumfänglich zu widerrufen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1. Das Bundespatentgericht bleibt auch nach Wegfall des § 147 Abs. 3 PatG für die Entscheidung über die Einsprüche zuständig, die in der Zeit vom 1.

Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegt worden sind. Es bestehen weder Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 147 Abs. 3 PatG (BGH GRUR 2007, 859 - Informationsübermittlungsverfahren I), noch berührt die Aufhebung der Bestimmung ihre Geltung für alle bereits tatbestandlich erfassten Fälle (BPatG 19 W (pat) 344/04 und 23 W (pat) 313/03). Nach dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz der perpetuatio fori (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) besteht eine einmal begründete gerichtliche Zuständigkeit vielmehr fort, solange der Gesetzgeber nichts anderes bestimmt hat (BGH GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II).

2.

Der Einspruch ist zulässig.

Der fristund formgerechte Einspruch ist zulässig, weil im Einspruchsschriftsatz die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen so angegeben sind, dass die Merkmale der Patentansprüche 1 und 4 erteilter Fassung im konkreten Bezug zum genannten Stand der Technik, insbesondere zu den Entgegenhaltungen D2 und D3, gebracht wurden. Die Patentinhaberin und der Senat haben daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen der geltend gemachten Widerrufsgründe ohne eigene Ermittlungen ziehen können (§ 59 Abs. 1 PatG).

Der Einspruch hat jedoch nur teilweise Erfolg. Das Patent war mit den in der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2008 überreichten Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten.

3.

Die geltenden Patentansprüche 1 bis 21 sind formal zulässig. Wegen der ausreichenden Offenbarung der Gegenstände der Patentansprüche 1 bis 21 bestehen keine Bedenken, weil deren Merkmale aus den ursprünglichen Unterlagen herleitbar sind. Die im neuen Patentanspruch 1 aufgenommene Ergänzung gegenüber dem erteilten Patentanspruch 4 ist im Anspruch 5, die im neuen Anspruch 4 aufgenommene Ergänzung gegenüber dem erteilten Patentanspruch 8 (Oberbegriff des Anspruchs 1) ist ebenfalls im Anspruch 4 offenbart. Die geltenden Ansprüche 2, 3 und 5 bis 21 stimmen mit den erteilten Ansprüchen 6, 7 und 9 bis 25, welche die ursprüngliche Offenbarung wiedergibt, überein.

4.

Als zuständiger Fachmann ist hier ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau anzusehen, der sich mit der Entwicklung und Herstellung von Maschinenbauteilen befasst und aufgrund seiner Ausbildung und Berufserfahrung über einschlägige Kenntnisse auf dem Gebiet der Materialwissenschaft sowie der Gießereitechnik verfügt, woraus gefolgert werden kann, dass auch dem Spezialisten, etwa für Pumpen, allgemeine Kenntnisse auf dem Gesamtgebiet des Maschinenbaus zu unterstellen sind.

5.

Die Neuheit der Gegenstände gemäß Patentanspruch 1 und Patentanspruch 4 ist anzuerkennen, da keine der aufgegriffenen Entgegenhaltungen D1 bis D4 ein gattungsgemäßes Verfahren zur Herstellung von zumindest teilweise mit Mineralguss ausgekleideten Maschinenteilen mit sämtlichen Merkmalen und Maßnahmen des Patentanspruchs 1 oder Patentanspruchs 4 offenbart, wie sich im Einzelnen auch aus den nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit ergibt. Im Übrigen wurde die Neuheit des jetzt beanspruchten Verfahrens in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bestritten.

6.

Der Gegenstand des Patentanspruches 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe auszugehen, neue Verfahren zur Herstellung von zumindest teilweise mit Mineralguss ausgekleideten Maschinenteilen zu schaffen, die die Nachteile der Verfahren des Standes der Technik vermeiden und bei denen insbesondere gewährleistet ist, dass auch bei Maschinenelementen mit rauen auszukleidenden Innenflächen das Auskleidungselement vor Schäden durch unterschiedliche thermische Ausdehnungskoeffizienten von Auskleidungselement und Maschinenelement und durch andere Einflüsse sicher ist (vgl. Streitpatentschrift, Absatz [0004] i. V. m. [0001]).

Zur Lösung dieser Aufgabe beschreibt der Patentanspruch 1, nach Merkmalen gegliedert, ein M1a Verfahren zur Herstellung von zumindest teilweise mit Mineralguss ausgekleideten Maschinenteilen;

M1b der Mineralguss wird in flüssigem Zustand in wenigstens ein als Gießform oder Teil einer Gießform dienendes, das Maschinenteil oder einen Teil davon bildendes Maschinenelement gegossen;

M1c der Mineralguss bildet nach seinem Aushärten ein Auskleidungselement;

M1d vor dem Gießen wird auf den mit dem Mineralguss auszukleidenden Innenflächen des Maschinenelements eine vorübergehend vorhandene Abstandshalteschicht angebracht;

M1e die Abstandshalteschicht wird mit einer Schichtdicke hergestellt die größer ist als eine maximal vorliegende Oberflächenrauigkeit der Innenflächen des Maschinenelements;

M1f die Abstandshalteschicht wird nach dem Gießen und Anoder Aushärten des Mineralgusses zur Bildung eines Spaltraumes zwischen dem Maschinenelement und dem Auskleidungselement entfernt;

M1g der Spaltraum zwischen dem Maschinenelement und dem Auskleidungselement wird bereichsweise mit einer zu elastischen, kompressiblen Zwischenschichtbereichen erhärtenden Vergussmasse ausgefüllt;

M1h der Spaltraum in den verbleibenden Bereichen bleibt frei.

Die WO 2004/033919 A1 (D2), die zur Bildung des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 herangezogen wurde und dem Streitgegenstand am Nächsten kommt, konnte dem zuständigen Fachmann hinsichtlich der Lösung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe keine Anregung zu einer Lehre vermitteln, wie sie im Anspruch 1 mit den Merkmalen M1f bis M1h angegeben ist.

Die D2 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von zumindest teilweise mit Mineralguss ausgekleideten Maschinenteilen, wobei der Mineralguss im flüssigen Zustand in wenigstens ein als Teil einer Gießform dienendes Gehäuseelement des Maschinenteils gegossen wird, so dass der Mineralguss nach der Aushärtung ein an die Innenkontur des Gehäuseelements angepasstes Auskleidungselement bildet (D2, Anspruch 1 i. V. m. Seite 1, Zeilen 5 bis 10) (Merkmale M1a bis M1c). Um die aus Mineralguss bestehenden Auskleidungselemente möglichst exakt an die innere Kontur des Mantelgehäuses anpassen zu können, ohne dass die Gefahr besteht, dass es bei der Herstellung oder beim Betrieb der Pumpen zur Zerstörung der Mineralgusskörper kommt (D2, Seite 2, Zeilen 12 bis 19 i. V. m. Seite 1, Zeile 22 bis Seite 2, Zeile 11), schlägt die D2 vor, die Innenflächen des Gehäuseelements vor dem Ausgießen (mit dem flüssigen Mineralguss) mit einem Trennmittel zu behandeln (D2, Anspruch 1). Wie beim Streitpatent werden in der D2 die mit dem Mineralguss auszukleidenden Innenflächen des Maschinenelements durch das Trennmittel dabei mit einer Abstandshalteschicht beschichtet, wobei diese Trennmittel-Abstandshalteschicht offensichtlich mit einer Schichtdicke hergestellt wird, die größer ist als eine maximal vorliegende Oberflächenrauigkeit der Innenflächen des Maschinenelements. Denn auf Seite 3, Zeilen 3 bis 6, der D2 heißt es, dass durch die Trennmittelschicht sichergestellt ist, dass aus dem Fördermedium keine Ionen durch den Mineralguss in das Gehäusematerial diffundieren können. Nachdem in der D2 keine Nachbearbeitung der Innenkontur der Mantelgehäuseteile vor der Behandlung mit dem Trennmittel vorgesehen ist (D2, Seite 3, Zeilen 11/12 i. V. m. Seite 7, Zeilen 22 bis 24), wird dem Fachmann anhand dieser Textstellen daher die Lehre vermittelt, dass das Trennmittel zumindest in einer Schichtdicke aufgetragen werden muss, die ausreicht, einen vollflächig geschlossenen Film auf der Innenfläche des Maschinenelements auszubilden. Wenn aber bei Verwendung eines fließfähigen Trennmittels eine durchgehend geschlossene Oberflächenschicht auf nicht nachbearbeiteter Innenfläche des Gehäuseelements erzielt werden soll, dann erfolgt zwangsläufig zuerst ein Auf bzw. Ausfüllen, d. h. ein Ausgleich der Oberflächenrauigkeiten mit dem flüssigen Mittel, bevor sich eine geschlossene Schicht auf der mit Trennmittel behandelten Gehäuseoberfläche ausbildet, da nur dann sichergestellt ist, dass keine Ionendiffusion in das Gehäusematerial erfolgen kann.

Des Weiteren wird durch die Trennmittelschicht in der D2 eine feste Verbindung zwischen dem Auskleidungselement und dem Gehäuseelement unterbunden bzw. verhindert, weil der Mineralguss unter Reaktionsschwund bzw. Schrumpfung aushärtet, wie im übergreifenden Absatz der Seitenwende 1/2 der D2 dargelegt ist. Das bedeutet aber für den Fachmann nichts anderes, als dass der Mineralgusskörper durch die Trennmittelschicht ohne direkten Kontakt zum Gehäuseelement aushärten kann und aufgrund des "unvermeidlichen Reaktionsschwunds" sich eine Mineralgussschale (D2, Seite 4, Zeile 12) ausbildet. Der Reaktionsschwund bzw. das Schrumpfen des Mineralgusses beim Aushärten führt zu einem Spaltraum zwischen dem Gehäuseteil und der ausgehärteten Mineralgussschale, so dass die in D2 angegebene Trennmittelschicht auch die Funktion einer Abstandshalteschicht übernimmt, weshalb die Merkmale M1d und M1e in D2 ebenfalls implizit offenbart sind. Insoweit ist die D2 also gattungsbildend.

Das in D2 beschriebene Verfahren legt aber weder das Entfernen der Abstandshalteschicht gemäß Merkmal M1f, noch das bereichsweise Ausfüllen des Spaltraums mit einer zu elastischen, kompressiblen Zwischenschichtbereichen erhärtenden Vergussmasse gemäß Merkmal M1g nahe. Ebenso ist der Gedanke, den Spaltraum nur bereichsweise mit einer elastischen, kompressiblen Zwischenschicht auszufüllen, so dass der Spaltraum in den verbleibenden Bereichen freibleibt (Merkmal M1h i. V. m. M1g), aus D2 nicht herleitbar. In der D2 soll vielmehr das Trennmittel als Zwischenschicht dauerhaft verbleiben. So heißt es dort auszugsweise auf Seite 7, Zeilen 13 bis 15: "Durch die zwischen den Mantelgehäuseteilen 1, 2 und dem Auskleidungselement 5 verbliebene Trennmittelschicht 3 ..." und weiter auf Seite 7, Zeilen 19 bis 22: " Die durch etwaige Temperaturunterschiede hervorgerufene unterschiedliche Wärmeausdehnung kann von einem zwischen der Trennmittelschicht 3 und dem Auskleidungselement 5 entstandenen Spalt oder von der Trennmittelschicht 3 selbst aufgenommen werden". Ferner ist auf Seite 6, Zeilen 7 bis 9, ausgeführt, dass eine Kreiselpumpe gemäß der Erfindung dadurch gekennzeichnet ist, dass zwischen den Aussenflächen der Auskleidungselemente und der Innenflächen der Mantelgehäuseteile ein mit einem Trennmittel ausgefüllter Spalt besteht.

Bereits aus diesen Textstellen ist ersichtlich, dass die D2 keine Anregungen dahingehend vermitteln kann, das gattungsgemäße Verfahren so zu gestalten, dass die Trennmittelschicht nach dem Aushärten des Mineralgusses aus dem entstandenen Spaltraum wieder entfernt wird und dass der Spaltraum danach bereichsweise mit einer zu elastischen, kompressiblen Zwischenschichtbereichen erhärtenden Vergussmasse ausgefüllt wird.

Gegenüber D2 begründet deshalb gerade diese spezielle Kombination der Merkmale M1f bis M1h die erfinderische Tätigkeit.

An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts, wenn der weitere Stand der Technik berücksichtigt wird.

So kann die US 5 513 954 A (D3) keinen Anstoß in Richtung der durch sämtliche im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale und Maßnahmen festgelegten Verfahrensablauf geben. Aus der D3 eine Kreiselpumpe bekannt, bei der das Gehäuse mit einem mehrschichtigen Auskleidungselement ausgestattet ist. Unter Bezugnahme auf die Figur ist in der D3 ab Spalte 2, Zeile 35 bis Spalte 3, Zeile 41, erläutert, dass eine Laufradkammer 18 durch ein inneres Auskleidungselement gebildet wird. Das innere Auskleidungselement besteht aus den Teilen 26 und 28 (vgl. Figur). Als abrasionsresistentes Materail dafür ist u. a. Keramik genannt. Die Auskleidungselemente 26 und 28 sind von Elastomerschichten 30 und 32 umgeben. Die Elastomerschichten 30 und 32 bilden Zwischenschichten zwischen den Auskleidungselementen 26 und 28 und den metallischen Gehäuseteilen 12 und 14. Weiter ist in der D3 in der Spalte 3, Zeilen 36 bis 41, ausgeführt, dass die aus Elastomermaterial bestehende Zwischenschicht kompressibel ist, so dass die Anpassung der Auskleidung an das metallische Pumpengehäuse erleichert ist. Hieraus ergibt sich der Vorteil, dass das keramische Auskleidungselement nicht präzise an das metallische Pumpengehäuse angepasst werden muss.

Insoweit lehrt die D3 zwar, ein elastisches, kompressibles Material als Zwischenschicht in einem gattungsgemäßen Gegenstand zu verwenden, weil damit keine präzise Vorbearbeitung der Maschinenteiloberfläche erforderlich ist und die elastische, kompressible Zwischenschicht für die Anpassung des Auskleidungselements an das Pumpengehäuse und umgekehrt sorgt. Anders als beim streitpatentgemäßen Verfahren wird aber in der D3 die Zwischenschicht an ein zuvor separat hergestelltes Auskleidungselement angegossen.

Dagegen lehrt der angegriffene Anspruch 1 in den Merkmalen M1d bis M1h ein davon abweichendes Konzept, nämlich die Verwendung einer Abstandshalteschicht beim Gießen des Auskleidungselements, die Entfernung der Abstandshalteschicht nach dem Aushärten des Mineralgusses zur Erzielung eines Spaltraums und das bereichsweise Ausfüllen des Spaltraums mit einer elastischen, kompressiblen Zwischenschicht. Einen Hinweis auf einen solchen Verfahrensablauf ist in der D3 an keiner Stelle zu finden, so dass von der D3 lediglich die Anregung hinsichtlich der Auswahl des Zwischenschichtmaterials als elastisch und kompressibel ausgehen kann.

Der Fachmann findet auch im sonstigen, entgegengehaltenen Stand der Technik, der in der mündlichen Verhandlung keine wesentliche Rolle mehr gespielt hat, zu der Lehre des angegriffenen Anspruchs 1 kein Vorbild.

DieDE29723409 U1 (D1) beschreibt eine Kreiselpumpe für chemisch aggressive und/oder erosive oder abrasive Fördermedien mit den Merkmalen M1a bis M1c des beanspruchten Verfahrens. Weitergehende Hinweise finden sich dort nicht. Die DE 10036451 A1 (D4) ist auf ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Einbringen einer Beschichtung in Rohre gerichtet. Der Auszug aus Römpp Chemie Lexikon (D5) erläutert allgemein den Begriff "Trennmittel". Dem technischen Datenblatt zu dem Trennwachs T2 (D6) ist nur zu entnehmen, dass T2 ein pastöses Trennmittel ist, das sich leicht auftragen und polieren lässt sowie einen reibungslosen Entformungsprozess erleichtert und deshalb vorzugsweise dort eingesetzt wird, wo von rauhen oder porösen Oberflächen (z. B. Holz) entformt werden muss. Aus dem Sicherheitsdatenblatt zu dem Trennwachs T2 (D7) geht nur hervor, dass es sich um eine Dispersion von Wachsen in einem Lösungsmittelgemisch handelt. Stoffliche Angaben zur Auswahl des Wachses sind nicht vorhanden.

Demzufolge betreffen diese Dokumente einen entfernter liegenden Stand der Technik, der weder für sich allein betrachtet noch in Verbindung mit der Druckschrift D2 bzw. der Druckschrift D3 zum vorliegenden Patentgegenstand gemäß Anspruch 1 hinführen kann. Diese Entgegenhaltungen können daher die erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht in Frage stellen.

Das Verfahren des Patentanspruchs 1 ist somit nicht nur neu, sondern beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass dieser Anspruch Bestand hat.

7. Der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 4 beruht ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Verfahren des Patentanspruchs 4 unterscheidet sich vom Verfahren des Anspruchs 1 vor allem dadurch, M4g dass der Spaltraum zwischen dem Maschinenelement und dem Auskleidungselement vollständig mit einer zu einer elastischen, kompressiblen Zwischenschicht erhärtenden Vergussmasse ausgefüllt wird.

Die Merkmale M4a bis M4f entsprechen den Merkmalen M1a bis M1f, weshalb die vorstehenden Ausführungen zu den Merkmalen M1a bis M1f auch auf die jeweils korrespondierenden Merkmale M4a bis M4f zutreffen.

Im Unterschied zu Merkmal M1g, wonach der Spaltraum nur bereichsweise mit einer elastischen, kompressiblen Zwischenschicht ausgefüllt wird und gemäß Merkmal M1h der Spaltraum in den verbleibenden Bereichen frei bleibt, wird bei dem Verfahren nach Anspruch 4 also der gesamte Spaltraum vollständig mit einer elastischen, kompressiblen Zwischenschicht ausgefüllt.

Wie bereits vorstehend dargelegt, offenbart die D2 für den Fachmann keine Verfahrensführung, bei welcher die Trennmittelschicht nach dem Aushärten des mineralischen Auskleidungselements wieder entfernt und anschließend der entstandene Spaltraum mit einer elastischen, kompressiblen Zwischenschicht ausgefüllt wird, auch wenn in D2 ausdrücklich beschrieben ist, dass zwischen Auskleidungselement und Mantelgehäuseteile ein mit einem Trennmittel ausgefüllter Spalt besteht (D2, Seite 6, Zeilen 7 bis 9), weshalb eine durch etwaige Temperaturunterschiede hervorgerufene unterschiedliche Wärmeausdehnung entweder vom Spalt oder von der Trennmittelschicht selbst aufgenommen werden kann (D2, Seite 7, Zeilen 19 bis 22).

Wesentlich für das Verständnis des Fachmanns ist insoweit, dass - anders als die streitgegenständliche Lehre des Anspruchs 4 - die dortige technische Lehre hauptsächlich auf die Erzeugung eines Spaltes zwischen Auskleidungsund Gehäuseelement gerichtet ist, wobei die Trennmittelschicht dazu dient, dass Auskleidungs und Gehäuseelement berührungsfrei zueinander angeordnet sind (D2, Seite 2, Zeilen 24 bis 30). Das Streitpatent geht nun einen Schritt weiter, denn dadurch, dass die Abstandshalteschicht wieder entfernt und der erhaltene Spaltraum vollständig mit einer Vergussmasse ausgefüllt wird, die zu einer elastischen und kompressiblen Zwischenschicht aushärtet, wird wieder eine formschlüssige, vollflächige Verbindung zwischen dem Auskleidungsund dem Gehäuseelement geschaffen. Eine solche Lehre kann die D2 nicht nahelegen. Auch die Einbeziehung der D3, die zwar eine elastische, kompressible Zwischenschicht zwischen einem Auskleidungsund einem Gehäuseelement offenbart, darf dabei nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Fachmann die Druckschrift D2 ohne Kenntnis des Streitpatents nicht mit dem Vorverständnis der vollkommen anderen Zielsetzung, nämlich einen Formund Kraftschluss der Elemente über eine elastische, kompressible Zwischenschicht, liest, nachdem für die D2 dies gerade nicht beabsichtigt ist.

Auch die D3 kann den Fachmann nicht näher zur Lehre des angegriffenen Anspruchs 4 führen, weil die dort beschriebene Herstellung der Kreiselpumpe nicht von den streitpatentgemäßen Merkmalen M4d bis M4g Gebrauch macht.

Es ist daher nicht ersichtlich, was dem Fachmann ohne rückschauende Betrachtung in Kenntnis des Streitpatents Anlass gegeben haben könnte, das aus D2 bekannte Verfahren in Richtung auf die Lehre nach Anspruch 4 des Streitpatents zu verändern. Jedenfalls ergibt sich auch durch Zusammenschau der Entgegenhaltungen D2 und D3 der Gegenstand nach Anspruch 4 nicht in naheliegender Weise. Es sind vielmehr weitere, nicht triviale Überlegungen erforderlich gewesen, um die speziellen Lösungsmerkmale M4d bis M4g aufzufinden. Die Lehre des Anspruchs 4 ist danach ebenfalls als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend anzusehen, weshalb dieser Anspruch ebenfalls Bestand hat.

8. Die Merkmale der abhängigen Ansprüche 2 und 3 sowie 5 bis 21 sind auf vorteilhafte Ausgestaltungen der Gegenstände nach Anspruch 1 und Anspruch 4 gerichtet. Die Patentfähigkeit dieser Unteransprüche wird daher von der des jeweiligen Bezugsgegenstandes mitgetragen.

Feuerlein Schwarz-Angele Egerer Zettler Na






BPatG:
Beschluss v. 10.07.2008
Az: 15 W (pat) 324/06


Link zum Urteil:
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