Landgericht Köln:
Urteil vom 12. November 2014
Aktenzeichen: 90 O 86/12

(LG Köln: Urteil v. 12.11.2014, Az.: 90 O 86/12)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägerinnen auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Sicherheitsleistung auch durch unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Tatbestand

Die Parteien streiten - u.a. unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten - um Ansprüche im Zusammenhang mit der Einspeisung von Fernsehprogrammsignalen in Breitbandkabelnetze.

Die Klägerinnen betreiben Breitbandkabelnetze in Nordrhein-Westfalen und Hessen, über die rund 3,6 Millionen Haushalte in Nordrhein-Westfalen und rund 1,1 Millionen Haushalte in Hessen mit Rundfunksignalen (TV und Hörfunk) versorgt werden. Neben ihrem Schwesterunternehmen Kabel BW und der Kabel Deutschland gehören sie als sogenannte Kabelregionalgesellschaften in der Nachfolge der Deutschen Bundespost Telekom (später: DTAG und KDG) zu den vier größten Kabelnetzbetreibern in Deutschland. Über ihr Breitbandkabelnetz bedienen sie die Netzebenen (NE) 3 (Signaltransport in der Fläche bzw. Straßenverteilnetz) und teilweise auch 4 ("letzte Meile", Objektanschlüsse) und bieten Endkunden (Zuschauerhaushalten) und der Wohnungswirtschaft gegen Entgelt verschiedene Kabelanschlussprodukte an, namentlich breitbandigen Internetzugang, Sprachtelefonie, Pay-TV und Videoondemand-(Abruf-) Dienste. Ferner stellen sie nachgelagerten Netzbetreibern entgeltlich die Lieferung von Programmsignalen für die Endkundenversorgung zur Verfügung. Gegenwärtig speisen sie die Signale von über 300 €Programmen, davon 267 TV-Programmen, aus Deutschland sowie dem europäischen Ausland in ihre Kabelnetze ein.

Die Beklagten zu 2. - 10. sind die öffentlich-€rechtlichen Landesrundfunkanstalten (nachfolgend: Rundfunkanstalten), die sich (gemeinsam mit der Deutschen Welle) zu der Beklagten zu 1. (nachfolgend: ARD) zusammengeschlossen haben. Die Rundfunkanstalten unterhalten eigene Programme für die Zuschauer ihrer jeweiligen Sendegebiete (sogenannte Dritte Fernsehprogramme). Darüber hinaus veranstalten sie gemäß § 11 b Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages (RStV) und § 1 des ARD-€Staatsvertrages (ARD-€StV) gemeinsam die Fernsehprogramme "Das Erste", "tagesschau24", "Einsfestival" und "Einsplus".

Die Beklagte zu 11. (nachfolgend: ZDF) veranstaltet gemäß § 11 b Abs. 3 RStV und § 2 Abs. 2 ZDF-Staatsvertrag (ZDF-StV) die Fernsehprogramme "Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)", "zdf info", "zdf.kultur" und "zdf_neo".

Die Beklagte zu 12. (nachfolgend: DLR) ist gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 DeutschlandRadioStaatsvertrag (DLR-StV) eine gemeinnützige Körperschaft des öffentlichen Rechts, in welcher die Beklagten zu 2. bis 11. mitgliedschaftlich verbunden sind. Sie hat gemäß §§ 11, 11c Abs. 3, 19 RStV in Verbindung mit § 2 Abs. 1 DLR-StV den gesetzlichen Auftrag, die öffentlichrechtlichen Hörfunkprogramme "Deutschlandfunk", "Deutschlandradio Kultur" und "DRadio Wissen" zu veranstalten und zu verbreiten.

Gemäß § 11b Abs. 4 Nr. 3 und 4 RStV sind die Beklagten zu 2. bis 10. sowie die Beklagte zu 11. mit der Herstellung und Verbreitung der Fernsehprogramme "PHOENIX - Der Ereignisse- und Dokumentationskanal" und "KI.KA - Der Kinderkanal" beauftragt. Darüber hinaus haben diese Beklagten gemäß § 11b Abs. 4 Nr. 1 und 2 RStV den Auftrag, unter Beteiligung öffentlichrechtlicher europäischer Veranstalter die Fernsehprogramme "3sat" und "arte - Der Europäische Kulturkanal" herzustellen und zu verbreiten. Für das Fernsehprogramm "arte - Der Europäische Kulturkanal" sind zu diesem Zweck die Beklagte zu 13. (nachfolgend: ARTE) sowie die ARTE G.E.I.E. als deutschfranzösische Gemeinschaftsunternehmen gegründet worden.

Die Veranstalter von Rundfunk- und Fernsehprogrammen stellen ihre Programmsignale den Betreibern von Kabelnetzen in Deutschland zur Verfügung, wobei die Übertragung terrestrisch, über Satellit oder leitungsgebunden erfolgt. Die auf den genannten Wegen ausgestrahlten Signale werden von den Kabelnetzbetreibern empfangen und in die jeweilige Netzinfrastruktur zum Zwecke der Weitersendung an eigene Kabelanschlusskunden (Zuschauerhaushalte) bzw. dritte NE 4-€Betreiber eingespeist. Etwa die Hälfte der Zuschauerhaushalte in Deutschland wird über Kabelanschlüsse mit Rundfunk- bzw. Fernsehprogrammen versorgt. Im übrigen erhalten sie die Programme über terrestrische Funksender, Satellit oder als IPTV über Telefonleitungen.

Für die ihnen eingeräumten Rechte zur Kabelweitersendung leisten die Kabelnetzbetreiber an die (öffentlich-€rechtlichen oder privaten) Programmveranstalter eine urheberrechtliche Vergütung (§ 20 b UrhG). Umgekehrt zahlten die öffentlich-€rechtlichen Sendeanstalten in der Vergangenheit den Klägerinnen und den beiden anderen großen Regionalgesellschaften, nicht jedoch den kleineren NE 4-Betreibern für die technische Dienstleistung der Einspeisung ihrer Programmsignale in die Kabelnetze ein Entgelt (Einspeise- bzw. Transportentgelt). In der Zeit bis zum 31.12.2012 erbrachten sie diese Entgelte zuletzt auf der Grundlage eines am 07.04.2008 geschlossenen Kooperationsvertrages über die Verbreitung von öffentlichrechtlich Angeboten, deren Parteien die Klägerinnen auf der einen Seite und die in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten sowie ZDF, DLR und ARTE auf der anderen Seite sind.

Bei Abschluss dieses Einspeisevertrages brachten die beteiligten Sendeanstalten zum Ausdruck, die Zahlung von Einspeiseentgelten in Zukunft einstellen zu wollen; die Klägerinnen traten dem entgegen. Hierzu ist in Nr. 7 der Präambel zum Vertrag Folgendes niedergelegt:

"Die Vertragsparteien sind unterschiedlicher Auffassung über die Entwicklungsperspektiven sowohl der analogen und digitalen Kabelverbreitung als auch der Einspeiseentgelte.

Die Programmveranstalter sehen einen verstärkten Wettbewerb der digitalen Verbreitungsplattformen um Inhalte und Zuschauer, in dessen Folge die Rundfunkveranstalter als Anbieter von Inhalten auftreten, die die Vermarktungsfähigkeit der Plattformangebote überhaupt erst begründen und deren Werthaltigkeit den Aufwand für den Signaltransport mindestens kompensiert. Die Programmveranstalter gehen deshalb davon aus, dass sie für die digitale Kabelverbreitung künftig keine Einspeiseentgelte mehr zahlen werden.

Z geht davon aus, dass sich der starke Infrastrukturwettbewerb zwischen Satellit, Kabel und Terrestrick in Zukunft noch verschärfen wird. In diesem Infrastrukturwettbewerb treten sich die Parteien teilweise als Konkurrenten gegenüber, da sowohl der WDR als auch der HR als Plattformbetreiber Teile des terrestrischen Sendenetzes selber betreiben. Z geht davon aus, dass sich der Umstieg von analoger zu digitaler Verbreitungstechnik im Kabelnetz nachfrageorientiert entwickelt und neben dem Infrastrukturbetreiber auch jeder Programmveranstalter für das Gelingen eines erfolgreichen Digital-Umstiegs Verantwortung übernehmen muss. Ferner geht die Z davon aus, dass auch zukünftig für die digitale Kabelverbreitung Einspeiseentgelte zu zahlen sind, da diese Entgelte für die Telekommunikationsdienstleistung des Signaltransports erbracht werden und somit unabhängig von der Art der Signalaufbereitung (entweder in digitalen Transportströmen nach dem DVB-MPEG-2 Standard oder als analoge Schwingungen nach dem PAL-Standard) zu entrichten sind."

Nach § 8 Nr. 1 des Einspeisevertrages war ein jährliches Einspeiseentgelt in Höhe von 16 Mio. € netto vereinbart, das die Klägerinnen aufgrund entsprechender Aufteilung von ARD, ZDF, DLR und ARTE untereinander jeweils mit 12.338.000,00 € netto gegenüber ARD, mit 2.802.000,00 € netto gegenüber ZDF, mit 260.000,00 € netto gegenüber DLR und mit 600.000,00 € netto gegenüber ARTE abrechnete. Hinzu kam ein von ARTE auf der Grundlage eines Vertrages vom 3./27.07.2009 zu entrichtendes weiteres Entgelt, und zwar an die Klägerin zu 1. in Höhe von 315.000,00 € und an die Klägerin zu 2. in Höhe von 105.000,00 €. Ferner hatte die Beklagte zu 10. (WDR) an die Klägerin zu 1. aufgrund einer am 19.04.2011 geschlossenen Vereinbarung über die regionalrichtige Verbreitung der WDR-Lokalzeiten ein zusätzliches Entgelt von 588.000,00 € zu zahlen.

Gemäß § 11 Nr. 1 des Kooperationsvertrags war zu dessen Laufzeit Folgendes bestimmt:

"Das Vertragsverhältnis beginnt rückwirkend zum 01.01.2008 und hat eine Laufzeit bis zum 31.12.2012. Es verlängert sich um jeweils zwölf Monate, wenn der Vertrag nicht von einer der Parteien spätestens sechs Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird und die Kündigung innerhalb der Frist der anderen Partei zugeht.

Der Vertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der zuständigen Gremien der Parteien, die spätestens am 30. Juni 2008 mit Wirkung zum 1. Januar 2008 mitgeteilt werden müssen. Der Vertrag gilt insgesamt als nicht genehmigt, wenn nur die Genehmigung bzgl. eines einzigen Programmveranstalters nicht erfolgt ist."

Im Frühjahr 2011 kündigten ARD und ZDF einen "Paradigmenwechsel" dergestalt an, dass künftig an die Kabelnetzbetreiber keine Einspeiseentgelte mehr gezahlt werden sollten. Bei einer Zusammenkunft der Intendanten der Rundfunkanstalten und des ZDF am 22.03.2011 in Köln stellten die Teilnehmenden Einvernehmen über die fristgerechte Kündigung der mit den Regionalgesellschaften geschlossenen Einspeiseverträge zum 31.12.2012 sowie über den Verzicht auf Bedarfsansätze für die digitale Kabeleinspeisung im Rahmen der KEF-€Anmeldung für das Jahr 2013 fest.

Das Bundeskartellamt erfuhr im Januar 2012 aus der Presse von dem "Paradigmenwechsel" und leitete daraufhin unter dem Aktenzeichen B7-20/12 ein Verfahren gegen die beteiligten Sender ein. Es wies diese darauf hin, dass seiner Ansicht nach ARD und ZDF den Transport von Programmsignalen durch Kabelnetze nachfragten, insoweit miteinander in Wettbewerb stünden und deshalb ihr Verhalten gegenüber Kabelnetzbetreibern nicht koordinieren dürften. Des Weiteren äußerte das Amt die Auffassung, dass der Entschluss, in Zukunft keine Vertragsbeziehungen mit Kabelnetzbetreibern eingehen und diesen keine Einspeiseentgelte mehr zahlen zu wollen, eine gemäß § 1 GWB verbotene Koordinierung darstelle. Diese Beurteilung vertrat die 7. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes mit einem an den damaligen Verfahrensbevollmächtigten der öffentlich-€rechtlichen Rundfunkanstalten adressierten Schreiben vom 13.04.2012 und auch im Rahmen einer Besprechung mit Vertretern von ARD und ZDF am 16.04.2012 in Bonn. Bei dieser forderte das Amt die Sendeanstalten auf, über die zukünftige Zahlung bzw. Nichtzahlung von Einspeiseentgelten autonom und getrennt voneinander zu entscheiden und so auch bei etwaigen weiteren Verhandlungen mit Kabelnetzbetreibern zu verfahren. Die angesprochenen Sendeanstalten vertraten demgegenüber die Auffassung, ihr Verhalten sei mangels eines relevanten Wettbewerbsverhältnisses bzw. einer Nachfragebeziehung nicht kartellrechtswidrig und im übrigen - was das gemeinsame Handeln anlange - rechtlich alternativlos bzw. nach den einschlägigen rundfunkrechtlichen Regelungen sogar geboten. Gleichwohl erklärten ARD und ZDF in einem Schreiben vom 26.04.2012 gegenüber dem Bundeskartellamt, gemeinschaftliche Verhandlungen und Äußerungen in dieser Angelegenheit künftig zu unterlassen, wenngleich hinsichtlich der Kündigung des Kooperationsvertrages kein anderer Handlungsspielraum gesehen werde. Das Bundeskartellamt trat dem nicht weiter entgegen, stellte das Verfahren allerdings auch nicht ein.

Mit Schreiben vom 14.06.2012, bei den Klägerinnen eingegangen am 15.06.2012, erklärte zunächst allein DLR gegenüber den Klägerinnen die Kündigung des Kooperationsvertrages zum 31.12.2012. Sodann kündigten alle Beklagten den Vertrag zum 31.12.2012, und zwar durch gemeinsame Erklärung von ARD, ZDF, DLR und ARTE, die auf verschiedenen Dokumenten am 18. und 19.06.2012 unterzeichnet wurde, sowie durch inhaltlich gleich lautende getrennte Schreiben der Beklagten zu 2. bis 10. vom 18., 19., 20. und 21.06.2012, allesamt bei den Klägerinnen eingegangen am 25.06.2012. Alle baten um Kündigungsbestätigung an die Beklagte zu 4. Diese Maßnahme kündigte der anwaltliche Bevollmächtigte im Verfahren vor dem Bundeskartellamt mit Schreiben vom 25.06.2012 an. Die Klägerinnen wiesen diese Kündigungen mit Schreiben vom 09.07.2012 zurück, weil sie darin eine Maßnahme sehen, durch welche ein vom Bundeskartellamt verbotenes Kartell unzulässigerweise vollzogen werde. Sodann boten sie den Beklagten zu 3., 4., 9. bis 11. mit Schreiben vom 23.08.2012 und 25.09.2012 unter Mitteilung ihrer nun auch operativen Zusammenarbeit mit KabelBW Gespräche über eine künftige Zusammenarbeit bezüglich der Kabelverbreitung der beklagtenseits veranstalteten Programme an. Die Beklagten zu 3. und 9. verwiesen in ihren Antwortschreiben darauf, dass die Thematik innerhalb der ARD federführend von der Beklagten zu 4. bearbeitet werde. Zwischen ARD bzw. ZDF und den Klägerinnen verliefen die nachfolgenden Unterredungen erfolglos, da die Zahlung eines Einspeiseentgelts beklagtenseits jeweils abgelehnt wurde.

Seit Beginn des Jahres 2013 zahlen die Beklagten keinem Kabelnetzbetreiber (mehr) ein Einspeiseentgelt. Im Rahmen ihrer KEF-Anmeldung für die Beitragsperiode 2013-2016 brachten sie dementsprechend auch keinen Finanzbedarf für die Verbreitung über Kabelnetze mehr in Ansatz. Auch lehnten sie ein von den Klägerinnen unterbreitetes Angebot auf Abschluss eines Verbreitungsvertrages unter Zugrundelegung des Standard-Einspeisevertrags der Klägerinnen Mitte 2013 ab, indem sie darauf verwiesen, keinem Vertragsschluss näher treten zu wollen, welcher eine Entgeltlichkeit der Einspeisung vorsehe. Ihre Programmsignale stellen sie den Kabelnetzbetreibern gleichwohl unverändert über die bereits dargelegten Übertragungswege zur Verfügung. Weit überwiegend werden die Programme von den Klägerinnen auch fortgesetzt in ihr Netz eingespeist, insbesondere soweit es sich um solche mit "Must-Carry"-Status handelt. Einzelne, insbesondere die aus ihrer Sicht durch die Endverbraucher wenig frequentierten Programme, haben sie Ende 2013 ausgespeist.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, die Kündigung des Kooperationsvertrages vom 04.07.2008 sei bereits wegen Verstoßes gegen § 1 GWB unwirksam. Jedenfalls treffe die Beklagten eine Verpflichtung, die Klägerinnen von den Folgen des rechtswidrigen Vollzugs ihrer vorangegangenen Kartellabsprache freizuhalten. Hinsichtlich dieses Begehrens sei die Beklagte zu 1. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zumindest passiv legitimiert.

Die Beklagten seien Adressaten des Kartellverbots, da sie bislang eine Verbreitungsdienstleistung der Klägerinnen in Anspruch genommen hätten, welche diese regelmäßig nur gegen Entgelt erbrächten. Damit seien sie unternehmerisch auf dem Nachfragemarkt für Einspeisedienstleistungen tätig geworden und stünden untereinander in einer Wettbewerbsbeziehung. Hieran habe sich auch nach dem 31.12.2012 nichts geändert, da die Beklagten die Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen weiterhin nachfragten. Denn es entspreche ihrer gesetzlichen Pflicht, ihre Programme bundesweit zu verbreiten und hierbei die vorhandenen technischen Gegebenheiten zu berücksichtigen, um ihrer Grundversorgungsaufgabe gerecht zu werden. Demzufolge sei eine Einspeisung ihrer Programme in das Kabelnetz zwingend notwendig, da hierüber etwa 50% der Haushalte versorgt würden. Mit Rücksicht darauf entspreche die Verbreitung ihrer Programme über das Kabelnetz der Klägerinnen auch dem eigenen Interesse der Beklagten, die allein durch die von den Klägerinnen vermittelte Reichweite gut 191 Mio. € jährlicher Werbeeinnahmen erzielten.

Mit ihrer Übereinkunft, ab 2013 hierfür keine Einspeiseentgelte mehr zu entrichten und hierzu den Kooperationsvertrag zu kündigen, hätten die Beklagten eine horizontale Vereinbarung über Einkaufskonditionen in Sinne von § 1 GWB getroffen und zudem gegen das Boykottverbot des § 21 GWB verstoßen. Denn das Verhalten der Beklagten bezwecke und bewirke eine Beschränkung des horizontalen Wettbewerbsverhältnisses auf dem langjährig anerkannten Nachfragemarkt für Einspeisedienstleistungen. Hierbei handele es sich um eine spürbare Einschränkung der unternehmerischen Tätigkeit auf Seiten der Klägerinnen, da die mehr als 21 TV- und 66 Radio-Programme der Beklagten etwa 20 % der für Rundfunk zur Verfügung stehenden Kapazitäten in den Netzen der Klägerinnen beanspruchten und gemeinsam einen Anteil von jeweils über 40 % am TV-Zuschauermarkt ausmachten. Der Kartellrechtsverstoß entfalte Wirkung über die Zeit etwaiger formaler Beendigung hinaus, da er nicht lediglich die Kündigung des Kooperationsvertrages, sondern darüber hinaus ein künftiges Verhalten zum Gegenstand gehabt habe und durch die KEF-Anmeldungen manifestiert worden sei. Zudem hätten die Beklagten durch ihr weiteres Verhalten gezeigt, dass sie an ihrer Übereinkunft festhielten. Jedenfalls fehle es an einer Darlegung unbeeinflusst durch die Kartellabsprache zustandegekommener Gremienbeschlüsse.

Zu Unrecht beriefen die Beklagten sich zur Rechtfertigung ihrer Abstimmung auf deren Notwendigkeit nach rundfunkrechtlichen Vorschriften, welche allenfalls die Gemeinschaftsprogramme beträfen. Ebensowenig seien die Klägerinnen auf der Grundlage der gesetzlichen "Must-Carry"-Verpflichtung derart in die Pflicht zu nehmen, dass sie die Übertragung der Gemeinschaftsprogramme kostenlos zu erbringen hätten. Vielmehr sei der Gesetzgeber in § 52 d RStV davon ausgegangen, dass eine Entgeltregelung zwischen Kabelnetzbetreiber und Sender entsprechend der Üblichkeit getroffen werde, anderenfalls die Bestimmung verfassungsrechtlich zu beanstanden sei. Die Parteien unterlägen vielmehr einem wechselseitigen Kontrahierungszwang, wobei das Kabelbelegungsregime keine Unentgeltlichkeit der Durchleitung bedinge. Von der Entgeltlichkeit der in Anspruch genommenen Einspeisedienstleistungen seien die Beklagten auch nicht durch ihre Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und sonstige Vorschriften zur Rundfunkfinanzierung entbunden, zumal im Rahmen der Ermessensentscheidung die deutlich höheren Kosten der übrigen Verbreitungswege, namentlich diejenigen der Plattformbetreiber Terrestrik und Satellit, zu berücksichtigen seien. Hierdurch würden die Beitragszahler deutlich mehr belastet, als durch die Einspeisevergütungen, zumal die Kunden der Klägerinnen für ihren Kabelanschluss ohnehin schon Entgelte zu entrichten hätten und nicht zusätzlich noch durch die Beitragszahlungen zur Quersubventionierung der übrigen Übertragungswege herangezogen werden dürften.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass die Kündigung des Kooperationsvertrages und die Weigerung der Beklagten, ihre Dienstleistungen angemessen zu vergüten, jedenfalls als Verstoß der Beklagten gegen die Missbrauchs- und Diskriminierungsverbote der §§ 19 und 20 GWB zu erachten seien.

Die Beklagten nähmen auf dem relevanten Einspeisungsmarkt als (Nachfrage-) Oligopol eine marktbeherrschende Position ein, soweit die Klägerinnen gesetzlich verpflichtet seien, "Must-Carry"-Kapazitäten für die Beklagten freizuhalten. Aufgrund des von den Beklagten an den Tag gelegten Verhaltens bestehe unter ihnen auch kein relevanter Wettbewerb, mit der Folge, dass sie in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern eine überragende Marktstellung einnähmen. Aufgrund ihrer Sonderstellung als beitragsfinanzierte Programmveranstalter seien ihre Angebote für die Kabelnetzbetreiber zudem von wesentlicher Bedeutung, um im Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein.

Diese Position nutzten die Beklagten missbräuchlich aus, indem sie einerseits den entgeltlichen Einspeisevertrag mit den Klägerinnen kündigten, andererseits aber darauf spekulierten, dieselben Übertragungsleistungen der Klägerinnen wegen der eigenen klägerseitigen "Must-Carry"-Verpflichtung nunmehr unentgeltlich in Anspruch nehmen zu können, obgleich die Zahlung von Einspeiseentgelten auch bei einer Vergleichsmarktbetrachtung üblich sei. Hinzu komme ein erheblicher wirtschaftlicher Vorteil der Beklagten durch die Weiterleitung ihrer Programmsignale, da sie gut 191 Mio. € jährliche Werbeeinnahmen erzielten, welche auf die von den Klägerinnen vermittelte Reichweite der beklagtenseitigen Programme entfielen. Andererseits könnten die Klägerinnen die Programme der Beklagten nicht vermarkten, da eine Verschlüsselung nicht erlaubt sei, und müssten ihrerseits Urheberrechtsentgelte in - unstreitiger - Höhe von circa 2,8 Mio. € an die Beklagten entrichten.

Es sei ferner diskriminierend, dass die Beklagten nur den Klägerinnen kein Entgelt zahlten, während die Übertragung per Satellit und Terrestrik nach wie vor vergütet werde. Bei der Übertragung per Kabelnetz, Satellit und Terrestrik werde derselbe Bedarf abgedeckt, nämlich die Signalübertragungsleistung. Für eine ungleiche Behandlung gebe es keinen sachlichen Grund. Dass die Klägerinnen im Gegensatz zu anderen Plattformbetreibern Endkundenbeziehungen und damit verbunden andere Einnahmemöglichkeiten hätten, begründe keine sachliche Differenzierung. Denn dies liefe auf eine Abschöpfung fremder Leistungen hinaus, da die Klägerinnen allein aufgrund eigener Anstrengungen im Verhältnis zu Dritten Entgelte erzielten.

Ihren Hilfsantrag stützen die Klägerinnen schließlich auf einen Kontrahierungszwang, welchem die Beklagten schon aufgrund ihrer Must-Carry-Verpflichtung unterlägen. Diese seien gehalten, einen Vertrag mit den Klägerinnen zu angemessenen, marktüblichen Konditionen zu schließen, wie sie in den Standardverträgen enthalten seien. Solche Konditionen würden von allen Programmveranstaltern in Deutschland als Vertragsinhalt oder jedenfalls als Grundlage zielorientierter Verhandlungen akzeptiert. Hilfsweise seien die Konditionen durch das Gericht zu fixieren.

Die Klägerinnen haben im Wege des Urkundenprozesses zunächst angekündigt, zu beantragen,

1. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerinnen als Gesamtgläubigerinnen zum 15.02.2013 folgende Beträge jeweils zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen: die Beklagten zu 1. bis 10. (gesamtschuldnerisch): 12.338.000,00 €; die Beklagte zu 11.: 2.800.000,00 €; die Beklagte zu 12.: 260.000,00 €; und die Beklagte zu 13.: 600.000,00 €, Zug um Zug gegen Einspeisung der Programme der Beklagten nach Maßgabe von Art. 3 und 4 in Verbindung mit Anlage 2 und 3 Ziff. 2. und 3. des Kooperationsvertrages über die Verbreitung von öffentlich rechtlichen Angeboten vom 07.04.2008 (Anlage K 1);

2. die Beklagte zu 13. zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. weitere 315.000,00 € sowie an die Klägerin zu 2. weitere 105.000,00 € zum 15.02.2013 jeweils zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu zahlen, Zug um Zug gegen Einspeisung ihrer Programme nach den Maßgaben in § 1 der undatierten "Ergänzungsvereinbarung vom Kooperationsvertrag über die Verbreitung von öffentlichrechtlichen Angeboten vom 07.04.2008" (Anlage K 2) und § 1 der "Zweiten Ergänzungsvereinbarung zum Kooperationsvertrag über die Verbreitung von öffentlichrechtlichen Angeboten vom 07.04.2008)" zwischen den Klägerinnen und der Beklagten zu 13. sowie der ARTE G.E.I.E. vom 07.05.2010 (Anlage K 3);

3. die Beklagte zu 10. zu verurteilen, an die Klägerin zum 1. zum 15.02.2013 weitere 588.000,00 € zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu zahlen, Zug um Zug gegen Einspeisung ihrer Programme nach Maßgabe des § 1 der Vereinbarung über die regionalrichtige digitale Verbreitung von WDR Fernsehen in den Kabelnetzen von Z in NRW (Anlage K 4).

Mit Schriftsatz vom 02.05.2013 haben die Klägerinnen sodann unter Erklärung einer teilweisen Hauptsacheerledigung im Hinblick auf ihre getrennte Rechnungsstellung ihren Antrag zu 1. umgestellt und beantragt,

a) die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. folgende Beträge jeweils zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen: die Beklagten zu 1. bis 10. (gesamtschuldnerisch): 9.130.120,00 €; die Beklagte zu 11.: 2.370.480,00 €; die Beklagte zu 12.: 192.400,00 €; und die Beklagte zu 13.: 444.000,00 €, Zug um Zug gegen Einspeisung der Programme der Beklagten nach Maßgabe von Art. 3 und 4 in Verbindung mit Anlage 2 und 3 Ziff. 2. und 3. des Kooperationsvertrages über die Verbreitung von öffentlich rechtlichen Angeboten vom 07.04.2008 (Anlage K 1);

b) die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 2. folgende Beträge jeweils zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu zahlen: die Beklagten zu 1. bis 10. (gesamtschuldnerisch): 3.207.880,00 €; die Beklagte zu 11.: 728.520,00 €; die Beklagte zu 12.: 67.600,00 €; und die Beklagte zu 13.: 156.000,00 €, Zug um Zug gegen Einspeisung der Programme der Beklagten nach Maßgabe von Art. 3 und 4 in Verbindung mit Anlage 2 und 3 Ziff. 2. und 3. des Kooperationsvertrages über die Verbreitung von öffentlich rechtlichen Angeboten vom 07.04.2008 (Anlage K 1).

Auf Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2013 haben die Klägerinnen vom Urkundenprozess Abstand genommen und in Bezug auf ihre Zahlungsanträge zu 1. bis 3. hilfsweise beantragt,

4. die Beklagte zu verurteilen, das Angebot der Klägerinnen anzunehmen, für die Zeit ab dem 01.01.2013 über die analoge und digitale Verbreitung jedes einzelnen der in der Anlage 2 und 3 des Kooperationsvertrages (Anlage K 1) aufgeführten Programme mit Ausnahme der Programme Bayerisches Fernsehen, Hessischer Rundfunk Fernsehen, MDR Fernsehen, SWR Fernsehen, NDR Fernsehen, Erstes Deutsches Fernsehen ("DasErste"/"ARD"), WDR Fernsehen, Zweites Deutsches Fernsehen ("ZDF") jeweils einen Vertrag

a) zu den Konditionen des Standardvertrags der Klägerinnen beigefügt als Anlage K 55 zu schließen,

höchst hilfsweise,

b) zudem vom Gericht festzusetzenden angemessenen Konditionen zu schließen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei bereits unzulässig, da die Klägerinnen keinen Versuch unternommen hätten, entsprechend der in Art. 18 Abs. 6 des Kooperationsvertrages enthaltenen Güteklausel vor Klageerhebung eine Einigung herbeizuführen. Jedenfalls sei die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Klage unzulässig, weil es der Beklagten zu 1. an eigener Rechtspersönlichkeit fehle und sie deswegen auch nicht partiell parteifähig sei.

Die Beklagten sind der Auffassung, den Kooperationsvertrag wirksam gekündigt zu haben, da dies schon aufgrund der vorgegebenen vertraglichen Struktur allein durch gemeinschaftliche Erklärung sämtlicher Beklagter möglich gewesen sei, mit der Folge, dass die Klägerinnen hieraus für ihre kartellrechtlichen Erwägungen nichts herleiten könnten. Unabhängig davon habe es einer Kündigung ohnehin nicht bedurft, da - die Rechtsauffassung der Klägerinnen unterstellt - bereits der Abschluss des Kooperationsvertrages gemäß § 1 GWB in Verbindung mit § 134 BGB nichtig gewesen sei. Jedenfalls sei die Kündigung Vorbedingung für die vom Bundeskartellamt geforderten autonomen Verhandlungen gewesen; solange die Beklagten in einem Kooperationsvertrag untereinander und mit den Klägerinnen gebunden gewesen seien, hätten sie weder unabhängig voneinander agieren noch mit den Klägerinnen frei verhandeln können.

Nach Ansicht der Beklagten liegt auch in ihrem übrigen Verhalten anlässlich und nach der Kündigung des Kooperationsvertrages keine Kartellrechtswidrigkeit, das die Verhandlungen mit den Klägerinnen unabhängig voneinander geführt worden, allerdings letztlich daran gescheitert seien, dass beide Seiten auch unter dem Eindruck der schwebenden Rechtsstreite jeweils ihre eigenen Standpunkte in rechtlicher Hinsicht vertreten hätten. Unabhängig davon sei DLR - ebenso wie ARTE - schon gar nicht an dem Verfahren des Bundeskartellamts beteiligt gewesen und habe durch ihre unabhängige Kündigung des Kooperationsvertrages ersichtlich eigenständig gehandelt. ARTE könne zudem das Konzernprivileg für sich in Anspruch nehmen.

Unabhängig davon seien die Beklagten ohnehin keine Adressaten der klägerseits ins Feld geführten kartellrechtlichen Bestimmungen. Aufgrund der jüngsten Marktentwicklungen bestehe jedenfalls mit Beendigung des Kooperationsvertrages keine Nachfrage der Beklagten (mehr) auf dem Einspeisemarkt. Die Funktion der Einspeiseentgelte habe ursprünglich in der finanziellen Unterstützung für den Aufbau einer flächendeckenden Breitbandkabelinfrastruktur bestanden. Mittlerweile hätten sich die technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen allerdings derart verändert, dass die Zahlung von Entgelten nicht mehr zu rechtfertigen sei. Diese Entwicklung habe sich 2008 schon angedeutet und in der Präambel des Kooperationsvertrages ihren Niederschlag gefunden. Einerseits gebe es im digitalen Zeitalter keine Knappheitssituation mehr; zum anderen gelinge es einer Vielzahl von Netzbetreibern (über 350) erfolgreich, Programmsignale gegenüber Wohnungswirtschaft und Haushalten zu vermarkten, ohne zusätzlich Einspeiseentgelte von Rundfunkveranstaltern zu erhalten. Auch die Klägerinnen hätten seit der Einstellung der Entgeltzahlung durch die Beklagten keine spürbaren Einbrüche in ihrer Ertragssituation verzeichnet.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ihren gesetzlichen Grundversorgungsauftrag bereits ausreichend erfüllen, indem sie ihre Programme primär per Satellit und Terrestrik an die Allgemeinheit aussendeten. Eine Pflicht, ihre Programme auch über das Breitbandkabelnetz zu verbreiten, besteht ihrer Ansicht nach nicht. Dies gelte insbesondere im Bereich der Hörfunkprogramme ohnehin deswegen, weil aufgrund der flächendeckenden Versorgung mit Satellit und Terrestrik Austauschbarkeit bestehe. Durch die Weiterleitung der Signale erfüllten die Klägerinnen vielmehr ausschließlich ihre eigene gesetzliche Pflicht im Rahmen des "Must-Carry"-Regimes bzw. zur Förderung ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen, um Produkte bei Haushalten, Wohnungswirtschaft und nachgelagerten Netzbetreibern besser vermarkten zu können. Wie sehr die Klägerinnen ihre Vermarktungsstrategie verfolgten, zeige sich daran, dass sie sogar überflüssigerweise an der analogen Rundfunkverbreitung festhielten und hierzu das von der Beklagten nur noch digital zur Verfügung stellte Signal "reanalogisierten".

Für dieses von den Klägerinnen unter Einbeziehung weiterer Dienstleistungen betriebene Vermarktungsmodell lieferten die Beklagten mit ihren Programmen wertvolle Vorprodukte. Die Beklagten ihrerseits seien hierzu aufgrund ihres Grundversorgungsauftrags verpflichtet, so dass sich die Konstellation eines beiderseits zu Gunsten der Meinungsvielfalt gesetzlich angeordneten Ausschlusses der üblichen Kräfte des Wettbewerbs ergebe. Einerseits seien die Klägerinnen gezwungen, aus ihrem Angebot - begrenzte - Kapazitäten für die Übermittlung der "Must-Carry"-Programme auszuklammern, andererseits seien die Beklagten zu einer unter Wettbewerbern unüblichen unentgeltlichen Lieferung eines Vorprodukts verpflichtet. Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben sei die Verpflichtung der Klägerinnen zur gegebenenfalls unentgeltlichen Einspeisung der von den Beklagten zu Verfügung gestellten Programmsignale auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ebensowenig falle hierbei die der Höhe nach zu vernachlässigende urheberrechtliche Vergütung durch die Klägerinnen maßgeblich ins Gewicht.

Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass die Beklagten Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen nachfragten, so fehle es im Hinblick auf den Marktanteil der Beklagten an einer zumindest marktstarken Stellung, und zwar selbst dann, wenn sie entsprechend dem - unzutreffenden - Vorbringen der Klägerinnen als Oligopol zu begreifen wären. Denn hierzu sei allein auf die beklagtenseits in Anspruch genommenen Kapazitäten im Breitbandkabelnetz der Klägerinnen abzustellen. Auf den - bestrittenen - TV-Zuschauermarktanteil komme es nicht an, da dieser den Klägerinnen allenfalls ein Recht gegen die Beklagten auf freien Zugang zu deren Programmsignalen einräume, welchem die Beklagten unzweifelhaft Rechnung trügen, allerdings keinen Anspruch darauf, zusätzlich eine Einspeisevergütung zu erhalten. Schließlich bestehe eine Gegenmarktmacht der Klägerinnen als oligopolistische Anbieterinnen auf dem Einspeisemarkt. Dies zeige sich unter anderem daran, dass die Klägerinnen ganz unterschiedliche Vertrags- und Vergütungskonstruktionen verwende. Damit spiele sie ihrerseits ihre Marktmacht aus. Häufig würden Einspeiseentgelte - soweit sie überhaupt noch gezahlt würden - durch gegenläufige Zahlungsströme kompensiert, etwa bei den Programmen der großen Sendergruppen ProSiebenSat1 und RTL. Seit Januar 2010 verbreite die Klägerinnen auch die digitalen HD-Signale der Programme "Das Erste", ZDF und ARTE, ohne hierfür von den Anstalten ein Entgelt zu verlangen.

Demzufolge liege auch kein Verstoß gegen Missbrauchs- und Diskriminierungsverbote der §§ 19 und 20 GWB vor. Es fehle bereits an einem einheitlichen Signallieferungsmarkt. Unabhängig davon liege keine unsachgemäße Differenzierung vor, da die Situation bei der Übertragung per Satellit oder Terrestrik mit der leitungsgebundenen Übertragung durch Kabelnetze nicht vergleichbar sei. Diese Plattformanbieter hätten keine Möglichkeit, eigene Produkte auf dem Endkundenmarkt gewinnbringend anzubieten. Aufgrund ihrer zwangsläufig unverschlüsselten Verbreitung der Programmesignale fehle es an einer Endkundenbeziehung und damit an einer Möglichkeit, die Signale als Vorprodukt zur Vermarktung eigener Produkte nutzbringend zu verwerten. Ihre Leistung sei rein technischer Natur, weshalb sie auch keine Urheberrechtsvergütungen zu erbringen hätten. Unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit, welchem die Beklagten verpflichtet seien, könnten die Klägerinnen die von ihr verlangten Endkundenentgelte keineswegs ausblenden. Diese Strukturen durch eine finanzielle Subventionierung der Kabelverbreitung zu manifestieren, sei nicht Sache der Beklagten.

Ohne Erfolg führten die Klägerinnen eine Vergleichsmarktbetrachtung unter Einbeziehung des europäischen Auslands durch, denn auch dort würden gerade keine Einspeiseentgelte gezahlt.

Bezüglich der Hilfsanträge sei schließlich schon der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht eröffnet, weil die Klägerinnen über die gesetzliche "Must-Carry"-Regelung dem Staat gegenüber verpflichtet seien. Damit liege jedenfalls den Beklagten gegenüber kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 17.05.2013 Bezug genommen.

Die Kammer hat durch Verfügung der Vorsitzenden vom 11.02.2014 Hinweise erteilt, wegen deren Einzelheiten auf den Verfügungsinhalt verwiesen wird.

Gründe

A. Hauptanträge

Mit ihren Hauptanträgen haben die Klägerinnen insgesamt keinen Erfolg.

I.

Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 1. (ARD) richtet, unabhängig von etwaigen Zweifeln an der Zulässigkeit des Begehrens im Hinblick auf die fragliche Parteifähigkeit der Beklagten zu 1. (dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.05.2014, Aktenzeichen VI-U (Kart) 16/13, Juris Rn. 40) jedenfalls unbegründet. Denn die Klägerinnen können aus dem Kooperationsvertrag vom 07.04.2008 gegen die Beklagte zu 1. schon deswegen keine Ansprüche herleiten, weil die ARD nicht Partei des Vertrages geworden ist. Ausweislich des Rubrums und der Unterschriften wurde dieser lediglich von den in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten sowie ZDF, DLR und ARTE mit den Klägerinnen abgeschlossen.

Ebensowenig können die Klägerinnen aus der Kündigung des Kooperationsvertrages sowie aus hieran gegebenenfalls anknüpfenden kartellrechtlichen Erwägungen gegen die Beklagte zu 1. vorgehen, da nicht ersichtlich ist, worin ihr Interesse besteht, neben den in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten zusätzlich die ARD selbst - sollte diese zumindest teilrechtsfähig sein - in die Pflicht zu nehmen. Aus diesem Grunde vermögen sie auch aus etwaigem Verhalten der ARD im Zusammenhang mit der Kündigung des Kooperationsvertrages und den nachfolgenden Entwicklungen keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 1. auf Zahlung von Einspeiseentgelten herzuleiten.

II.

Zulässigkeitsbedenken an dem gegen die übrigen Beklagten gerichteten Klagebegehren im Hinblick auf die Güteklausel in Art. 18 Abs. 6 des Kooperationsvertrages können gleichermaßen dahinstehen, da auch insoweit die Klage unbegründet ist.

Den Klägerinnen stehen die auf der Grundlage des Kooperationsvertrages vom 07.04.2008 gegen die Beklagten zu 2. bis 13. geltend gemachten Forderungen nicht zu, da der Vertrag durch die Kündigungen zum 31.12.2012 wirksam beendet worden ist und auch kein Schadensersatzanspruch gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GWB, gerichtet auf Beseitigung des kartellrechtswidrigen Zustands, also gemäß §§ 33 Abs. 3 GWB, 249 BGB auf Wiederherstellung des Vertragsverhältnisses, besteht.

1.

Die Kündigungserklärungen der Beklagten zu 2. bis 13. sind entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht bereits deswegen unbeachtlich, weil die Rundfunkanstalten rechtlich dem Grunde nach verpflichtet wären, auch nach dem 31.12.2012 die Einspeisung ihrer Programmsignale in das Kabelnetz der Klägerinnen als entgeltliche technische Dienstleistung nachzufragen.

Tatsächlich findet eine solche Nachfrage nach Ausspruch der +Kündigungserklärungen durch die Beklagten nicht mehr statt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Beklagten zu 4. und 10. nach Bekanntgabe der von den Klägerinnen in Aussicht gestellten Ausspeisungsentscheidungen mit Schreiben vom 04.10.2012 an die Landesmedienanstalten gewandt und diese darum ersucht haben, gegenüber den Klägerinnen die Erfüllung ihrer "Must-Carry"-Verpflichtungen durchzusetzen. Hierin liegt keine Nachfrage, sondern lediglich die Einforderung der nach Ansicht der Beklagten klägerseits zu erfüllenden gesetzlichen Verpflichtung. Nichts anderes ergibt sich aus den von den Klägerinnen als Anlagen K 124 bis 126 vorgelegten Schreiben einiger Beklagter, in denen jeweils zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Erfüllung der "Must-Carry"-Verpflichtungen erwartet und im übrigen, soweit keine Einspeiseverpflichtung besteht, die Entscheidung der Klägerinnen hingenommen werde, wenngleich, was den Beklagten unbenommen war, die betroffenen Bevölkerungskreise auf alternative Empfangsmöglichkeiten hingewiesen würden. Dies zeigt, dass die Beklagten gerade nicht beabsichtigten, aus der Androhung der Ausspeisung Konsequenzen in Form entsprechender Nachfrage bei den Klägerinnen zu ziehen, sondern alternative Lösungsmöglichkeiten in Betracht zogen.

Es besteht auch keine Verpflichtung der Beklagten, die Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen nachzufragen. Dies hat das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014 (Juris Rn. 44 ff.) mit eingehender Begründung, welcher die Kammer folgt, abgelehnt.

a)

Nach den Ausführungen des OLG Düsseldorf im vorgenannten Urteil, wegen deren Einzelheiten zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Urteilsgründe Bezug genommen wird, hat der deutsche Gesetzgeber von der ihm gemäß Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22/EG - Universaldienstrichtlinie (UDRL) - eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, Kabelnetzbetreibern Übertragungspflichten aufzuerlegen. In Bezug auf die digitale Rundfunkverbreitung ergibt sich diese "Must-€Carry"-Verpflichtung aus § 52 b des Rundfunkstaatsvertrags (RStV), wonach die Kabelnetzbetreiber bis zu einem Drittel ihrer Kabelbelegungskapazitäten für die Übermittlung der Signale des öffentlichrechtlichen Rundfunks zur Verfügung zu stellen haben.

Eine gemäß Art. 31 Abs. 2 UDRL gestattete Festlegung eines angemessenen Entgelts im Falle der Überwälzung solcher Verpflichtungen findet sich im deutschen Recht dagegen nicht.

aa)

Insbesondere kann ein solcher Entgeltanspruch nicht aus der Regelung in § 52 d RStV hergeleitet werden, da sich diese Vorschrift in ihrer Intention ausschließlich an die Kabelnetzbetreiber selbst richtet und diesen zum Schutz der Rundfunkanbieter bei etwaiger Erhebung von Einspeiseentgelten Restriktionen auferlegt. Hieraus eine gegenläufige Verpflichtung der Rundfunkanstalten zur Entrichtung von Einspeiseentgelten herzuleiten, entbehrt somit bereits ausreichender Grundlage in Wortlaut und Zweck der Bestimmung.

Abweichendes lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerinnen auch nicht aus der Genese des § 52 d RStV, insbesondere der diesbezüglichen Begründung zum 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄndStV) herleiten. Wenn darin ausgeführt wird, dass "der Inhalt des Verbreitungsvertrages, insbesondere das zu zahlende Entgelt ... wesentliche Grundlage für die tatsächliche Einspeisung eines Programms und daher entscheidender Faktor für die vielfältige Belegung der Plattform" ist, so ergibt sich nicht nur hieraus, sondern auch aus dem weiteren Kontext dieser Ausführungen, dass diese gleichermaßen allein den Schutz der Sender und keine Ansprüche der Kabelnetzbetreiber im Blick haben. Entgegen der klägerischen Darstellung wird damit weder der Vertragsschluss als solcher noch die Erhebung eines Entgelts als notwendige Voraussetzung für die Einspeisung und vielfältige Belegung der Plattform postuliert; vielmehr verdeutlicht die Begründung damit nur, dass die Konditionen eines Verbreitungsvertrages eine Schlüsselfunktion für die effiziente Einspeisung und Plattformbelebung einnehmen. Deswegen sind diese Bedingungen entsprechend der Zielrichtung des § 52 d RStV so zu gestalten, dass, wie in der Begründung weiter erörtert, eine unbillige Behinderung oder Diskriminierung von Programmanbietern durch Entgelte und Tarife verhindert wird. Auch die Begründung zum 10. RÄndStV hat damit lediglich die Ausgestaltung eines etwaigen Verbreitungsvertrages in den Blick genommen, hiermit jedoch keine Aussage dazu getroffen, ob überhaupt die Notwendigkeit für den Abschluss eines solchen Vertrages nebst Festlegung von Einspeiseentgelten besteht. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass der Vertragsschluss als Prämisse gesehen wurde, so lediglich im Sinne einer faktischen Annahme und nicht als zwingende Voraussetzung für die Einspeisung. Schon gar nicht findet sich darin ein solches Postulat zu Gunsten der Erhebung eines Einspeiseentgelts. Entgelte und Tarife werden in den Ausführungen der Begründung lediglich als potentielle Hindernisse der Einspeisung und nicht als Vehikel zu deren Gewährleistung begriffen.

bb)

Wie das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 21.05.2014 (Juris Rn. 51 f.) ferner eingehend ausgeführt hat, kann bei dieser Sachlage auch kein Einspeiseentgeltanspruch aus einer Analogie zu § 5 Abs. 7 RStV abgeleitet werden, weil es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Indem mit dieser Regelung bewusst verfassungsrechtlichen Bedenken durch die Festlegung einer Entgeltpflicht Rechnung getragen wurde, hat der Gesetzgeber bei der Abfassung des § 52 b und d RStV erkennbar hiervon abgesehen und lediglich Veranlassung gesehen, eine Entgeltkontrolle zu installieren, ohne jedoch zwingend eine Entgeltpflicht zu begründen.

Die hieran klägerseits im Hinblick auf den Eigentumsschutz gemäß Art. 14 GG sowie die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken teilt die Kammer nicht. Die "Must-Carry"-Verpflichtung ist als Ausfluss der Sozialpflichtigkeit des Eigentums grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen. Aufgrund der Festlegung eines maximalen Umfangs der bereitzuhaltenden Kapazitäten bewegt sich die Einschränkung der Klägerinnen in ihrer Kabelbelegungsentscheidung noch in einem angemessenen Rahmen. Die Klägerinnen haben auch nicht vorgetragen, dass sie durch die Kabelbelegung zur Übertragung der Programme aus dem "Must-Carry"-Segment in ihren übrigen Kabelbelegungsmöglichkeiten nachhaltig beeinträchtigt würden. Angesichts von über 300 Programmen, die sie einspeist, davon 267 TV-Programmen, ist dergleichen auch nicht ersichtlich.

Zudem wird den Klägerinnen im Gegenzug zur Reservierung ihrer Kabelkapazitäten ein werthaltiges Surrogat zur Verfügung gestellt, indem sie die Programmsignale - abgesehen von der zu entrichtenden Urheberrechtsvergütung - kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen und hierdurch die Möglichkeit erhalten, diese im Rahmen ihres Gesamtangebots gewinnbringend zu vermarkten. Die Klägerinnen haben diesen Wert - jedenfalls noch in der Klageschrift, Rn. 122 ff. - auch anerkannt, indem sie - wenngleich in anderem Zusammenhang - geltend gemacht haben, die Vorenthaltung der Programme würde bei einem hierdurch auf dem TV-Zuschauer Markt erzielten Anteil von 40 % die Klägerinnen in ihrer unternehmerischen Tätigkeit spürbar beeinträchtigen.

Soweit die Klägerinnen im Laufe des Rechtsstreits, zuletzt in ihrem Schriftsatz vom 30.09.2014, insbesondere Rn. 140 ff., insoweit andere Behauptungen aufgestellt und anhand der Einschaltquoten ein überschaubares Interesse ihrer Kunden an den Programminhalten der Beklagten vorgetragen haben, ist dies nicht nur widersprüchlich; es wird auch durch das hierzu vorgelegte Zahlenwerk widerlegt. So haben die Einschaltquoten nicht nur im Juli 2014 wegen der Übertragung der Fußball-Weltmeisterschaft in einem zweistelligen Bereich gelegen. Hierbei handelt es sich zudem um einen Umfang, der bei einem Verhältnis von 21 öffentlichrechtlichen zu insgesamt 267 klägerseits eingespeisten TV-Programmen durchaus beachtlich ist. Unabhängig davon ist der Wert, welchen die kostenlos zur Verfügung gestellten Programmsignale für die Klägerinnen haben, nicht allein an den Einschaltquoten zu messen. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Klägerinnen ohne diese Programme kein Vollangebot zur Verfügung stellen können. Es ist jedoch anzunehmen, dass ein beachtlicher Teil ihrer Kundschaft, der durchaus über dem Anteil der Einschaltquoten liegen kann, Wert darauf legt, das Vollprogramm zu erhalten, sei es auch nur, um gelegentlich darauf zurückgreifen zu können.

Hieraus wird deutlich, dass die Klägerinnen durch die Möglichkeit, die ihnen zur Verfügung gestellten Programmsignale zu vermarkten, für die Bereithaltung der hierzu notwendigen - nicht annähernd dem zunächst behaupteten Zuschauer-Anteil entsprechenden - Kapazitäten mindestens kompensiert werden. Mit Rücksicht auf eine solche im Ergebnis minimierte Eingriffsintensität der Inanspruchnahme der Klägerinnen durch Reservierung von begrenzten Kabelkapazitäten bedurfte es keiner über den Vorteil der Vermarktung hinausgehenden Zubilligung eines Einspeiseentgelts zum Ausgleich verfassungswidriger Nachteile. Hierdurch unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von demjenigen, welcher der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.06.2013, Aktenzeichen 6 C 1.12, zugrundeliegt.

Soweit die Klägerinnen darüber hinaus verfassungsrechtliche Bedenken unter dem Blickwinkel des Grundsatzes der Normenklarheit und Normenwahrheit sowie der Wesentlichkeit der Regelungen im RStV geltend machen, da einerseits für die Bereitstellung von Kabelkapazitäten im Rahmen der "Mustcarry"-Verpflichtung kein Entgeltanspruch festgelegt werde, andererseits aber Vorschriften zur Ausgestaltung einer vertraglichen Entgeltbestimmung in § 52 d RStV zu finden seien, vermag die Kammer ihr ebenfalls nicht zu folgen. Einer grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers dazu, ob etwaige Verbreitungspflichten unentgeltlich oder entgeltlich zu erfüllen seien, bedurfte es auch unter diesem Gesichtspunkt nicht. Die Beschränkung der Vertragsfreiheit bezüglich der Festlegung von Tarifen und Entgelten für die Einspeisung von Programmsignalen zu Gunsten einer effizienten Gewährleistung der Programmvielfalt macht auch dann Sinn, wenn von einer Entgeltlichkeit beziehungsweise einer Verpflichtung zum Abschluss eines Verbreitungsvertrages nicht zwingend ausgegangen wird. § 52 d RStV beschränkt sich auf den Fall, dass Kabelnetzbetreiber und Sender ihre Beziehung auf eine vertragliche Grundlage stellen wollen; für den vertragslosen Zustand, welcher aufgrund der gesetzlich geregelten "Must-Carry"-Verpflichtung gleichermaßen möglich und ausreichend ist, wurde keine Regelung getroffen, da insoweit kein Bedürfnis bestand, Schutzbestimmungen für die Rundfunkunternehmen zu installieren. Damit hat der Gesetzgeber auch eine grundlegende Entscheidung bezüglich der Entgeltlichkeit getroffen.

b)

Die Kammer schließt sich den Ausführungen des OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014 (Juris Rn. 53 ff) auch insoweit an, als aus den Rechtsgedanken der §§ 138, 242 bzw. 826 BGB gleichermaßen kein Kontrahierungszwang mit der Konsequenz von Entgeltansprüchen für die Signaleinspeisung abgeleitet werden kann. Es fehlt bereits an der für die Vertragsabschlusspflicht notwendigen Voraussetzung, dass die Sendeunternehmen bei der vom Kabelnetzbetreiber durchgeführten Einspeisung von Programmsignalen eine Leistung entgegennehmen, die billigerweise nur gegen Vergütung verlangt werden kann.

aa)

Schon unter Berücksichtigung der rundfunkrechtlichen Rahmenbedingungen der Einspeisung von Signalen öffentlich-€rechtlicher Programmveranstalter ist dies nicht der Fall, selbst wenn davon ausgegangen wird, dass es ermessensfehlerhaft wäre, bei der Wahl der geeigneten Übertragungswege zur Erfüllung der in § 11 RStV niedergelegten Verpflichtung der öffentlich-€rechtlichen Rundfunkanstalten zur Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote die Einspeisung in das Kabelnetz auszuklammern. Dies bedeutet indes nicht, dass die Beklagten im Rahmen ihres Grundversorgungsauftrags verpflichtet wären, den Übertragungsweg der Übermittlung über die Kabelnetze zum Nachteil anderer und neuer Technologien zu manifestieren oder aktiv durch den Abschluss von Einspeiseverträgen zu unterstützen.

So ist es entsprechend den vom OLG Düsseldorf im vorgenannten Urteil ausgeführten Überlegungen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt, dass den Beklagten bei der Auswahl von Übertragungswegen gemäß § 11 RStV eine Ermessensausübung unter Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgrundsätzen obliegt, nicht mehr angezeigt, Einspeiseverträge abzuschließen. Vielmehr können sich die öffentlichrechtlichen Sendeanstalten darauf beschränken, ihre Programmsignale ohne vertraglich ausgehandelte Einspeisungsverpflichtung den Kabelnetzbetreibern so zur Verfügung stellen, dass ihre Programmangebote auch den Kabelnetzkunden zugänglich sind. Dies wird dadurch gewährleistet, dass die Sender ihre Programmsignale ohne jede Verschlüsselung terrestrisch und insbesondere mittels Satellitenübertragung ausstrahlen beziehungsweise leitungsgebunden abgeben, womit die Kabelnetzbetreiber in die Lage versetzt werden, die Signale aufzunehmen und zur Weitersendung in ihre Netze einzuspeisen.

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen hat das OLG Düsseldorf hierzu im einzelnen nachvollziehbar ausgeführt, dass aufgrund der vorhandenen Struktur auf dem Markt der Kabeleinspeisung, welche die Beklagten pflichtgemäß bei ihrer Ermessensausübung zu berücksichtigen haben, jedenfalls seit dem Jahr 2013 von einer umfassenden, den Anforderungen an die grundrechtlich garantierten Informationsrechte hinlänglich Rechnung tragenden Versorgung der mit einem Kabelanschluss ausgestatteten Zuschauerhaushalte auszugehen ist, auch wenn keine Einspeiseverträge mit den Klägerinnen abgeschlossen werden.

So liegt im vorliegenden Fall die Weitersendung der Programme des öffentlich-€rechtlichen Rundfunks gleichermaßen im ureigenen wirtschaftlichen Interesse der Klägerinnen, da diese ihre Umsätze (mit bspw. 625 Mio. € im Jahr 2011, im Konzern sogar mit 924 Mio. €) in erster Linie aus den Entgelten ihrer Kunden für die auf den Netzebenen 3 und 4 betriebene Weitersendung von Rundfunkprogrammen und nicht aus den den Rundfunkveranstaltern abverlangten Transportentgelten von 26 Mio. € für die Einspeisung von Programmsignalen in ihre Kabelnetze erzielen. Unzweifelhaft besteht aufgrund der klägerseits selbst ins Feld geführten hohen Anteile der öffentlichrechtlichen Programme am Zuschauermarkt sowie der weiteren, oben hierzu angeführten Gründe (Unverzichtbarkeit der öffentlichrechtlichen Programme) auch keine realistische Möglichkeit der Kabelnetzbetreiber, ohne diese Programme ein wettbewerbsfähiges Produktangebot auf den Markt zu bringen.

In Verbindung mit ihrer Verpflichtung aus § 52 b RStV, ihre Kabelnetzkapazitäten begrenzt und vorrangig u.a. dem Programmangebot des öffentlich-€rechtlichen Rundfunks zur Verfügung zu stellen, ergibt sich damit eine Situation, in welcher die Einspeisung der Programme, die dem Grundversorgungsbereich zugehören, durch die Klägerinnen sichergestellt ist, ohne dass die Beklagten über die unverschlüsselte Zurverfügungstellung ihrer Programmsignale hinaus Einspeisedienstleistungen nachfragen müssen. Hierzu sind die dann auch rechtlich nicht verpflichtet, da die Aufnahme gängiger Übertragungsformen in die Gewährleistung der Grundversorgung, wie sie in der klägerseits zitierten Rechtsprechung des BVerfG postuliert wird, nichts darüber besagt, wie die Grundversorgung insoweit von den Programmveranstaltern sicherzustellen sei. Dies liegt vielmehr in deren Ermessen und knüpft an die tatsächlichen Verhältnisse unter Berücksichtigung etwaiger Veränderungen durch die technische und wirtschaftliche Fortentwicklung an. Selbst wenn, wie die Klägerinnen annehmen, im gesetzlich geregelten "Kabelbelegungsregime" keine ausdrückliche Verpflichtung der Klägerinnen vorgesehen ist, über die Zurverfügungstellung von Kabelkapazitäten hinaus auch die Einspeisedienstleistung vorzunehmen, ergibt sich dies jedenfalls aus dem Kontext der übrigen rundfunkrechtlichen Bestimmungen, zu denen auch das Wirtschaftlichkeitsgebot zählt, welches an die vorbeschriebenen Strukturen anknüpft.

bb)

Zu Recht hat das OLG Düsseldorf in der vorgenannten Entscheidung auch darauf verwiesen, dass die Einspeisung der von den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten zur Verfügung gestellten Programmsignale nach dem Willen des Gesetzgebers im Interesse einer flächendeckenden Grundversorgung gerade nicht von der Zahlung eines Einspeiseentgelts abhängig gemacht worden ist (Juris Rn. 58 f.). Entgegen der von den Klägerinnen vertretenen Auffassung ist es demzufolge nicht die Verpflichtung der Beklagten, die Verbreitung ihrer Rundfunkprogramme durch den Abschluss von Verträgen unter anderem mit den Klägerinnen sicherzustellen. Dies gilt jedenfalls nicht für den "Must-Carry"-Bereich, in dem die Klägerinnen eine eigene gesetzliche Pflicht trifft, die Programme einzuspeisen. Weder bedarf es in solchen Fällen des zusätzlichen Abschlusses von Verträgen noch ist dies im Sinne einer Sicherstellung der Grundversorgung zweckmäßig.

In der klägerseits postulierten Verpflichtung, Einspeisedienstleistungen auf vertraglicher Grundlage von den Klägerinnen in Anspruch zu nehmen, sieht die Kammer sogar ein Hindernis bei der Gewährleistung des ungehinderten Zugangs zu dem Programminhalten der Grundversorgung. Denn die zivilvertragliche Regelung der Einspeisung gegen Entgelt würde der darauf gegründeten Verpflichtung der Klägerinnen zur Vornahme der Einspeisedienstleistungen gegebenenfalls Grenzen setzen, die mit ihrer gesetzlichen "Must-€Carry€"-Verpflichtung nicht im Einklang stehen. Inwiefern eine vertragliche Basis für die Gewährleistung der Einspeisedienstleistungen eine stabilere rechtliche und tatsächliche Grundlage für die Verbreitung der öffentlichrechtlichen Programme darstellen soll, obgleich hierdurch gegebenenfalls Zurückbehaltungsrechte begründet werden und Auslegungsfragen über den Umfang der Leistungen auftreten, haben die Klägerinnen nicht dargetan. Im Streitfall müsste letztlich auf die gesetzliche Regelung der "Must-€Carry€"-Verpflichtung zurückgegriffen werden; ein Vorteil zusätzlicher vertraglicher Regelung ist nicht ersichtlich.

Soweit die Klägerinnen sich in diesem Zusammenhang darauf stützen, dass die Beklagte zu 13. im Verfahren vor dem OLG Karlsruhe vorgetragen habe, der "Must-Carry"-Status garantiere keineswegs, dass ein Programm auch tatsächlich eingespeist werde, beziehen sich diese Ausführungen erkennbar auf die faktische Situation der klägerseitigen Handhabung von "Must-Carry"-Programmen mit vermeintlich weniger populären Inhalten, wovon die Beklagte zu 13. in der Tat betroffen sein dürfte, da deren Programminhalte überwiegend nur einen geringeren, allerdings nicht zu vernachlässigenden Bevölkerungsteil ansprechen. Die rein tatsächliche Handhabung der Klägerinnen ohne ausreichende Beachtung der "Must-Carry"-Verpflichtung vermag indes keine Begründung dafür abzugeben, dass zu deren Vermeidung und entsprechenden Absicherung des "Must-Carry"-Status€ zivilrechtliche Verträge abzuschließen seien.

cc)

Die Klägerinnen können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bei der Ermessensentscheidung gemäß § 19 RStV unter Beachtung des Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot dem Abschluss von entgeltlichen Einspeiseverträgen mit den Klägerinnen jedenfalls deswegen der Vorzug gewähren sei, weil dies im Vergleich zur terrestrischen Verbreitung ihren Behauptungen entsprechend deutlich günstiger sei. Hierbei verkennen die Klägerinnen, dass es bei der den Beklagten obliegenden Ermessensentscheidung nicht darauf ankommt, welcher der Verbreitungswege günstiger ist, wenn einer von ihnen, nämlich die Einspeisung in das Kabelnetz, für die Beklagten kostenlos zu erlangen ist. Dies schließt zwar nicht aus, auch die Kosten der Terrestrik zu überprüfen, was nach dem Vorbringen der Klägerinnen in der Klageschrift beklagtenseits auch geschehen sein soll, jedoch können die Klägerinnen aus einer unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gegebenenfalls verfehlten Entscheidung nicht herleiten, dass sie ihrerseits gleichermaßen verfehlt für ihre Einspeisedienstleistungen zu vergüten seien.

Im übrigen haben die Klägerinnen nichts dazu vorgetragen, dass auf die Terrestrik vollständig verzichtet werden könnte, weil sie etwa zur Gewährleistung der Grundversorgung nicht erforderlich wäre. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der neuesten technischen Entwicklungen bei der terrestrischen Verbreitung von Einspeisevergütung.

c)

Ohne Einschränkung folgt die Kammer nicht zuletzt der Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Juris Rn. 61 ff.), dass die Rundfunkanstalten auch keine kartellrechtlich begründete Pflicht zur Nachfrage von Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen trifft.

aa)

Die beklagten Sendeanstalten sind schon nicht Normadressaten des kartellrechtlichen Behinderungs- und Diskriminierungsverbots gemäß § 20 Abs. 1 bzw. Abs. 2 GWB a.F. (2005), da ihnen weder eine marktbeherrschende Stellung (§ 20 Abs. 1 GWB 2005) noch eine relative Marktmacht (§ 20 Abs. 2 GWB 2005) innewohnt.

aaa)

Sachlich relevant ist der Nachfragemarkt für Einspeisedienstleistungen von Programmsignalen in Breitbandkabelnetze, zu dem die Nachfrage der Sender nach einem Signaltransport per Satellit oder auf terrestrischem Weg schon deswegen nicht gerechnet werden kann, weil die Kabelnetzbetreiber eine solche Transportleistung überhaupt nicht anbieten. Eine weitergehende Fassung des sachlich relevanten Markts dahingehend, dass ein Markt der Plattformanbieter für die Verbreitung von Programmsignalen abgegrenzt würde, zu dem auch die Anbieter von Transportleistungen per Satellit oder auf terrestrischem Weg gehören würden, kommt mangels Austauschbarkeit dieser Leistungen nicht in Betracht.

bbb)

Bei der räumlichen Marktabgrenzung ist entsprechend den Ausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die Sicht der Anbieter abzustellen, so dass als potentielle Nachfrager alle Sender in Betracht kommen, die im Umfang freier Kapazitäten der Klägerinnen in deren Netz eingespeist werden könnten. Hiermit erfasst der Nachfragemarkt nicht nur das Bundesgebiet, sondern auch das europäische Ausland, weil die Klägerinnen unstreitig bereits aktuell auch Programme aus solchen Ländern in ihr Netz einspeisen.

ccc)

Für eine marktbeherrschende oder marktstarke Stellung der Rundfunkanstalten auf dem solchermaßen abgegrenzten Nachfragemarkt bestehen allerdings keine genügenden Anhaltspunkte, selbst wenn entsprechend der klägerseits vertretenen, allerdings nicht nachvollziehbar begründeten Auffassung davon ausgegangen würde, dass alle Beklagten in einem Oligopol miteinander verbunden sind. Auch dann ist mit Rücksicht auf den Umfang der für alle beklagten Anstalten insgesamt anfallenden technischen Einspeisedienstleistungen kein maßgebliches Nachfragemonopol feststellbar. Wird zur Bestimmung des Nachfragevolumens entsprechend den Ausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf das Verhältnis zwischen der Anzahl der insgesamt eingespeisten Sender und dem Anteil der Beklagten hieran abgestellt, so ergibt sich bei einem derzeitigen Einspeisevolumen von insgesamt 267 TV-€Programmen eine Beteiligung der Beklagten hieran, welche sich nach dem Vorbringen der Klägerinnen auf 21 TV-Programme belaufenden soll und damit im Bereich von 8 % am Gesamtaufkommen liegt. Dem entspricht die Angabe der Klägerinnen, dass die Beklagten ca. 20 % ihrer Kabelkapazitäten belegten bzw. die Angabe der Beklagten, es handele sich um 17,8 %. Die Kammer folgt auf dieser Grundlage auch der Beurteilung des OLG Düsseldorf, dass es wegen des hiernach den Klägerinnen verbleibenden hohen Ausweichpotentials nicht auf die ihnen gesetzlich auferlegte Beschränkung der Kabelbelegung ankommt, zumal im Vorbringen der Klägerinnen Angaben dazu fehlen, dass infolge der Reservierung von Kabelkapazitäten für die "Must-Carry"-Programme Kapazitätsengpässe zu verzeichnen seien. Die Anzahl von insgesamt 267 eingespeisten TV-Programmen spricht dagegen.

Ebenso ist es auch unter Berücksichtigung der hiergegen von den Klägerinnen angeführten Argumentation unbedeutend, dass den Beklagten im "Must-Carry"-Segment ein "gesicherter Zugang" zur Verfügung steht. Eine marktbeherrschende Stellung der Beklagten kann sich hierauf nicht gründen, da die Kapazitäten der Klägerinnen insoweit ohnehin dem Wettbewerb entzogen sind. Allenfalls käme die Abgrenzung eines eigenständigen Nachfragemarkts bezüglich der Einspeisung sämtlicher "Must-Carry"-Programme in Betracht, auf dem die (öffentlichrechtlichen und privaten) Veranstalter von Programmen mit "Must-Carry"-Status miteinander um den gesetzlich begrenzten Anteil von einem Drittel der klägerseits vorhandenen Kabelkapazitäten konkurrierten. Jedoch lässt sich auch insoweit keine marktbeherrschende Stellung der Beklagten feststellen.

Die weiteren im vorliegenden Verfahren gleichermaßen wie in dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Rechtsstreit für eine marktbeherrschende oder auch nur marktstarke Stellung der Beklagten vorgebrachten Argumente lassen gleichermaßen keine entsprechenden konkret zu bemessenden Einflusspotenziale erkennen.

Schließlich kommt es bei der Frage nach Marktbeherrschung und Marktmacht im Streitfall auf Parameter wie Zuschauermarktanteile der eingespeisten Programme und/oder darauf an, dass ein Kabelnetzbetreiber ohne die streitbefangenen Gemeinschaftsprogramme kein wettbewerbsfähiges Angebot auf den nachgelagerten Weitersendemärkten (NE 3/NE 4) abgeben kann. Denn diese Gesichtspunkte betreffen nicht den vorstehend abgegrenzten Einspeisemarkt, sondern den Markt für die Einräumung von Kabelweitersenderechten.

bb)

Unabhängig davon stellt sich weder die Kündigung des Kooperationsvertrages vom 07.04.2008 noch die seit 01.01.2013 praktizierte Weigerung der Rundfunkanstalten, bei den Klägerinnen eine Signaleinspeisung nachzufragen, als ein Missbrauch von Marktmacht dar. In Erwägung des Umstandes, dass die Beklagten zu 2. bis 13. schon in der Präambel zum Kooperationsvertrag zum Ausdruck gebracht hatten, künftig keine Einspeiseentgelte mehr zahlen zu wollen, war durch den Abschluss des Vertrages keine Situation eingetreten, in welcher es den Beklagten verwehrt gewesen wäre, ihren Standpunkt zu überprüfen und künftig dafür zu optieren, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, entsprechend der gesetzlichen Entscheidung die Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen auch ohne Vergütung in Anspruch zu nehmen. Auf die überzeugenden Ausführungen des OLG des Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014 (Juris Rn. 79 ff.) wird ergänzend Bezug genommen.

2.

Die Kündigung des Kooperationsvertrages vom 04.07.2008 ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 1 GWB oder § 21 GWB gemäß § 134 BGB nichtig.

a)

Entsprechend den Ausführungen des OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014 (Juris Rn. 84) scheidet ein Verstoß gegen § 1 GWB von vornherein aus, soweit es um eine Verhaltenskoordinierung der in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten über die Beendigung des Kooperationsvertrages in Bezug auf die nach den Vorgaben des § 11 b Abs. 1 RStV und des § 1 ARD-€RStV von den Landesrundfunkanstalten der ARD veranstalteten Gemeinschaftsprogramme geht. Aus der gemeinschaftlichen Veranstaltung dieser Programme folgt auch eine gemeinsame Verbreitungslast im Sinne des § 11 Abs. 1 RStV, denn die Veranstaltung im Sinne von § 11 b Abs. 1 RStV umfasst nach der Systematik die Herstellung und Verbreitung im Sinne von § 11 Abs. 1 RStV. Die gemeinschaftliche Verbreitung schließt jedoch eine Abstimmung über die Art und Weise des Signaltransports zur Sicherstellung der Grundversorgung ein.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass andere Programme, welche von den Landesrundfunkanstalten eigenverantwortlich veranstaltet werden, hiervon nicht erfasst sind. Unabhängig davon, dass eine Trennung zwischen beiden Programmbereichen bei deren Verbreitung schon in technischer Hinsicht zweifelhaft erscheint, ist es irrelevant, dass der Kooperationsvertrag nicht lediglich die Verbreitung von Gemeinschaftsprogrammen regelt. Denn jedenfalls soweit dies der Fall ist, war nicht nur die Abstimmung bei Abschluss des Kooperationsvertrages, sondern auch dessen koordinierte Kündigung unumgänglich und damit kartellrechtlich nicht zu beanstanden. Dies haben die Klägerinnen selbst noch in der Klageschrift, Rn. 129, eingeräumt, und ist entgegen ihrer nachfolgenden Darstellung vom Bundeskartellamt auch nicht beanstandet worden. Vielmehr blieb die mit Schreiben des anwaltlichen Bevollmächtigten in diesem Verfahren vom 26.04.2012 unter Hinweis auf fehlenden Handlungsspielraum angekündigte gemeinschaftliche Kündigung des Kooperationsvertrages ohne Widerspruch.

Sämtliche klägerseits gerügten Verhaltensweisen, welche sich auf eine Abstimmung der in der ARD verbundenen Rundfunkanstalten beschränken, wie etwa der Verweis auf die Beklagte zu 4. zwecks Koordinierung der Verhandlungen, sind damit kartellrechtlich irrelevant.

b)

Kein Vorwurf eines Kartellverstoßes trifft die Rundfunkanstalten nach den weiteren Ausführungen des OLG Düsseldorf im vorgenannten Urteil vom 21. 5. 2014 ferner im Falle einer Koordinierung zwischen den ARD-Anstalten, ZDF, DLR und/oder ARTE im Hinblick auf die Kündigung des Kooperationsvertrages.

Zwar kann den Beklagten nicht darin gefolgt werden, dass eine gemäß § 1 GWB verbotene Verhaltenskoordinierung bereits deshalb ausscheidet, weil die Klägerinnen aufgrund der "Must-€Carry"-€Regelungen zur Signaleinspeisung der öffentlich-€rechtlichen Programme gesetzlich verpflichtet sind; denn die Beklagten zu 2. bis 13. hatten sich ungeachtet dessen durch den Abschluss des Kooperationsvertrages auf dem Nachfragemarkt der Einspeisungsdienstleistungen betätigt, woran sie durch das gesetzliche "Kabelbelegungsregime" seinerzeit, als das Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot noch nicht in den Rundfunkstaatsvertrag aufgenommen worden war, auch nicht gehindert waren.

Ein Verstoß gegen das Kartellverbot des § 1 GWB im Kontext der Kündigung ist jedoch nicht feststellbar.

aa)

Die Kammer folgt dem OLG Düsseldorf in seinen Ausführungen gemäß Urteil vom 21.05.2014 (Juris Rn. 88 ff.), wonach es keine gegen § 1 GWB verstoßende wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise zwischen den ARD-Rundfunkanstalten, ZDF, DLR und/oder ARTE darstellt, wenn diese lediglich Einvernehmen über die Kündigung des Kooperationsvertrages erzielt haben.

aaa)

Eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung über die Kündigung des Kooperationsvertrages vom 07.04.2008 liegt darin schon deswegen nicht, weil es hierzu an hinreichenden Anhaltspunkten dafür fehlt, dass die in der ARD verbundenen Rundfunkanstalten, ZDF, DLR und ARTE insgesamt oder in Teilkonstellationen eine Vereinbarung treffen wollten, welche über das im März 2011 erzielte Einvernehmen hinaus rechtliche oder tatsächliche Bindungswirkung hätte entfalten sollen.

Dies gilt auch und gerade für die Abgabe der Kündigungserklärungen, wie insbesondere das Verhalten der Beklagten zu 12. zeigt, auf das nachfolgend noch näher eingegangen wird.

bbb)

Es fehlt im Kontext der Kündigungserklärungen auch an einem abgestimmten Verhalten im Sinne von § 1 GWB, sei es unter Beteiligung aller Beklagten zu 2. bis 13. oder auch nur eines Teils davon.

Insbesondere vermag die Kammer in der Koordination der Kündigungserklärungen selbst keine relevante Abstimmung zu erkennen, da hierin entsprechend den Hinweisen der Vorsitzenden in der Verfügung vom 11.02.2014 mit Rücksicht auf die Struktur des Kooperationsvertrages lediglich eine Umsetzung der in Art. 11 Abs. 1 S. 1 niedergelegten Kündigungsregelung liegt. Entgegen der von den Klägerinnen vertretenen Auffassung ist diese Bestimmung nicht dahingehend auszulegen, dass jedem Programmveranstalter ein eigenes Kündigungsrecht zugestanden hätte, welches er ohne Abstimmung eigenständig hätte ausüben können. Bereits nach ihrem Wortlaut geht die Vertragsregelung von zwei Parteien aus, den Klägerinnen einerseits und den Beklagten zu 2. bis 13. andererseits, mit der Konsequenz, dass die Angehörigen der jeweiligen Parteien das in Art. 11 Abs. 1 S. 1 niedergelegte Kündigungsrecht nur gemeinschaftlich ausüben können, § 432 Abs. 1 S. 1 BGB. Hierbei verfängt es nicht, dass andere vertragliche Regelungen, insbesondere solche zum außerordentlichen Kündigungsrecht oder die Bestimmungen in Art. 18 Abs. 2, in den jeweiligen Kontexten auf die einzelnen Programmveranstalter abstellen. Dies zeigt nur, dass die Vertragsschließenden dort, wo es ihnen nötig erschien, eine Differenzierung zwischen den einzelnen Programmveranstaltern festlegten.

Selbst wenn jedoch entsprechend dem Standpunkt der Klägerinnen davon auszugehen wäre, dass jedem Programmveranstalter aufgrund Art. 11 Abs. 1 des Kooperationsvertrages ein eigenes Kündigungsrecht zugestanden hätte, wäre eine Unwirksamkeit der gleichwohl gemeinschaftlich vorgenommenen Kündigung wegen Kartellverstoßes nicht ohne weiteres anzunehmen. Dies gilt bereits deswegen, weil die Rechtsfrage, wie das Kündigungsrecht ausüben sei, im Verfahren vor dem Bundeskartellamt offen geblieben und beklagtenseits mit guten Gründen dahingehend bewertet worden ist, dass nur gemeinschaftlich gekündigt werden könne. Eine Abstimmung über bestehende Handlungsalternativen liegt darin nicht.

Unabhängig davon hätte - die Rechtsauffassung der Klägerinnen unterstellt - bereits die isolierte Kündigung durch die Beklagte zu 12. mit Wirkung für alle Beklagten dazu geführt, dass der Kooperationsvertrag bereits vor der - dann irrelevanten - gemeinschaftlichen Kündigung wirksam gekündigt gewesen ist. Hierfür kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Beklagte zu 12. Vertretungsmacht für die übrigen Beklagten zum Ausspruch der Kündigung hatte. Denn die Wirkung zu Gunsten aller Beklagten folgt daraus, dass nach Art. 11 Abs. 1 S. 2 des Kooperationsvertrages die Kündigung "von einer der Parteien" zur Beendigung des Vertrages führt, somit auch die Kündigung eines einzelnen Programmveranstalters hierzu ausreicht, wenn entsprechend der Lesart der Klägerinnen die Kündigung "einer der Parteien" gleichbedeutend sein soll mit derjenigen eines Programmveranstalters. Anderenfalls wäre im übrigen die Argumentation der Klägerinnen, die Beklagten hätten jeweils einzeln kündigen können, hinfällig. Denn ohne die Gesamtwirkung wäre eine solche Einzelkündigung Makulatur.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese isolierte Kündigung der Beklagten zu 12. auf der Grundlage abgestimmten Verhaltens quasi im Vorgriff auf die nachfolgenden Kündigungen aller Beklagten zu 2. bis 13. ausgesprochen worden wäre; jedenfalls aus der Abfassung des Kündigungsschreibens, welches vom Inhalt der späteren Schreiben abweicht, sowie aus dessen Kontext ergibt sich eher das Gegenteil. Ebensowenig verfangen Äußerungen des Bevollmächtigten der übrigen Beklagten im Verfahren vor dem Bundeskartellamt, die sich auf die Beklagten zu 12. und 13. beziehen. Unabhängig davon, dass jedenfalls die Beklagte zu 12. nicht erkennbar in dieses Verfahren involviert worden ist, kann aus dem Umstand, dass sie in die schriftsätzlichen Erwägungen des anwaltlichen Bevollmächtigten von ARD und ZDF einbezogen wurde, nichts für eine Kündigungsabsprache hergeleitet werden. Denn die Ausführungen, welche sich unter anderem auch mit den Beklagten zu 12. und 13. befassen, betreffen andere Sachverhalte und gerade nicht die Absprache. Im übrigen wurde das Schreiben vom 11.07.2012, auf welches die Klägerinnen sich beziehen, erst nach den Kündigungen verfasst. Da die Beklagte zu 12. an den späteren Kündigungen der übrigen Beklagten ebenfalls beteiligt war, bezieht sich die Stellungnahme des anwaltlichen Bevollmächtigten erkennbar auf diese Kündigung. Mit der bereits zuvor unter dem 14.06.2012 von der Beklagten zu 12. erklärten gesonderten Kündigung befasst sich das Schreiben gar nicht. War aber diese noch unbeeinflusst von der Absprache ausgesprochen worden, wofür der Alleingang der Beklagten zu 12. spricht, so war diese wirksam und kommt es, wie ausgeführt, auf die übrigen Kündigungen und deren etwaige Unwirksamkeit nicht mehr an.

Aus der Abstimmung der Beklagten über die gemeinschaftliche Kündigung als solcher vermag daher kein Kartellverstoß hergeleitet zu werden. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände liegt in der bloßen gemeinschaftlichen Kündigung auch keine Fortführung/-wirkung der zuvor vom Bundeskartellamt Anfang 2012 gerügten Absprache, wobei insbesondere die von den Klägerinnen ins Feld geführte Entscheidung des BGH vom 25.01.1983, KZR 12/81 - Familienzeitschrift - hierfür nicht genügend hergibt. Denn es macht einen entscheidenden Unterschied, ob aufgrund einer Absprache eine Mehrzahl von Verträgen zeitgleich gekündigt wird oder ob die Kündigung lediglich einen einzelnen Vertrag betrifft, in dem auf beiden Seiten eine Mehrzahl von Unternehmen gebunden ist und der lediglich ein einheitliches Kündigungsrecht vorsieht.

bb)

Eine gemäß § 1 GWB relevante Abstimmung können die Klägerinnen indes auch nicht aus den weiteren von Ihnen hierzu angeführten Verhaltensweisen der Beklagten zu 2. bis 13. und Indizien herleiten.

aaa)

Soweit sie sich auf die Konsultationen zwischen den ARD-Rundfunkanstalten und dem ZDF im März 2011 sowie auf die im Nachgang hierzu veröffentlichten Verlautbarungen der Sendeanstalten stützen, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass diese Handlungsweisen, soweit sie vor Durchführung des Verfahrens vor dem Bundeskartellamt stattfanden, danach fortgesetzt Wirkung entfalteten. Hierzu sind allenfalls die von den Klägerinnen für die Zeit danach angeführten Umstände von Relevanz.

bbb)

Allerdings ist auch insoweit entsprechend den Ausführungen in der Vorsitzendenverfügung vom 11.02.2014 vor dem Hintergrund des vorangegangenen Verfahrens vor dem Bundeskartellamt und der von einigen Beklagten eingegangenen Verpflichtung zur künftig getrennten Verhandlung mit den Klägerinnen eine fortdauernde Abstimmung des Inhalts, die Zahlung von Einspeisevergütungen zu verweigern und zu deren Umsetzung gemeinschaftlich zu kündigen, nicht allein darauf zu stützen sein, dass die Beklagten im Nachgang zur Kündigung letztlich eine Verpflichtung zur Fortführung der Entgeltzahlung abgelehnt haben. Denn es gab keinerlei Vorgaben des Bundeskartellamts bezüglich der Bandbreite der in den Verhandlungen möglicherweise einzunehmenden Positionen, so dass sich jede Beklagte auf den Standpunkt stellen konnte, entsprechend ihrer bereits bei Abschluss des Kooperationsvertrages eingenommenen Haltung nunmehr zu verfahren. Schon deswegen erscheint es zweifelhaft, ob die Äußerungen verschiedener Beklagter zur Ablehnung von Einspeisevergütungen für die Annahme fruchtbar gemacht werden können, die Kündigung des Kooperationsvertrages sei integraler Bestandteil der gemeinsamen Boykottstrategie, die im Nachgang hierzu aufgrund einer Fortwirkung des im März 2011 stattgefundenen Informationsaustauschs weiterverfolgt worden sei.

Ohne Erfolg wenden die Klägerinnen sich in diesem Zusammenhang gegen die überzeugende Argumentation des OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014, wonach bei verständiger Würdigung aller Umstände des Streitfalls, namentlich der Androhung des Bundeskartellamts, bei der Feststellung weiterer koordinierter Verhaltensweisen ein förmliches Verfahren einzuleiten, die Entscheidung zur Beendigung des Einspeisevertrages sowie künftigen Ablehnung der Zahlung von Einspeisevergütungen das Ergebnis eines jeweils autonomen Entscheidungsprozesses in den Gremien der Rundfunkanstalten und des ZDF gewesen sind.

Es war, wie ausgeführt, den Beklagten zu 2. bis 13. unbenommen, ihren am 22. März 2011 eingenommenen Rechtsstandpunkt zur Verpflichtung, Einspeisevergütungen zu zahlen, aufrechtzuerhalten und weiterzuverfolgen. Hierzu war die Vertragskündigung notwendige Voraussetzung sowie unter dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebots aus § 19 Satz 2 RStV die einzig in Betracht kommende Handlungsalternative der Sender. Denn zur Erfüllung des verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrags war es, wie ausgeführt, nicht erforderlich, Einspeisedienstleistungen der Klägerinnen einzukaufen, da die Programme aus dem "Must-Carry"-Segment von den Klägerinnen ohnehin aufgrund ihrer eigenen rundfunkrechtlichen Verpflichtung einzuspeisen waren. Insoweit verbot sich sogar die Eingehung finanzieller Verpflichtungen durch den Abschluss von Einspeiseverträgen, auch aus den oben angeführten Erwägungen, dass die Sicherstellung der Grundversorgung auf gesetzlicher Grundlage am ehesten gewährleistet ist.

Soweit die Klägerinnen behaupten, die Beklagten zu 2. bis 13. hätten ungeachtet der Intervention des Bundeskartellamts weiterhin an ihrem abgestimmten Verhalten festgehalten und zu keiner Zeit beabsichtigt, dieses aufgegeben, wird ihr Vorbringen durch die hierzu indiziell zitierten Schreiben und öffentlichen Stellungnahmen der Beklagten zu 2. bis 13. nicht hinreichend gestützt. Diese beschränken sich im wesentlichen auf die Erläuterung des von den Sendeanstalten eingenommenen Rechtsstandpunkts und die darauf fußende "Kabelstrategie". Auch einen "Paradigmenwechsel" durften die Beklagten zu 2. bis 13. weiterhin vertreten, wenn sich dieser aus entsprechender Würdigung der Rechtslage zum Kündigungszeitpunkt ergab. Unabhängig davon, dass die Programmveranstalter schon in der Präambel zum Kooperationsvertrag keinen abweichenden Rechtsstandpunkt vertreten hatten, insofern in rechtlicher Hinsicht auch kein grundlegender Wechsel zu verzeichnen war, konnte es ihnen zudem nicht verwehrt sein, bei Überprüfung der Rechtslage entsprechend ihrer - gegebenenfalls besseren - Erkenntnis zu verfahren. Demzufolge verfängt es auch nicht, dass sie die Angebote der Klägerinnen auf Abschluss eines Standardvertrages, welcher die Entgeltpflicht der Einspeisedienstleistungen vorsieht, Mitte 2013 abgelehnt haben.

Es kommt hinzu, dass die Klägerinnen ohnehin im wesentlichen eine Koordinierung zwischen einzelnen ARD-€Anstalten reklamieren, die aber, wie vorstehend bereits dargelegt, mit Rücksicht auf die notwendige Abstimmung bezüglich der Verbreitung ihrer Gemeinschaftsprogramme kartellrechtlich unbedenklich ist.

ccc)

Entgegen ihrer Auffassung können die Klägerinnen für ihre Behauptung, die Beklagten zu 2. bis 13. hätten ihr abgestimmtes Verhalten ungeachtet des Einschreitens des Bundeskartellamts nicht aufgegeben, keineswegs den Umstand fruchtbar machen, dass die Beklagten zu 2. bis 13. für ihre gegenteilige Behauptung, sich strikt daran gehalten zu haben, keine entsprechenden Beschlüsse und Entscheidungen ihrer Gremien vorlegen, welche eine autonome Vorgehensweise nach dem 16.04.2014 dokumentieren. Weshalb diese Gremien nach der gegenüber dem Bundeskartellamt eingegangenen Verpflichtung, etwaige Verhandlungen mit den Klägerinnen eigenständig zu betreiben, und der dieser Verpflichtung vorausgegangenen internen Willensbildung nunmehr erneut hätten hierüber hätten explizit befinden müssen, ist nicht ersichtlich. Ebensowenig bedurfte es zwingend gesonderter Gremienbeschlüsse, um sich der geprüften und erkannten Rechtslage entsprechend zu verhalten oder von Verhandlungen vollständig abzusehen. Insbesondere bestand insoweit auch keine Veranlassung aufgrund der gegenüber dem Bundeskartellamt eingegangenen Verpflichtung, da diese nicht das "Ob" von Verhandlungen, sondern mit der Vorgabe autonomer Verhandlungen lediglich deren "Wie" zum Gegenstand hatte.

Im übrigen tragen die Klägerinnen zum Inhalt der Verwaltungsvorgänge, welche ihnen im Rahmen des Verwaltungsrechtsstreits offenbar zugänglich gemacht worden sind, nicht konkret vor, sondern unterziehen diese einer zusammenfassenden Würdigung, dass hierin kein autonomes Verhalten festzustellen sei. Hierzu hätte es indes näherer Angaben unter zumindest auszugsweiser Vorlage der Verwaltungsvorgänge bedurft.

ddd)

Die Klägerinnen können entgegen ihrer Auffassung auch nichts aus dem Inhalt der Anmeldung von Verbreitungsentgelten bei der KEF herleiten, wie im Urteil des OLG Düsseldorf vom 21.05.2014 bereits eingehend begründet. Allein dem Umstand, dass die Beklagten zu 2. bis 13. hierbei für die Einspeisung ihrer Signale in das Kabelnetz der Klägerinnen keinen Finanzbedarf angemeldet haben (was die Beklagte zu 12. bestreitet) besagt nichts darüber, wie diese Entscheidung zustande gekommen ist. Auch insoweit messen die Klägerinnen der von ihr behaupteten übereinstimmenden Handlungsweise der Beklagten zu 2. bis 13. eine Bedeutung bei, die ihr nicht zwingend zukommt, da die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Beklagten zu 2. bis 13. ihren Finanzbedarf planen und anzumelden hatten, den vorstehend ausgeführten Restriktionen unterlagen. Wie dargelegt, entsprach es dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, keine entgeltlichen Einspeiseverträge mehr abzuschließen. Demzufolge wäre auch die Anmeldung entsprechenden Finanzbedarfs - und sei es nur vorsorglich - verfehlt gewesen.

cc)

Unbeschadet der vorstehenden Erwägungen wäre ein Verstoß gegen § 1 GWB durch - unterstellt - unzureichende Abstandnahme von dem beklagtenseits vor Einschreiten des Bundeskartellamts gezeigten abgestimmten Verhalten jedenfalls deswegen kartellrechtlich irrelevant, weil nicht festzustellen ist, dass hierdurch bestehende wettbewerbliche Risiken eingeschränkt oder beseitigt worden wären. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen bestanden keine Marktrisiken, welchen die Beklagten zu 2. bis 13. durch eine praktische Zusammenarbeit im Vorfeld oder im Nachgang der Kündigung des Kooperationsvertrages zu begegnen versucht haben könnten.

Wie das OLG Düsseldorf in dem zitierten Urteil vom 21.05.2014 bereits überzeugend ausgeführt hat (Juris Rn. 96 f.), bestanden solche Risiken im Segment der "Must-€Carry-€Programme nicht. Insoweit war durch die gesetzliche Absicherung der unentgeltlichen Verbreitung infolge der Verpflichtung der Kabelnetzbetreiber zur Einspeisung der betreffenden Programmsignale sowohl die Kündigung des Kooperationsvertrages als auch die Weigerung, einen solchen Vertrag mit Regelungen zur entgeltlichen Einspeisung dieser Programme abzuschließen, von vornherein mit keinem wettbewerblichen Risiko verbunden. Gerade wenn sich die Rundfunkanstalten dem Vortrag der Klägerinnen entsprechend darauf verlassen konnten, dass die jeweils anderen ebenfalls die Zahlung von Einspeiseentgelten ablehnen würden, bestand kein Risiko, dessen Verhinderung einer Absprache bedurft hätte.

Ebenso lässt sich auch im vorliegenden Fall kein relevantes wettbewerbliches Wagnis im Hinblick auf die nicht unter den "Must-€Carry"-€Status fallenden Programme feststellen, selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerinnen Ende 2013 einige Programme ausgelistet haben. Dies betrifft lediglich die Dritten Programme, welche nur noch in der jeweils regionalen Variante pro Kabelnetz eingespeist werden, ohne dass dies für das Programm - abgesehen von dem jeweils halbstündigen eigenen Regionalfenster pro Tag - von Bedeutung gewesen wäre und ohne dass die Beklagten zu 2. bis 10. dies zum Anlass genommen hätten, bei den Klägerinnen entsprechende entgeltliche Einspeisedienstleistungen nachzufragen.

Erkennbar hat auch die Pressemitteilung vom 7. Januar 2013 über den Fortfall von "Zusatzleistungen" und die Angleichung der Bandbreite für die digitale Übertragung der öffentlich-€rechtlichen Programme an ihren Plattformstandard zu keinen Reaktionen der Beklagten geführt, welche dahin gegangen wären, dass diese sich angesichts des aufgezeigten Szenarios veranlasst gesehen hätten, in Verhandlungen über den Fortbestand der Leistungen gegen Entgelt einzutreten. Soweit die Beklagten unter anderem durch Eingaben bei den Landesmedienanstalten die Durchsetzung der "Mustcarry"-Verpflichtungen gegenüber den Klägerinnen angemahnt haben, schließt diese Reaktion es sogar aus, dass sie ein durch den Abschluss von Einspeiseverträgen zu verminderndes Wettbewerbsrisiko gesehen hätten.

B.

Die Hilfsanträge der Klägerinnen sind zulässig. Insbesondere ist der Zivilrechtsweg eröffnet, da die Klägerinnen ihre hilfsweise geltend gemachten Klageansprüche auf Kartellrecht stützen. Eine öffentlichrechtliche Verpflichtung schließen sie gerade - in Anerkennung der Ausführungen des OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.05.2014 - aus (Schriftsatz vom 30.09.2014, Rn. 149 ff.).

Die Anträge bleiben allerdings gleichfalls erfolglos, da die Beklagten, wie ausgeführt, keinem Kontraktionszwang in Bezug auf ihre Programme mit "MustcCrry"-Status unterliegen.

C.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, 108 ZPO.

Streitwert: 17.008.000, 00 €






LG Köln:
Urteil v. 12.11.2014
Az: 90 O 86/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/13ff994170fd/LG-Koeln_Urteil_vom_12-November-2014_Az_90-O-86-12




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